Landesarbeitsgericht Niedersachsen
Urt. v. 14.06.1990, Az.: 14 Sa 1783/89
Anwendung tarifvertraglicher Regelungen auf ein Arbeitsverhältnis; Zulässigkeit einer Feststellungsklage bei der Prüfung der Anwendbarkeit eines Tarifvertrages; Vorliegen einer Tarifkonkurrenz; Einschränkung in der Allgemeinverbindlichkeitserklärung eines Tarifvertrages
Bibliographie
- Gericht
- LAG Niedersachsen
- Datum
- 14.06.1990
- Aktenzeichen
- 14 Sa 1783/89
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 1990, 10515
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:LAGNI:1990:0614.14SA1783.89.0A
Verfahrensgang
- vorgehend
- ArbG Stade - 06.11.1989 - AZ: 2 Ca 336/89
Rechtsgrundlagen
- § 256 Abs. 1 ZPO
- § 3 Abs. 2 TVG
- § 4 TVG
- § 5 Abs. 4 TVG
Prozessführer
der ...
Prozessgegner
...
Auf die mündliche Verhandlung vom 14. Juni 1990
hat die 14. Kammer des Landesarbeitsgerichts Niedersachsen
durch
den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht Dr. Plathe sowie
die ehrenamtlichen Richter Roffmann und Jasch
für Recht erkannt:
Tenor:
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Stade vom 06.11.1989 Az. 2 Ca 336/89 teilweise abgeändert und unter Zurückweisung der Berufung im übrigen wie folgt neu gefaßt:
Es wird festgestellt, daß auf das Arbeitsverhältnis der Parteien die Regelungen des Manteltarifvertrages für die Beschäftigten des Einzelhandels in Niedersachsen vom 19.07.1989 insoweit Anwendung finden, als sie keine Betriebsnormen i.S.v. § 3 II TVG sind.
Im übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Klägerin zu 1/6 und die Beklagte zu 5/6.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Klägerin, die Mitglied der Gewerkschaft Handel. Banken und Versicherungen (HBV) ist, ist bei der Beklagten seit dem 01.01.1981 in deren Markt ... als Dekorateurin beschäftigt.
In dem Anstellungsvertrag vom 31.12.1980 ist in Ziffer 3 hinsichtlich des Arbeitsentgelts ein "Tarifgehalt nach Tarifgruppe KII/3" vereinbart.
In Ziffer 8 des Anstellungsvertrages heißt es:
"Im übrigen gelten die Bestimmungen des Rahmentarifvertrages für Angestellte im niedersächsischen Einzelhandel."
In der Folgezeit sind auf das Arbeitsverhältnis der Klägerin zunächst die Regelungen des jeweiligen Manteltarifvertrages für den niedersächsischen Einzelhandel angewandt worden, und zwar zuletzt die des am 19.07.1989 zwischen dem Einzelhandelsverband Niedersachsen e. V. einerseits sowie der Deutschen Angestellten-Gewerkschaft Landesverband Niedersachsen-Bremen (DAG) und der HBV Bezirksleitung Niedersachsen/Bremen andererseits abgeschlossenen Manteltarifvertrages (MTV Einzelhandel Niedersachsen), der zum 01.01.1989 in Kraft getreten und am 04.12.1989 mit Wirkung ab 01.01.1989 für allgemeinverbindlich erklärt worden ist (Bundesanzeiger Nr. 233 vom 13.12.1989).
Die Beklagte ist nicht Mitglied des Einzelhandelsverbandes Niedersachsen e. V., sie ist vielmehr Mitglied der AHD Unternehmervereinigung für Arbeitsbedingungen im Handel und Dienstleistungsgewerbe e. V. (AHD).
Dieser Verband hat unter dem 21.04.1989 mit der DAG für die Betriebe der Beklagten mit Wirkung ab 01.04.1989 einen Manteltarifvertrag (MTV ...), einen Entgelttarifvertrag und einen Tarifvertrag über vermögenswirksame Leistungen sowie mit Wirkung ab 01.01.1989 Tarifverträge über Sonderzahlung und über Urlaubsgeld abgeschlossen.
Die Betriebe der Beklagten bestehen bundesweit aus insgesamt 36 SB-Warenhäusern sowie aus mehreren Baumärkten. Von den dort insgesamt beschäftigten 5328 Arbeitnehmern sind im Jahr 1989 3555 Arbeitnehmer Mitglied der DAG und lediglich 697 Mitglied der HBV gewesen; bis zum Jahresende 1989 hat sich diese Relation durch entsprechende Gewerkschaftsaus- und übertritte um mehr als 300 Arbeitnehmer weiter zugunsten der DAG verändert.
Die Beklagte vertritt die Auffassung, daß die Regelungen der seitens der AHD für ihre Betriebe abgeschlossenen Tarifverträge und damit auch des MTV ... für die Arbeitsverhältnisse sämtlicher bei ihr beschäftigter Arbeitnehmer und damit auch für das Arbeitsverhältnis der Klägerin maßgeblich seien.
Die Klägerin meint demgegenüber, daß für ihr Arbeitsverhältnis weiterhin die Regelungen des MTV Einzelhandel Niedersachsen maßgeblich seien.
Das Arbeitsgericht, auf dessen Entscheidung auch wegen des Sach- und Streitstandes, wie er in erster Instanz zur Entscheidung vorgelegen hat, verwiesen wird, hat der entsprechenden Feststellungsklage der Klägerin stattgegeben.
Mit der Berufung macht die Beklagte weiterhin geltend:
Die von der Klägerin erhobene Feststellungsklage sei unzulässig, da dafür ein Rechtsschutzinteresse nicht bestehe.
Im übrigen sei die Klage unbegründet. Mit dem Inkrafttreten der Haustarifverträge seien diese für sämtliche Arbeitnehmer maßgeblich geworden, und zwar auch für solche Arbeitnehmer, die der HBV oder die keiner Gewerkschaft angehören. Dies ergebe sich daraus, daß mit dem Inkrafttreten der Haustarifverträge im Verhältnis zu den Tarifverträgen für den Einzelhandel in Niedersachsen eine Tarifkonkurrenz entstanden sei, die nach dem Grundsatz der Spezialität insgesamt zugunsten der Haustarifverträge zu lösen sei.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Arbeitsgerichts Stade vom 06.11.1989 Az. 2 Ca 336/89 abzuändern und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Klägerin verteidigt das angefochtene Urteil und meint weiterhin:
Das Rechtsschutzinteresse für die von ihr erhobene Feststellungsklage ergebe sich daraus, daß der MTV Einzelhandel Niedersachsen im Verhältnis zum MTV ... eine Vielzahl abweichender und günstigerer Regelungen enthalte, aus denen sich im jeweiligen Einzelfall entsprechende Ansprüche ergeben könnten.
Die weitere Geltung des MTV Einzelhandel Niedersachsen für ihr Arbeitsverhältnis folge daraus, daß mit dem Inkrafttreten der Haustarifverträge in bezug auf ihr Arbeitsverhältnis eine Tarifkonkurrenz nicht eingetreten sei, da sie nicht Mitglied der DAG sei. Vielmehr sei durch den Abschluß der Haustarifverträge eine Tarifpluralität entstanden, wobei die Haustarifverträge mangels einer Tarifbindung auf ihrer, der Klägerin. Seite für ihr Arbeitsverhältnis nicht maßgeblich geworden seien. Im übrigen gelte der MTV Einzelhandel Niedersachsen für ihr Arbeitsverhältnis gemäß Ziffer 8 des Anstellungsvertrages auch als Vertragsrecht.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Parteien wird auf die im Berufungsrechtszug gewechselten Schriftsätze verwiesen, deren Inhalt Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist.
Entscheidungsgründe
Die Berufung ist lediglich teilweise begründet.
I.
Die von der Klägerin erhobene Feststellungsklage ist gemäß § 256 I ZPO zulässig. Bei der Frage, ob auf das Arbeitsverhältnis der Klägerin die Regelungen des MTV Einzelhandel Niedersachsen anwendbar sind, handelt es sich um eine einzelne rechtliche Beziehung im Rahmen des arbeitsrechtlichen Rechtsverhältnisses der Parteien, die grundsätzlich Gegenstand einer selbständigen Feststellungsklage sein kann (ebenso BAG AP Nr. 42 zu § 256 ZPO unter 5 der Gründe, BAG NZA 89, 687, Stein-Jonas-Schumann ZPO 20. Auflage 1986 Rdnr. 24 zu § 256 m.w.N.).
Das rechtliche Interesse der Klägerin an einer alsbaldigen Feststellung ergibt sich aus der Vielzahl der von der Klägerin im einzelnen dargestellten unterschiedlichen Regelungen einzelner Ansprüche im MTV Einzelhandel Niedersachsen und dem MTV ..., die überwiegend Sachverhalte betreffen, die im Rahmen der Durchführung eines Arbeitsverhältnisses jederzeit aktuell werden können. Bei einem derartigen Sachverhalt kann die Klägerin nicht auf entsprechende Leistungsklagen im Einzelfall verwiesen werden, wobei hinzukommt, daß im Rahmen einer solchen Leistungsklage die Frage der Tarifgeltung lediglich Vortrage wäre und die Entscheidung darüber nicht in Rechtskraft erwachsen würde.
II.
Die Klage ist zum überwiegenden Teil begründet.
1.
Soweit der MTV Einzelhandel Niedersachsen Rechtsnormen über betriebliche und betriebsverfassungsrechtliche Fragen im Sinne von § 3 II TVG (Betriebsnormen) enthält, ist die Klage nicht begründet, da insoweit die Regelungen des MTV Einzelhandel Niedersachsen für das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht maßgeblich sind, sondern durch die Regelungen des MTV ... verdrängt worden sind.
Im Bereich von § 3 II TVG liegt eine Tarifkonkurrenz vor, da insoweit eine Tarifbindung des Arbeitgebers ausreicht und diese für die Beklagte in bezug auf den MTV Einzelhandel Niedersachsen aus dem Gesichtspunkt von dessen Allgemeinverbindlichkeit und in bezug auf den MTV ... aus dem Gesichtspunkt der Mitgliedschaft in dem tarifschließenden Arbeitgeberverband besteht.
Diese Tarifkonkurrenz ist unter dem Gesichtspunkt der Spezialität zugunsten des MTV ... zu lösen (vgl. BAG AP Nr. 11, 12 zu § 4 TVG Tarifkonkurrenz).
2.
Soweit der MTV Einzelhandel Niedersachsen Rechtsnormen enthält, die den Inhalt, den Abschluß oder die Beendigung von Arbeitsverhältnissen im Sinne von § 4 I 1 TVG ordnen (Inhaltsnormen), ist die Klage begründet. Insoweit sind für das Arbeitsverhältnis der Parteien die Normen des MTV Einzelhandel Niedersachsen und nicht die entsprechenden Regelungen des MTV ... maßgeblich.
a)
Die Inhaltsnormen des MTV Einzelhandel Niedersachsen gelten für das Arbeitsverhältnis der Parteien als maßgebliches Tarifrecht.
Die insoweit gemäß §§ 4 I 1, 3 I TVG erforderliche beiderseitige Tarifbindung, an der es auf seiten der Beklagten fehlt, wird gemäß § 5 IV TVG durch die Allgemeinverbindlichkeitserklärung des MTV Einzelhandel Niedersachsen ersetzt.
Dies gilt auch unter Berücksichtigung der Einschränkung in der Allgemeinverbindlichkeitserklärung vom 04.12.1989 (BAnz Nr. 233/89), daß durch die Allgemeinverbindlichkeitserklärung "Tarifbindungen aufgrund anderer Tarifverträge mit entsprechenden Regelungsmaterien" nicht berührt werden.
Hinsichtlich der Regelungen von Inhaltsnormen fehlt es im Rechtsverhältnis der Parteien an einer ausreichenden anderweitigen Tarifbindung, da die Klägerin nicht Mitglied der DAG ist, die den MTV ... abgeschlossen hat.
Für eine demgegenüber vorrangige Geltung des MTV ... für das Arbeitsverhältnis der Parteien als maßgebliches Tarifrecht fehlt es an einer ausreichenden Rechtsgrundlage.
Eine Tarifkonkurrenz, die unter dem Gesichtspunkt der Spezialität zugunsten des MTV ... zu lösen wäre, besteht in diesem Bereich nicht.
Eine Tarifkonkurrenz tritt nur ein, wenn für dasselbe Arbeitsverhältnis mehrere, denselben Gegenstand regelnde Tarifverträge von ihrem räumlichen, betrieblichen, fachlichen und zeitlichen Geltungsbereich her einschlägig sind und zu entscheiden ist, welcher der miteinander konkurrierenden jeweils an sich für das Arbeitsverhältnis maßgeblichen und Geltung beanspruchenden Tarifverträge verbindlich sein soll. An diesen Voraussetzungen für eine Tarifkonkurrenz fehlt es, wenn verschiedene Gewerkschaften mit demselben Arbeitgeber oder Arbeitgeberverband jeweils einen eigenen Tarifvertrag abschließen, da die für den hier interessierenden Bereich der Inhaltsnormen erforderliche Tarifbindung auch auf Arbeitnehmerseite für den einzelnen Arbeitnehmer jeweils nur hinsichtlich des Tarifvertrages besteht, der von der Gewerkschaft abgeschlossen ist, deren Mitglied er ist. Die Existenz verschiedener, von verschiedenen Gewerkschaften abgeschlossener Tarifverträge begründet lediglich eine sogenannte Tarifpluralität, die dazu führt, daß in einem Betrieb auf die einzelnen Arbeitsverhältnisse jeweils unterschiedliche Tarifverträge je nach der Tarifbindung der Arbeitnehmer Anwendung finden (so auch BAG AP Nr. 18 zu § 1 TVG Tarifverträge: Einzelhandel und BAG Urteil vom 14.06.1989 Az. 4 AZR 200/89 = DB 90, 129, ebenso Nikisch Arbeitsrecht 2. Aufl. 1959 Bd. II S. 479, Hueck-Nipperdey Arbeitsrecht 7. Aufl. 1966 Bd. II 1, Halbband S. 641 f., Zöllner Arbeitsrecht 3. Aufl. 1983 S. 336 ff., Wiedemann-Stumpf TVG 5. Aufl. 1977 Rdnr. 156 zu § 4. Hagemeier-Kämpen-Zachert-Zilius TVG Rdnr. 102 zu § 4. Reichel-Koberski-Ansey TVG Rdnr. 33 zu § 3. Müller NZA 89, 449 f., Schaub Arbeitsrechtshandbuch 6. Aufl. 1987 S. 1331).
Dafür, daß auch im Bereich von Inhaltsnormen im Sinne von § 4 I 1 TVG eine durch den Abschluß verschiedener Tarifverträge durch verschiedene Gewerkschaften bestehende Tarifpluralität nach einem Grundsatz der Tarifeinheit dahin zu lösen sein soll, daß gleichwohl insgesamt nur ein Tarifvertrag für alle Arbeitsverhältnisse des Betriebes anwendbar sein soll (so BAG AP Nr. 4 zu § 4 TVG Tarifkonkurrenz ohne detaillierte Begründung, vgl. dazu Wiedemann Anm. zu BAG AP Nr. 11 zu § 4 TVG Tarifkonkurrenz), fehlt es an einer dafür erforderlichen besonderen gesetzlichen Grundlage, da § 4 I 1 TVG für die Geltung tariflicher Inhaltsnormen ausdrücklich eine beiderseitige Tarifbindung verlangt (vgl. dazu insbesondere Konzen RdA 78, 146 ff., 154).
Dieses Erfordernis einer beiderseitigen Tarifbindung der Arbeitsvertragsparteien für die Geltung tariflicher Inhaltsnormen kann durch ein im Gesetz nicht entsprechend verankertes Prinzip der Tarifeinheit für die Ebene des Betriebes nicht verdrängt werden. Hierfür reichen mit der Anwendung eines solchen Prinzips für die Arbeitgeberseite wie auch für große Gewerkschaften verbundene Vorteile nicht aus (vgl. dazu insbesondere Zöllner a.a.O.).
In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, daß eine einheitliche Geltung lediglich eines Tarifvertrages in einem Betrieb dadurch herbeigeführt werden kann, daß der Arbeitgeber bzw. der Arbeitgeberverband mit sämtlichen im Betrieb vertretenen Gewerkschaften gleiche (Haus-)Tarifverträge abschließt oder daß die Allgemeinverbindlichkeitserklärung eines Haustarifs (vgl. dazu Wiedemann-Stumpf TVG Rdnr. 28 zu § 5) erreicht wird.
Weiterhin ist zu berücksichtigen, daß mit der Anerkennung eines solchen Prinzips der Tarifeinheit zur Verhinderung des Eintritts von Tarifpluralität im Bereich der Geltung von Inhaltsnormen eine mit Artikel 9 III GG nicht vereinbare praktische Einschränkung der Freiheit der Koalitionsneubildung und der Koalitionsbetätigung wie auch eine Beschränkung der negativen Koalitionsfreiheit verbunden wäre (vgl. dazu Konzen a.a.O. S. 153, Zöllner a.a.O.).
Soweit in den neueren Entscheidungen des Bundesarbeitsgerichts vom 14.06.1989 (Az. 4 AZR 200/89 = DB 90, 129) und vom 24.01.1990 (Az. 4 AZR 561/89) eine weitergehende Bedeutung des Grundsatzes der Tarifeinheit anerkannt worden sein sollte, vermag das Gericht sich dem für die Frage der Bestimmung der maßgeblichen tariflichen Inhaltsnormen im Sinne von § 4 I 1 TVG aus den aufgezeigten Gesichtspunkten nicht anzuschließen.
Bei der Bewertung dieser Rechtsprechung ist jedoch zu berücksichtigen, daß die beiden genannten Entscheidungen jeweils Klagen von Sozialkassen des Baugewerbes gegen Arbeitgeber auf Auskunftserteilung im Zusammenhang mit der Beurteilung der Beitragspflicht und damit den Geltungsbereich der Verfahrenstarifverträge des Baugewerbes und die Pflichten des Arbeitgebers gegenüber den Sozialkassen als einer gemeinsamen Einrichtung im Sinne von § 4 II TVG zum Gegenstand gehabt haben. So wird in den Entscheidungen jeweils wesentlich auf die Tarifbindung des Arbeitgebers abgestellt und eine insoweit bestehende Konkurrenzfrage zwischen den allgemeinverbindlichen Tarifverträgen für das Baugewerbe und den Tarifverträgen für das Metallhandwerk bzw. für die Landarbeit jeweils nach dem Gesichtspunkt der Spezialität zugunsten der letzteren entschieden und damit die Begründung von Rechtsbeziehungen zwischen den Sozialkassen des Baugewerbes und den beklagten Arbeitgebern mangels einer Geltung der Verfahrenstarifverträge für das Baugewerbe abgelehnt (Urteil vom 14.06.1989 S. 15 ff., Urteil vom 24.01.1990 S. 11 ff.). Soweit in diesen Entscheidungen einem Grundsatz der Tarifeinheit über die Beurteilung der Konkurrenzfrage hinaus eine weitergehende allgemeine Bedeutung dahin zugewiesen wird, daß auch in dem hier interessierenden Bereich von Inhaltsnormen im Sinne von § 4 I 1 TVG die Möglichkeit einer Tarifpluralität ausgeschlossen werden soll (dafür sprechen die Formulierungen im Urteil vom 14.06.1989 S. 12 und S. 16 f. sowie im Urteil vom 24.01.1990 S. 13), vermag sich das Gericht dem aus den bereits dargestellten Gründen nicht anzuschließen.
b)
Daneben gelten die Regelungen des MTV Einzelhandel Niedersachsen für das Arbeitsverhältnis der Parteien auch als Vertragsrecht.
Die vertragliche Inbezugnahme in Ziffer 8 des Anstellungsvertrages ist mangels einer abweichenden Bestimmung als Inbezugnahme der jeweils geltenden Regelungen des MTV Einzelhandel Niedersachsen anzusehen, da eine Inbezugnahme tariflicher Regelungen wegen der beabsichtigten Zukunftswirkung des Arbeitsverhältnisses im Zweifel als Inbezugnahme des betreffenden Tarifvertrages in seiner jeweils geltenden Fassung anzusehen ist (vgl. BAG AP Nr. 7 zu Artikel 3 GG, AP Nr. 7 zu § 5 BetrAVG, AP Nr. 8 zu § 1 BetrAVG Beamten Versorgung).
Die Frage, ob die Vereinbarung der Regelungen des MTV Einzelhandel Niedersachsen als Vertragsrecht den Anforderungen des Günstigkeitsprinzips des § 4 III TVG entspricht, stellt sich hier nicht, da, wie bereits im einzelnen dargestellt worden ist, maßgebliches Tarifrecht für das Arbeitsverhältnis der Parteien ebenfalls die Regelungen des MTV Einzelhandel Niedersachsen und nicht diejenigen des MTV ... sind.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 ZPO.
Die Zulassung der Revision beruht auf § 72 II Nr. 1 ArbGG.
Streitwertbeschluss:
Der wert des Streitgegenstandes wird auf DM 3.000,- festgesetzt.