Landgericht Braunschweig
Urt. v. 29.06.2001, Az.: 1 O 1518/99

Anforderungen an die Beweisführung bei der Beauftragung zur Erbringungen von Werkleistungen; Berücksichtigung der Haftungsverteilung von Gründungsgesellschaftern einer Vor-GmbH im Innenverhältnis; Einbeziehung der Grundsätze der Verlustdeckungshaftung und der Unterbilanzhaftung in die Haftungsverteilung; Entstehen einer Außenhaftung der Gesellschafter im Falle der Aufgabe der Eintragungsabsicht von den Gesellschaftern

Bibliographie

Gericht
LG Braunschweig
Datum
29.06.2001
Aktenzeichen
1 O 1518/99
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2001, 31114
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:LGBRAUN:2001:0629.1O1518.99.0A

Fundstellen

  • BB 2001, 1703-1704 (Volltext mit red. LS)
  • DStZ 2001, 683-684 (Kurzinformation)
  • DStZ 2001, 836 (Kurzinformation)
  • GmbHR 2001, 920 (Volltext mit red. LS)
  • KTS 2001, 579

In dem Rechtsstreit ...
hat die 1. Zivilkammer des Landgerichts Braunschweig
auf die mündliche Verhandlung vom 18.05.2001
durch
den Vorsitzenden Richter am Landgericht als Einzelrichter
für Recht erkannt:

Tenor:

Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an die Klägerin 20.996, 81 DM zzgl. 11% Zinsen seit dem 12.01.1998 zu zahlen.

Die weitergehende Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreites tragen die Klägerin zu 1/5, die Beklagten als Gesamtschuldner zu 4/5.

Das Urteil ist für die Klägerin gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 27.000,00 DM vorläufig vollstreckbar, für die Beklagten wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 350,00 DM abwenden, wenn nicht die Beklagten vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leisten.

Tatbestand

1

Die Klägerin erbrachte an zwei Bauvorhaben in ... Putzarbeiten. Nach Abschluss der Arbeiten stellte sie der Fa. ... unter dem 09.12. und 25.11.1997 zwei Rechnungen, für deren Einzelheiten auf Bl. 14, 15 d.A. verwiesen wird. Die Beklagten waren Gesellschafter der ....

2

Die Fa. ... wurde von dem inzwischen verstorbenen Herrn ... vertreten. Auf den Gesellschaftsvertrag vom 16.07.1997, Bl. 31 f wird Bezug genommen. Unter dem 24.11.1997 wurde der Gesellschaftsvertrag notariell beurkundet (Bl. 28). Durch Beschluss des AG Gifhorn vom 15.12.1998 wurde ein Konkursantrag gegen die ... mangels Masse zurückgewiesen worden (Bl. 128). Die Parteien streiten über die von der Klägerin abgerechneten Preise, über die Frage, ob Auftraggeber die ... eine ... oder Herr ... persönlich war sowie über die grundsätzliche Haftung der Beklagten als Vorgesellschafter.

3

Die Klägerin behauptet,

4

von der ... beauftragt worden zu sein. Die abgerechneten Preise seien vereinbart. Sie hält die Beklagten als Gründungsgesellschafter für einstandspflichtig, weil sie die Eintragungsabsicht aufgegeben hätten und die Gesellschaft vermögenslos sei.

5

Sie beantragt,

die Beklagten als Gesamtschuldner zur Zahlung von 26.235,86 DM zzgl. 11% Zinsen seit dem 27.01.1998 zu verurteilen.

6

Die Beklagten beantragen,

die Klage abzuweisen.

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Sie behaupten,

8

Die Aufträge seien entweder im Namen von Herr ... oder einer ... erteilt worden.

9

Sie sind der Ansicht, dass allenfalls eine Haftung im Innenverhältnis gegenüber der Gesellschaft bestehen könnte.

10

Für die Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den vorgetragenen Inhalt der Schriftsätze und deren Anlagen Bezug genommen.

11

Es ist Beweis erhoben durch Vernehmung von Zeugen. Für das Ergebnis wird auf die Sitzungsniederschrift vom 18.05.2001 Bl. 316 ff verwiesen.

Entscheidungsgründe

12

Die Klage ist nur teilweise begründet.

13

I.

Der Klägerin stehen Ansprüche gegen die Beklagten für Arbeiten am Doppelhaus ... nach § 631 BGB in Höhe von G.23G, 95 DM nicht zu, denn sie hat den ihr obliegenden Beweis nicht führt, von der ... beauftragt worden zu sein. Die Frage, ob und ggfls. wie die als Gesellschafter der VorGmbH in Anspruch genommenen Beklagten haften, kann, bedarf hier keiner Entscheidung.

14

1.

Insoweit ist nach der Beweisaufnahme offen geblieben, ob der Auftrag von Herrn ... privat, im Namen einer ... oder der ... erteilt wurde. Lediglich der Zeuge ... der Ehemann der Geschäftsführerin der Klägerin, hat die Darstellung der Klägerin uneingeschränkt bestätigt, ohne jedoch konkret eine ausdrückliche Auftragserteilung im Namen der Gründungs-GmbH geschildert zu haben (Bl. 317, 318). Demgegenüber ergeben sich aus den Bekundungen des Zeugen ... (Ehemann der Beklagten zu 1) erhebliche Zweifel. Einerseits sei der Auftrag für das Doppelhaus bereits erteilt gewesen, bevor erstmals eine ... "ins Gespräch" gekommen sei" (Bl. 321), während Herr ... die Auftrage als Privatperson erteilt habe. Andererseits sei zwischenzeitlich von einer unter Beteiligung einer Firma ... Rede gewesen.

15

II.

Die Beklagten haften für Werklohnansprüche der Klägerin aus dem BV Reihenhäuser in .... Insoweit hat die Klägerin den Beweis erbracht, von der GründungsGmbH beauftragt worden zu sein.

16

1.

Auch der Zeuge ... hat uneingeschränkt bestätigt, daß dar Auftrag ausdrücklich im Namen der ... erteilt wurde Ende August/Anfang September 1997 (Bl. 322).

17

2.

Die von der Klägerin geltend gemachten Einheitspreise stehen nach der Beweisaufnahme als vereinbart fest. Hierzu hat der Zeuge ... bekundet, dass die gleichen Einheitspreise wie bei früher von Herrn ... erteilten Aufträgen vereinbart worden seien (Bl. 317). Diese Preise seien in den Rechnungen angesetzt. Der Anspruch ist fällig ( § 641 BGB), denn ... hat die Arbeiten zumindest durch Anbieten der Leistung an ihrer konkludent abgenommen. Der Fälligkeit steht nicht fehlende Prüffähigkeit entgegen, denn die wirksame Vereinbarung der VOB/B ist nicht vorgetragen. Ob die Rechnungen den Anforderungen der §§ 14, 16 VOB/B entsprechen, kann offen bleiben.

18

3.

Die Beklagen haben den ihnen obliegenden Beweis, weitere Zahlungen als die von der Klägerin bereits abgesetzten 10.000,00 DM geleistet zu haben, nicht erbracht. Vielmehr hat der Zeuge ... weitere Zahlungen gerade nicht bestätigt (Bl. 319).

19

4.

Die Beklagten haften für die Verbindlichkeit der ... auch gegenüber der Klägerin.

20

Dem steht nicht entgegen, daß die Gründungsgesellschafter unbeschränkt für Verbindlichkeiten der Gesellschaft, jedoch nach den Grundsätzen der Verlustdeckungshaftung und der Unterbilanzhaftung nur im Innenverhältnis haften (BGHZ 134, 133 ff). Diese grundsätzlich nur im Innenverhältnis bestehende Haftung wandelt sich jedoch in eine Aussenhaftung gegenüber den Gesellschaftsgläubigern, wenn die Eintragungsabsicht von den Gesellschaftern aufgegeben ist oder die Eintragung unmöglich geworden ist. Dies ist insbesondere im Fall der masselosen Insolvenz anzunehmen (Schmidt in Scholz: GmbHG 9. A. § 12 RZ 81 m. N.). Einer Ausseinandersetzung mit dem weiter bestehenden Meinungsstreit (a.a.O. RZ 82 m. N., Innen- oder Außenhaftung) bedarf es nicht, ebenso wie die Entscheidung der Frage, ob die Gesellschafter Eintragungsabsicht aufgegeben haben. Denn über das Vermögen der ... ist das Konkursverfahren nicht eröffnet sondern der Antrag durch Beschluß des AG Gifhorn vom 15. 12. 1998 mangels Masse zurückgewiesen worden (Bl. 128). Danach ist einer der Ausnahmetatbestände gegeben, bei deren Vorliegen auch nach der neueren Rechtsprechung des BGH eine Außenhaftung gegeben ist.

21

5.

Der Klägerin steht kein Anspruch auf Ersatz von Inkassokosten zu. Die Inkassokosten sind nicht erstattungsfähig, denn die Klägerin hat keine Tatsachen vorgetragen, nach denen die Einschaltung des Inkassobüros erfolgversprechend gewesen sein könnte. Vielmehr war aus Sicht der Klägerin ohnehin absehbar, daß die Forderung nur gerichtlich durchzusetzen war.

22

Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 ZPO, die Anordnungen zur vorläufigen Vollstreckbarkeit auf §§ 708, 709, 711 ZPO.