Verwaltungsgericht Lüneburg
Urt. v. 04.11.2004, Az.: 2 A 13/03
Ausschlusswirkung; Ermessen; Feststellungsinteresse; Flächennutzungsplan; Fortsetzungsfeststellungsklage; Planentwurf; Raumordnungsverfahren; Verwirkung; Verzicht auf Raumordnungsverfahren; Windfarm; Windkraftanlagen
Bibliographie
- Gericht
- VG Lüneburg
- Datum
- 04.11.2004
- Aktenzeichen
- 2 A 13/03
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2004, 50792
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Verfahrensgang
- nachfolgend
- OVG Niedersachsen - 28.05.2008 - AZ: 12 LB 64/07
- BVerwG - 01.10.2008 - AZ: BVerwG 4 B 52.08
Rechtsgrundlagen
- § 35 Abs 3 BBauG
- § 13 Abs 1 ROG ND
- § 13 Abs 2 ROG ND
- § 14 Abs 2 ROG ND
- § 1 ROV
- § 2 Abs 1 4 BImSchV
Tatbestand:
Die Klägerin begehrt die Feststellung, dass der Beklagte bis zum Inkrafttreten der 14. Änderung des Flächennutzungsplanes der Beigeladenen zu 1. verpflichtet gewesen ist, ihr eine Genehmigung nach dem Bundesimmissionsschutzgesetz für die Errichtung und den Betrieb von fünf Windenergieanlagen in der Gemeinde B. zu erteilen.
Die N. GbR beantragte am 30. Januar 2002 beim Beklagten eine Genehmigung nach dem Bundesimmissionsschutzgesetz für die Errichtung und den Betrieb von fünf Windenergieanlagen des Typs Enercon E66.
Mit Stellungnahme vom 14. Februar 2002 erklärte die Beigeladene zu 2., sie verweigere ihr Einvernehmen. Die Samtgemeinde habe sich selbst Grundsätze für Vorrangflächen für Windenergieanlagen erarbeitet bzw. die Empfehlung des Innenministeriums hinsichtlich von Abständen übernommen. So solle festgelegt werden, dass Windfarmen einen Abstand von 5 km untereinander hätten, 1.000 m zu bewohnten Gebäuden einhielten und mindestens drei Anlagen auf einer vorgesehenen Fläche errichtet werden müssten. Mit dieser Regelung würden die Anlagen ausgeschlossen.
Am 25. März 2002 teilte die Klägerin mit, Antragstellerin sei nach einem Betreiberwechsel nunmehr die A. GbR, bestehend aus O. P., Dr. Q. P., R. S., T. U., V. W. und X. W.
Mit Schreiben vom 19. April 2002 teilte der Beklagte der Klägerin mit, aufgrund der von der Planungsgruppe Grün vorgelegten Unterlagen sowie eigener Erkenntnisse sei eine Umweltverträglichkeitsprüfung nicht erforderlich. Dies bedeute allerdings nicht, dass bei einer möglichen Verwirklichung des Vorhabens auf Ersatz- und Ausgleichsmaßnahmen nach Naturschutzrecht verzichtet werden könne.
Mit Schreiben vom 17. September 2002 teilte der Beklagte der Klägerin mit, wegen der Raumbedeutsamkeit und der überörtlichen Bedeutung des geplanten Vorhabens sehe er die Durchführung eines vorgeschalteten vereinfachten Raumordnungsverfahrens ohne integrierte Umweltverträglichkeitsprüfung gemäß § 17 des Niedersächsischen Gesetzes über Raumordnung und Landesplanung vor. Auf die Beteiligung der Öffentlichkeit könne gemäß dieser Vorschrift verzichtet werden. Dem eigentlichen Raumordnungsverfahren gehe zwingend eine Antragskonferenz voraus. Im Vorfeld der Erstellung der Unterlagen für die Antragskonferenz biete er eine Antragsberatung an. In diesem Gespräch werde er die Klägerin über den formalen Ablauf, Zweck, Inhalt und Rechtscharakter des Raumordnungsverfahrens informieren sowie auf die erforderliche Qualität und den zu erwartenden Umfang der Antragsunterlagen hinweisen.
Am 7. Oktober 2002 wies die Klägerin den Beklagten darauf hin, dass nach Ziffer 1.6 der Spalte 2 des Anhangs zur 4. BImSchVO bis zu fünf Windenergieanlagen im vereinfachten Genehmigungsverfahren nach dem Bundesimmissionsschutzgesetz zu genehmigen seien. Nach § 10 Abs. 6 a NROG sei über den Genehmigungsantrag nach Eingang des Antrags und der nach Abs. 1 Satz 2 einzureichenden Unterlagen innerhalb einer Frist von sieben Monaten, im vereinfachten Verfahren innerhalb einer Frist von drei Monaten zu entscheiden. Im vorliegenden Verfahren sei vom Beklagten nach annähernd acht Monaten immer noch nicht entschieden worden. Die angeforderten Unterlagen lägen längst vor. Die Forderung nach einem vereinfachten Raumordnungsverfahren sei abwegig und rechtswidrig. Anlagengruppen von bis zu fünf Windenergieanlagen würden überall in Niedersachsen errichtet, ohne dass jemals die Erforderlichkeit eines Raumordnungsverfahrens ernsthaft in Erwägung gezogen worden wäre.
Mit Telefax vom 15. November 2002 wies die Klägerin nochmals darauf hin, dass sie ein Raumordnungsverfahren für die Errichtung und den Betrieb von fünf Windenergieanlagen nicht für notwendig halte. In zwei anderen Genehmigungsverfahren in der Gemeinde B. habe der Beklagte kurz nach der jeweiligen Antragskonferenz das Raumordnungsverfahren eingestellt, weil die dort zu genehmigenden Windenergieanlagen keine raumbedeutsamen Auswirkungen erwarten ließen. Gleiches gelte auch für die von ihr beantragten fünf Windenergieanlagen. Gleichzeitig werde beantragt, für zwei der fünf Windenergieanlagen bereits jetzt Baugenehmigungen zu erteilen und über den Baugenehmigungsantrag schnellstmöglich zu entscheiden. Die beiden Windenergieanlagen, für die die Erteilung einer Baugenehmigung beantragt werde, seien die Windenergieanlagen 2 auf dem Flurstück F. der Flur I. der Gemarkung B. sowie die Windenergieanlage Y. auf dem Flurstück H. der Flur I. der Gemarkung M.. Die für die Bescheidung des Bauantrags notwendigen Unterlagen lägen allesamt vor.
Mit Schreiben vom 19. Dezember 2002 teilte der Beklagte der Klägerin mit, er könne nicht in der beantragten Form über lediglich zwei Windenergieanlagen entscheiden. Sämtliche Unterlagen für das immissionsschutzrechtliche Verfahren seien auf alle fünf geplanten Anlagen abgestellt. Sie entsprächen auch nicht mehr der Bauvorlagenverordnung. Für den Fall, dass zwei der Anlagen im Baugenehmigungsverfahren geprüft werden sollten, bitte er um Hergabe eines entsprechenden Bauantrags. Er halte, egal welche Verfahren durchgeführt werden sollten, die Durchführung eines Raumordnungsverfahrens für unabdingbar. Da im Bereich Z. /M. durch die geplanten Anlagen eine starke Massierung eintrete, könne von einer raumordnerischen Untersuchung nicht abgesehen werden. Ohne eine solche Untersuchung könne der Sachverhalt nicht ausreichend ermittelt werden.
Am 21. Januar 2003 hat die Klägerin Klage erhoben. Sie hat ursprünglich vorgetragen, ihr privilegiertes Vorhaben im Außenbereich sei zu genehmigen. Insbesondere bestehe eine wirksame Konzentrationsplanung im Sinne des § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB nicht. Die Samtgemeinde Lachendorf habe zwar bereits ein Flächennutzungsplanänderungsverfahren eingeleitet, dieses aber bisher nicht abgeschlossen. Die Forderung nach einem kostenpflichtigen Raumordnungsverfahren ohne integrierte Umweltverträglichkeitsprüfung sei rechtswidrig. Sie - die Klägerin - plane die Errichtung und den Betrieb von fünf Windenergieanlagen. Ein zwingendes Raumordnungsverfahren nach § 13 Abs. 1 NROG in Verbindung mit der Raumordnungsverordnung des Bundes sei daher ohnehin nicht durchzuführen. Auch die Tatbestandsvoraussetzungen der Ermessensvorschrift des § 13 Abs. 2 NROG seien nicht erfüllt. Danach könnten auch für andere raumbedeutsame Vorhaben von überörtlicher Bedeutung Raumordnungsverfahren durchgeführt werden. Nach den Verwaltungsvorschriften zum Niedersächsischen Gesetz über Raumordnung und Landesplanung, die für den Beklagten als Ermessungsbindung zu beachten seien, sei die Genehmigungsbehörde nach Ziffer 3.3.2 ermächtigt, für weitere raumbedeutsame Vorhaben von überörtlicher Bedeutung die Durchführung eines Raumordnungsverfahrens zu verlangen. Dies könne nach dem Spiegelstrich 4 beispielsweise für Windenergieparks mit mehr als fünf Anlagen der Fall sein. Zusätzlich sei in jedem Einzelfall nach pflichtgemäßem Ermessen zu entscheiden, ob die Durchführung eines Raumordnungsverfahrens erforderlich sei. Sie - die Klägerin - wolle aber keinen Windenergiepark mit mehr als fünf Windenergieanlagen errichten. Sie wolle zumindest zwei Windenergieanlagen, äußerstenfalls aber auch nur eine Windenergieanlage errichten. Deshalb habe sie beim Beklagten auch beantragt, für die beiden vom Hilfsantrag erfassten Windenergieanlagen eine Baugenehmigung zu erteilen. Die Baugenehmigung sei gemäß § 13 BImSchG in der immissionsschutzbehördlichen Genehmigung bekanntlich enthalten. Ihr immissionsschutzbehördlicher Genehmigungsantrag stelle ohnehin eine Zusammenfassung von Einzelvorhaben der einzelnen Bauwerke dar, so dass er ohne weiteres teilbar sei. Aufgrund dessen sei auch keine erneute Entscheidung über die Erteilung des gemeindlichen Einvernehmens nach § 36 BauGB erforderlich. Das Begehren stelle sich nach der Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts Lüneburg lediglich als Minus gegenüber dem ursprünglichen Vorhaben dar.
Mit Bescheid vom 7. März 2003 genehmigte die Bezirksregierung Lüneburg die 14. Änderung des Flächennutzungsplans der Beigeladenen zu 1. Der Rat der Beigeladenen trat mit Beschluss vom 24. März 2003 den Maßgaben dieser Genehmigung bei. Am 3. April 2003 wurde die Erteilung der Genehmigung für den Flächennutzungsplan im Amtsblatt für den Landkreis Celle bekannt gemacht. Die Flächennutzungsplanänderung sieht nunmehr ein 331,7 ha großes Gebiet als Vorrangfläche für die Windenergieanlagen vor. Das Vorhaben der Klägerin befindet sich nicht innerhalb dieser Fläche.
Die Klägerin trägt dazu vor, gegen die Wirksamkeit dieser Änderung des Flächennutzungsplans könnten bislang keine durchgreifenden Gründe ins Feld geführt werden. Die rechtswidrige Nichtbescheidung ihrer Anträge habe dazu geführt, dass ihr Anspruch auf Genehmigung der Windfarm im Sinne des Bundesimmissionsschutzgesetzes und hilfsweise zumindest der zwei Windenergieanlagen jetzt nicht mehr bestünde. Bis zum Inkrafttreten dieser Konzentrationsplanung hätten ihre - der Klägerin - Ansprüche auf Erteilung der beantragten Genehmigung zweifelsfrei bestanden. Ein Raumordnungsverfahren könne mangels Bestehens eines Regionalen Raumordnungsprogramms des Beklagten keine Voraussetzung der Zulässigkeit des Vorhabens sein. Die Entbehrlichkeit einer Umweltverträglichkeitsprüfung habe der Beklagte selbst zutreffend mit Schreiben vom 19. April 2002 verbindlich festgestellt. Andere entgegenstehende öffentliche Belange im Sinne des § 35 Abs. 3 Satz 1 BauGB seien weder erkennbar noch jemals durch den Beklagten behauptet worden. Sie - die Klägerin - beabsichtige, ihre Schadensersatzansprüche aus dem Gesichtspunkt der Amtspflichtverletzung gemäß Art. 34 GG, § 839 BGB wegen der rechtswidrigen Nichterteilung der beantragten Genehmigung gegen den Beklagten und wegen der rechtswidrigen Einvernehmensverweigerung gegen die beigeladene Gemeinde B. zivilrechtlich zu verfolgen. Es bestehe daher das besondere Feststellungsinteresse als Zulässigkeitsvoraussetzung hinsichtlich der Fortsetzungsfeststellungsklage. Für den Fall, dass das Gericht die Rechtsauffassung vertreten sollte, dass schon ein planreifer Entwurf einer Flächennutzungsplankonzentrationszonenplanung als sog. unbenannter öffentlicher Belang im Sinne des § 35 Abs. 3 Satz 1 BauGB beachtlich sei, hätte nach dieser Rechtsauffassung im vorliegenden Fall die Genehmigung zumindest bis zum 20. Februar 2003, dem Zeitpunkt des Beschlusses des Rates der Beigeladenen über die Abwägungsvorschläge zur 14. Flächennutzungsplanänderung der beigeladenen Samtgemeinde erteilt werden müssen.
Die Klägerin beantragt ,
festzustellen, dass der Beklagte bis zum 2. April 2003,
hilfsweise bis zum 20. Februar 2003 (Beschluss des Rates der Beigeladenen zu 1. über die Abwägungsvorschläge mit Änderung des ausgelegten Plans),
äußerst hilfsweise bis zum 20. Dezember 2002 (Ende der öffentlichen Auslegung des Entwurfs der 14. Flächennutzungsplanänderung) verpflichtet gewesen ist, ihr eine Genehmigung nach dem Bundesimmissionsschutzgesetz für die Errichtung und den Betrieb von fünf Windenergieanlagen auf den Flurstücken F., G. und H. der Flur I. sowie den Flurstücken J. und K. der Flur L., jeweils der Gemarkung M., gemäß dem Antrag vom 24. Januar 2002 zu erteilen,
äußerst hilfsweise festzustellen, dass der Beklagte bis zum 2. April 2003,
hilfsweise bis zum 20. Februar 2003,
äußerst hilfsweise bis zum 20. Dezember 2002 verpflichtet gewesen ist, ihr eine Baugenehmigung für die Errichtung von zwei Windenergieanlagen auf dem Flurstück F. der Flur I. der Gemarkung B. (WEA 2) und auf dem Flurstück H. der Flur I. der Gemarkung M. (WEA 4) gemäß des Schreibens ihres Prozessbevollmächtigten vom 15. November 2002 zu erteilen.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er hält an seiner Auffassung fest, dass auf jeden Fall die Durchführung eines Raumordnungsverfahrens unabdingbar sei.
Die Beigeladenen zu 1. und 2 stellen keinen Antrag, unterstützen aber das Vorbringen des Beklagten.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Beklagten und der Beigeladenen zu 1. verwiesen.
Entscheidungsgründe
1. Die Klage ist als Fortsetzungsfeststellungsklage analog § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO zulässig. Nach dieser Vorschrift spricht das Gericht auf Antrag aus, dass der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat und sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt. Diese Vorschrift ist analog anwendbar auf in der Vergangenheit liegende Rechtsverletzungen durch die Ablehnung oder Unterlassung eines Verwaltungsaktes. Zulässig ist auch die Klage auf Feststellung, dass die Unterlassung des Verwaltungsaktes ab einem bestimmten Zeitpunkt rechtswidrig war; ebenso auf Feststellung, dass die Weigerung bzw. Unterlassung bis zu einem bestimmten Zeitpunkt oder Ereignis rechtswidrig war. Die Statthaftigkeit einer solchen Klage ergibt sich bei berechtigtem Interesse der Klägerin als eine Konsequenz der Rechtsschutzgarantie des Art. 19 Abs. 4 GG (vgl. Kopp/Schenke, Komm. zur VwGO, 13. Aufl. 2003, § 113 Rdnr. 109). Zulässigkeitsvoraussetzung ist neben einer Erledigung des begehrten Verwaltungsaktes (a) ein berechtigtes Interesse im Sinne von § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO (b).
a) Die ursprüngliche Klage auf Erteilung einer Genehmigung nach dem BImSchG für die Errichtung und den Betrieb von fünf Windenergieanlagen bzw. auf eine Baugenehmigung für die Errichtung von zwei Windenergieanlagen hat sich mit dem Inkrafttreten der 14. Änderung des Flächennutzungsplans der Beigeladenen zu 1. erledigt. Beiden Vorhaben stehen nunmehr nach § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB öffentliche Belange entgegen, weil für Windenergieanlagen durch Darstellung im Flächennutzungsplan eine Ausweisung an anderer Stelle erfolgt ist. Die Samtgemeinde AA. hat nunmehr durch die 14. Änderung des Flächennutzungsplans „AB.“ Vorrangflächen für Windenergieanlagen in einer Größenordnung von über 330 ha geschaffen. Materielle Einwendungen gegen diese Planung hat die Klägerin nicht erhoben. Zweifel an der Ausschlusswirkung dieser Planung bestehen nicht.
b) Ein Feststellungsinteresse im Sinne von § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO besteht nach der Rechtsprechung insbesondere dann, wenn die Feststellung für die Geltendmachung von Ansprüchen aus Amtshaftung nach Art. 34 GG, § 839 BGB erheblich ist, ein entsprechender Prozess mit hinreichender Sicherheit zu erwarten ist und nicht offenbar aussichtslos erscheint. Dabei wird ein berechtigtes Interesse an der Feststellung nur dann anerkannt, wenn die Erledigung des Verwaltungsaktes erst nach Klageerhebung eingetreten ist (vgl. Kopp/Schenke, aaO, § 113 Rdnr. 136).
Diese Voraussetzungen liegen hier vor, denn die Erledigung durch die Flächennutzungsplanänderung ist erst im Laufe des Verfahrens eingetreten; einen Amtshaftungsprozess hat die Klägerin angekündigt. Es lässt sich nicht feststellen, dass dieser Prozess aussichtslos wäre.
2. Die Klage ist auch begründet.
Der Beklagte ist bis zum 2. April 2003, dem Tag vor dem Inkrafttreten der 14. Änderung des Flächennutzungsplans der Beigeladenen zu 1. verpflichtet gewesen, der Klägerin eine Genehmigung nach dem Bundesimmissionsschutzgesetz für die Errichtung und den Betrieb von fünf Windenergieanlagen gemäß dem Antrag vom 24. Januar 2002 zu erteilen.
a) Zur Erteilung der Genehmigung bedurfte es nicht der Einleitung eines Raumordnungsverfahrens. Ein solches Verfahren war weder nach zwingenden Vorschriften geboten (aa) noch bei pflichtgemäßer Ermessensausübung zu verlangen (bb). Im Übrigen hätte der Beklagte ein solches Verfahren im September 2002 nicht mehr fordern dürfen (cc).
(aa) Nach § 13 Abs. 1 des Niedersächsischen Gesetzes über Raumordnung und Landesplanung (NROG) vom 18. Mai 2001 (Nds. GVBl. S. 301) sollen Raumordnungsverfahren für die durch die Raumordnungsverordnung des Bundes in der jeweils geltenden Fassung bestimmten Vorhaben durchgeführt werden, wenn die Vorhaben im Einzelfall raumbedeutsam sind und überörtliche Bedeutung haben.
Die Raumordnungsverordnung des Bundes vom 13. Dezember 1990 (BGBl. I S. 2766, abgekürzt RoV) legt einen rahmenrechtlichen Mindestkatalog von Planungen und Maßnahmen fest, für den die Flächenländer grundsätzlich die Anwendbarkeit des Raumordnungsverfahrens vorzusehen haben. In § 1 S. 3 RoV sind 19 Arten von Planungen und Maßnahmen aufgeführt, bei denen gemäß § 1 Satz 1 RoV ein Raumordnungsverfahren durchgeführt werden soll (vgl. dazu Hopp, Das Raumordnungsverfahren im Spiegel bundesrechtlicher Vorgaben, NuR 2000, 301).
§ 1 RoV nennt unter Nr. 1 die Errichtung einer Anlage im Außenbereich im Sinne des § 35 BauGB, die der Genehmigung in einem Verfahren unter Einbeziehung der Öffentlichkeit nach § 4 BImSchG bedarf und die in den Nrn. 1 bis 10 der Anlage 1 zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung aufgeführt ist.
Die Errichtung von Windfarmen mit 3 bis weniger als 6 Windkraftanlagen bedarf nach § 2 Abs. 2 Nr. 2 4. BImSchV i.V.m. Nr. 1.6 des Anhangs zur 4. BImSchV nur eines vereinfachten Verfahrens nach § 19 BImSchG, bei dem die Vorschriften des § 10 Abs. 2 - 4 über die Öffentlichkeitsbeteiligung nicht anzuwenden sind.
Daher ist ein zwingenden Raumordnungsverfahren nach § 13 Abs. 1 NROG für den hier geplanten Windpark mit 5 Windkraftanlagen nicht durchzuführen.
(bb) Nach § 13 Abs. 2 NROG können Raumordnungsverfahren auch für andere raumbedeutsame Vorhaben von überörtlicher Bedeutung durchgeführt werden.
Die Verwaltungsvorschriften zum NROG vom 7. Juli 2003 (Nds. MBl. S. 593) sehen folgende Regelung vor:
„3.3.3 Weitere raumbedeutsame Vorhaben
§ 13 Abs. 2 ermächtigt zur Durchführung von Raumordnungsverfahren für weitere raumbedeutsame Vorhaben von überörtlicher Bedeutung. Nach den bisherigen Erfahrungen kommt dies beispielsweise für folgende Vorhaben in Betracht:
- Errichtung von Windenergieanlagen, die nicht unter § 1 Nr. 1 ROV fallen.
Auch hier ist in jedem Einzelfall nach pflichtgemäßem Ermessen zu entscheiden, ob die Durchführung eines Raumordnungsverfahrens erforderlich ist. Bei der Beurteilung der Raumbedeutsamkeit von Windenergieanlagen können z.B. folgende Kriterien herangezogen werden: Beeinträchtigung des Orts- und Landschaftsbildes aufgrund seiner Schutzwürdigkeit, Höhe und Anzahl der Windenergieanlagen, ein besonders exponierter Standort oder Auswirkungen auf bestimmte planerische als Ziel gesicherte Raumfunktionen, wie z.B. Fremdenverkehr, sowie eine Vorbelastung des Raumes.
3.3.5 Verzicht allgemein
Sowohl in den in Nummer 3.3.2 als auch in Nummer 3.3.3 dargelegten Fällen kann für ein raumbedeutsames Vorhaben von überörtlicher Bedeutung auf ein Raumordnungsverfahren verzichtet werden, wenn bereits absehbar ist, dass gegen die Verwirklichung des Vorhabens aus raumordnerischer Sicht keine Bedenken bestehen und das Verfahren voraussichtlich keine weiteren Aufschlüsse bringen wird, oder wenn eine ausreichende Berücksichtigung der Erfordernisse der Raumordnung auf andere Weise gewährleistet ist. Dies kann z.B. der Fall sein, wenn nur ein Standort für das geplante standortabhängige Vorhaben in Betracht kommt und erhebliche Umweltauswirkungen nicht zu erwarten sind oder im nachfolgenden Zulassungsverfahren umfassend geprüft werden. Im Rahmen der Ermessensentscheidung, ob ein Raumordnungsverfahren durchzuführen ist, müssen die entsprechenden Gesichtspunkte im Einzelfall durch die Landesplanungsbehörde abgewogen werden.“
Nach diesen Richtlinien für die Ermessensausübung hätte der Beklagte im vorliegenden Fall auf ein Raumordnungsverfahren verzichten müssen, denn es war für ihn absehbar, dass gegen die Verwirklichung des Vorhabens aus raumordnerischer Sicht keine Bedenken erhoben werden konnten, da weder das Regionale Raumordnungsprogramm des Beklagten noch der bis zum 2. April 2003 gültige Flächennutzungsplan der Beigeladenen zu 1. Festsetzungen hinsichtlich der Windenergienutzung enthielten. Erkenntnisse über eine besondere Schutzwürdigkeit des Orts- und Landschaftsbildes sind vom Beklagten nicht vorgetragen worden. Vielmehr hatte der Beklagte der Klägerin selbst mit Schreiben vom 19. April 2002 mitgeteilt, aufgrund der von der Planungsgruppe Grün vorgelegten Unterlagen sowie eigener Erkenntnisse sei eine Umweltverträglichkeitsprüfung nicht erforderlich.
Ferner war für den Beklagten auch absehbar, dass das Verfahren voraussichtlich keine weiteren Aufschlüsse bringen würde, zumal er in seinem Schreiben vom 5. Oktober 2001 an die Planungsgruppe Grün, das vom Bevollmächtigten der Klägerin in der mündlichen Verhandlung vorgelegt wurde, für die benachbarten Windparks AC. (Samtgemeinde AD.) und M. (Samtgemeinde AA.) auf die Einleitung eines Raumordnungsverfahrens verzichtet hatte, nachdem die Antragskonferenz am 19. September 2000 keine Bedenken ergeben hatte. Bei diesen beiden Windparks hatte der Beklagte die von der Planungsgruppe Grün erstellten Unterlagen als vollständig bewertet und nach Prüfung der Untersuchungsergebnisse festgestellt, dass eine erhebliche Beeinträchtigung der Raum- und Umweltbelange sowie eine nachhaltige und erhebliche Betroffenheit der Wohnbevölkerung durch die Windenergieanlagen nicht zu erwarten seien. Auch für das hier streitige Vorhaben hatte der Beklagte bereits vor der Entscheidung über ein Raumordnungsverfahren mit Schreiben vom 19. April 2002 mitgeteilt, dass aufgrund der von der Planungsgruppe Grün vorgelegten Unterlagen sowie eigener Erkenntnisse eine Umweltverträglichkeitsprüfung nicht erforderlich sei.
(cc) Im Übrigen stellt sich das Verlangen des Beklagten nach einem Raumordnungsverfahren in Ansehung des konkreten Ablaufs des Verwaltungsverfahrens auch als verwirkt dar.
Die Zulässigkeit einer Verfahrenshandlung kann im Einzelfall nach den Grundsätzen der Verwirkung ausgeschlossen sein, wenn die Behörde bzw. der Bürger die Anwendung oder Geltendmachung entgegen Treu und Glauben (Umstandselement) in illoyaler Weise über längere Zeit (Zeitelement) hinaus verzögert haben, obwohl sie wussten, dass die „Gegenseite“ darauf vertraute, dass von der Befugnis bzw. dem Recht kein Gebrauch mehr gemacht würde, und sich darauf eingerichtet hat (vgl. Kopp/Ramsauer, Kommentar zum VwVfG, 8. Aufl. 2003, § 53 Rn. 15 ff).
Das Zeitelement ergibt sich aus folgendem: Nach § 14 Abs. 2 NROG entscheidet die Landesplanungsbehörde über die Einleitung eines Raumordnungsverfahrens nach pflichtgemäßem Ermessen binnen vier Wochen nach Eingang der für diese Entscheidung erforderlichen Unterlagen. Diese Frist beginnt zu laufen, sobald sich nach den Angaben des Vorhabenträgers beurteilen lässt, ob der Anwendungsbereich eröffnet ist und ob von einem Raumordnungsverfahren abgesehen werden kann. Dazu müssen zumindest eine Projektbeschreibung und ein Lageplan vorliegen. Da es sich um gesetzliche Fristen ohne Verlängerungsmöglichkeit handelt, kann keine Fristverlängerung vorgesehen werden (vgl. Hopp, a.a.O., s. 305). Hier begann die Frist mit der Vorlage des Antrages am 14. Februar 2002, während der Beklagte erstmalig mit Schreiben vom 17. September 2002 ein Raumordnungsverfahren verlangte, also weit nach Ablauf der Frist.
Neben diesem Zeitmoment liegt auch ein die Verwirkung begründendes Verhalten des Beklagten vor, der nämlich zunächst mit Schreiben vom 5. März 2002 umfangreiche Unterlagen für ein Genehmigungsverfahren nach dem BImSchG anforderte und nach deren Eingang mit Schreiben vom 19. April 2002 bestätigte, dass eine UVP-Prüfung nicht erforderlich sei. Nach diesem Verhalten, mit dem er der Klägerin die Erstellung zahlreicher kostenaufwendiger Unterlagen wie etwa einem landschaftspflegerischen Begleitplan und einer Biotopkartierung, aufgegeben hatte, wäre er verpflichtet gewesen, im begonnenen und nunmehr entscheidungsreifen Verfahren nach dem BImSchG auch eine abschließende Entscheidung zu treffen.
b) Das nach § 35 Abs. 1 Nr. 6 BauGB privilegierte Vorhaben wäre bis zur 14. Änderung des Flächennutzungsplans der Beigeladenen zu 1. bauplanungsrechtlich zulässig gewesen, da eine Beeinträchtigung öffentlicher Belange im Sinne von § 35 Abs. 3 BauGB weder vorgetragen noch sonst ersichtlich ist. Der damals noch nicht in Kraft getretenen Änderung des Flächennutzungsplans kommt auch nicht die in § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB vorgesehene Ausschlusswirkung zu. Zur Ausschlusswirkung von Entwürfen von Flächennutzungsplänen hat das Bundesverwaltungsgericht in seinem Urteil vom 13. März 2003 (- BVerwG 4 C 3.02 -, NVwZ 2003, 1261) ausgeführt:
„Gegen die Annahme, dass im Rahmen des § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB auch Planentwürfe beachtlich sein könnten, spricht schon der Wortlaut dieser Vorschrift. In ihr ist von Darstellung im Flächennutzungsplan und von Zielen der Raumordnung und nicht - wie sinngemäß in § 33 BauGB - von Planentwürfen die Rede. Ferner setzt die rechtliche Möglichkeit, im Außenbereich privilegierte Vorhaben gleichwohl gemäß § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB an bestimmten Standorten auszuschließen, voraus, dass diese Vorhaben durch Darstellung im Flächennutzungsplan oder durch Ausweisung als Ziele der Raumordnung an anderer Stelle zugelassen worden sind. Hierfür bedarf es, wie bereits ausgeführt worden ist, einer abgewogenen Planung auf der Grundlage eines gesamträumlichen Planungskonzepts. Nur wenn durch Plan sichergestellt ist, dass die in § 35 Abs. 1 Nrn. 2 bis 6 BauGB genannten Vorhaben in Teilbereichen des Plangebiets errichtet werden können, lässt sich ihr Ausschluss an anderer Stelle rechtfertigen. Deshalb folgt aus dem Sinn des § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB, dass eine Ausschlusswirkung nicht nur von einer materiell-rechtmäßigen Planung abhängt, sondern dass die Pläne auch formell in Kraft getreten sein müssen (im Ergebnis so auch OVG Lüneburg, Beschl. v. 22.1.1999 - 1 L 5538/97 -, NuR 1999, 289 - BRS 62 Nr. 111; OVG Bautzen, Urt. v. 18.5.2000 - 1 B 29/98 -, NuR 2002, 162 = Sächs. VBl. 2000, 244).“
Die Kammer folgt ferner der vom Verwaltungsgericht Göttingen vertretenen Ansicht, dass Entwürfe von Flächennutzungsplänen auch noch keinen öffentlichen Belang im Sinne von § 35 Abs. 3 Satz 1 BauGB darstellen können. Insoweit wird auf die Entscheidung des Verwaltungsgerichts Göttingen in seinem Beschluss vom 28. Oktober 2003 (- 2 B 341/03 -, Juris Nr. MWRE 119610300) sowie auf das Urteil der Kammer vom 8. Juli 2004 (2 A 203/03) Bezug genommen.
c) Der Beklagte kann sich auch nicht darauf berufen, dass er angesichts der weiteren Bauanträge der Klägerin für einen Putenmaststall und eine Biogasanlage zeitweise im Unklaren gewesen sei, welche Vorhaben von der Klägerin tatsächlich gewollt seien. Nach dem vorgelegten Genehmigungsvorgang, der nur die Windkraftanlagen betrifft, hat die Klägerin seit der Antragstellung im Januar 2002 zu keinem Zeitpunkt erklärt, dass sie das Vorhaben nicht durchführen und statt dessen andere Anlagen errichten wolle. Vielmehr ist den anwaltlichen Schreiben vom 2. Oktober, 15. und 19. November 2002 unmißverständlich zu entnehmen, dass die Klägerin dringend an einer baldigen Entscheidung über das von ihr beantragte Vorhaben - die Errichtung von 5 Windkraftanlagen - interessiert war.
Im Übrigen ist vom Beklagten auch nicht dargelegt worden, warum die weiteren Vorhaben den Windkraftanlagen entgegenstehen sollten, solange sie von ihm ebenfalls nicht genehmigt worden sind.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 1, 162 Abs. 3 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
Gründe für die Zulassung der Berufung durch das Verwaltungsgericht liegen nicht vor.