Verwaltungsgericht Göttingen
Urt. v. 01.02.2006, Az.: 3 A 172/04

Anordnung; Anpassung; Anwesenheit; Arbeitszeit; Befugnis; Bereitschaft; Bereitschaftsdienst; Dienstbezüge; Dienstleistung; Dienstplan; Entscheidung; Feuerwehr; Feuerwehrbeamter; Gemeinschaftsrecht; Genehmigung; Höchstdauer; Jahresdurchschnitt; Mehrarbeit; Mehrarbeitsvergütung; Treuwidrigkeit; Umfang; unmittelbare Anwendbarkeit; Vorabentscheidung; Wirksamkeit; Wochenarbeitszeit

Bibliographie

Gericht
VG Göttingen
Datum
01.02.2006
Aktenzeichen
3 A 172/04
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2006, 53162
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Amtlicher Leitsatz

Leitsatz

Kommunale Feuerwehrbeamte in Niedersachsen haben jedenfalls für eine angemessene Übergangszeit nach dem Beschluss des EuGH (v. 14.07.2005 - C 52/4 -, NVwZ 2005, 1049 ff.) keinen Anspruch auf Mehrvergütung ihres über die europarechtlich zwingend vorgegebene Wochenhöchstarbeitszeit von 48 Stunden hinaus geleisteten Dienstes (vgl. zu NRW: OVG Münster, Urt. v. 13.10.2005 - 1 A 2724/4 -; juris).

Tatbestand:

1

Der Kläger war bis zu seinem Eintritt in den Ruhestand zum 1.05.2005 seit dem 2.05.1969 Beamter im feuerwehrtechnischen Dienst der Berufsfeuerwehr der Beklagten. Bis zu seiner Pensionierung wurde er in einem durchschnittlich 56 Wochenarbeitsstunden umfassenden Dienstplansystem eingesetzt. In einem dreiwöchigen Turnus erbrachten die Beamten jeweils Dienste von 24 Stunden Dauer, wobei auf die erste und dritte Woche zwei Dienste und auf die zweite Woche drei Dienste entfielen. Ausschließlich der Pausenzeiten von 2 1/2 Stunden wurden von Montag bis Freitag die Zeiten von 7.30 Uhr bis 18.00 Uhr als Arbeitszeit bewertet. Von 18.00 Uhr bis 7.30 Uhr sowie an Wochenenden und an Feiertagen wurde die Anwesenheitszeit ausschließlich als Bereitschaftsdienst bewertet. Nach Angaben des Klägers hielten sich auch in den Zeiten des Bereitschaftsdienstes die Beamten ständig in der Feuerwache auf.

2

Der Kläger beantragte unter dem 17. November 2003 bei der Beklagten unter Hinweis auf europäische Rechtsgrundlagen festzustellen, dass der von ihm geleistete Bereitschaftsdienst rückwirkend im Rahmen der Verjährungs- und Verfallfristen in vollem Umfang als Arbeitszeit bewertet wird. Zugleich beantragte er festzustellen, dass der zu leistende Bereitschaftsdienst ab der Geltendmachung in vollem Umfang als Arbeitszeit bewertet wird.

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Mit Bescheid vom 1.04.2004 lehnte die Beklagte den Antrag des Klägers ab und führte zur Begründung aus, zwar habe der Europäische Gerichtshof (EuGH) unter Bezugnahme auf die Richtlinien 89/391/EWG des Rates vom 12. Juni 1989 die Durchführung von Maßnahmen zur Verbesserung der Sicherheit und des Gesundheitsschutzes der Arbeitnehmer bei der Arbeit (Abl. L 183, S. 1 - Grundrichtlinie -) und der Richtlinie 93/104/EG des Rates vom 23. November 1993 (Abl. 307, S. 18) festgestellt, dass geleisteter Bereitschaftsdienst in vollem Umfang als Arbeitszeit zu werten sei und damit die durchschnittliche wöchentliche Arbeitszeit einschließlich der Bereitschaftsdienste grundsätzlich nicht überschritten werden dürfte. Grundsätzlich gelte dies auch für Beamte. Ein Vergütungsanspruch lasse sich aus dieser Rechtssprechung jedenfalls nicht herleiten, denn sie betreffe ausschließlich die arbeitsschutzrechtliche Seite. Mit Wirkung vom 1. Januar 2004 habe der Bundesgesetzgeber reagiert und das Arbeitszeitgesetz geändert. Darin sei für den Arbeitnehmer zugleich festgelegt worden, dass bestehende oder nachwirkende Tarifverträge bis zum 31. Dezember 2005 weiter gelten könnten, auch wenn sie den Arbeitszeitrahmen des Gesetzes überschritten. Damit solle den Umstellungsproblemen aller Branchen mit hohem Anteil von Bereitschaftsdiensten und Arbeitsbereitschaft Rechnung getragen werden. Es müsse abgewartet werden, inwieweit die Übergangsfrist auch den Beamtenbereich betreffe. In Niedersachsen stehe eine evtl. Anpassung noch aus. Zudem sei zweifelhaft, ob im Bereich des feuerwehrtechnischen Einsatzdienstes die Richtlinien Arbeitsschutz und Arbeitszeit überhaupt Anwendung fänden. Die regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit der Beamtinnen und Beamten des feuerwehrtechnischen Dienstes, die in der Woche mehr als 30 Stunden Bereitschaftsdienst leisteten oder denen im Anschluss an den Bereitschaftsdienst eine Freizeit von gleicher Dauer gewährt werde, betrage zur Zeit nach § 1 Abs. 1 der Arbeitszeitverordnung Feuerwehr (ArbZVO-Feu) im Durchschnitt 56 Stunden. Die Arbeitszeit des Klägers bestehe überwiegend aus Bereitschaftsdienst, so dass sich die Frage stelle, ob mit dieser Arbeitszeitgestaltung der Regelungsinhalt der Grundrichtlinie tatsächlich verletzt werde. Die Mehrzahl der Kollegen des Klägers beurteile die bestehende Dienstplangestaltung außerordentlich positiv. Eine Neuregelung könne dazu führen, dass die Dienstplangestaltung geändert werde und die unbestritten schwierigen Arbeitsbedingungen und die psychischen und physischen Belastungen des Feuerwehrdienstes möglicherweise zunehmen würden. Eine vom Bundesverwaltungsgericht dem EuGH zur Vorabentscheidung vorgelegte Rechtssache sei gegenwärtig dort noch nicht behandelt worden.

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Am 19.04.2004 legte der Kläger Widerspruch ein und führte zur Begründung im Wesentlichen aus, die Anwendbarkeit der europäischen Richtlinie stehe außer Zweifel. Es sei Aufgabe des Trägers der Berufsfeuerwehr, dafür Sorge zu tragen, dass in allen planbaren Situationen die arbeitszeitrechtlichen Vorschriften eingehalten werden könnten. Es sei unerheblich, dass die Kollegen der Berufsfeuerwehr die bisherige Arbeitszeitregelung als außerordentlich positiv beurteilten. Er mache einen individuellen Anspruch geltend. Es bestehe auch kein Zusammenhang der arbeitszeitrechtlichen Zulässigkeit mit der Vergütungspflicht. Im Übrigen seien die Differenzstunden (zwischen 48 und 56 Stunden) zu bezahlen, denn diese seien nicht in der Grundvergütung enthalten. Sie seien ein Mehr im Vergleich zur geschuldeten Arbeitszeit.

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Mit Widerspruchsbescheid vom 3.05.2004 wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers zurück. Zur Begründung verwies sie auf den Ausgangsbescheid und führte ergänzend aus, die Entscheidung des EuGH stehe weiterhin aus. Gegenwärtig habe die Arbeitszeitverordnung für Feuerwehrbeamte i. V. m. § 80 Abs. 1 Nds. Beamtengesetz (NBG) eine Richtigkeitsvermutung zu ihren Gunsten. Erst nach einer Vorabentscheidung des EuGH, die diese verwerfe, wäre der Gesetzgeber gefordert, die Arbeitszeitregelungen für den Bereich der Beamten des feuerwehrtechnischen Dienstes entsprechend den europäischen Vorgaben zeitnah umzusetzen. In diesem Zusammenhang könne man sich eine Umsetzungsfrist von 2 Jahren vorstellen. Vorher sei der geltend gemachte Anspruch des Klägers ohnehin nicht begründet.

6

Auch die finanzielle Abgeltung komme nicht in Betracht. Auch Überstunden bzw. Mehrarbeit fielen unter den Begriff der Arbeitszeit im Sinn der Richtlinie. Selbst wenn die Arbeitszeit rechtswidrig (zu hoch) festgesetzt worden wäre, hätte der Dienstherr den Kläger jedoch in Anwendung des z. Zt. maßgeblichen Rechts zu einem Dienst von 56 Wochenstunden herangezogen. Da ein Anspruch auf Dienstbefreiung im Umfang der Gesamtdauer des geleisteten Zusatzdienstes deshalb einer Rechtsgrundlage entbehre, könne der Anspruch nicht als besoldungsrechtlicher Anspruch auf Mehrarbeitsvergütung unmittelbar auf die nach § 48 Abs. 1 Bundesbesoldungsgesetz (BBesG) erlassene Verordnung über die Gewährung von Mehrarbeitsvergütung an Beamte gestützt werden. § 3 dieser Verordnung setze voraus, dass der Beamte schriftlich angeordnete oder genehmigte Mehrarbeit geleistet habe, die aus zwingenden dienstlichen Gründen nicht durch Dienstbefreiung ausgeglichen werden könne. Der Dienst des Klägers sei keine Mehrarbeit in diesem Sinne. Es fehle sowohl an der Anordnung und Genehmigung von Mehrarbeit durch den Dienstherrn als auch an den Voraussetzungen für die Heranziehung zur Mehrarbeit. Statt dessen handele es sich hier um reguläre Arbeitszeit. Einer nachträglichen Genehmigung des zusätzlichen Dienstes als Mehrarbeit stehe entgegen, dass Mehrarbeit nur angesetzt werden dürfe, wenn zwingende dienstliche Gründe dies erforderten und sich die Mehrarbeit auf Ausnahmefälle beschränke. Das sei vorliegend ersichtlich nicht der Fall. Die eng begrenzte Ausnahme in § 3 der Mehrarbeitsvergütungsverordnung betreffe sachlich und zeitlich eng begrenzte Fallkonstellationen. Im Übrigen verbleibe es bei dem Grundsatz des Beamtenrechts, wonach der Beamte dem Dienstherrn seine volle Arbeitskraft, wenn auch nach Maßgabe des Arbeitszeitrechts, zur Verfügung stelle, als Gegenleistung dafür einen Anspruch auf amtsangemessene Alimentation in Gestalt der Dienstbezüge habe, und Mehrarbeit, soweit überhaupt, allein durch Freizeit ausgeglichen werde.

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Für einen etwaigen Schadensersatzanspruch fehle es hier an einem zu ersetzenden Schaden. Nach der Rechtsprechung sei zusätzlicher Dienst eines Beamten kein Schaden i. S. d. allgemeinen Schadensersatzrechts. Mangels besonderer Vorschriften sei Geldersatz nur bei einem Vermögensschaden, nicht bei einem immateriellen Schaden zu leisten. Der Aufwand von Zeit und Arbeitskraft zur Leistung eines etwaigen zusätzlichen Dienstes und der damit verbundene Verlust von Freizeit als solcher sei kein durch Geld zu ersetzender materieller Schaden.

8

Selbst der allgemeine Folgenbeseitigungsanspruch führe vorliegend nicht zu dem gleichfalls begehrten rückwirkenden Freizeitausgleich. Es bestehe nämlich kein rechtswidriger Zustand, der zu beseitigen wäre. Die evtl. rechtswidrige Arbeitsbelastung des Klägers mit 56 statt mit maximal 48 Stunden könne für die Zeit bis zu einer Vorabentscheidung des EuGH nicht bzw. nicht mehr rückwirkend beseitigt werden.

9

Der Kläger hat am 4. Juni 2004 Klage erhoben und bezieht sich zur Begründung auf sein bisheriges Vorbringen, das er ergänzt und vertieft. Nach dem neuen Arbeitszeitgesetz gelte Bereitschaftsdienst in vollem Umfang als Arbeitszeit. Das ergebe sich mittelbar aus der Streichung des Bereitschaftsdienstes. Die Arbeitszeitverordnung der Feuerwehr widerspreche der gesetzlichen Regelung und sei deshalb unwirksam. Der europäischen Arbeitszeitrichtlinie komme im Verhältnis öffentlicher Arbeitgeber zu deren Bediensteten unmittelbare Geltung zu. Das ergebe sich auch nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts. Durch die Aufstellung des Dienstplans durch den Dienstherrn werde die Mehrarbeit angeordnet und zugleich genehmigt. Andernfalls sei es gar nicht denkbar, wie Mehrarbeitsstunden in solchen Dienststellen der Feuerwehr überhaupt angeordnet werden sollten. Darüber hinaus habe er einen Anspruch aus Treu und Glauben (§ 242 BGB) auf Ausgleich der über durchschnittlich 48 Wochenarbeitsstunden hinausgehenden Dienststunden. Nach Beamtenrecht sei ein Freizeitausgleich bereits in Fällen kurzzeitiger Mehrarbeit von mehr als 5 Stunden pro Monat vorgesehen. Daraus ergebe sich, dass die Überschreitung der regulären Arbeitszeit dem Beamten nicht prinzipiell ohne jeglichen Ausgleich durch Dienstbefreiung zugemutet werden solle.

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Sein Antrag auf den finanziellen Ausgleich der Mehrarbeitsstunden gründe sich auf die Verletzung der dem Dienstherrn obliegenden Fürsorgepflichtverletzung. Diese sei in ihrem Wesenskern verletzt. Mit der Belastung durch 56 Wochenarbeitsstunden, die die höchstzulässige Arbeitszeit von 44 Wochenarbeitsstunden um 12 Stunden, und damit mehr als 25 % überschritten, sei eine derartige Verletzung der Fürsorgepflicht. Sein Begehren auf Stundenausgleich verfolge er nach dem Eintritt in den Ruhestand nicht mehr weiter.

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Der Kläger beantragt,

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den Bescheid der Beklagten vom 1.04.2004 in der Fassung ihres Widerspruchsbescheides vom 3.05.2004 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, die von ihm seit dem 17. November 2003 geleisteten Arbeitsstunden, die die wöchentliche Arbeitszeit von 48 Stunden überschritten haben, abzurechnen und ihm die sich daraus ergebende Mehrarbeitsvergütung zu gewähren.

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Die Beklagte beantragt,

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die Klage abzuweisen,

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und bezieht sich zur Begründung auf den angefochtenen Bescheid. Ergänzend führt sie aus, eine Gewährung von Freizeitausgleich scheide nach dem Eintritt des Klägers in den Ruhestand aus. Der Kläger habe auch keinen Anspruch auf die geltend gemachte Mehrarbeitsvergütung. Zwar habe der EuGH nunmehr in dem Vorabentscheidungsersuchen des Bundesverwaltungsgerichts durch Beschluss vom 14.07.2005 (C 52/04) festgestellt, dass die Richtlinie über bestimmte Aspekte der Arbeitszeitgestaltung in der Regel auf die Tätigkeiten der Einsatzkräfte der Feuerwehren Anwendung finde, so dass grundsätzlich die Überschreitung der Obergrenze von 48 Stunden dem Artikel 6 Nr. 2 Richtlinie 93/104/EG entgegen stehe, jedoch habe der EuGH in seinem Beschluss weiterhin festgestellt, dass bei außergewöhnlichen Umständen solcher Schwere und solchen Ausmaßes, dass dem Ziel, das ordnungsgemäße Funktionieren der zum Schutz des öffentlichen Interesses wie der öffentlichen Ordnung, Gesundheit und Sicherheit unerlässlichen Dienste zu gewährleisten, zeitweilig Vorrang vor dem Ziel, die Sicherheit und den Gesundheitsschutz der in den Einsatz- und Rettungsdiensten tätigen Arbeitnehmer sicher zu stellen, zu geben sei. Diese europäische Richtlinie sei landesrechtlich bisher nicht umgesetzt worden.

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Der Vergütungsanspruch bestehe bei dem Kläger nicht, denn die Mehrarbeit sei weder schriftlich angeordnet noch genehmigt worden. Im Beamtenrecht gebe es gerade keine Regelung, die festlege, dass dem jeweiligen Beamten für jede über die geltende regelmäßige Arbeitszeit hinaus geleistete Arbeit eine Vergütung zustehe. Allein die aufgrund von § 48 BBesG ergangene Verordnung über die Gewährung von Mehrarbeitsvergütung für Beamte stelle eine primäre Anspruchsgrundlage für Vergütung von Diensten dar, die über die regelmäßige Arbeitszeit hinaus geleistet worden sein. Auch nach anderen Rechtsgrundlagen bestehe kein Anspruch des Klägers auf Vergütung der über 48 Stunden hinaus geleisteten Dienststunden. Insbesondere sei eine Fürsorgepflichtverletzung nicht gegeben. Auch ein Anspruch auf finanzielle Kompensation nach dem Gleichbehandlungsgebot sei nicht anzunehmen. Da bisher selbst das Bundesverwaltungsgericht die Anwendbarkeit der vorgenannten Richtlinien nicht hinreichend sicher habe beurteilen können, habe sie als Beklagte auch keine Grundlage für die Veränderung der Dienstplangestaltung im Bereich ihrer Berufsfeuerwehr gesehen. Hinzu komme, dass auch im Bereich der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung die Anwendbarkeit der Arbeitszeitrichtlinie unterschiedlich beurteilt worden sei. Erst jetzt werde davon auszugehen sein, dass die wöchentliche Höchstarbeitszeit auf grundsätzlich 48 Stunden festgesetzt und eine Ausdehnung dieser Höchststundenzahl entsprechend der Entscheidung des EuGH nur bei außergewöhnlichen Umständen und nur zeitweilig für zulässig erachtet werden dürfe. Im Zeitpunkt der letzten Verwaltungsentscheidung sei die Sach- und Rechtslage insofern nicht eindeutig gewesen, so dass die Bescheide seinerzeit zu Recht ergangen seien.

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Die Kammer hat den Rechtsstreit nach Anhörung der Beteiligten dem Berichterstatter als Einzelrichter durch Beschluss zur Entscheidung übertragen.

18

Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf die zwischen ihnen gewechselten Schriftsätze und den Inhalt der Gerichtsakte im Übrigen sowie die Verwaltungsvorgänge der Beklagten Bezug genommen. Diese Unterlagen sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung und der Entscheidungsfindung gewesen.

Entscheidungsgründe

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Die zulässige Klage ist unbegründet.

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Der Kläger hat keinen Anspruch auf Verpflichtung der Beklagten, die von ihm seit dem 17. November 2003 geleisteten Arbeitsstunden, die die wöchentliche Arbeitszeit von 48 Stunden überschritten, abzurechnen und ihm die die sich daraus ergebende Mehrarbeitsvergütung ihm zu gewähren. Der angefochtene Bescheid der Beklagten vom 1.04.2004 in der Gestalt ihres Widerspruchsbescheides vom 3.05.2004 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten.

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Vorliegend sind weder die Voraussetzungen der primären Rechtsgrundlage auf geldwerte Entschädigung für „zuviel“ geleisteten Dienst erfüllt noch sind sekundäre Rechtsgrundlagen (Schadensersatz, Folgenbeseitigung, Treu und Glauben, Fürsorgepflicht, Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz, gemeinschaftsrechtlicher Staatshaftungsanspruch) ersichtlich.

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Dabei ist in Anlehnung an die Urteile des Oberverwaltungsgerichts Münster (v. 18.08.2005 - 1 A 2722/04 -, juris, und v. 13.10.2005 - 1 A 2724/04 -, juris) zu vergleichbaren Fallkonstellationen unter Berücksichtigung bereits der Entscheidung des Gerichtshofes der Europäischen Gemeinschaften (EuGH) vom 14.07.2005 (C-52/04, Beschluss, NVwZ 2005, 1049 ff.) zum Vorlagebegehren des Bundesverwaltungsgerichts (EuGH-Vorlage vom 17.12.2003 - 6 P 7/03 -, BVerwGE 119, 363 ff.) Folgendes zu bedenken.

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Eine Regelung, wonach jeder über die für den jeweiligen Beamten geltende regelmäßige Arbeitszeit hinaus geleistete Dienst zu vergüten ist, ist dem Beamtenrecht fremd. Den geltenden beamten- und besoldungsrechtlichen Regelungen liegen die hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums (Art. 33 Abs. 5 GG), darunter auch das Alimentationsprinzip, zugrunde. Das Alimentationsprinzip besagt, dass die dem Beamten gewährte Besoldung die vom Staat festgesetzte Gegenleistung dafür ist, dass der Beamte sich ihm, dem Staat, mit seiner ganzen Kraft und Persönlichkeit zur Verfügung stellt und gemäß den jeweiligen Anforderungen seine Dienstpflichten nach besten Kräften erfüllt (vgl. BVerwG, Urt. v. 29.04.2004 - 2 C 9.03 -, NVwZ 2004, 1255 f.).

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Danach stehen Besoldung und Dienstleistung nicht in einem unmittelbaren Gegenseitigkeitsverhältnis dergestalt, dass jeder über die durchschnittliche regelmäßige Arbeitszeit hinaus geleistete Dienst zusätzlich zur Besoldung einen gesondert zu berücksichtigenden Geldwert hat. Vielmehr ist der Beamte prinzipiell verpflichtet, im Rahmen der gesetzlichen Bestimmungen über die regelmäßige Arbeitszeit hinaus Dienst zu erbringen. Auch diese Mehrleistung ist grundsätzlich mit den Dienstbezügen abgegolten (vgl. BVerwG, Urt. v. 29.04. 2004 - 2 C 9.03 -, aaO.).

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Nach § 80 Abs. 1 Nds. Beamtengesetz (NBG) darf die regelmäßige Arbeitszeit im Jahresdurchschnitt 40 Stunden in der Woche nicht überschreiten. Jedoch kann die Arbeitszeit, soweit der Dienst in Bereitschaft besteht, entsprechend den dienstlichen Bedürfnissen verlängert werden (§ 80 Abs. 3 NBG). Eine solche, vom Grundsatz des § 80 Abs. 1 Satz 1 NBG abweichende Regelung hat das Innenministerium auf der Grundlage der Ermächtigung des § 80 Abs. 9 NBG i. V. m. § 11 der Nds. Arbeitszeitverordnung (Nds. ArbZVO) in Gestalt der Verordnung über die Arbeitszeit der Beamtinnen und Beamten des Feuerwehrdienstes der Gemeinden und Landkreise (ArbZVO-Feu) getroffen. Nach § 1 Abs. 1 Satz 1 ArbZVO-Feu beträgt die regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit der Beamten, die in der Woche mehr als 30 Stunden Bereitschaftsdienst leisten oder denen im Anschluss an den Bereitschaftsdienst eine Freizeit von gleicher Dauer gewährt wird, im Durchschnitt 56 Stunden.

26

Nach § 80 Abs. 2 NBG sind die Beamten verpflichtet, über die regelmäßige Arbeitszeit hinaus Dienst zu leisten, wenn zwingende dienstliche Gründe dies erfordern, wofür eine gesonderte Vergütung für über die regelmäßige Arbeitszeit hinaus geleisteten Dienst nur unter besonderen Umständen gewährt wird.

27

Die aufgrund des § 48 Bundesbesoldungsgesetz (BBesG) ergangene Verordnung über die Gewährung von Mehrarbeitsvergütung für Beamte (MVergV) ist die einzige primäre Anspruchsgrundlage (vgl. § 1 MVergV), aufgrund derer über die regelmäßige Arbeitszeit hinaus geleisteter Dienst gesondert, d.h. zusätzlich zu den allgemeinen Dienstbezügen vergütet werden kann. Diese von der Alimentationspflicht nicht geforderten, mit den hergebrachten Grundsätzen des Berufsbeamtentums dennoch vereinbaren Regelungen, die an das Leistungsprinzip anknüpfen (vgl. BVerwG, Urt. v. 29.04.2004 - 2 C 9.03 -, aaO.), sehen jedoch ebenfalls keine allgemeine Vergütung von "Überstunden" vor, sondern knüpfen die Gewährung einer Mehrarbeitsvergütung an enge Voraussetzungen, bezüglich derer auf §§ 2 und 3 MVergV verwiesen wird. Ein Anspruch auf Gewährung einer gesonderten Vergütung für über die regelmäßige Arbeitszeit hinaus geleisteten Dienst (Überstundenvergütung) besteht nach alledem nur dann, wenn die Voraussetzungen der Mehrarbeitsvergütungsverordnung vorliegen. Auf eine andere primäre Anspruchsgrundlage können derartige Ansprüche nicht gestützt werden.

28

Die für den Kläger geltende regelmäßige Arbeitszeit einschließlich Bereitschaftsdienst beträgt im Durchschnitt 56 Stunden pro Woche. Mit dieser Arbeitszeit hat die Beklagte zwar die Vorgaben der Arbeitszeitverordnung für die Feuerwehren der Gemeinden und Landkreise in Niedersachsen eingehalten. Allerdings trifft es zu, dass die Verordnung insoweit nicht mit vorrangigem Recht, nämlich Europäischem Gemeinschaftsrecht, in Einklang steht, als in ihr eine höhere wöchentliche Arbeitszeit als 48 Stunden festgeschrieben ist (vgl. zum Folgenden insbes. OVG Münster, Urt. v. 13.10.2005, aaO.).

29

Dies ergibt sich aus Art. 6 Nr. 2 der Richtlinie 93/104/EG Rates vom 23. November 1993 über bestimmte Aspekte der Arbeitszeitgestaltung (ABl. EG Nr. L 307, S. 18) bzw. heute aus Art. 6 Buchst. b der gleichnamigen Richtlinie 2003/88/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 4. November 2003 (ABl. EG Nr. L 299, S. 9), die gemäß ihrer Art. 27 und 28 mit Wirkung vom 2.08.2004 "aus Gründen der Übersichtlichkeit und Klarheit" (aaO. Erwägungsgrund Nr. 1) an die Stelle der Richtlinie 93/104/EG getreten ist. Diese Regelungen stehen jeder Maßnahme eines Mitgliedstaates entgegen, aufgrund derer "die durchschnittliche Arbeitszeit pro Siebentageszeitraum 48 Stunden einschließlich der Überstunden überschreitet".

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Nach Auffassung des Gerichts unterfallen die regelmäßigen Tätigkeiten der Einsatzkräfte einer staatlichen Feuerwehr dem Anwendungsbereich der Richtlinien 89/391/EWG und 93/104/EG bzw. nunmehr 2003/88/EG. Dabei ist unter Hinweis auf einschlägige Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (Beschl. v. 14.07.2005 - C-52/04 - (Personalrat der Feuerwehr Hamburg)) davon auszugehen, dass Art. 6 Nr. 2 der Richtlinie 93/104/EG (= Art. 6 b) der Richtlinie 2003/88/EG) grundsätzlich der Überschreitung der für die wöchentliche Höchstarbeitszeit vorgesehenen Obergrenze von 48 Stunden entgegensteht. Ausnahmen von dieser Obergrenze sind demnach nur dann zulässig, wenn außergewöhnliche Umstände einer solchen Schwere und eines solchen Ausmaßes vorliegen, dass die strikte Geltung dieser Obergrenze der ordnungsgemäßen Durchführung von Maßnahmen zum Schutz der Bevölkerung in schwerwiegenden kollektiven Gefahrensituationen entgegensteht. Das ist mit Blick auf den hier betroffenen Beamten des feuerwehrtechnischen Dienstes, wie sich aus der vorstehend zitierten Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs ergibt, regelmäßig nicht der Fall.

31

Geklärt ist in der Rechtsprechung des EuGH ferner, dass Bereitschaftsdienste, die ein Arbeitnehmer (wie der Kläger) in Form persönlicher Anwesenheit an einem vom Arbeitgeber bestimmten Ort leistet, in vollem Umfang als Arbeitszeit im Sinne der genannten Richtlinien anzusehen sind. Erfasst wird dabei die Tätigkeit im Einsatzdienst wie auch diejenige in einer Leitstelle (OVG Münster, Urt. v. 18.08.2005, Urteilsabdruck S. 12 ff. m.w.N. aus der Rechtsprechung des EuGH).

32

Ist § 1 Abs. 1 Satz 1 der ArbZVO-Feu mit Gemeinschaftsrecht unvereinbar, so folgt daraus jedoch keine - unmittelbarer gerichtlicher Feststellung zugängliche - Nichtigkeit dieser (untergesetzlichen) Bestimmung mit der Folge, dass es mangels wirksamer Verlängerung der regelmäßigen Arbeitszeit bei der grundsätzlichen Regelung des § 80 Abs. 1 Satz 1 NBG mit 40 Wochenstunden bleibt. Vielmehr sind bei Widersprüchen zwischen Bestimmungen des nationalen Rechts und unmittelbar geltenden Vorschriften des Gemeinschaftsrechts die einzelstaatlichen Gerichte, welche im Rahmen ihrer Zuständigkeit das Gemeinschaftsrecht anzuwenden haben, gehalten, für die volle Wirksamkeit der gemeinschaftsrechtlichen Normen Sorge zu tragen. Erforderlichenfalls haben sie jede entgegenstehende Bestimmung des nationalen Rechts aus eigener Entscheidungsbefugnis unangewendet zu lassen, ohne dass sie die vorherige Beseitigung der Bestimmung auf gesetzgeberischem Wege oder durch irgendein anderes verfassungsrechtliches Verfahren beantragen oder abwarten müssten (ständ. Rspr., vgl. nur EuGH, Urt. v. 9.03.1978 - C-106/77 - ("Simmenthal"), Slg. 1978, 629, Rn. 21; Urt. v. 5.03.1998 - C-347/96 - ("Solred") Slg. 1998, I-937, Rn. 30; ebenso BVerfG, Beschl. v. 8.04.1987 - 2 BvR 687/85 -, BVerfGE 75, 223 , 244 f. und Urt. v. 28. Januar 1992 - 1 BvR 1025/82 , 1 BvL 16/83 und 10/91 -, BVerfGE 85, 191 , 204 f.)

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Die Normsetzungsautorität des nationalen Gesetzgebers wird aber durch das Gemeinschaftsrecht nur soweit eingeschränkt, wie es zur unverkürzten Durchsetzung des Gemeinschaftsrechts notwendig ist. Daraus folgt, dass eine innerstaatliche Norm des einfachen Rechts, die mit einer vorrangigen Bestimmung des Europäischen Gemeinschaftsrechts unvereinbar ist, im Einzelfall insoweit - nämlich ganz oder teilweise - nicht anwendbar ist, wie es die Durchsetzung des Gemeinschaftsrechts erfordert. Die Durchsetzung kann dabei im Wege der Auslegung, der Normanpassung oder der (teilweisen) Nichtanwendung geschehen. Im Übrigen bleibt das dem Gemeinschaftsrecht nicht widersprechende nationale Recht weiter anwendbar. Der Mitgliedstaat mit abweichendem nationalen Recht ist aber verpflichtet, den unanwendbaren Teil seines Rechts aufzuheben oder zu ändern (vgl. auch BVerfG, Beschl. v. 9. Juni 1971 - 2 BvR 225/69 -, BVerfGE 31, 145 , 174 sowie BVerwG, Urt. v. 29. November 1990 - 3 C 77.87 -, BVerwGE 87, 154 , 159 ff. ; Di Fabio, NJW 1990, 947, 950 m.w.N.; vgl. insgesamt: OVG Münster, Urt. v. 13.10.2005, aaO.).

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Daraus folgt hier, dass § 1 Abs. 1 ArbZVO-Feu dem Gemeinschaftsrecht angepasst werden muss, soweit dies möglich ist. Die Anpassung kann ohne weiteres dadurch vorgenommen werden, dass die gemeinschaftsrechtswidrige Höchstgrenze für die regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit von durchschnittlich 56 Stunden durch die bindende Höchstgrenze der oben genannten Richtlinien, also durchschnittlich 48 Stunden pro Woche, ersetzt wird, wobei Bereitschaftsdienst voll auf die Arbeitszeit anzurechnen ist.

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Anhaltspunkte für eine weitergehende Notwendigkeit der Anpassung, für die völlige Unanwendbarkeit oder gar die Nichtigkeit des § 1 ArbZVO-Feu bieten weder das Gemeinschaftsrecht noch das der ArbZVO-Feu vorgehende deutsche Recht. Einziger rechtlicher Ansatzpunkt dafür könnte ein Differenzierungsverbot sein, das es dem Landesgesetz- bzw. Verordnungsgeber untersagte, bei der Festlegung der Arbeitszeit zwischen Vollarbeit und Bereitschaftsdienst zu unterscheiden, was aber § 80 Abs. 3 NBG und die ArbZVO-Feu gerade vorsehen. Ein entsprechendes Differenzierungsverbot enthält das geltende Recht indes nicht (vgl. umfassend m. w. N.: OVG Münster, Urt. v. 13.10.2005, aaO., Rn. 47 ff.).

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Ein Anspruch auf nachträgliche Genehmigung des von ihm im Hinblick auf den von ihm mithin "zuviel" geleisteten Dienstes als Mehrarbeit steht dem Kläger indes nicht zu. Als Rechtsgrundlage einer solchen Genehmigung kommt - entsprechend den einleitenden Ausführungen - allein § 80 Abs. 2 NBG i.V.m. § 48 Abs. 1 BBesG und § 3 Abs. 1 Nr. 1 MVergV in Betracht, da Mehrarbeitsvergütung gemäß § 1 MVergV nur nach Maßgabe dieser Verordnung gewährt werden darf.

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Zwar ist die Mehrarbeitsvergütungsverordnung hier grundsätzlich anwendbar: Der Kläger erhielt Dienstbezüge aus einer Besoldungsgruppe mit aufsteigendem Gehalt i.S. d. § 20 Abs. 2 BBesG (§ 2 Abs. 1 MVergV). Die Tätigkeit des Klägers im Einsatzdienst (§ 2 Abs. 1 Nr. 5 MVergV) gehört zu den Tätigkeiten, für die eine Mehrarbeitsvergütung gewährt werden kann.

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Ein Anspruch des Klägers auf Genehmigung "zuviel" geleisteten Dienstes als Mehrarbeit scheidet auch nicht bereits aus dem Grund aus, dass Mehrarbeit bereits im vorhinein schriftlich (§ 3 Abs. 1 Nr. 1 MVergV) angeordnet worden wäre. Wäre Letzteres der Fall, wäre eine nachträgliche Genehmigung allerdings nicht mehr erforderlich (und eine auf deren Erteilung gerichtete Klage mangels Rechtsschutzbedürfnis unzulässig). Im Falle des Klägers ist Mehrarbeit im vorhinein weder ausdrücklich noch stillschweigend schriftlich angeordnet worden. Eine solche (stillschweigende) schriftliche Anordnung ist insbesondere auch nicht in der Aufstellung der für den Kläger geltenden Dienstpläne zu sehen. Die Anordnung von Mehrarbeit i.S.d. § 3 Abs. 1 Nr. 1 MVergV erfordert eine einzelfallbezogene, d.h. eine auf den einzelnen Beamten und auf konkrete einzelne Mehrarbeitszeiten zugeschnittene, Ermessensentscheidung des Dienstherrn auf der Grundlage und unter Abwägung der im konkreten Zeitpunkt maßgebenden Umstände (vgl. BVerwG, Urt. v. 28.05.2003 - 2 C 28.02 -, ZBR 2003, 383 ; OVG Münster, Urt. v. 17.03.2004 - 1 A 2426/02 -, aaO.).

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Eine solche einzelfallbezogene Ermessensausübung kann in der Aufstellung von Dienstplänen nicht gesehen werden. Die Dienstpläne betreffen sämtliche Mitarbeiter des Einsatzdienstes grundsätzlich in gleichem Maße und differenzieren weder nach Wochenarbeitszeit noch nach Personen (vgl. BVerwG, Urt. v. 28.05.2003 - 2 C 28.02 -, aaO.; OVG Münster, Urt. v. 17.02.2005 - 1 A 2122/03 -).

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Ein Anspruch auf nachträgliche Genehmigung steht dem Kläger aber aus folgenden Gründen nicht zu:

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Unbeschadet der Frage, ob es jedenfalls für einen Großteil des Antragszeitraums schon an dem notwendigen engen zeitlichen Zusammenhang mit dem Anfall der Zusatzarbeit fehlt, innerhalb dessen eine nachträgliche Genehmigung allenfalls noch denkbar ist (vgl. BVerwG, Urt. v. 2.04.1981 - 2 C 1.81 -, ZBR 1981, 317), scheidet eine Genehmigung hier insbesondere deswegen aus, weil eine über viele Jahre hintereinander anfallende, gewissermaßen ständige "Mehrarbeit" (im Sinne von Zuvielarbeit) nicht genehmigungsfähig ist. Nach niedersächsischem Landesrecht darf (grundsätzlich später auszugleichende) Mehrarbeit nur angesetzt werden, wenn das dienstliche Interesse und die Bewältigung eines länger andauernden, aber vorübergehenden Personalmehrbedarfs dies erfordern (vgl. § 80 Abs. 5 Satz 1 NBG), so dass Mehrarbeit (im Rechtssinne) auf Ausnahmefälle beschränkt bleiben muss (vgl. BVerwG, Urt. v. 28.05.2003 - 2 C 28.02 -, aaO.; OVG Münster, Urt. v. 17.03.2004 - 1 A 2426/02 -, aaO., OVG Münster, Urt. v. 5.08.1998 - 12 A 3011/95 -, RiA 2000, 147 m. w. N.) und zudem angesichts der in der ArbZVO-Feu festgelegten Regelung von einem vorübergehenden Charakter nicht die Rede sein kann.

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Jedenfalls liegen im Hinblick auf die langjährig ausgeübte (Regel-)Tätigkeit des Klägers Ausnahmefälle nicht vor. Daher scheidet eine Genehmigung "zuviel" geleisteten Dienstes in dem angefallenen erheblichen Umfang auch deshalb aus, weil sie sich infolge des Widerspruchs zu den Anforderungen der Richtlinie 93/104/EG als Umgehung des Schutzzwecks dieser Richtlinie darstellen würde.

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Es ist auch nicht treuwidrig, wenn die Beklagte eine Genehmigung des "zuviel" geleisteten Dienstes als Mehrarbeit nicht erteilt hat: Der Vorwurf des treuwidrigen Verhaltens könnte sich aus der Annahme ergeben, die Beklagte habe die Dienstpläne der bei ihr tätigen Beamten des feuerwehrtechnischen Dienstes womöglich wider besseres Wissen nicht den EU-rechtlichen Vorgaben angepasst. Jedoch ist zu berücksichtigen, dass die Rechtslage, insbesondere die Frage, ob die Richtlinien 2003/88/EG bzw. 93/104/EG auf Einsatzkräfte der Feuerwehr überhaupt Anwendung finden, aufgrund dieser Entscheidung keineswegs als geklärt angesehen werden konnte. Dies ergibt sich schon daraus, dass das Bundesverwaltungsgericht (Beschl. v. 17. Dezember 2003 - 6 P 7/03 -, BVerwGE 119, 363) genau diese Frage dem Europäischen Gerichtshof zur Vorabentscheidung vorgelegt hat. Abschließend geklärt wurde diese Frage somit erst durch den Beschluss des Europäischen Gerichtshofs vom 14. Juli 2005. Bis zu diesem Zeitpunkt durfte die Beklagte also noch darauf vertrauen, dass sie sich mit ihrer Rechtsansicht, dass die vorstehend zitierten Richtlinien für Einsatzkräfte der Feuerwehr nicht gelten, durchsetzt mit der Folge, dass ein treuwidriges Verhalten - bezogen auf die unterbliebene Anordnung bzw. Genehmigung von Mehrarbeit - zumindest bis zu diesem Zeitpunkt nicht vorgelegen hat. Ob die Beklagte sich seitdem (hinsichtlich der im Gegensatz zum Kläger noch im aktiven Dienst befindlichen Feuerwehrbeamten) diesbezüglich treuwidrig verhält, dürfte angesichts der vielfältigen Probleme, vor denen die Beklagte bei der richtlinienkonformen Anpassung der Dienstpläne steht, jedenfalls noch zu verneinen sein. Die Beklagte hat hierzu darauf hingewiesen, dass die Anpassung der Dienstpläne auch deswegen schwierig sei, weil innerhalb der Feuerwehrbelegschaft unterschiedliche Ansichten und Interessen bestünden. Angesichts dieser Schwierigkeiten dürfte der Beklagten eine angemessene Übergangsfrist zur Anpassung der Dienstpläne zuzugestehen. Allerdings dürfte der Anpassungszeitraum kaum über den 31. Dezember 2006 hinausreichen, den der Bundesgesetzgeber hinsichtlich der hier streitbefangenen Problematik für die richtlinienkonforme Umsetzung der (neuen) Regelungen des Arbeitszeitgesetzes sogar im Tarifbereich für ausreichend gehalten hat (vgl. § 25 Arbeitszeitgesetz)

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Darüber hinaus gilt Folgendes: Ein Anspruch auf Genehmigung von Mehrarbeit kann schon deswegen nicht auf den Grundsatz von Treu und Glauben gestützt werden, weil die Beklagte über diesen Grundsatz nicht dazu verpflichtet werden kann, Mehrarbeit im Widerspruch zur geltenden Rechtslage (s.o.) zu genehmigen. Unabhängig davon ergibt sich aus der Tatsache, dass über einen längeren Zeitraum über die regelmäßige Arbeitszeit hinaus Dienst geleistet wurde bzw. wird, auch kein Anspruch - auch nicht unter dem Gesichtspunkt von Treu und Glauben - gerade darauf, dass dieser Dienst als Mehrarbeit genehmigt wird. Vielmehr ergibt sich in einer solchen Situation aus dem Grundsatz von Treu und Glauben allenfalls ein Anspruch auf Kompensation der Benachteiligung, indem die Betroffenen im Wege eines "billigen Ausgleichs" ggf. so gestellt werden, als wären die gesetzlichen Voraussetzungen erfüllt. Ein solcher Ausgleich würde sich aber - jedenfalls in erster Linie - auf die Gewährung von Dienstbefreiung beschränken, (vgl. BVerwG, Urt. v. 28.05.2003 - 2 C 28.02 -, aaO.), die hier nicht mehr im Streit steht.

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Ist Mehrarbeit im vorliegenden Fall weder schriftlich angeordnet noch genehmigt worden und scheidet auch ein Anspruch auf Genehmigung des "zuviel" geleisteten Dienstes als Mehrarbeit aus, so steht dem Kläger auch kein Anspruch auf Zahlung von Mehrarbeitsvergütung zu. Denn gemäß § 3 Abs. 1 Nr. 1 MVergV ist die schriftliche Anordnung bzw. Genehmigung der Mehrarbeit ein unverzichtbares Erfordernis für die Gewährung von Mehrarbeitsvergütung (vgl. OVG Münster, Urt. v. 13.10.2005 m. w. N.).

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Auf eine andere primäre Anspruchsgrundlage lässt sich der geltend gemachte Anspruch nicht stützen (§ 1 MVergV).

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Die fehlende Vergütungsfähigkeit als Mehrarbeit ist auch nicht aus Gründen vorrangigen Rechts zu beanstanden und somit nicht im Sinne des Klägers zu korrigieren. Weder die hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums, insbesondere das Alimentationsprinzip (s.o.), noch EU-Recht fordern, dass der von einem Beamten über die regelmäßige Arbeitszeit hinaus geleistete Dienst gesondert zu vergüten ist. Etwas anderes ergibt sich insbesondere nicht aus der Richtlinie 2003/88/EG. Diese Richtlinie regelt nämlich ausschließlich arbeitsschutzrechtliche, nicht aber vergütungs- bzw. besoldungsrechtliche Aspekte; für letztere fehlt es der EU gemäß Art. 137 Abs. 6 des Vertrages zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft (EGV) schon an der einschlägigen Gesetzgebungskompetenz (vgl. BVerwG, Beschl. v. 03.01.2005 - 2 B 57.04 -, sowie Urt. v. 29.04.2004 - 2 C 9.03 -, aaO.).

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Schließlich ergibt sich ein Anspruch auf Gewährung einer geldwerten Entschädigung für "zuviel" geleisteten Dienst auch nicht aufgrund sonstiger Rechtsgrundlagen (vgl. dazu umfassend: OVG Münster, Urt. v. 13.10.2005, aaO.). Ob die Klage in Bezug auf die im Folgenden geprüften Ansprüche überhaupt zulässig wäre, bedarf daher keiner weiteren Vertiefung, da die Klage insoweit jedenfalls unbegründet ist, so dass Fragen der Zulässigkeit der Klage offen bleiben können (vgl. BVerwG, Beschl. v. 20.02.2002 - 5 B 32/01 -; eingehend Sendler, DVBl. 1982, 923, S. 929).

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Ein Schadensersatzanspruch steht dem Kläger nicht zu. Zusätzlicher Dienst eines Beamten stellt keinen ersatzfähigen materiellen Schaden im Sinne des allgemeinen Schadensersatzrechts dar (vgl. BVerwG, Urteile vom 21.02.1991 - 2 C 48.88 -, BVerwGE 88, 60 , sowie vom 28.05.2003 - 2 C 28.02 -, aaO.).

50

Aus diesem Grund greift auch ein etwaiger, dem Beamtenrecht zuzuordnender Aufopferungsanspruch nicht durch (OVG Münster, Urt. v. 17.03.2004 - 1 A 2426/02 -, insoweit in IÖD 2004, 218 nicht abgedruckt).

51

Ein Anspruch auf Folgenbeseitigung scheidet ebenfalls aus. Folgenbeseitigung ist grundsätzlich auf Wiederherstellung des status quo ante im Wege der Beseitigung eines andauernden rechtswidrigen Zustandes gerichtet. Der in der Vergangenheit "zuviel" geleistete Dienst kann jedoch weder durch einen Ausgleich in Geld noch auf andere Art und Weise rückwirkend beseitigt werden (vgl. BVerwG, Urt. v. 28.05.2003 - 2 C 28.02 -, aaO.; OVG Münster, Urteile v. 17.02.2005 - 1 A 2122/03 - sowie v. 17.03.2004 - 1 A 2426/02 -, insoweit in IÖD 2004, 218 nicht abgedruckt).

52

Aus dem Gedanken von Treu und Glauben folgt kein Anspruch auf Entschädigung in Form von Geld, sondern (jedenfalls in aller Regel) allenfalls ein Anspruch auf nachträgliche Dienstbefreiung (s. bereits oben), was vorliegend angesichts des Ruhestandes des Klägers bereits nicht möglich ist.

53

Auf die Fürsorgepflicht des Dienstherrn lässt sich der geltend gemachte finanzielle Ausgleich ebenfalls nicht stützen. Aus der Fürsorgepflicht ergeben sich allenfalls dann Leistungsansprüche, wenn andernfalls die Fürsorgepflicht in ihrem Kern verletzt wäre. Den Wesenskern der Fürsorgepflicht können allenfalls unzumutbare Belastungen des Beamten berühren (vgl. BVerwG, Urteile vom 28.05.2003 - 2 C 28.02 -, aaO., sowie vom 21.12.2000 - 2 C 39.99 -, BVerwGE 112, 308).

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Ob eine solche unzumutbare Belastung vorliegt, wenn ein Beamter die EU-rechtlich höchstens zulässige Arbeitszeit um durchschnittlich acht Stunden pro Woche überschreitet, mag dahin stehen. Denn selbst wenn man diese Frage bejahen würde, könnte unmittelbar aus der Fürsorgepflicht kein Anspruch auf solche Geldleistungen hergeleitet werden, deren Gewährung nach geltendem Recht eine rechtswidrige nachträgliche Genehmigung (s.o. 1.) des "zuviel" geleisteten Dienstes als Mehrarbeit voraussetzen würde. Aus diesem Grunde kann sich aus der Fürsorgepflicht ebenso wie aus dem Grundsatz von Treu und Glauben allenfalls ein Anspruch auf nachträgliche Dienstbefreiung ergeben (vgl. OVG Münster, Urt. v. 17.03.2004 - 1 A 2426/02 -, insoweit in IÖD 2004, 218 nicht abgedruckt).

55

Schließlich verletzt der sich in Fällen der vorliegenden Art ergebende Ausschluss eines Anspruchs auf finanzielle Kompensation auch nicht das Gleichbehandlungsgebot aus Art. 3 Abs. 1 GG . Im Vergleich zu Beamten, denen Mehrarbeitsvergütung gewährt wird, nachdem Mehrarbeit angeordnet bzw. genehmigt wurde, liegt der sachliche Grund für eine Ungleichbehandlung darin, dass es im Falle des Klägers genau daran fehlt. Ansonsten könnte ein Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG allenfalls damit begründet werden, dass die Beklagte als Dienstherr des Klägers anderen Beamten in vergleichbaren Fällen eine finanzielle Kompensation gewährt hätte. Entsprechende Zahlungen sind jedoch weder vom Kläger vorgetragen noch sonst ersichtlich.

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Ein gemeinschaftsrechtlicher Staatshaftungsanspruch wegen unterlassener Umsetzung der Richtlinien 93/104/EG und 2003/88/EG (vgl. dazu OVG Münster, Urt. v. 17.03.2004 - 1 A 2426/02 -, m.w.N., insoweit in IÖD 2004, 218 nicht abgedruckt) wäre unabhängig davon, ob die Voraussetzungen für einen solchen Anspruch hier vorlägen, jedenfalls nicht gegenüber der Beklagten, sondern gegenüber dem nicht am Verfahren beteiligten Land Niedersachen zu verfolgen. Außerdem wäre ein solcher Anspruch gemäß Art. 34 Satz 3 GG i.V.m. § 40 Abs. 2 Satz 1 VwGO vor den Zivilgerichten geltend zu machen.

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Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.

58

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 167 VwGO, 708 Nr. 11, 711 ZPO.