Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen
Urt. v. 15.02.2007, Az.: L 14 P 31/04

Bibliographie

Gericht
LSG Niedersachsen-Bremen
Datum
15.02.2007
Aktenzeichen
L 14 P 31/04
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2007, 61353
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:LSGNIHB:2007:0215.L14P31.04.0A

Verfahrensgang

vorgehend
SG Lüneburg - 08.07.2004 - AZ: S 5 P 50/02

In dem Rechtsstreit

...

hat der 14. Senat des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen auf die mündliche Verhandlung vom 15. Februar 2007 in Bremen durch die Richter F. - Vorsitzender -, G. und die Richterin H. sowie die ehrenamtlichen Richter I. und J. für Recht erkannt:

Tenor:

  1. Auf die Berufung der Klägerin werden das Urteil des Sozialgerichts Lüneburg vom 8. Juli 2004 und der Schiedsspruch der Beklagten vom 5. August 2002 aufgehoben.

  2. Die Beklagte wird verurteilt, über den Antrag der Klägerin vom 11. Januar 2002 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senats erneut zu entscheiden.

  3. Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

  4. Die Revision wird zugelassen.

  5. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 13 900,00 € festgesetzt.

TATBESTAND

1

Die Klägerin begehrt die Aufhebung des Schiedsspruchs der Beklagten vom 5. August 2002, mit welchem die Pflegeentgelte sowie das Entgelt für Unterkunft und Verpflegung für den Zeitraum vom 1. August 2002 bis 31. März 2003 festgelegt wurde.

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Sie betreibt ein Pflegeheim mit 44 stationären Heimplätzen und verfügt über einen Versorgungsvertrag im Sinne von § 72 des Sozialgesetzbuchs Elftes Buch - Soziale Pflegeversicherung - (SGB XI). Im Jahr 2001 und 2002 erreichte die Klägerin zeitweilig keine Fachkraftquote von 50 %, diese betrug am 1. Oktober 2001 beispielsweise nur 49,75 %. Die Pflegepersonalschlüssel (PPS) betrugen in der Pflegestufe I 1: 4,35, in II 1: 2,89 und in III 1: 2,16. Nachdem die Einigungsversuche über neue Pflegesätze mit den Beigeladenen erfolglos blieben, beantragte die Klägerin bei der Beklagten mit Schreiben vom 11. Januar 2002 die Einleitung eines Schiedsverfahrens. Der Ladung zur mündlichen Verhandlung der Schiedsstelle am 29. Juli 2002 waren die sog. Musteranforderungen der Schiedsstelle an die Pflegekassen beigefügt. Die Beklagte verwies u.a. darauf, dass sie nicht nur Angaben zu den Pflegeheimen im Landkreis Lüneburg benötige, sondern auch zu vergleichbaren Heimen im Landkreis Harburg. Die Beigeladene zu 2. wurde vorsorglich gebeten, Angaben zu diesen Heimen beizubringen. In den Musteranforderungen wurden die Klägerin und die Beigeladenen außerdem aufgefordert, der Schiedsstelle binnen 10 Tagen Einrichtungen mit vergleichbarem Leistungsangebot im Einzugsbereich zu benennen. Die Auswahl der Vergleichseinrichtungen konnte danach von den Pflegekassen unter Heranziehung der aktuellen PPS erfolgen. Von den danach in Frage kommenden Heimen des Landkreises seien diejenigen auszusortieren, die keine Fachkraftquote von 50 % aufweisen und nicht eine Platzanzahl von mindestens 20 vorhalten. Anhand weiterer Kriterien seien dann die Pflegeentgelte der Vergleichsgruppe zu ermitteln. Für den Fall, dass der Schiedsstelle die danach einzureichenden Unterlagen nicht ausreichen sollten, um sich eine Übersicht über vergleichbare Vergütungen am Ort bzw. in der Region zu verschaffen, wurden die Beteiligten des Schiedsverfahrens vorsorglich aufgefordert, eine prospektive Kalkulation und eine entsprechende Gegenkalkulation der im Schiedsverfahren befindlichen Einrichtung nach dem letzten Verhandlungsstand vorzulegen. Die Beigeladene zu 4. übersandte der Beklagten eine entsprechende Liste mit Heimen des Landkreises Lüneburg, worin die Anzahl der Bewohner des jeweiligen Heimes, die Pflegesätze, die Kosten für Unterkunft und Verpflegung, der PPS für die jeweiligen Pflegestufen sowie die Erfüllung der Fachkraftquote verzeichnet waren. Die Klägerin legte der Beklagten eine umfangreiche Aufstellung der in ihrem Heim gezahlten Bruttolöhne sowie eine Pflegesatzkalkulation für das Jahr 2002 und 2003 und eine Gewinn- und Verlustrechnung für das Jahr 2001 vor.

3

Zu Beginn der mündlichen Schiedsverhandlung beantragte die Klägerin folgende Pflegeentgelte bei Zugrundelegung folgender PPS:

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Die Beigeladenen beantragten demgegenüber folgende Pflegeentgelte:

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Entgelt für Unterkunft und Verpflegung: 14,99 €.

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Zur Begründung bezogen sie sich auf ihre Gegenkalkulation und hilfsweise auf einen externen Vergleich. Im Laufe der mündlichen Verhandlung reduzierte die Klägerin ihren ursprünglichen Antrag auf folgende Beträge:

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Einem letzten Angebot der Beigeladenen folgend setzte die Beklagte in ihrem Schiedsspruch vom 5. August 2002 folgende Pflegeentgelte für die Zeit vom 1. August 2002 bis 31. März 2003 fest:

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Dabei legte sie den bisher für die Klägerin maßgebenden PPS zugrunde. Zur Begründung führte die Beklagte dazu Folgendes an. Eine Auswahl von 16 Pflegeheimen im Bezirk des Landkreises Lüneburg bilde die Vergleichsgruppe, deren durchschnittliche Pflegeentgelte wie folgt lauten:

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Angesichts dieser Werte handele es sich bei den im Schiedsspruch festgesetzten Pflegeentgelten um ein leistungsgerechtes Entgelt, das eine wirtschaftliche Betriebsführung voraussetze. Die Vergleichsgruppe von 16 Heimen sei nach folgenden Kriterien ausgewählt worden: gleiche oder ähnliche PPS, Fachkraftquote über 50 % und Platzzahl über 20. Die Beklagte habe dabei die bislang vereinbarten PPS zugrunde gelegt, eine Veränderung auf höhere - und damit schlechtere - PPS sei nicht erstrebenswert. An einer Veränderung auf niedrigere PPS - im Sinne der Klägerin - habe sie - die Beklagte - sich jedoch deshalb gehindert gesehen, da die Klägerin ganz bewusst von ihrer ursprünglichen PPS-Vorstellung im Laufe der mündlichen Verhandlung abgewichen sei. Eine gutachterliche Überprüfung der Behauptung der Klägerin, im Landkreis Lüneburg würden Einrichtungen mit schlechterer Personalausstattung durchgehend mit höheren Pflegesätzen "belohnt", sei wegen des Beschleunigungsprinzips im Sinne von § 85 SGB XI nicht möglich. Das Schiedsverfahren schwebe bereits seit Januar 2002. Auch sei die mündliche Verhandlung auf Wunsch der Klägerin bereits zweimal vertagt worden. Falls jedoch eine mögliche Verzerrung des Preis-Leistungs-Verhältnisses festgestellt werden sollte, so könne dies im Rahmen des Abschlusses einer Leistungs- und Qualitätsvereinbarung nach § 80a SGB XI korrigiert werden. Die Probleme bei der Erfüllung der Fachkraftquote von 50 % seien im vorliegenden Fall deshalb nicht relevant, weil sie nur bis zum 31. Juli 2002 bestanden hätten, der Schiedsspruch aber erst ab 1. August 2002 Gültigkeit entfalte.

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Gegen den ihr am 7. August 2002 zugestellten Schiedsspruch hat die Klägerin am 28. August 2002 Klage erhoben. Sie hat die Auffassung vertreten, der Schiedsspruch könne aus folgenden Gründen keinen Bestand haben. Die Beklagte habe logische Denkgesetze verletzt, wenn sie in ihrem Schiedsspruch die Veränderung des PPS abgelehnt habe. Dem liege der Irrtum zugrunde, weniger Personal führe automatisch zu schlechterer Pflegequalität. Da eine Veränderung des PPS gleichzeitig eine Anhebung des Pflegesatzes nach sich ziehen müsse, seien die festgesetzten Pflegeentgelte schon deshalb zu niedrig bemessen. Der von der Beklagten vorgenommene externe Vergleich mit Heimen aus dem Landkreis Lüneburg sei deshalb nicht sachgerecht, weil dort ein paradoxes Entgeltsystem herrsche. Heime mit geringerem Personal vereinbarten danach höhere Entgelte als solche mit hohem Personalstand. Die Beklagte habe in der Sitzung vom 29. Juli 2002 diese Bedenken zwar geäußert, aber nicht sachgerecht darauf reagiert. Der Fortführung des PPS habe sie - die Klägerin - jedoch widersprochen. Aufgrund dieser Verwerfungen sei der Durchschnitt der Pflegeentgelte der von der Beklagten ausgewählten 16 Heime falsch ermittelt worden. Darüber hinaus sei festzustellen, dass viele der Bewohner der 16 Vergleichsheime aus dem Landkreis Harburg kämen. In ihrem Heim seien dies allein 18 Bewohner, denen lediglich 16 Bewohner aus Lüneburg und 8 aus anderen Bereichen gegenüberstünden. Das Niveau der Pflegeentgelte sei in Harburg jedoch höher als in Lüneburg. Die Beklagte habe die von ihr in der Sitzung am 29. Juli 2002 vorgelegten Kalkulationen (Tischvorlage) nicht berücksichtigt, was eine Verletzung ihres rechtlichen Gehörs darstelle. Wenn die Beklagte meine, die Gestehungskosten des klägerischen Heims spielten keine Rolle, so stehe dies im Widerspruch zu der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG). Das BSG habe in seinem Urteil vom 14. Dezember 2000 ausgeführt, dass die Gestehungskosten insoweit mittelbar von Bedeutung seien, als ein Anbieter seinen Preis jedenfalls nicht auf Dauer unterhalb seiner Gestehungskosten kalkulieren könne. Die Beklagte habe es versäumt zu prüfen, ob die von ihr festgesetzten Pflegeentgelte einer wirtschaftlichen Betriebsführung entsprächen. Wenn die Beklagte anführe, bei der Bemessung der Entgelte seien die Marktmechanismen zu beachten, so müsse sie dies auch in Gänze tun, denn es gebe auf dem Markt der Pflegeheime für ein und dieselbe Leistung unterschiedliche Preise. Schließlich sei dem genannten Urteil des BSG nicht zu entnehmen, dass bei einem externen Vergleich Durchschnittswerte zu bilden seien. Der amtlichen Begründung zu § 80a SGB XI sei vielmehr zu entnehmen, dass die von den Kostenträgern in Pflegesatzvereinbarungen geübte Praxis, die Pflegesätze an regionalen oder landesweiten Durchschnittswerten zu messen oder gar darauf zu beschränken, nicht nur dem gesetzlich verbrieften Anspruch des einzelnen Heims auf eine leistungsgerechte Vergütung seiner konkreten Leistungen widerspräche. Die von der Beklagten festgesetzten Pflegesätze reichten nicht aus, um die effektiven Kosten zu decken, obwohl diese objektiv betrachtet nicht hoch seien.

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Die Beigeladene zu 4. hat demgegenüber die Auffassung vertreten, Heime des Landkreises Harburg seien deshalb nicht zu berücksichtigen, weil das Heim der Klägerin und deshalb der "Markt" ihrer Dienstleistung der Landkreis Lüneburg sei. Es sei nicht verständlich, warum sie sich gegen die ermittelten Durchschnittswerte der Pflegeentgelte wende, denn im Rahmen der Verhandlungen habe sie sich gerade an diesen orientiert, um einen möglichst hohen Abschluss zu erzielen. Im Übrigen lägen die von der Beklagten letztendlich festgesetzten Pflegeentgelte über den Durchschnittswerten der Vergleichsgruppe.

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Mit Urteil vom 8. Juli 2004 hat das Sozialgericht (SG) Lüneburg die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es angeführt, die Überprüfung des Schiedsspruchs anhand des dem Gericht nur eingeschränkt zustehenden Überprüfungsspielraums ergebe, dass er rechtlich nicht zu beanstanden sei. Der von der Beklagten vorgenommene sog. externe Vergleich sei sachgerecht. Die Angebotsstruktur der Klägerin weise keine Besonderheiten im Vergleich mit anderen Pflegeheimen auf. In der von der Beigeladenen vorgelegten Liste mit 34 Heimen des Landkreises Lüneburg finde sich eine ausreichende Anzahl von Vergleichsheimen, die dem zu fordernden Qualitätsstandard entsprächen. Auch schließe die von der Klägerin vorgetragene besondere Entgeltstruktur der Heime im Landkreis Lüneburg den externen Vergleich nicht aus. Zwar bestehe hier ein gewisses Ungleichgewicht, dies beeinträchtige aber nicht nachhaltig die gesamte Preis-Leistungs-Struktur der Heime des Landkreises Lüneburg. Im Übrigen seien lediglich 6 Heime des Landkreises Lüneburg dem sog. Segment C zuzuordnen, das die höchsten PPS und die höchsten Pflegeentgelte aufweise. Wenn die Beklagte in Kenntnis dieses Problems eine Entscheidung über die Pflegesätze unter Heranziehung dieser Heime getroffen habe, so habe sie den ihr zustehenden Beurteilungsspielraum nicht überschritten. Im Übrigen habe die Beklagte die Beigeladenen darauf hingewiesen, mögliche Verzerrungen im Rahmen der Verhandlungen der neuen Leistungs- und Qualitätsvereinbarungen zu berücksichtigen. Weiterhin seien die Kriterien für die Erstellung der Liste allen Beteiligten vor der Sitzung bekannt gewesen. Zutreffend habe die Beklagte auch die Vergleichsgruppe auf die Heime des Landkreises Lüneburg beschränkt, denn dort sei der zu berücksichtigende "Markt". Darüber hinaus seien auch die Beigeladenen örtlich auf diesen Bereich beschränkt. Die Beibehaltung des bisherigen PPS sei nicht zu beanstanden. Auch die Klägerin stelle nicht in Abrede, dass ein mit mehr Personal ausgestatteter Heimträger den Versorgungsauftrag leichter erfüllen könne als ein solcher mit geringerer Personalausstattung. Eine Verletzung des rechtlichen Gehörs könne nicht festgestellt werden, weil die Klägerin in der Sitzung ausreichend Gelegenheit zur Vorstellung ihrer eigenen Kostenkalkulationen und zur Stellungnahme zu den ihr vorgelegten Unterlagen der Beigeladenen erhalten habe. Die von der Klägerin in der Sitzung eingereichte Tischvorlage sei von der Beklagten als irrelevant angesehen worden, weshalb deren Nichtbeachtung nicht ihr rechtliches Gehör verletze.

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Gegen das ihr am 26. Juli 2004 zugestellte Urteil hat die Klägerin mit Schriftsatz vom 24. August 2004 Berufung eingelegt. Sie vertritt die Ansicht, das SG habe in seinem Urteil verkannt, dass die Beklagte bei ihrer Entscheidungsfindung die Folgen aus der Verknüpfung der jeweils von den Beteiligten beantragten Pflegeentgelte und den jeweiligen PPS nicht berücksichtigt habe. Dabei seien die von ihr als letztes beantragten Entgelte mit einem geringeren PPS verbunden als diejenigen, die die Beklagte mit ihnen verglichen habe, diesen habe nämlich eine höhere Personalausstattung zugrunde gelegen. Die Beklagte habe es zu Unrecht als Kompromiss gewertet, ihren Antrag mit niedrigeren Entgelten mit dem Antrag der Beigeladenen auf höhere Personalausstattung zu verbinden. Wirklich vergleichbar wäre ihr Antrag mit Pflegeentgelten etwaiger Vergleichsheime nur dann gewesen, wenn die PPS einheitlich gewesen wären, was indessen nicht der Fall gewesen sei. Rechne man ihren Antrag unter Berücksichtigung des PPS der Vergleichsheime um, so ergäben sich folgende Entgelte:

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Die Beklagte habe also gar nicht über ihren tatsächlichen Antrag entschieden. Der externe Vergleich habe auch deshalb nicht gewählt werden dürfen, weil er bezogen auf den Landkreis Lüneburg nicht geeignet sei, leistungsgerechte Entgelte festzusetzen, da die Vergütungsstruktur nicht dem Prinzip folge, dass eine höhere Vergütung auf höherer Leistung beruhe. Da die Beklagte dies selbst erkannt und auch geäußert habe, hätte neben der Methode des externen Vergleichs eine ergänzende Bewertung vorgenommen werden müssen, die zumindest Heime des Landkreises Harburg oder auch ganz andere Kriterien hätte einbeziehen müssen. Jedenfalls werde anhand der paradoxen Vergütungsstruktur deutlich, dass der PPS kein entscheidendes Kriterium für den Vergleich der Pflegeentgelte sein dürfe. Die Orientierung an einem durchschnittlichen Wert von Pflegeentgelten widerspreche dem gesetzgeberischen Ziel und der Rechtsprechung. So habe das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) auf eine Bandbreite von Entgelten abgestellt. Solange sich ein Antrag des Einrichtungsträgers innerhalb dieser Bandbreite bewege, sei er als angemessen zu bewerten. Ihr letzter in der mündlichen Verhandlung der Beklagten gestellter Antrag habe den durchschnittlichen Wert zwar überschritten, sich aber im Rahmen der Bandbreite der Entgelte der Heime des Landkreises Lüneburg befunden. Jedenfalls sei die Festlegung der Pflegeentgelte mit einem Wert, der unter ihrem Antrag liege, ermessensfehlerhaft. Auch sei dem SG zu widersprechen, wenn es meine, dass die Bildung von Durchschnittswerten bei den Pflegeentgelten der Einschätzungsprärogative der Beklagten entspreche. Das BVerwG habe entschieden, dass das Recht der Berufsausübungsfreiheit die Verpflichtung des Gesetzgebers begründe, ein Vergütungssystem zu schaffen, dass die objektiv erforderlichen Kosten decke. Die von ihr aufgeführten Kosten seien branchenüblich und mithin auch objektiv erforderlich. Auch das teuerste Entgelt sei leistungsgerecht, wenn der Markt es zulasse. Wenn kein Unterschied bei der Organisation und Gestaltung der Einrichtung bestehe, dann müsse selbst das teurere Entgelt gezahlt werden. Sie habe wegen der ihr gewährten niedrigen Pflegesätze nur schlechtere bzw. geringer bezahlte Fachkräfte beschäftigen können. Die Auffassung des SG, die Methodik der Entscheidung der Schiedsstelle sei gerichtlich nicht nachprüfbar, sei falsch. Sie schließe sich insoweit einer Entscheidung des Verwaltungsgerichts (VG) Leipzig vom 19. Februar 2004 an, wonach die Methode der Schiedsstelle der uneingeschränkten gerichtlichen Kontrolle zugänglich sei. Die Beklagte hätte daher erläutern müssen, weshalb sie ihren Anträgen nicht gefolgt sei und konkret einzelne Leistungspositionen bewerten und vergleichen müssen. Auch das hessische Landessozialgericht (LSG) habe in einem Urteil vom 26. Januar 2006 entscheidend darauf abgestellt, ob die Schiedsstelle die für die Höhe einer leistungsgerechten Vergütung maßgeblichen Faktoren in ausreichender Weise ermittelt habe. Die Selbstkosten einer Einrichtung bildeten, soweit sie den Grundsätzen der Wirtschaftlichkeit, der Sparsamkeit und Leistungsfähigkeit entsprächen, regelmäßig die Untergrenze des festzusetzenden Pflegeentgelts. Demnach habe die Schiedsstelle methodisch auf der ersten Stufe die bisherigen und prospektiven Selbstkosten des Einrichtungsträgers zu ermitteln.

27

Die Klägerin beantragt,

  1. das Urteil des Sozialgerichts Lüneburg vom 8. Juli 2004 sowie den Beschluss der Beklagten vom 5. August 2002 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, über den Antrag der Klägerin vom 11. Januar 2002 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senats neu zu entscheiden.

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Die Beklagte beantragt,

  1. die Berufung zurückzuweisen.

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Sie vertritt die Auffassung, dass der Einwand der Klägerin, die von ihr beantragten Pflegeentgelte seien umzurechnen bzw. zu erhöhen gewesen, sei prozessrechtlich nicht nachvollziehbar. Unrichtigkeiten im Sachverhalt hätte die Klägerin in dem befristeten Verfahren nach § 139 Sozialgerichtsgesetz (SGG) beanstanden müssen, diese Frist sei jedoch inzwischen abgelaufen. Die streitenden Parteien seien im Übrigen davon ausgegangen, dass die Streitpunkte für die Zeit vor dem 1. August 2002 ausgeräumt seien. Auch sei vor dem Hintergrund der zu schließenden Leistungs- und Qualitätsvereinbarung im Sinne von § 80a SGB XI und der relativ kurzen Laufzeit vom 1. August 2002 bis 31. März 2003 sowie hinsichtlich der relativ geringen Abweichung des Schiedsspruchs von dem Antrag der Klägerin davon ausgegangen worden, dass der Schiedsspruch nicht in Frage gestellt werde.

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Die Beigeladenen haben keinen Antrag gestellt.

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Die Beigeladene zu 2. vertritt die Auffassung, es sei verwunderlich, dass sich die Klägerin auf ihren angeblich so guten PPS beziehe, obwohl ihr Heim bei einer Überprüfung des MDK vom 29. August 2002 durch erhebliche Mängel in der Struktur-, Prozess- und Ergebnisqualität aufgefallen sei. Die Beklagte sei bei der Festlegung nicht an die klägerischen Anträge gebunden, die Untergrenze sei entsprechend der Rechtsprechung des BSG vielmehr der Antrag der Kostenträger. Die von der Klägerin nunmehr berechneten höheren "fiktiven Pflegesätze", die auf einem anderen PPS beruhten, seien völlig neu und von ihr nicht in der Sitzung der Beklagten vorgetragen worden. Im Übrigen entscheide die Beklagte über die Pflegesätze und nicht über die PPS. Sie habe bei dem externen Vergleich eine Vergleichsgruppe auf der Basis ähnlicher PPS (mit einer Abweichung bis zu 5 %) gebildet, wonach mehr als ein Dutzend Heime in die Vergleichsgruppe einflössen. Zwar habe es bei einigen Heimen "historisch gewachsene" Verwerfungen gegeben, die darauf beruhten, dass bestimmte Heime einer Tarifbindung für die Bezahlung ihrer Pflegekräfte unterlegen seien, weshalb bei relativ wenig Personal relativ hohe Personalkosten entstanden seien. Dies seien aber offensichtlich Gründe, die nicht durch eine objektiv gebotene Ausrichtung auf bestimmte Heimbewohner entstanden sei und daher hier unerheblich sei. Soweit die Klägerin meine, dass diese vom BSG entwickelte Vergütungsfindungsmethode falsch sei, weil im vorliegenden Fall kein idealer Markt existiere, so könne dem nur entgegnet werden, dass es in der Praxis niemals einen 100 %ig perfekten Markt gebe. Schließlich könne der Schiedsspruch nur anhand desjenigen klägerischen Vortrags überprüft werden, der bereits in der Schiedsverhandlung gemacht worden sei.

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Hinsichtlich des weiteren Sach- und Streitstands sowie der von den Beteiligten gewechselten Schriftsätze wird auf die Gerichtsakten und die Verwaltungsakte der Beklagten verwiesen, die dem Gericht vorgelegen hat und Gegenstand der Entscheidungsfindung gewesen ist.

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE

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Die Berufung der Klägerin ist zulässig und begründet.

34

Das Urteil des SG Lüneburg vom 8. Juli 2004 und der Schiedsspruch der Beklagten vom 5. August 2002 waren aufzuheben. Die Beklagte hat erneut über den Antrag der Klägerin vom 11. Januar 2002 unter Beachtung der im Folgenden dargelegten Rechtsauffassung des Senates zu entscheiden.

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Das Begehren der Klägerin ist als statthafte Anfechtungs- und Verpflichtungsklage im Sinne des § 54 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zu verstehen und innerhalb der Klagefrist des § 87 SGG geltend gemacht worden. Denn es handelt sich bei dem angefochtenen Schiedsspruch um einen Verwaltungsakt im Sinne von § 31 Satz 1 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch - Verwaltungsverfahren - (SGB X).

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Zutreffend hat das SG bereits darauf hingewiesen, dass nach der Entscheidung des Bundessozialgerichts (BSG in BSGE 87, 199 ff. ), der sich der Senat anschließt, die Schiedsstellen-Entscheidungen in der Pflegeversicherung nur in eingeschränktem Umfang gerichtlich überprüfbar sind. Denn der Schiedsspruch stellt seiner Natur nach einen Interessenausgleich durch ein sachnahes und unabhängiges Gremium dar. Mit der paritätischen Zusammensetzung, dem Mehrheitsprinzip und der fachlichen Weisungsfreiheit (§ 76 Abs. 4 Sozialgesetzbuch Elftes Buch - Soziale Pflegeversicherung - SGB XI) hat der Gesetzgeber diesen Spruchkörper so ausgestaltet, dass darin unterschiedliche Interessen vermittelnd zusammengeführt werden und Entscheidungen gefällt werden, die nicht immer die einzig sachlich vertretbaren sind, aber häufig Kompromisscharakter aufweisen. Der Schiedsstelle steht mithin ein Entscheidungsspielraum zu, der gerichtlich nur auf die Frage überprüft werden kann, ob die Ermittlung des Sachverhalts in einem fairen Verfahren unter Wahrung des rechtlichen Gehörs erfolgt ist, der bestehende Beurteilungsspielraum eingehalten und zwingendes Gesetzesrecht beachtet worden ist. Der Senat ist zu der Überzeugung gelangt, dass der Schiedsspruch der Beklagten vom 5. August 2002 zwingendes Gesetzesrecht verletzt.

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Die gemäß § 85 Abs. 5 Satz 1 SGB XI angerufene Schiedsstelle setzt Pflegesätze fest, die leistungsgerecht sein müssen (§ 84 Abs. 2 Satz 1 SGB XI) und es einem Pflegeheim bei wirtschaftlicher Betriebsführung ermöglichen müssen, seinen Versorgungsauftrag zu erfüllen (§ 84 Abs. 2 Satz 4 SGB XI). Das Pflegeheim darf Gewinne erzielen, muss aber auch das Verlustrisiko tragen (§ 84 Abs. 2 Satz 5 SGB XI). Schließlich ist gemäß § 84 Abs. 2 Satz 6 SGB XI auch der Grundsatz der Beitragsstabilität zu beachten. Da der Schiedsspruch die - nicht zustande gekommenen - vertraglichen Vereinbarungen nur ersetzt, muss auch er die genannten Voraussetzungen erfüllen. Das BSG hat in dem genannten Urteil (vgl.a.a.O., S. 203) weiter ausgeführt, dass sich die Höhe der leistungsgerechten Vergütung im Sinne der §§ 82, Abs. 1 Satz 2, 84 Abs. 2 Satz 1 SGB XI in erster Linie über die Feststellung von Marktpreisen bestimmt. Denn - so das BSG - unter den Bedingungen eines freien Wettbewerbs bestimmen beim Güteraustausch Angebot und Nachfrage den Preis einer Ware bzw. Dienstleistung, dies ist die leistungsgerechte Vergütung. Die leistungsgerechte Vergütung eines Pflegeheims - die Pflegesätze - werden durch den sog. externen Vergleich des betreffenden Pflegeheims mit anderen

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Pflegeheimen ermittelt, die eine fachgerechte und humane Pflege nach Kriterien der Struktur-, der Prozess- und der Ergebnisqualität ohne Einschränkung erfüllen. Dabei kommt es insbesondere auf die sächlichen und personellen Mittel und die pflegerische Verfahrensweise sowie deren Kontrolle an (BSG, a.a.O.) Angebote, die diesen Maßstäben nicht entsprechen, dürfen in die Pflegesatzverhandlungen nicht eingebracht werden und auch nicht zu (Preis-)Vergleichszwecken herangezogen werden.

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Zutreffend hat die Beklagte zwar für die Festsetzung der Pflegesätze die Methode des externen Vergleichs angewandt, denn die Klägerin hat keine Gründe vorgetragen, die den externen Vergleich als ausnahmsweise unzulässig erscheinen lassen. Sie hat nicht in Abrede gestellt, dass eine ausreichend große Anzahl von vergleichbaren Einrichtungen, die dem gesetzlich vorgeschriebenen Qualitätsstandard entsprechen, vorhanden ist. Die Beklagte hat zutreffend dazu eine Vergleichsgruppe von Pflegeheimen im Landkreis Lüneburg herangezogen. Denn der Landkreis Lüneburg, in dem sich auch das Heim der Klägerin befindet, ist der hier entscheidende "Markt". Dieser bestimmt sich nach dem Landkreis, in welchem das betreffende Heim angesiedelt ist. Unerheblich ist dabei, ob in diesen Heimen auch Patienten aus einem anderen Landkreis gepflegt werden. Solche oder ähnliche Besonderheiten des Patientengutes spielen bei der Ermittlung der Pflegesätze unmittelbar keine Rolle. Zu beanstanden ist nach der Überzeugung des Senates jedoch die Auswahl der 16 Vergleichsheime im Hinblick auf das Alten- und Pflegeheim K., weil es lediglich 18 Bewohner hatte. Die Beklagte hat mit der Berücksichtigung dieses Heimes gegen ihre eigene, im Beschluss vom 5. August 2002 aufgeführte Vorgabe verstoßen, für die Vergleichsheime nur solche Einrichtungen mit einer Platzzahl von über 20 heranzuziehen. Die Bestimmung dieses Kriteriums ist Gegenstand des weiten Beurteilungsspielraums, der der Beklagten eröffnet ist. Die gerichtliche Kontrolle erfasst demgegenüber die Einhaltung dieses Beurteilungsspielraumes, so dass es - entgegen der Auffassung des SG - die Beklagte gerade nicht entlastet, dass sie das Haus K. bewusst unter Verstoß gegen die festgelegte Platzzahl in die Vergleichsberechnung einbezogen hat. Der Senat konnte offen lassen, ob - ebenfalls in Abweichung vom SG - die Einbeziehung des Hauses K. anders zu beurteilen wäre, wenn die Beklagte dafür in ihrem Beschluss eine sachgerechte Begründung angegeben hätte, weil es daran offensichtlich fehlt.

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Nicht zu beanstanden ist der durchgeführte externe Vergleich im Hinblick auf das außerdem herangezogene Kriterium der Fachkraftquote, die mit dem Wert von 50 % der gesetzlichen Vorgabe des § 5 Abs. 1 Heim-Personal-Verordnung entspricht und die alle Vergleichsheime erfüllen. Auch hinsichtlich der PPS entsprechen die herangezogenen Heime - mit geringer Abweichung - dem PPS, der zwischen der Klägerin und den Beigeladenen vereinbart war (I 1: 4,35; II 1: 2,89; III 1: 2,16), so dass sich der externe Vergleich an dem Personaleinsatz orientiert und damit der gesetzlichen Vorgabe entspricht.

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Das Argument der Klägerin, die zum Vergleich herangezogenen Pflegeheime des Landkreises Lüneburg seien inhomogen und mit ihr insoweit auch nicht zu vergleichen, als in manchen Heime tarifgebundene Pflegekräfte entlohnt würden, was dazu führe, dass die jeweiligen Heime zwar hohe Lohnkosten hätten, aber einen ungünstigeren PPS als die Klägerin, vermag nicht zu überzeugen. Zum einen können die zum Vergleich herangezogenen Heime nie als homogene Gruppe bezeichnet werden, weil sie stets über unterschiedliche personelle und sachliche Ausstattungen verfügen, was sicherlich auch ihrem unterschiedlichen Patientengut geschuldet ist. Zum anderen vermag der Senat nicht festzustellen, dass sich die Unterschiede in der Tarifbindung in den einzelnen Heimen bei dem angestellten externen Vergleich zum Nachteil der Klägerin ausgewirkt haben. Auf den PPS, der Vergleichskriterium ist, hat die Frage, ob das Personal tarifgebunden ist oder nicht, keinen Einfluss. Die Tarifbindung mancher Mitarbeiter in den zum Vergleich herangezogenen Pflegeheime wirkt sich demgegenüber - zusammen mit anderen Kostenfaktoren - allenfalls im Sinne einer Erhöhung auf den Pflegesatz der jeweiligen Heime aus. Bei der Berechnung der durchschnittlichen Pflegesätze der Vergleichsheime kann sich dieser Umstand jedenfalls nicht zu Lasten der Klägerin ausgewirkt haben, abgesehen davon, dass bei einer solchen Berechnung Verwerfungen, wie die durch tarifgebundene höhere Entgelte, ohnehin weitestgehend nivelliert werden. So sind Bestandteil der Vergleichsgruppe mit dem L. Alten- und Pflegeheim, dem Heim der M. und dem N. drei Einrichtungen gewesen, deren Pflegeentgelte erheblich über denen der Klägerin lagen. Schließlich ist die Beklagte ihrer Aufgabe als streitschlichtender Stelle auch deshalb gerecht geworden, weil sie mit ihrer Entscheidung zwischen den Anträgen der Beteiligten geblieben ist.

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Auch dürfen an die Begründung ihrer Entscheidung keine übertriebenen Anforderungen gestellt werden. Solange sich die Gesamtentscheidung an den gesetzlichen Vorschriften und dem fairen Verfahren orientiert, was der Senat - wie dargestellt - bejaht, ist die Schiedsstelle berechtigt, einzelne Streitpunkte summarisch abzuhandeln (vgl. Bundesverwaltungsgericht, BVerwGE 108, 47, 55 f. [BVerwG 01.12.1998 - 5 C 17/97] ).

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Zwar hat der Schiedsspruch vom 5. August 2002 - ausweislich seiner Begründung - die Selbstkosten der Klägerin nicht berücksichtigt, dies führt jedoch nicht zu seiner Rechtswidrigkeit. Das BSG (a.a.O., S. 203) hat in dem genannten Urteil dazu ausgeführt, dass es bei der Feststellung der leistungsgerechten Vergütung nicht auf die Gestehungskosten des Anbieters oder auf die soziale oder finanzielle Lage des Nachfragers der Leistung ankommt. Diese Umstände können danach allenfalls mittelbar von Bedeutung sein, weil nämlich der Anbieter seinen Preis nicht auf Dauer unterhalb seiner Gestehungskosten kalkulieren kann und der Nachfrager ebenfalls im Rahmen seiner finanziellen Möglichkeiten bleiben muss. Der Senat teilt nicht die Auffassung der Klägerin, dass sich sowohl aus der sozialgerichtlichen als auch der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung ergebe, dass die Selbstkosten eines Heimes stets die unterste Grenze des noch leistungsgerechten Pflegesatzes darstellen muss. Eine entsprechende Aussage von solch allgemeiner Gültigkeit kann insbesondere dem Urteil des hessischen Landessozialgerichts (vom 26. Januar 2002, Az. L 8/14 P 18/04 ) nicht entnommen werden. Zwar führt das LSG in dem genannten Urteil aus, dass in jenem Fall die Schiedsstelle zunächst die bisherigen und prospektiven Selbstkosten des Klägers zu ermitteln gehabt hätte und anschließend deren Bewertung anhand von Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit mittels eines externen Vergleichs vorzunehmen gewesen wäre. Diese Ausführungen sind indessen auf den vorliegenden Fall aus folgenden Erwägungen nicht übertragbar. In dem Fall des LSG Hessen hatte die Schiedsstelle den Vergleich zwischen dem klagenden Pflegeheim und der Vergleichsgruppe nicht anhand personeller Kriterien, wie des PPS oder der Fachkraftquote, durchgeführt, sondern dafür ausschließlich die Selbstkostensituation bzw. entsprechende Kalkulationen der Heime herangezogen. Lässt man außer Acht, dass diese Vorgehensweise im Hinblick auf die dargestellte BSG-Rechtsprechung schon deshalb rechtlich bedenklich ist, weil den Gestehungskosten bei der Ermittlung des Marktpreises gerade keine entscheidende Bedeutung zukommen soll, so war für das LSG Hessen jedenfalls entscheidungserheblich, dass die Schiedsstelle in jenem Fall gar nicht die konkreten Selbstkosten des klagenden Heimes berücksichtigt hatte. Das mag in jenem Fall eine konsequente Lösung gewesen sein, auf den vorliegenden Fall ist diese Erwägung aber schon deshalb nicht übertragbar, weil die Schiedsstelle die Gestehungskosten der Heime gerade nicht als ein Kriterium für deren Vergleich herangezogen hat. Auch die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. BVerwG a.a.O.) besagt nicht, dass die Gestehungskosten eines Heimes immer die Untergrenze für die festzusetzenden Pflegesätze darstellen müssen. Vielmehr hat das BVerwG - ebenso wie das BSG - in seinen Entscheidungen deutlich gemacht, dass die Bemessung der Pflegesätze nach den tatsächlich entstandenen Selbstkosten nicht (mehr) dem geltenden Recht entspreche. Es hat zwar auch ausgeführt, dass mit dem System der prospektiven Ermittlung der Pflegesätze eine Orientierung an bereits entstandenen (retrospektiven) Selbstkosten nicht generell unvereinbar sei. Die von dem Heim aufzubringenden Selbstkosten könnten danach einen von mehreren Anhaltspunkten für die Entgeltgestaltung darstellen, die Entscheidung über die Berücksichtigung eines solchen Kriteriums falle aber in die Einschätzungsprärogative der Schiedsstelle.

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Der Senat konnte indessen letztendlich offen lassen, ob die dargestellten Auffassungen über die Bedeutung der Selbstkosten bei der Bemessung der Pflegesätze im vorliegenden Fall von Bedeutung sind. Denn selbst wenn man dies annehmen würde, so hätte die Klägerin im vorliegenden Fall anhand ihrer Kostenkalkulationen bzw. Gewinn- und Verlustrechnungen für zurückliegende Zeiträume nicht nachgewiesen, dass die von der Beklagten festgesetzten Pflegesätze für eine kostendeckende Leistungserbringung nicht ausreichten. Die von der Klägerin im Schiedsverfahren eingereichte prospektive Plankalkulation für 2002/2003 beruhte dabei auf einem Einsatz von 15,8 Vollzeitkräften und dem von ihr - bei Beginn der Schiedsverhandlung am 29. Juli 2002 noch - beantragten PPS von I 1: 4,04, II 1: 2,68 und III 1: 2,01. Die Beklagte hat es in ihrem Schiedsspruch jedoch abgelehnt, die PPS - wie von der Klägerin gewünscht - zu verändern und vielmehr weiterhin die PPS von I 1: 4,35, II 1: 2,89 und III 1: 2,16 zugrunde gelegt. Danach ist zwar nachvollziehbar, dass die Klägerin bei höherem Personaleinsatz - der gleichzeitig zu niedrigeren PPS führt - einen größeren Kostenaufwand hat, die darauf beruhende Kostenkalkulation kann aber keinen Beleg dafür liefern, dass die Klägerin mit den festgesetzten Pflegesätzen nicht kostendeckend arbeiten kann, wenn die PPS tatsächlich viel höher sind. Im Übrigen ist die Klägerin auch im Laufe der Schiedsverhandlung von ihrer - auf der von ihr eingereichten Kalkulation beruhenden - Forderung der Pflegeentgelte von 39,92 € (I), 51,35 € (II) und 63,26 € (III) auf 34,62 € (I), 45,05 € (II) und 55,66 € (III) abgewichen. Allerdings veränderte sie auch die PPS auf I 1: 4,5, II 1: 3,0 und III 1: 2,25. Die sog. Tischvorlage der Klägerin aus der Schiedsverhandlung, worin sich ebenfalls eine Kostenkalkulation befindet, basiert demgegenüber auch noch auf dem Einsatz von 15,8 Vollzeitkräften und den von der Klägerin zunächst beantragten niedrigeren PPS. Eine detaillierte Kostenkalkulation auf der Basis der gültigen PPS konnte die Klägerin daher nicht zum Beleg ihrer Behauptung anbringen, die von der Beklagten letztendlich ausgesprochenen Pflegesätze würden einen kostendeckenden Betrieb ihres Heimes nicht ermöglichen. Die darauf gerichtete bloße Behauptung, die die Klägerin im Klage- wie im Berufungsverfahren vorgetragen hat, reicht jedenfalls nicht aus. Deshalb erübrigt sich auch die Klärung der Frage, ob ein etwaiger Nachweis darüber, dass eine Kostendeckung nur mit Pflegesätzen in einer bestimmten Höhe erreichbar ist, lediglich bis zum Abschluss der Schiedsstellenentscheidung vorgetragen werden kann (so das LSG Niedersachsen, Urteil vom 30. Mai 2000, Az. L 3 P 82/99 ) oder ob dazu ein späterer Vortrag - im anschließenden gerichtlichen Verfahren - möglich ist.

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Auch das Argument der Klägerin, vor dem Hintergrund der von der Schiedsstelle verwendeten PPS müssten die von ihr beantragten Pflegeentgelte "umgerechnet" werden, so dass noch höhere Werte entstünden, vermag nicht zu überzeugen. Nachdem die Beklagte die Klägerin in der Schiedsverhandlung darüber informiert hatte, dass sie nicht beabsichtige, den bisher maßgeblichen PPS zu ändern, hätte es nach der Überzeugung des Senats für die Klägerin nahe gelegen, ihre bisherigen Kalkulationen und Berechnungen auf diesen PPS umzustellen. Es ist jedenfalls die Aufgabe des Heimbetreibers, eine sorgsam begründete und plausibel erläuterte Kalkulation zur Stützung seines Antrags vorzulegen, die Schiedsstelle wäre damit überfordert, entsprechende Kalkulationen zu erarbeiten (LSG Niedersachsen, a.a.O.). Im Übrigen ist die Beklagte mit ihrem Schiedsspruch hinsichtlich der Pflegestufe I sogar über dem "umgerechneten" Pflegesatz der Klägerin geblieben.

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Nach allem ist die Entscheidung der Beklagten nur deshalb aufzuheben, weil bei der Durchführung des Vergleichs die selbst gesetzten Maßstäbe für die als Vergleichsgruppe herangezogenen Pflegeheime nicht beachtet worden sind.

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Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 SGG.

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Der Senat hat die Revision im Sinne von § 160 Abs. 1 und Abs. 2 Nr. 1 SGG zugelassen, weil die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat. Es waren dabei Rechtsfragen zu klären, die das BSG in seinem Urteil vom 14. Dezember 2000 nicht zu entscheiden hatte.