Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen
Urt. v. 15.02.2007, Az.: L 14 P 7/06

Bibliographie

Gericht
LSG Niedersachsen-Bremen
Datum
15.02.2007
Aktenzeichen
L 14 P 7/06
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2007, 61354
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:LSGNIHB:2007:0215.L14P7.06.0A

Verfahrensgang

vorgehend
SG Hildesheim - 27.01.2006 - AZ: S 52 P 21/05

In dem Rechtsstreit

...

hat der 14. Senat des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen auf die mündliche Verhandlung vom 15. Februar 2007 in Bremen durch die Richter C. - Vorsitzender -, D. und die Richterin E. sowie die ehrenamtlichen Richter F. und G. für Recht erkannt:

Tenor:

  1. Die Berufung der Kläger gegen das Urteil des Sozialgerichts Hildesheim vom 27. Januar 2006 wird zurückgewiesen.

  2. Die Kläger haben auch die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

  3. Die Revision wird zugelassen.

TATBESTAND

1

Die Kläger wenden sich gegen den Schiedsspruch der Beklagten vom 25. Mai 2005, der für die Zeit vom 1. September 2005 bis 31. August 2006 eine Vergütungsregelung trifft.

2

Die Kläger betreiben einen nach § 72 Sozialgesetzbuch Elftes Buch - Soziale Pflegeversicherung - (SGB XI) zugelassenen Pflegedienst (H.), der ambulante Pflegeleistungen erbringt. Bislang wurden die von ihnen erbrachten Leistungen nach Komplexleistungen entsprechend dem sogenannten Schwaneweder Leistungskatalog mit einem Punktwert von 4,12 Cent für die Grundpflege vergütet. Darin befinden sich auch verbindliche Leistungshinweise zu den Leistungspaketen. Er wurde von der Beklagten mit Beschluss vom 13. November 1995 in Anlehnung an ein hessisches Modell festgesetzt und war zum Zeitpunkt der Entscheidung der Beklagten für 40 % der Pflegebedürftigen in Göttingen und im Göttinger Landkreis gültig. Im gesamten Gebiet Niedersachsens und insbesondere in der Stadt Göttingen kamen auch andere Leistungskataloge zur Anwendung, insbesondere der sogenannte niedersächsische Leistungskomplexkatalog 2002 (im Folgenden: nds LKK 2002), der seinerzeit einen Marktanteil von 37 % im Landkreis und der Stadt Göttingen hatte und inzwischen eine Verbreitung von 95 % gefunden hat. In einem Mediationsverfahren vor dem Sozialgericht (SG) Hannover wurde im Jahr 2002 für die hiernach abrechnenden Einrichtungen ein Punktwert von 3,5 Cent festgelegt. Im Mai 2004 forderte die Beigeladene zu 1. die Kläger zu Vergütungsverhandlungen auf, in deren Rahmen die Beigeladenen auf der Anwendung des nds LKK 2002 beharrte. Die Verhandlungen scheiterten, so dass die Beigeladenen am 5. Juli 2004 die Beklagte angerufen haben.

3

Die Beklagte entschied am 25. Mai 2005, dass ein Punktwert von 3,9 Cent entsprechend dem nds LKK 2002 für die Zeit vom 1. September 2005 bis 31. August 2006 zu vergüten sei. Sie folgte hinsichtlich des Leistungskataloges dem Antrag der Beigeladenen, nicht aber im Hinblick auf den beantragten Punktwert (3,5 Cent). Die Kläger hatten 4,2 Cent auf der Basis des Schwaneweder Leistungskataloges begehrt, hilfsweise 4,08 Cent auf der Grundlage des nds LKK 2002 (bei Erhaltung der bisherigen Wegepauschale) bzw. weiter hilfsweise 4,28 Cent (bei Absenkung der Wegepauschale). Ihren Schiedsspruch begründete die Beklagte damit, dass die Einführung des nds LKK 2002 zu mehr Transparenz und Vergleichbarkeit der Leistungen führe. Die Zusammenfassung der Pflegeleistungen in Leistungskomplexen verhindere die einseitige Ausweitung des Leistungsumfanges und die Annäherung an das Selbstkostendeckungsprinzip. Die Vergleichbarkeit der Preise verdiene den Vorzug vor einem Nebeneinander verschiedener Vergütungssysteme, die für den Pflegebedürftigen deshalb keine wirkliche Alternative darstellten, weil er mangels Vergleichbarkeit keinen praktikablen Preisvergleich anstellen könne. Nur ein möglichst umfangreicher Markt gewährleiste einen überzeugenden Marktpreis. Der durchschnittliche bisherige Marktpreis diene ihr - der Beklagten - als wichtigster Anhaltspunkt für ihre Ermessensentscheidung über die Höhe des Punktwertes.

4

Mit ihrer Klage vom 23. Juni 2005 haben die Kläger diesen Schiedsspruch in mehrfacher Hinsicht beanstandet. Da der Schiedsspruch einen Verwaltungsakt im Sinne von § 31 Satz 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch - Verwaltungsverfahren - (SGB X) darstelle, müsse er bestimmte formale Anforderungen einhalten. Er sei hier deswegen bereits unwirksam, weil die Schiedsstelle die Beteiligten nicht zutreffend ermittelt habe. Die Stadt Göttingen müsse als der für den Sitz des Pflegedienstes zuständige Sozialhilfeträger Partei dieses Verfahrens und nicht lediglich Beigeladener sein. Der Schiedsspruch sei auch nicht hinreichend bestimmt. In dem Tenor werde auf den Niedersächsischen Leistungskatalog 2002 Bezug genommen, der weder im Staatsanzeiger veröffentlicht noch allgemein zugänglich sei. Ob es von diesem Leistungskatalog unterschiedliche Versionen gebe, die von derjenigen abweichen würden, die ihnen bekannt sei, entziehe sich ihrer Kenntnis. Der Schiedsspruch sei außerdem nicht ausreichend begründet worden. Es fehlten jegliche Ausführungen zu der Frage, warum hier der nds LKK 2002 zugrunde gelegt werden müsse. Die Heranziehung dieses Leistungskomplexkataloges sei darüber hinaus auch rechtsfehlerhaft. Sie stelle jedenfalls keinen Kompromiss dar. An der Erstellung dieses Leistungskomplexkataloges hätten sie nicht mitgewirkt. Auf Seiten der Träger seien lediglich private Anbieter beteiligt gewesen. Das dort mit den Pflegekassen gefundene Verhandlungsergebnis könne ihnen nicht einseitig aufgezwungen werden. Der Schiedsspruch verstoße darüber hinaus auch gegen materielles Recht. Der Gesetzgeber habe das Ziel verfolgt, einen Pflegemarkt zu etablieren, auf dem die Pflegeeinrichtungen miteinander im Wettbewerb stünden. Eine "Gleichmacherei" habe der Gesetzgeber indessen nicht gewollt. Neben dem von der Schiedsstelle bemühten Preisvergleich sei auch auf die unterschiedlichen Leistungen und deren Vergleichbarkeit abzustellen. Der Patient habe zunächst die Wahl zwischen dem Modell des Schwaneweder Kataloges - ein pauschales Angebot mit vielen Einzelleistungen zu einem günstigen Gesamtpreis - und dem Niedersachsenkatalog 2004 - weniger Einzelleistungen mit einem höheren Gesamtpreis nach Zusammenstellung der Einzelleistungen -. In einem zweiten Schritt könne der Patient dann die Preise der verschiedenen Pflegedienste innerhalb der jeweiligen Gruppe miteinander vergleichen. § 7 Abs. 3 SGB XI trage dem Rechnung. Danach habe die zuständige Pflegekasse dem Versicherten eine "Leistungs- und Preisvergleichsliste" zur Verfügung zu stellen. Es komme also nicht lediglich auf den Preis, sondern auch auf die erbrachten Leistungen an. § 89 Abs. 3 SGB XI erlaube die Festlegung der Vergütung nach unterschiedlichen Kriterien. Sinn sei es, den Vertragsparteien eine große Flexibilität zu ermöglichen. Dem widerspreche der Schiedsspruch, wenn er den nds LKK 2002 - entgegen der von ihnen getroffenen eindeutigen Wahl für das Schwaneweder Modell - festsetze. Die Bemessung des Punktwertes sei nach der Begründung der Schiedsstelle aufgrund eines "ermittelten durchschnittlichen bisherigen Marktpreises" erfolgt. Dabei seien individuelle Gesichtspunkte des Einrichtungsträgers berücksichtigt worden. Im Schiedsstellenverfahren sei aber nicht offen gelegt worden, mit welchen konkreten Einrichtungen sie im Rahmen des externen Vergleichs verglichen worden seien. Insoweit sei ihr Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt. Sie müssten die Möglichkeit haben, den externen Vergleich aufgrund ihres Leistungsangebotes oder Besonderheiten ihres Pflegedienstes zu widerlegen. Insbesondere sei es nicht möglich, alle Pflegedienste der Stadt Göttingen in den externen Vergleich einzubeziehen, sondern nur diejenigen, welche ein vergleichbares Leistungsspektrum wie ihre Pflegedienste aufwiesen. Die Kläger haben weiter die Auffassung vertreten, dass es der Beklagten als Schiedsstelle untersagt sei, ein bestimmtes Vergütungsmodell auszuwählen, um eine landesweite Vereinheitlichung der Vergütungsmodelle voranzutreiben, da es auch der Verordnungsgeber bislang unterlassen habe, eine entsprechende Vergütungsverordnung zu verabschieden. Die Beklagte habe keine sozialpolitischen bzw. strukturellen Aufgaben wahrzunehmen, sondern sei verpflichtet, im Rahmen des Schiedsverfahrens nur über eine leistungsgerechte Vergütung zu entscheiden. Wenn sie sich für ein bestimmtes Vergütungsmodell entscheide, habe diese Entscheidung ausschließlich unter Abwägung der praktischen Vor- und Nachteile der zu vergleichenden Modelle erfolgen dürfen, nicht jedoch unter Berücksichtigung sonstiger zweckfremder Erwägungen, wie etwa der landesweiten Systemauswahl zur Vereinheitlichung der Vergütungssysteme. Diese Auswahl habe die Beklagte zu begründen. Sie habe hierbei nicht berücksichtigt, dass sie - die Kläger - bereits seit zehn Jahren nach dem sogenannten Schwaneweder Leistungskomplex Vergütungsvereinbarungen geschlossen hätten.

5

Die Beklagte hat die Auffassung vertreten, der vom Bundessozialgericht (BSG) entwickelte sogenannte externe Vergleich stelle die Vergleichbarkeit der Preise der einzelnen Einrichtungen in den Mittelpunkt. Auch nach ihren Erfahrungen bedürfe es auf dem Einzelmarkt - dies sei herkömmlicherweise der Landkreis - der Transparenz beim Preisvergleich. Dies dürfe nicht durch unterschiedliche Zusammenfassung von Pflegeleistungen in verschiedenen Leistungskomplexen unnötig erschwert oder gar verhindert werden. Deshalb habe sie das von ihren Mitgliedern selbst mitentwickelte, den neueren gesetzlichen Vorschriften und der Rechtsprechung entsprechende System des nds LKK 2002 gewählt. Die Parteien seien fach- und sachkundig, nicht zuletzt deshalb, weil sie sich in der Regel mindestens einmal jährlich zu Verhandlungen über Leistungs- und Qualitätsvereinbarungen (LQV) und/oder Pflegesätze träfen. Daher mute es seltsam an, wenn die Kläger behaupten, ihnen sei die Verweisung auf den Niedersächsischen Leistungskatalog nicht bestimmt genug. Die vielfach in Verbänden organisierten Einrichtungen hätten jede Möglichkeit, den Umfang und den Inhalt des vorgesehenen Vergütungssystems zu ermitteln. Im Übrigen hätten die Kläger nicht vorgetragen, welche Zweifel über den Inhalt ihnen gekommen seien.

6

Die Beigeladene zu 1. hat die Auffassung vertreten, dass der nds LKK 2002 auch von Wohlfahrtsverbänden mitgestaltet worden sei. Die Pflegekassen hätten z.B. mit verschiedenen Kreisverbänden der Klägerin zu 1., so insbesondere mit deren Kreisverbänden in Lüneburg, Peine, Celle und Nienburg, Vergütungsvereinbarungen auf der Basis des nds LKK 2002 abgeschlossen. Auch sei nicht zutreffend, dass die Stadt Göttingen als zuständiger Träger der Sozialhilfe Vertragspartei gewesen sei, denn selbst nach einer Aufstellung der Kläger entfielen auf die Stadt Göttingen lediglich 3,38 % der betreuten Pflegebedürftigen. Sie sei daher zu Recht nicht beigeladen worden.

7

Das Sozialgericht (SG) Hildesheim hat am 27. Januar 2006 die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es angeführt, eine Beteiligteneigenschaft komme der Stadt Göttingen nicht zu, sie sei zu Recht nicht beigeladen worden. Der Schiedsspruch sei - entgegen der Auffassung der Kläger - auch hinreichend bestimmt. Die Bezugnahme auf den nds LKK 2002 sei deswegen hinreichend bestimmt, weil der Katalog den Beteiligten des Schiedsverfahrens bekannt gewesen sei. Die Entscheidung der Beklagten stelle einen Kompromiss zwischen den unterschiedlichen Positionen der Kläger einerseits und der Beigeladenen andererseits dar, da sie den Klägern angemessene Zeit zur Umstellung auf den neuen Leistungskatalog eingeräumt habe und sich dies auch in einem höheren Punktwert niedergeschlagen habe. Der Schiedsspruch verstoße auch nicht gegen zwingendes Gesetzesrecht. In § 89 Abs. 3 SGB XI habe der Gesetzgeber eine große Bandbreite an Vergütungsmodellen zur Verfügung gestellt. Er habe jedoch nicht geregelt, dass auch all diese Möglichkeiten am Markt existieren müssten. Aus dem Umstand, dass der Gesetzgeber dem Verordnungsgeber die Möglichkeit eines entsprechenden Verordnungserlasses eingeräumt habe, dürfe nicht der Umkehrschluss gezogen werden, dass nur der Verordnungsgeber das Recht habe, insoweit leitend tätig zu werden.

8

Gegen das ihnen am 15. Februar 2006 zugestellte Urteil haben die Kläger am 24. Februar 2006 Berufung eingelegt. Sie tragen im Wesentlichen dieselben Argumente wie im Klageverfahren vor. Ergänzend vertreten sie die Auffassung, dass der Beklagte fälschlicherweise die Maßstäbe des BSG aus dessen Urteil vom 14. Dezember 2000 heranziehe und auf den Bereich der ambulanten Leistungserbringer der Pflegeversicherung übertrage. Es sei daher nicht zutreffend, dass sich die leistungsgerechte Bezahlung "in erster Linie über die Feststellung eines Marktpreises regele und es auf die Gestehungskosten des Anbieters nicht ankomme" (so das BSG in dem zitierten Urteil). Es verstoße gegen das im Grundgesetz geschützte Recht der Berufsfreiheit aus Artikel 12 Grundgesetz (GG) und das Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb gemäß Artikel 14 GG, wenn ein Pflegedienst gezwungen werde, ein frei gewähltes Vergütungssystem, das sich im Rahmen der Vorgaben des § 89 Abs. 3 SGB XI bewege, aufzugeben und ein anderes Vergütungssystem anzuwenden. Es sei nicht zutreffend, dass eine Vergleichbarkeit der Leistungen der ambulanten Pflegedienste nur dann erreicht werden könne, wenn in ganz Niedersachsen ein einheitlicher Leistungskomplexkatalog Anwendung finde. Wenn das Sozialgericht die Ansicht vertrete, es diene nicht dem vom Gesetzgeber gewollten Wettbewerb, wenn dem Patienten durch unterschiedliche Leistungskomplexe die Vergleichbarkeit erschwert werde, so sei dieses Argument absurd und verkenne die betriebswirtschaftlichen Grenzen des Wettbewerbs. Ein funktionierender Wettbewerb zeichne sich gerade durch die Vielfalt differenzierter Leistungen aus. Dazu gehöre aber lediglich, dass alle Anbieter die gleichen Rahmenbedingungen vorfänden, dies sei durch die Wahl zwischen verschiedenen Vergütungssystemen gewährleistet. Es sei nicht erforderlich und geradezu kontraproduktiv, dass es nur noch einheitliche Leistungskomplexe gebe und sich der Wettbewerb nur noch im Preis niederschlage; dies führe letztendlich zu einem Preisdumping, welches von niemandem gewollt sein könne.

9

Die Kläger beantragen,

  1. das Urteil des Sozialgerichts Hildesheim vom 27. Januar 2006 und den Schiedsspruch der Beklagten vom 25. Mai 2005 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, über den Antrag der Beigeladenen vom 5. Juli 2004 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senats erneut zu entscheiden.

10

Die Beklagte beantragt,

  1. die Berufung zurückzuweisen.

11

Sie hält das Urteil des SG Hildesheim für zutreffend.

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE

12

Die Berufung der Kläger ist zwar zulässig, aber unbegründet. Zu Recht hat das SG in seinem Urteil vom 27. Januar 2006 die Klage der Kläger abgewiesen. Denn der Schiedsspruch der Beklagten vom 25. Mai 2005 ist rechtmäßig.

13

Die Schiedsstelle hatte gemäß §§ 89 Abs. 3 Satz 2 und 85 Abs. 5 Sozialgesetzbuch Elftes Buch - Soziale Pflegeversicherung - (SGB XI) über die Vergütung von ambulanten Pflegeleistungen der ARG Paritätischen Sozialstation für die Zeit vom 1. September 2005 bis 31. August 2006 zu entscheiden, da die Vertragsverhandlungen zwischen den Klägern und den Beigeladenen erfolglos geblieben waren.

14

Zu Recht hat bereits das SG in seinem Urteil darauf hingewiesen, dass die Stadt Göttingen nicht gemäß § 89 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 SGB XI Beteiligte der Vergütungsvereinbarung hätte sein müssen, weil sie nicht für einen Anteil von mindestens 5 % der Pflegebedürftigen im Jahr vor Beginn der Vergütungsverhandlungen Kostenträger war, sondern ihr Anteil nur bei 3,38 % gelegen hatte. Sie war deshalb nicht beizuladen.

15

Der Schiedsspruch vom 25. Mai 2005 ist auch inhaltlich nicht zu beanstanden. Den Gerichten steht bei der Überprüfung von Schiedsstellenentscheidungen nur ein eingeschränkter Prüfungsmaßstab zu, weil die Schiedsstelle aufgrund ihrer paritätischen Zusammensetzung, des Mehrheitsprinzips und ihrer fachlichen Weisungsfreiheit vom Gesetzgeber dazu in die Lage versetzt wird, Entscheidungen auf der Grundlage einer sachnahen vermittelnden Zusammenführung verschiedener Interessen zu finden ( BSGE 87, 199 ff. [BSG 14.12.2000 - B 3 P 19/00 R] ). Die Gerichte sind deshalb nur befugt zu prüfen, ob die Ermittlung des Sachverhalts in einem fairen Verfahren unter Wahrung des rechtlichen Gehörs erfolgt ist, der bestehende Beurteilungsspielraum eingehalten und zwingendes Gesetzesrecht beachtet worden ist, wozu eine hinreichende Begründung erforderlich ist.

16

Entgegen der Auffassung der Kläger verstößt der Schiedsspruch nicht gegen § 33 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch - Verwaltungsverfahren - (SGB X), wonach ein Verwaltungsakt hinreichend inhaltlich bestimmt sein muss. Zutreffend hat das SG darauf hingewiesen, dass es sich bei dem Schiedsspruch um einen Verwaltungsakt im Sinne von § 31 Satz 1 SGB X handelt und mithin aus dem Verfügungssatz für die Beteiligten vollständig und eindeutig erkennbar sein muss, was gewollt ist. Der Schiedsspruch der Beklagten ist insbesondere insoweit hinreichend bestimmt, als er als Grundlage für die Berechnung der Vergütung den nds LKK auf dem Stand vom 24. September 2002 festsetzte. Entgegen der Auffassung der Kläger kommt es dabei nicht darauf an, ob dieses Vergütungsmodell amtlich veröffentlicht worden ist, so lange die Beteiligten Kenntnis von diesem LKK hatten, denn nur zwischen ihnen ist der Schiedsspruch wirksam. Da die Beigeladenen den nds LKK 2002 bereits ihrer an die Kläger gerichteten Aufforderung zur Aufnahme von Vergütungsverhandlungen beigefügt hatten, war er auch den Klägern bekannt. Darüber hinaus zeigt die Stellungnahme des damaligen Prozessbevollmächtigten der Kläger im Schiedsverfahren und darin insbesondere die Fassung der Hilfsanträge, dass auf Seiten der Kläger eine detaillierte Kenntnis dieses Vergütungsmodells bestand.

17

Der Schiedsspruch der Beklagten verstößt auch insoweit nicht gegen zwingendes Gesetzesrecht, als er den nds LKK 2002 als Vergütungsmodell zwischen den Beteiligten festlegt. Entgegen der Auffassung der Kläger ist die Beklagte hier nicht nur berechtigt, sondern sogar verpflichtet gewesen, ein Vergütungsmodell zu bestimmen. § 89 Abs. 1 Satz 1 SGB XI besagt, dass die Vergütung der ambulanten Pflegeleistungen und der hauswirtschaftlichen Versorgung, soweit nicht die Gebührenordnung nach § 90 SGB XI Anwendung findet, zwischen dem Träger des Pflegedienstes und den Leistungsträgern nach Abs. 2 für alle Pflegebedürftigen nach einheitlichen Grundsätzen vereinbart wird. Da eine Gebührenordnung im Sinne von § 90 Abs. 1 Satz 1 SGB XI nicht existiert, müssen die Vertragsparteien der Vergütungsvereinbarung nicht nur den für die Höhe der Vergütung entscheidenden Berechnungsfaktor, sondern auch den einheitlichen Abrechnungsmodus, mithin das Vergütungsmodell bestimmen. Sofern - wie im vorliegenden Fall - keine Einigung über das Vergütungsmodell erzielt worden ist, weil die Beigeladenen den nds LKK 2002 zur Berechnungsgrundlage machen wollten und die Kläger dem nicht zustimmten, ersetzt der Schiedsspruch auch insoweit gemäß § 85 Abs. 5 Satz 1 SGB XI die mangelnde Vereinbarung der Beteiligten. Dem steht - worauf das SG zutreffend hingewiesen hat - nicht entgegen, dass der Gesetzgeber in § 89 Abs. 3 SGB XI eine Vielfalt von Vergütungsmodellen für möglich erachtet. Die danach eröffnete Variationsbreite bezieht sich dabei nur auf die inhaltliche Gestaltung der Vergütungsregelung. Entgegen der Auffassung der Kläger weist § 85 Abs. 5 Satz 1 SGB XI sogar selbst der Schiedsstelle diesen Gestaltungsspielraum zu, wenn sie anstelle der Vertragsparteien zu entscheiden hat. Der Umfang der Gestaltungsfreiheit hängt daher nicht von dem Gremium ab, das sie anwendet. Letztlich beanstanden die Kläger auch nicht, dass die Schiedsstelle ein Vergütungsmodell festgelegt hat, sondern welches sie ausgewählt hat.

18

Die Entscheidung der Beklagten, den nds LKK 2002 als Vergütungsmodell zu bestimmen, ist ebenfalls nicht zu beanstanden. Insbesondere ist diese Entscheidung der Beklagten von ihr auch hinreichend begründet worden. Insoweit teilt der Senat nicht die Auffassung des SG, dass die Beklagte dafür in ihrem Schiedsspruch keine hinreichende Begründung gegeben habe, diese vielmehr erst im sozialgerichtlichen Verfahren nachgeholt habe. Denn die Beklagte musste in ihrem Schiedsspruch nicht darlegen, warum sie speziell den nds LKK 2002 - statt eines dritten Modells - ausgewählt hatte. Für den Senat ist anhand der ihm vorliegenden Unterlagen der Beteiligten ersichtlich, dass den Beteiligten bewusst war, dass die Alternative zu dem Schwaneweder Modell nur der nds LKK 2002 sein konnte, nicht nur weil er eine ähnliche Verbreitung hat, sondern weil er in dem vom SG Hannover durchgeführten Mediationsverfahren bereits für einige andere Pflegedienste der Stadt und des Landkreises Göttingen in Kraft gesetzt worden war und außerdem aufgrund seines späteren Entstehungsdatums in 2002 zwangsläufig aktueller als das Schwaneweder Modell von 1995 ist. Außerdem ist zu berücksichtigen, dass an die Begründung der Schiedsstelle keine übertriebenen Anforderungen gestellt werden dürfen, denn ihr gesetzlicher Auftrag ist darauf zugeschnitten, eine unverzügliche Entscheidung zu treffen. Solange sich die Gesamtentscheidung der Schiedsstelle an den gesetzlichen Vorgaben und dem Prinzip des fairen und willkürfreien Verfahrens orientiert, ist sie auch berechtigt, einzelne Streitpunkte eher summarisch abzuhandeln, statt sie detailliert zu begründen ( BVerwGE 108, 47 [BVerwG 01.12.1998 - 5 C 17/97] ). Ein Begründungsmangel im Sinne von § 35 Abs. 1 Satz 2 SGB X lag insoweit demnach nicht vor.

19

Die Schiedsstelle hat sich auch insoweit im Rahmen des ihr zustehenden Ermessens bewegt, als sie das bis dahin zwischen den Beteiligten vereinbarte Schwaneweder Modell durch das nds LKK 2002 ablöste. Gemäß § 89 Abs. 1 Satz 2 SGB XI muss die Vergütung leistungsgerecht sein und nach Satz 3 der selben Vorschrift muss sie es einem Pflegedienst bei wirtschaftlicher Betriebsführung ermöglichen, seinen Versorgungsauftrag zu erfüllen. Die Beklagte hat mit ihrem Schiedsspruch im Wesentlichen folgende Zielrichtungen verfolgt: Die Berechnung der Vergütung des klägerischen Heimes anhand des nds LKK 2002 führe zu einer weiteren Verbreitung dieses Vergütungsmodells, die wiederum zu mehr Transparenz und Vergleichbarkeit der von den einzelnen Pflegediensten zur Verfügung gestellten Leistungen führe. Dies sei insbesondere im Interesse der Pflegebedürftigen gerechtfertigt, die - nach Bewilligung der Pflegeleistungen durch die Pflegekassen - die freie Auswahl unter den Anbietern haben. Diese Erwägungen sind nicht zu beanstanden, denn sie orientieren sich an § 7 Abs. 3 SGB XI, wonach die Pflegekassen den Pflegebedürftigen bei der Auswahl des Pflegedienstes insbesondere in der Weise zu informieren haben, dass sie ihm sog. Leistungs- und Preisvergleichslisten über die Pflegeeinrichtungen zur Verfügung stellen und ihn darüber beraten. Entgegen der Auffassung der Kläger ist der Sinn und Zweck dieser gesetzlichen Regelung nicht etwa darin zu sehen, wegen der Existenz solcher Leistungs- und Preisvergleichslisten eine möglichst große Vielfalt unterschiedlicher Modelle zuzulassen. Absicht ist es vielmehr, den Pflegebedürftigen die Übersicht über die z.T. schwer vergleichbaren Leistungsangebote zu erleichtern. Diese gesetzliche Vorschrift wurde erst zum 1. Januar 2002 (BGBl. I, S. 2320) in das SGB XI aufgenommen und ist daher auch als Reaktion des Gesetzgebers auf ein offensichtlich unüberschaubares Angebot von Pflegeleistungen zu verstehen. Allein eine Gegenüberstellung des Schwaneweder Leistungskomplexes und des nds LKK 2002 verdeutlicht dieses Problem. Einige wenige Leistungskomplexe sind in beiden Vergütungsmodellen zumindest ähnlich, so z.B. der Leistungskomplex für die "kleine Grundpflege". Der nds LKK 2002 enthält jedoch in weit größerem Umfang Leistungskomplexe, die die Hilfestellungen für bestimmte Verrichtungen danach zusammenstellen, wie sie anhand typischer Krankheitsbilder bei Pflegebedürftigen entstehen. Berücksichtigt man außerdem, dass beide Modelle unterschiedliche Regelungen darüber vorsehen, in welchem Umfang einzelne Komplexe miteinander kombinierbar sind, wird augenfällig, wie schwierig die Vergleichbarkeit dieser Vergütungsmodelle ist. Die Transparenz der Vergütungsstruktur dient damit letztendlich indirekt auch der Ermittlung einer leistungsgerechten Vergütung, weil diese wesentlich von dem Marktpreis bestimmt wird ( BSGE 87, 199 ff. [BSG 14.12.2000 - B 3 P 19/00 R] ), der sich jedoch nur dann herausbilden kann, wenn das Angebot der Leistungserbringer vergleichbar ist. Zwar hat das BSG seine Rechtsprechung für die Vergütung stationärer Pflegeleistungen entwickelt, sie ist aber auch auf die Vergütung ambulanter Pflegeleistungen übertragbar, denn auch in § 89 Abs. 1 Satz 2 SGB XI findet sich die Regelung, dass diese Vergütung leistungsgerecht sein muss. Darüber hinaus gewährleistet die soziale Pflegeversicherung die Vielfalt aller ambulanten Pflegeeinrichtungen (vgl. § 69 S. 3 i.V.m. § 71 Abs. 1 SGB XI) auch zu dem Zweck, deren Wettbewerb zu fördern, der zur Bildung von Marktpreisen beiträgt. Vor diesem Hintergrund ist der von der Beklagten verfolgte Zweck ihres Schiedsspruchs rechtlich nicht zu beanstanden.

20

Demgegenüber vermag das Argument der Kläger, es sei nicht Aufgabe der Schiedsstelle, eine Vereinheitlichung der Vergütungssysteme vorzunehmen, nicht zu überzeugen. Es mag zwar sein, dass der Schiedsstelle eine solche Kompetenz jedenfalls dann abzusprechen ist, wenn die Vereinheitlichung als bloßer Selbstzweck angestrebt wird, was nach den obigen Darlegungen der Beklagten im vorliegenden Fall jedenfalls nicht vorgeworfen werden kann.

21

Auch verstößt der Schiedsspruch der Beklagten nicht gegen das Grundrecht der Berufsfreiheit der Kläger gemäß Art. 12 Abs. 1 Satz 1 Grundgesetz (GG) und das Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb, welches durch Art. 14 GG geschützt ist. Betroffen ist hier der Schutzbereich der Berufsausübungsfreiheit, weil die Vorgabe, die Vergütung nach dem nds LKK zu berechnen, die Betätigung der von den Klägern betriebenen ambulanten Pflegeeinrichtung berührt. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichtes (BVerfG), der sich der Senat anschließt, handelt es sich deshalb um einen Eingriff in das Grundrecht der Berufsfreiheit auf der zweiten Stufe, der - anders als auf der ersten Stufe bei der Freiheit, einen Beruf zu wählen - nicht zu einer unmittelbaren Existenzgefährdung des Grundrechtsträgers führt. Gemäß Art. 12 Abs. 1 Satz 2 GG kann die Berufsausübung durch oder auf Grund eines Gesetzes beschränkt werden. § 85 Abs. 5 Satz 1 SGB XI i.V.m. § 89 Abs. 3 Satz 2 SGB XI ist eine solche gesetzliche Regelung, die im vorliegenden Fall die Freiheit der Kläger, das Vergütungssystem in Übereinstimmung mit den Verbänden der Pflegekassen festzulegen, in zulässiger Weise einschränkt. Das BVerfG verlangt, dass eine solche Norm in jeder Hinsicht verfassungsmäßig ist, das bedeutet, dass sie formell ordnungsgemäß zustande gekommen sein und dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit entsprechen muss ( BVerfGE 15, 231 ). Die Freiheit der Berufsausübung kann danach beschränkt werden, soweit vernünftige Erwägungen des Gemeinwohls es zweckmäßig erscheinen lassen und der Betroffene nicht übermäßig belastet wird und die Auflage zumutbar ist ( BVerfGE 7, 377 f. [BVerfG 11.06.1958 - 1 BvR 596/56] ). Anhaltspunkte für eine formelle Rechtswidrigkeit von § 85 SGB XI liegen nicht vor. Auch verstößt die Zugrundelegung des nds LKK 2002 nicht gegen den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz. Die durch die Übernahme dieses Vergütungssystems bewirkte verbesserte Markttransparenz für pflegebedürftige Personen stellt einen vernünftigen Grund des Allgemeinwohls dar. Darüber hinaus ist es weder ersichtlich noch von den Klägern vorgetragen, dass sie durch die Bindung an den nds LKK 2002 in erhebliche, möglicherweise sogar existenzielle, wirtschaftliche Schwierigkeiten geraten sind. Art. 14 GG lässt einen Eingriff in Positionen, die in der Vergangenheit begründet worden sind, zu, wenn er durch überwiegende Gründe des öffentlichen Interesses unter Berücksichtigung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit gerechtfertigt ist (vgl. BVerfGE 31, 275, 290 [BVerfG 08.07.1971 - 1 BvR 766/66] ). Indessen liegt auch ein Verstoß gegen die Eigentumsgarantie nicht vor. Nach Auffassung des Senats rechtfertigen die vorstehenden Erwägungen auch den Eingriff in diese Grundrechtsposition.

22

Auch im Hinblick auf die Festlegung der Höhe des Punktwertes mit 3,9 Cent ist der Schiedsspruch der Beklagten nicht zu beanstanden. Wie bereits ausgeführt, ermittelt sich die leistungsgerechte Vergütung im Sinne von § 89 Abs. 1 SGB XI nach der Rechtsprechung des BSG über den Marktpreis. Der Marktpreis für den Punktwert nach dem nds LKK 2002 beruht auf demjenigen Punktwert, der auch zuletzt im Mediationsverfahren vor dem SG Hannover ausgehandelt wurde und der ausweislich der Liste der Beigeladenen und der Liste der Kläger denjenigen Einrichtungen vergütet wird, die ebenfalls diesem Leistungskatalog unterliegen. Es handelt sich dabei um 3,5 Cent, mithin denjenigen Wert, den die Beigeladenen im Schiedsverfahren auch beantragt haben. Das rechtliche Gehör der Kläger ist im Übrigen bezüglich der Festlegung des Punktwertes schon deshalb nicht verletzt, weil ihnen mithin offensichtlich der Punktwert von 3,5 Cent bekannt war. Wenn die Beklagte bei der Festsetzung des Punktwertes in Höhe von 3,9 Cent nur unwesentlich unter dem Antrag der Kläger (4,08 Cent) geblieben ist und sie damit auch den finanziellen Problemen Rechnung trägt, die der klägerische Pflegedienst aufgrund der Umstellung auf den nds LKK 2002 zu tragen hat, und sie im Übrigen auch dem klägerischen Hilfsantrag insoweit gefolgt ist, als das neue Vergütungsmodell erst ab 1. September 2005 in Kraft gesetzt worden ist, hat sie die Interessen der Kläger im Rahmen des ihr zustehenden Ermessens ausreichend berücksichtigt.

23

Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 SGG.

24

Der Senat hat die Revision gemäß § 160 Abs. 1 und Abs. 2 Nr. 1 SGG deshalb zugelassen, weil die Rechtssache von grundsätzlicher Bedeutung ist. Das BSG hat noch keine Entscheidung über einen Schiedsspruch getroffen, der die Vergütung ambulanter Pflegedienste betrifft.