Oberlandesgericht Celle
Beschl. v. 08.01.2015, Az.: 9 W 180/14

Gerichtliche Anordnung des Erlöschens einer Bürgschaft durch das Vollstreckungsgericht

Bibliographie

Gericht
OLG Celle
Datum
08.01.2015
Aktenzeichen
9 W 180/14
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2015, 10644
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:OLGCE:2015:0108.9W180.14.0A

Verfahrensgang

vorgehend
LG Hannover - 25.08.2014

Amtlicher Leitsatz

Eine analoge Anwendung des § 109 ZPO (gerichtliche Anordnung des Erlöschens einer Prozessbürgschaft) auf Sicherheiten, deren Bestellung das Gericht nicht im Sinne dieser Vorschrift "angeordnet oder zugelassen hat", sondern die die Parteien aufgrund interner Abreden gestellt haben, kommt nicht in Betracht.

Tenor:

Auf die Beschwerde des Klägers wird der Beschluss des Landgerichts Hannover - Vollstreckungsgericht - vom 25. August 2014 abgeändert; der Antrag des Beklagten vom 6. Mai 2014 wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens hat der Beklagte zu tragen.

Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

Wert des Beschwerdeverfahrens: 128.000 €.

Gründe

1. Das Landgericht hat den Beklagten mit Urteil vom 7. Mai 2013 verurteilt, an den Kläger rund 102.000 € zu zahlen und das Urteil nach § 709 ZPO für vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages erklärt. Mit Schreiben vom 28. August 2013 hat der Kläger unter Vorlage einer entsprechenden Prozessbankbürgschaft Vollstreckung angekündigt für den Fall, dass der Beklagte die titulierte Forderung nicht erfülle oder seinerseits Sicherheit leiste. Daraufhin hat der Beklagte dem Kläger eine Bürgschaft der C. Bank gestellt. Nachdem der Senat als Berufungsinstanz das genannte Urteil des Landgerichts abgeändert und die Klage abgewiesen hat (Senatsurteil vom 19. Februar 2014, 9 U 89/13; gegen die Entscheidung ist Nichtzulassungsbeschwerde eingelegt worden, II ZR 105/14), hat der Beklagte beantragt, die Rückgabe der von ihm gestellten Bürgschaft der C. Bank bzw. deren Erlöschen nach § 109 Abs. 1 und 2 ZPO anzuordnen. Dem ist das Landgericht als Vollstreckungsgericht nachgekommen, hat mit Beschluss vom 10. Juli 2014 dem Kläger aufgegeben, die Einwilligung zur Rückgabe der Bürgschaft zu erklären, und mit dem angefochtenen Beschluss vom 25. August 2014 hinsichtlich der vom Beklagten gestellten Sicherheit "das Erlöschen der Prozessbürgschaft" angeordnet.

2. Die dagegen gerichtete Beschwerde des Klägers ist begründet. Die Anordnung eines Erlöschens der vom Beklagten gestellten Bürgschaft durch das Vollstreckungsgericht kommt mangels gesetzlicher Grundlage nicht in Betracht. Die Anwendung der vom Landgericht herangezogenen Vorschrift des § 109 ZPO scheidet vorliegend schon deswegen aus, weil die vom Beklagten gestellte Bürgschaft, die Gegenstand seines Antrags vom 6. Mai 2014 ist, keine solche ist, deren Bestellung das Landgericht in seinem Urteil, das Grundlage der vorläufigen Vollstreckung ist, "angeordnet oder zugelassen hat" (§ 109 Abs. 1 ZPO). Zugelassen hat das Landgericht eine vorläufige Vollstreckung des Klägers gegen (naturgemäß von diesem) zu stellende Sicherheitsleistung.

Es ist den Parteien unbenommen, im Zusammenhang mit der vorläufigen Vollstreckung darüber hinaus Absprachen wie die hier vom Beklagten dargestellte zu treffen, nach der der Kläger auf eine vorläufige Vollstreckung vorerst verzichtet, wenn der Beklagte seinerseits eine Bankbürgschaft stellt. Bei dieser Bürgschaft handelt es sich jedoch nicht um eine, die das Landgericht "angeordnet oder zugelassen" hat und auf deren Fortbestand das Vollstreckungsgericht im Wege des Verfahrens nach § 109 ZPO einwirken kann und darf.

Dass aus demselben Grunde auch der vorangegangene Beschluss vom 10. Juli 2014, mit dem dem Kläger - erfolglos - eine Frist zur Einwilligung gesetzt worden ist, nicht hätte ergehen dürfen, kann dahinstehen.

Eine analoge Anwendung der genannten Vorschrift auf Sicherheiten, die nicht auf Anordnung oder Zulassung der vom Gericht getroffenen Vollstreckungsregelungen beruhen, ist entgegen der Annahme des Beklagten nicht statthaft. Abgesehen davon, dass eine solche Analogie dem ausdrücklichen Wortlaut der gesetzlichen Regelung widerspräche, würde damit ein Eingriff in grundgesetzlich geschützte Positionen (hier die Bürgschaft als Vermögenswert des Klägers im Sinne des Art. 14 GG) durch das Vollstreckungsgericht ohne gesetzgeberische Ermächtigung ermöglicht.

Die Kostenentscheidung folgt § 91 ZPO; eine Entscheidung über Kosten des ersten Rechtszugs des Verfahrens nach § 109 ZPO ist nicht veranlasst, da solche nicht entstehen bzw. mit der Verfahrensgebühr abgegolten sind (Zöller/Herget, ZPO, 30. Aufl., Rn. 12 zu § 109). Die Voraussetzungen für die Zulassung der Rechtsbeschwerde liegen nicht vor, § 574 ZPO.

Der Wert bestimmt sich nach dem Nennbetrag der Bankbürgschaft, die zum Erlöschen gebracht werden soll.