Landesarbeitsgericht Niedersachsen
Beschl. v. 28.06.1990, Az.: 11 Ta 158/90

Bestimmung des festzusetzenden Wertes des Gegenstandes der anwaltlichen Tätigkeit im arbeitsgerichtlichen Beschlussverfahren

Bibliographie

Gericht
LAG Niedersachsen
Datum
28.06.1990
Aktenzeichen
11 Ta 158/90
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 1990, 19905
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:LAGNI:1990:0628.11TA158.90.0A

Verfahrensgang

vorgehend
ArbG Oldenburg - 07.05.1990 - AZ: 2 BV 4/86

Tenor:

Auf die Beschwerde der Prozeßbevollmächtigten des Antragstellers wird der Beschluß des Arbeitsgerichts Oldenburg vom 07. Mai 1990 - 2 BV 4/86 - abgeändert.

Der Wert des Gegenstandes zum Zwecke der anwaltlichen Gebührenberechnung gem. § 10 BRAGO wird auf 59.000,- DM festgesetzt.

Gründe

1

Die form- und fristgerecht erhobene Beschwerde mußte Erfolg haben.

2

Der gem. § 10 BRAGO festzusetzende Wert des Gegenstands der anwaltlichen Tätigkeit im arbeitsgerichtlichen Beschlußverfahren richtet sich nach § 8 Abs. 2 BRAGO (vgl. Grunsky, ArbGG, 6. Aufl., § 80 R-Nr. 53; Müller - Bauer. Der Anwalt vor den Arbeitsgerichten, 2. Aufl., 1985, Seite 249).

3

Für nichtvermögensrechtliche Streitigkeiten hat der Gesetzgeber in § 8 Abs. 2 BRAGO einen regelmäßigen Gegenstandswert von 6.000,- DM festgelegt. Je nach Lage des Falles kann jedoch die Festsetzung auf einen Betrag zwischen 300,- DM und einer Million erfolgen. Diese Vorschrift ist der in § 12 Abs. 2 GKG enthaltenen Regelung nachgebildet (Gerold-Schmidt, BRAGO, § 8 Anm. 20). Die Lage des Falles entspricht mithin der Berücksichtigung "aller Umstände des Einzelfalles" in § 15 GKG. Die in beiden Vorschriften enthaltenen Präzisierungen können daher zur rechtlichen Auslegung des Terminus "Lage des Falles" in § 8 BRAGO herangezogen werden (vgl. LAG - Schleswig-Holstein, Beschluß vom 01.08.1986 - 5 TaBV 5/86 - in NZA 86, 723). Danach sind ausschlaggebend in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht Umfang und Bedeutung der Sache sowie Vermögens- und Einkommensverhältnisse der Beteiligten.

4

Des weiteren sind auch die wirtschaftlichen Auswirkungen von Bedeutung, jedenfalls soweit sie in den Anträgen konkret berührt werden.

5

Dies rechtfertigt es hier, den fast 10-fachen Betrag des regelmäßigen Wertes von 6.000,- DM zugrunde zu legen, denn hier ging es nicht nur um die Frage des Mitbestimmungsrechts des Betriebsrats bei der Regelung der einzuführenden Prämienentlohnung, sondern auch darum, ob bereits die Verpflichtung des Arbeitgebers zur Einführung von Prämienentlohnung wegen der Betriebsvereinbarung vom 17.12.1985 bestand. Nach dem Hilfsantrag zum Antrag zu 2) - über den das Arbeitsgericht mitentschieden hat - ging es auch um die Feststellung, daß die Antragsgegnerin nach der Betriebsvereinbarung vom 17.12. 1985 verpflichtet war, 50 % der Arbeitnehmer auf prämienfähigen Arbeitsplätzen einen 30 %igen Ausgleich zum Lohn ab 01.06.1986 zu zahlen, bis eine Prämienregelung zustande kommt. Allein schon dieser Antrag hätte bei einem erfolgreichen Durchdringen für die Antragsgegnerin erhebliche wirtschaftliche Auswirkungen gehabt, die nach den unbestrittenen Behauptungen der Beschwerdeführer monatlich etwa bei (75.000,- DM) gelegen hätten. Auch unter Berücksichtigung von Abschlägen, weil nur Feststellungs- und nicht Zahlungsansprüche geltend gemacht worden sind, mußte eine monatliche Erhöhung des regelmäßigen Wertes von 6.000,- DM erfolgen, denn gem. § 12 Abs. 7 ArbGG wäre dafür in einem anderen Verfahren der 36-fache Monatsbetrag anzusetzen gewesen.

6

Dem steht nicht entgegen, daß hier lediglich der Antragsteller als Betriebsrat tätig wurde und Zahlung nicht an sich selbst verlangen kann. Dennoch war der Streitwert auf 59.000,- DM festzusetzen, denn es geht auch um den Wert, den die Anträge für die Antragsgegnerin wirtschaftlich haben. Hier lag immerhin ein bezifferbarer Feststellungsantrag im Hilfsantrag zum Antrag zu 2) vor, der es rechtfertigt, den regelmäßigen Wert von 6.000,- DM nach § 8 Abs. 2 BRAGO um das fast 10-fache zu erhöhen.

7

Dies wird auch dadurch mit gerechtfertigt, daß es hier auch um schwierige Rechtsfragen ging. Auch dies führt zu einer höheren Bemessung des Streitwerts.

8

Im Gegensatz zur Auffassung der Antragsgegnerin kam es darauf, ob der Antragsteller mit seinen Anträgen Erfolg gehabt hat und ob für die Arbeitnehmer des Betriebs der Antraggegnerin nach der Betriebsvereinbarung vom 17.12.1985 tatsächlich ein Anspruch auf Prämienlohn oder Prämienlohnausgleich bestand, für die Streitwertfestsetzung nicht an. Die Begründetheit der Anträge hat auf die Streitwertfestsetzung keinen Einfluß.

9

Der Beschwerde war daher stattzugeben.

10

Gegen diesen Beschluß ist ein weiteres Rechtsmittel nicht gegeben (§ 78 Abs. 2 ArbGG).

Streitwertbeschluss:

Der Wert des Gegenstandes zum Zwecke der anwaltlichen Gebührenberechnung gem. § 10 BRAGO wird auf 59.000,- DM festgesetzt.