Sozialgericht Oldenburg
Urt. v. 31.10.2012, Az.: S 81 R 314/12

Leistung zur Teilhabe am Arbeitsleben in Form einer Umschulung im kaufmännischen Bereich bei Vorliegen von körperlichen Beeinträchtigungen

Bibliographie

Gericht
SG Oldenburg
Datum
31.10.2012
Aktenzeichen
S 81 R 314/12
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2012, 34975
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:SGOLDBG:2012:1031.S81R314.12.0A

Tenor:

  1. 1.

    Der Bescheid der Beklagten vom 20.10.2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15.05.2012 wird aufgehoben und der Bescheid der Beklagten vom 25.07.2012 wird geändert.

  2. 2.

    Die Beklagte wird verurteilt, den Antrag des Klägers auf eine Leistung zur Teilhabe am Arbeitsleben unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden.

  3. 3.

    Die Beklagte trägt die notwendigen außergerichtlichen Kosten des Klägers.

Tatbestand

Der Kläger begehrt eine Leistung zur Teilhabe am Arbeitsleben in Form einer Umschulung im kaufmännischen Bereich. Der am E.1965 geborene Kläger absolvierte nach dem Hauptschulabschluss eine Ausbildung zum Heizungsbauer. Danach war er zeitweise als Produktionsarbeiter tätig und absolvierte eine Fortbildung zum Dreher. Später war er als Hefter und Schweißer, als Produktionsarbeiter, als Lagerist und zuletzt als Schlosser beschäftigt. Da der Kläger arbeitsunfähig erkrankte, holte das Arbeitsamt F. am 04.02.1999 ein Gutachten ein. Darin hieß es, der Kläger sei aufgrund seiner gesundheitlichen Einschränkungen voraussichtlich nicht mehr in der Lage, in seinem erlernten Beruf tätig zu sein. Sein formal-logisches und rechnerisches Denkvermögen sei mit den durchschnittlichen Möglichkeiten von Umschülern zu vergleichen, die sprach-logischen Fähigkeiten seien schwächer. Nach dem intellektuellen Niveau seien Umschulungen möglich, die sich am Hauptschulniveau orientieren. Der Kläger selbst begehre eine anspruchsvollere Umschulung, dafür sei noch Vorbereitung erforderlich. In der Folge bewilligte die Beklagte dem Kläger ebenfalls im Jahre 1999 eine Berufsfindungsmaßnahme. Danach zeige der Kläger eine insgesamt durchschnittliche intellektuelle Leistungsfähigkeit. In orthopädischer Hinsicht lägen Einschränkungen vor durch Beschwerden im Bereich der Wirbelsäule und Knie. So könne er nicht schwer Heben und Tragen sowie keine Arbeiten in Zwangshaltungen verrichten. Die schulischen Kenntnisse des Klägers wiesen mittlere Lücken auf, denkbar sei etwa eine Umschulung zum Haustechniker oder eine Arbeitstrainingsmaßnahme. Kaufmännisch-verwaltende Umschulungen seien nur nach geeigneter Vorförderung und nur auf einfachem Niveau möglich. Im März 2000 begann der Kläger sodann die Maßnahme "Bildung und Praxis für Erwachsene" (BPE), während der er drei Praktika abbrach. Die Beklagte beendete die Maßnahme daraufhin, da der Kläger sich eine Umorientierung in den kaufmännischen Bereich wünschte, die Beklagte ihn aber in dieser Hinsicht nicht für geeignet hielt. Stattdessen absolvierte der Kläger von Juli 2001 bis August 2002 erfolgreich eine Umschulung zum Berufskraftfahrer im Bereich Güterverkehr. Bis zum Jahre 2007 war der Kläger in diesem Bereich arbeitstätig. Dann gab er diese Tätigkeit aus gesundheitlichen Gründen auf. Der Sozialmedizinische Dienst der Beklagten hielt sie aufgrund einer Nierenerkrankung des Klägers nicht mehr für leidensgerecht. Zur Neuorientierung begann der Kläger erneut eine BPE-Maßnahme, konnte diese aufgrund der Nierenerkrankung jedoch nicht zu Ende führen und unterzog sich im Jahre 2009 einer Nierentransplantation. Laut Entlassungsbericht der Anschlussheilbehandlung kann der Kläger nicht mehr als Berufskraftfahrer tätig sein, lediglich leichte Tätigkeiten überwiegend im Sitzen ohne häufiges Bücken seien möglich. Daraufhin durchlief der Kläger im September 2009 erneut eine Berufsfindungsmaßnahme, wonach er selbst angab, eine reine Bürotätigkeit eher nicht anzustreben und über eine Außendiensttätigkeit nachzudenken. Die Rechtschreibfähigkeiten wurden als unterdurchschnittlich eingestuft, die Grundrechenarten als überdurchschnittlich, die Englischkenntnisse seien weit unterdurchschnittlich. Danach könnten kaufmännische Qualifizierungen lediglich auf einfachem Niveau empfohlen werden. Eine Empfehlung für mittlere oder gehobene kaufmännische Umschulungen wie etwa Groß- und Außenhändler könne nicht sicher gegeben werden. Insgesamt könne der Kläger als geeignet angesehen werden für die Tätigkeit des Automatenfachmanns, auch einfache kaufmännische Qualifizierungen könnten versucht werden. Der Beruf des Haustechnikers/Hausmeisters sei nicht geeignet. Mit dem Ziel einer Umschulung zum Lockführer, schloss der Kläger sodann von Oktober 2009 bis Januar 2010 einen Rehavorbereitungslehrgang ab, wurde jedoch bei der anschließenden Eignungsprüfung des Bahnunternehmens abgelehnt. Daraufhin absolvierte der Kläger in der Zeit vom Juni 2010 bis zum Juni 2011 eine Umschulung zum Hausmeister/Haustechniker. Direkt im Anschluss nahm er an einer medizinischen Maßnahme zur Rehabilitation teil, von dort wurde dieser gerade absolvierte Umschulungsberuf nicht für leidensgerecht erachtet. Der Kläger könne leichte bis mittelschwere Tätigkeiten verrichten, überwiegend im Sitzen, im Wechsel der Körperhaltungen, ohne häufiges Bücken, Knien und Hocken, nicht auf Leitern und Gerüsten, ohne regelmäßigen Publikumskontakt. Dementsprechend stellte der Kläger am 23.09.2011 erneut einen Antrag auf Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben. Er begehrte eine Umschulung im kaufmännischen Bereich und bezog sich zur Begründung auf orthopädische Beschwerden sowie seine Nierenerkrankung. Mit Bescheid vom 20.10.2011 lehnte die Beklagte den Antrag ab. Der Kläger habe bereits diverse Maßnahmen absolviert und müsse sich die erworbenen Fähigkeiten anrechnen lassen und bei der Suche nach einem geeigneten Arbeitsplatz verwerten. Eine Eignung für kaufmännische Berufe habe sich nicht feststellen lassen. Eine Eingliederungshilfe könne aber in Aussicht gestellt werden. Der Kläger legte gegen diesen Bescheid Widerspruch ein und trug vor, eine Tätigkeit als Hausmeister sei nicht leidensgerecht. Mit Widerspruchsbescheid vom 15.05.2012 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Da der Kläger für eine Tätigkeit als Hausmeister/Haustechniker nicht ausreichend belastbar sei, liege ein Anspruch auf Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben vor. Es liege aber keine Ermessensreduzierung für eine Umschulung im kaufmännischen Bereich vor. Ergänzend zu der Begründung im Bescheid führte sie an, es bestünden Zweifel an einer ausreichenden Belastbarkeit des Klägers für eine umfassende Qualifizierung. Mit seiner am 12.06.2012 erhobenen Klage verfolgt der Kläger sein Begehren weiter. Er sei nicht mehr in der Lage, seinen Umschulungsberuf als Hausmeister auszuüben. Durch einen Eingliederungszuschuss werde er nicht in die Lage versetzt, sich langfristig eine wirtschaftliche Existenz aufzubauen. Er sei nicht mehr in der Lage, körperlich zu arbeiten. Der Kläger beantragt,

  1. 1.

    den Bescheid der Beklagten vom 20.10.2011 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 15.05.2012 aufzuheben sowie

  2. 2.

    den Bescheid vom 25.07.2012 zu ändern und die Beklagte zu verurteilen, ihm eine Kostenübernahme für eine Umschulung im kaufmännischen Bereich zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie bezieht sich zur Begründung auf den angefochtenen Widerspruchsbescheid. Es liege keine Ermessensreduzierung auf Null vor, die einen Anspruch auf eine kaufmännische Umschulung begründen würde. Mit Bescheid vom 25.07.2012 bewilligte sie dem Kläger grundsätzlich einen Eingliederungszuschuss. Bei Erfolglosigkeit dieser Leistung komme Gegebenenfalls eine Betreuung durch den Integrationsfachdienst in Frage. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte sowie die beigezogene Verwaltungsakte verwiesen.

Entscheidungsgründe

Die Klage hat Erfolg. Sie ist zulässig und im Wesentlichen auch begründet. Die Bescheide der Beklagten sind rechtswidrig. Der Kläger hat einen Anspruch auf eine Leistung zur Teilhabe am Arbeitsleben. Hinsichtlich der geeigneten Maßnahme wird die Beklagte den Antrag unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichtes neu zu bescheiden haben. Nach § 9 Abs. 1 Satz 1 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) erbringt die Rentenversicherung medizinische Leistungen zur Rehabilitation, Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben sowie ergänzende Leistungen, um den Auswirkungen einer Krankheit oder körperlichen, geistigen oder seelischen Behinderung auf die Erwerbsfähigkeit der Versicherten entgegenzuwirken oder sie zu überwinden und dadurch Beeinträchtigungen der Erwerbsfähigkeit der Versicherten oder ihr vorzeitiges Ausscheiden aus dem Erwerbsleben zu verhindern oder sie möglichst dauerhaft in das Erwerbsleben wiedereinzugliedern. Die Leistungen zur Teilhabe haben Vorrang vor Rentenleistungen, die bei erfolgreicher Rehabilitation nicht oder voraussichtlich zu einem späteren Zeitpunkt zu erbringen sind (§ 9 Abs. 1 Satz 2 SGB VI). Die Leistungen können erbracht werden, wenn die persönlichen und versicherungsrechtlichen Voraussetzungen dafür erfüllt sind (§ 9 Abs. 2 SGB VI). Für die Leistungen zur Teilhabe haben Versicherte die persönlichen Voraussetzungen erfüllt, deren Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder körperlicher, geistiger oder seelischer Behinderung erheblich gefährdet oder gemindert ist (Nr. 1) und (Nr. 2) bei denen voraussichtlich a) bei erheblicher Gefährdung der Erwerbsfähigkeit eine Minderung der Erwerbsfähigkeit durch Leistungen zur medizinischen Rehabilitation oder zur Teilhabe am Arbeitsleben abgewendet werden kann, b) bei geminderter Erwerbsfähigkeit diese durch Leistungen zur medizinischen Rehabilitation oder zur Teilhabe am Arbeitsleben wesentlich gebessert oder wiederhergestellt oder hierdurch deren wesentliche Verschlechterung abgewendet werden kann, oder c) bei teilweiser Erwerbsminderung ohne Aussicht auf eine wesentliche Besserung der Erwerbsfähigkeit der Arbeitsplatz durch Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben erhalten werden kann (§ 10 Abs. 1 SGB VI). Die Beklagte bejahte im Widerspruchsbescheid vom 15.05.2012 einen Anspruch auf eine Leistung zur Teilhabe am Arbeitsleben und bewilligte mit Bescheid vom 25.07.2012 dem Grunde nach eine Eingliederungshilfe an einen potentiellen Arbeitgeber. Dieser Bescheid ist gem. 96 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) Gegenstand des Verfahrens geworden, da er nach Erlass des Widerspruchsbescheides ergangen ist und den angefochtenen Verwaltungsakt abändert. Damit steht zwischen den Beteiligten fest, dass der Kläger die persönlichen Voraussetzungen nach § 10 SGB VI erfüllt. Dies ist auch inhaltlich richtig. Denn der Kläger kann weder in seiner letzten sozialversicherungspflichtig ausgeübten Tätigkeit als Berufskraftfahrer im Güterverkehr, noch in seinem Umschulungsberuf als Hausmeister/Haustechniker tätig sein. Beide Tätigkeiten sind angesichts der körperlichen Beeinträchtigungen des Klägers nicht leidensgerecht, da in beiden Berufen auch teilweise schwer gehoben werden muss. Zudem ist bei der Tätigkeit als Berufskraftfahrer kein Wechsel der Körperhaltungen möglich, bei der Tätigkeit eines Hausmeisters/Haustechnikers sind regelmäßig Arbeiten in Zwangshaltungen und auf Leitern erforderlich. Welche Leistung zur Teilhabe am Arbeitsleben dem Kläger konkret bewilligt wird, liegt im pflichtgemäßen Ermessen der Beklagten. Allerdings lehnte die Beklagte mit fehlerhafter Ermessensausübung die Gewährung einer Umschulung im kaufmännischen Bereich ab. Nach § 13 Abs. 1 Satz 1 SGB VI bestimmt der Träger der Rentenversicherung im Einzelfall unter Beachtung der Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit Art, Dauer, Umfang, Beginn und Durchführung dieser Leistungen sowie die Rehabilitationseinrichtung nach pflichtgemäßem Ermessen. Nach § 16 SGB VI i.V.m. § 33 Abs. 4 Satz 1 Neuntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IX) sind bei der Auswahl der Leistungen Eignung, Neigung, bisherige Tätigkeit sowie Lage und Entwicklung auf dem Arbeitsmarkt angemessen zu berücksichtigen. Nach § 39 Abs. 1 Erstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB I) besteht auf die pflichtgemäße Ausübung des Ermessens ein Anspruch (Satz 2), wobei die Sozialleistungsträger ihr Ermessen entsprechend dem Zweck der Ermächtigung auszuüben und die gesetzlichen Grenzen des Ermessens einzuhalten haben (Satz 1). Nur hierauf bezieht sich die gerichtliche Kontrolle. Das Gericht prüft deshalb nur, ob die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten und ob von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist (§ 54 Abs. 2 Satz 2 SGG). Im vorliegenden Fall begehrt der Kläger in erster Linie eine Umschulung im kaufmännischen Bereich, ist jedoch nach seinen Angaben in der mündlichen Verhandlung auch offen für andere Maßnahmen. Eine so genannte Ermessensreduzierung auf Null dahingehend, dass die Beklagte ihr Ermessen nur in einer Weise rechtmäßig hätte ausüben können -nämlich in Form einer Förderung der Umschulung im kaufmännischen Bereich - und jede andere Entscheidung rechtswidrig gewesen wäre, ist nicht erkennbar und wird vom Kläger inhaltlich auch nicht behauptet. Es liegt jedoch ein Ermessensfehlgebrauch seitens der Beklagten vor, wenn diese die in Rede stehende Umschulung mit Hinweis auf die bereits durchgeführten Umschulungen ablehnt. Die Umschulung zum Berufskraftfahrer hat der Kläger erfolgreich absolviert und danach Jahre in diesem Beruf gearbeitet, bis er nicht mehr leidensgerecht war. Die Umschulung zum Hausmeister/Haustechniker im Jahre 2010/2011 war von vornherein ungeeignet. Dies wurde bereits als Ergebnis der Berufsfindungsmaßnahme des Jahres 2009 formuliert und drängte sich auch nach dem Bericht der zuvor durchgeführten Anschlussheilbehandlung nach erfolgter Nierentransplantation auf, wonach lediglich noch leichte Tätigkeiten mit qualitativen Einschränkungen möglich seien. Dies geht nicht konform mit einer Tätigkeit als Hausmeister/Haustechniker mit dem Erfordernis von zeitweise auch schweren Heben, dem Besteigen von Leitern sowie Arbeiten in Zwangshaltungen. Dass gleichwohl die ungeeignete Umschulung durchgeführt wurde führt für den hier in Rede stehenden zeitlich späteren Antrag auf eine erneute Leistung zur Teilhabe am Arbeitsleben nicht zu einem Verbrauch des Anspruchs auf eine Leistung, denn der Erfolg einer solchen Maßnahme, eine reale Hilfe bei der Eingliederung in den Arbeitsmarkt, ist mit einer von vornherein für den Kläger ungeeigneten Umschulung nicht erbracht. Die grundsätzliche Haltung der Beklagte im vorliegenden Fall, außer Leistungen an Arbeitgeber (§ 34 SGB IX) keine Leistungen zur Teilhabe mehr erbringen zu wollen, begegnet Bedenken. Ein Eingliederungszuschuss wäre nur dann ermessensfehlerfrei, wenn mit dessen Hilfe eine Eingliederung realistischerweise möglich ist. Dies ist nicht der Fall, wenn der Versicherte bisher ausschließlich in gelernten Bereichen mittelschwerer bis schwerer körperlicher Anforderungen arbeitstätig war und auch all seine Qualifikationen in diesem Gebiet liegen, er aber diese Anforderungen nunmehr von seiner körperlichen Leistungsfähigkeit nicht mehr erfüllen kann. Es erscheint dann allein durch eine Eingliederungshilfe keine realistische Aussicht zu bestehen, eine Tätigkeit im Bereich der körperlich leichten bis allenfalls zeitweise mittelschweren Tätigkeiten auf vergleichbarer sozialer Ebene zu finden. Ziel ist es, eine im Vergleich zur bisherigen Tätigkeit angemessene Tätigkeit zu finden. Bisher war der Kläger in gelernten bzw. umgeschulten Bereichen tätig. Leistungen können nicht mit der Begründung verweigert werden, die Erwerbsfähigkeit sei zwar für die bisherige Tätigkeit, nicht aber etwaige andere Tätigkeiten gefährdet oder eingeschränkt. Auf die sich auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt im Übrigen bietenden Möglichkeiten kommt es nicht an (BSG, Urt. v. 29.02.1968 - 4 RJ 423/66; BSG, Urt. v. 31.01.1980 - 11 RA 8/79; LSG Niedersachsen-Bremen, Urt. v. 03.03.2005 - L 10 RJ 165/04). Dass die Beklagte meint, der Kläger könne mit seinen handwerklich/technischen Fachkenntnissen eine körperlich leichte Arbeit auf ähnlichem sozialen Niveau finden, scheint lebensfremd. Damit war die Zusage einer Eingliederungshilfe ermessensfehlerhaft. Auch die Ablehnung einer Umschulung im kaufmännischen Bereich, mit der Argumentation, der Kläger sei nicht umschulungsfähig für eine qualifizierte Tätigkeit, eine Eignung für kaufmännische Berufe habe sich nicht feststellen lassen, ist nicht haltbar und begründet damit ebenfalls einen Ermessensfehler. Die Beklagte ist bei ihrer Entscheidung offensichtlich von falschen Tatsachen ausgegangen. Nach dem Gutachten des Arbeitsamtes F. aus dem Jahre 1999 sind Umschulungen, die sich am Hauptschulniveau orientieren, nach dem intellektuellen Niveau des Klägers möglich. Nach dem Bericht der Berufsfindungsmaßnahme im Jahre 1999 wurden kaufmännisch-verwaltende Umschulungen auf einfachem Niveau für möglich gehalten, wenn auch nur nach geeigneter Vorförderung. Auch dass der Kläger zwei Umschulungen (Berufskraftfahrer und Haustechniker) durchlaufen hat, spricht für seine grundsätzliche Umschulungsfähigkeit. Im Abschlussbericht der Berufsfindungsmaßnahme aus dem Jahre 2009 wurden kaufmännische Qualifizierungen auf einfachem Niveau ebenfalls empfohlen. Lediglich eine Empfehlung für mittlere oder gehobene kaufmännische Umschulungen wie etwa Groß- und Außenhändler konnte nicht sicher gegeben werden. Es ist daher nicht nachvollziehbar, dass die Beklagte keinerlei kaufmännische Qualifizierung für möglich hält, auch nicht solche auf einfachem Niveau. Die Ablehnung einer kaufmännischen Umschulung war danach ermessensfehlerhaft. Es besteht nunmehr ein Anspruch des Klägers auf pflichtgemäße Ermessensausübung durch die Beklagte hinsichtlich der Frage, welche Leistung zur Teilhabe am Arbeitsleben geeignet ist. Die Beklagte hat hierbei die Ausführungen des Gerichts zu beachten. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG, wobei das Unterliegen des Klägers in Bezug auf einen Verpflichtungsantrag gegenüber lediglich einem Erfolg im Sinne eines Bescheidungsurteils in den Hintergrund tritt. -