Landgericht Braunschweig
Urt. v. 11.01.2016, Az.: 8 O 1521/15
Landschaftspflegebonus; EEG; Biogasanlage
Bibliographie
- Gericht
- LG Braunschweig
- Datum
- 11.01.2016
- Aktenzeichen
- 8 O 1521/15
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2016, 43108
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Tenor:
1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 56.459,41 € zuzüglich Zinsen in Höhe von 9 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz für einen Betrag von 4.260,59 € seit dem 24 April 2015, für einen Betrag von 6.024,69 € seit dem 15.04.2015, für einen Betrag von 13.802,85 € seit dem 15.05.2015 und für einen Betrag von 32.371,28 € seit dem 15.08.2015 zu zahlen.
2. Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.
3. Das Urteil ist für den Kläger gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 Prozent des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
4. Streitwert: 56.459,41 €.
Tatbestand:
Die Parteien streiten um die Rückzahlung eines Landschaftspflegebonus nach dem EEG für den Zeitraum vom 01. 01. bis 31.07.2014.
Der Kläger betreibt seit 2003 eine Biogasanlage in . Die EEG Vergütung setzt sich aus einer Grundvergütung und verschiedenen Boni zusammen. Im Jahr 2014 hat die Beklagte an den Kläger für die Monate Januar bis Juli 2014 auf den Landschaftspflegebonus Zahlungen in Höhe von 56.459,41 € geleistet.
Zum 01.08.2014 trat die Übergangsbestimmung nach § 101 Abs. 2 Nummer 1 EEG in Kraft, die zu einer Änderung der tatbestandlichen Voraussetzungen für den Landschaftspflegebonus führt. Der Kläger erfüllt ab dem 01.08.2014 die Voraussetzungen für den Landschaftspflegebonus nicht. Die Beklagte hat mit den in der Zeit vom 01.01.2014 bis 31.07.2014 geleisteten Zahlungen auf den Landschaftspflegebonus inzwischen, teils während des Rechtsstreits, die Aufrechnung gegen die Einspeisevergütungen ab März 2015 erklärt und diese entsprechend gekürzt. Dem hat der Kläger widersprochen. Der Kläger hat für den Landschaftspflegebonus ein Gutachten vorgelegt, das ausweist, dass die bis zum 31.07.2014 geltenden Kriterien für den Landschaftspflegebonus erfüllt sind. Auf das Gutachten (K1) wird Bezug genommen.
Der Kläger vertritt die Auffassung, dass die Änderung des EEG erst ab dem 01.08.2014 greife und eine rückwirkende Aufrechnung nicht möglich sei. Der Anspruch auf den Landschaftspflegebonus nach der bis zum 31.07.2014 geltenden Rechtslage habe bestanden, wenn die von der Clearingstelle aufgestellten Voraussetzungen eingehalten worden sein, die weniger eng seien als Nummer 5 der Anlage 3 zur Biomasseverordnung 2012. Diese Vorschrift habe bis zum 31.07.2014 auf Bestandsanlagen keine Anwendung gefunden. In Nummer 101 Abs. 2 Nummer 1 EEG 2014 habe der Gesetzgeber keine bloße Klarstellung der geltenden Rechtslage vorgenommen, sondern eine Beschränkung für die Gewährung des Bonus.
Der Kläger hat zunächst beantragt,
1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 24.188,13 € zuzüglich Zinsen in Höhe von 9 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz für einen Betrag von 4260,59 € seit dem 24. April 2015, für einen Betrag von 6024,69 € seit dem 15.04.2015 und für einen Betrag von 13.802,85 € seit dem 15.05.2015 zu zahlen.
2. Es wird festgestellt, dass der von der Beklagten mit Schreiben vom 01.07.2015 gegenüber dem Kläger geltend gemachte Zahlungsanspruch in Höhe von 32.371,28 € nicht besteht.
Nachdem die Beklagte weitergehend aufgerechnet hat, beantragt der Kläger nunmehr
die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 56.459,41 € zuzüglich Zinsen in Höhe von 9 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz für einen Betrag von 4.260,59 € seit dem 24 April 2015, für einen Betrag von 6.024,69 € seit dem 15.04.2015, für einen Betrag von 13.802,85 € seit dem 15.05.2015 und für einen Betrag von 32.371,28 € seit dem 15.08.2015 zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte vertritt die Auffassung, die Übergangsbestimmung sei so zu werten, dass eine Rückforderung möglich sei. Dass sie den Landschaftspflegebonus zu Unrecht gezahlt habe, sei ihr erst bewusst geworden, nachdem sie von § 101 EEG in der Fassung 2014 Kenntnis erlangt habe. Der Gesetzgeber habe mit der Neufassung des §101 EEG lediglich eine Klarstellung bezweckt.
In der Anlage 2 zum EEG sei eine Definition dazu, wann Landschaftspflegematerial vorliege, nicht enthalten, eine Legaldefinition sei erstmals in der Biomasseverordnung in der Fassung vom 24.02.2012 erfolgt. Spätestens ab diesem Zeitpunkt sei nicht mehr davon auszugehen, dass gezielt angebaute Marktfrüchte als Landschaftspflegematerial bewertet werden könnten.
Wegen der Einzelheiten wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Klage ist begründet.
1. Die Klageänderung ist zulässig, es handelt sich um eine qualitative Antragsänderung bei gleich bleibendem Klagegrund, das gilt auch dann, wenn statt Feststellung auf Leistung umgestellt wird. Diese qualitative Änderung unterfällt § 264 ZPO.
2. Die Vergütung für Landschaftspflegematerial folgt aus § 27 des EEG in der Fassung 2009. Die Vorschrift verweist auf die Anlage 2 zum EEG. Dort ist unter VI 2c ausgeführt, dass der erhöhte Bonus gezahlt wird, wenn zur Stromerzeugung überwiegend Pflanzen oder Pflanzenbestandteile eingesetzt werden, die im Rahmen der Landschaftspflege anfallen. Was Landschaftspflegematerial ist, regelt die Biomasseverordnung aus dem Jahr 2001, danach gelten als Landschaftspflegematerial alle Materialien, die bei Maßnahmen anfallen, die vorrangig und überwiegend den Zielen des Naturschutzes und der Landschaftspflege dienen und nicht gezielt angebaut wurden. Marktfrüchte wie Mais zählen nicht als Landschaftspflegematerial. Die Clearingstelle hat in ihrer Empfehlung 2008/48 ausgeführt, der Begriff des Landschaftspflegematerials sei weit auszulegen im EEG 2004 sei eine Differenzierung zwischen Pflanzen und Pflanzenbestandteilen, die im Rahmen der Landschaftspflege anfallen, und solchen die ins forst- landwirtschaftlichen oder gartenbaulichen Betrieben anfallen nicht erforderlich gewesen. Dem Gesetzgeber sei die Problematik des gezielten Anbaus bereits im Jahr 2008 bekannt gewesen. Es gebe keine Anhaltspunkte dafür, dass der Gesetzgeber das Ziel verfolgt hat, Anlagenbetreiber den Bonus für nachwachsende Rohstoffe zu versagen, falls diese vor dem 01.01.2009 Landschaftspflegematerial im weiteren Sinne eingesetzt hätten. Der Begriff des „Anfallens“ sei so zu verstehen, dass Pflanzen oder Pflanzenbestandteile nicht notwendigerweise gezielt für die Stromerzeugung gewonnen werden müssten.
Die Beklagte hat nicht in Abrede genommen, dass der Kläger bis zum 31.07.2014 die üblichen Voraussetzungen für die Zahlung des Landschaftspflegebonus erfüllt hat. Sie argumentiert vielmehr, dass die Clearingstelle keine verbindliche Festlegung treffen könne und dass der Gesetzgeber eine Fehlentwicklung – Stichwort „Vermaisung der Landschaft“- rückwirkend habe korrigieren wollen, und somit der Landschaftspflegebonus wegen Fehlens der rechtlichen Voraussetzungen zu Unrecht ausgezahlt worden sei, was sie erst mit der Novellierung im Jahr 2014 erkannt habe.
Das Gericht geht davon aus, dass der Gesetzgeber bei der Novellierung erkannt hat, dass der Landschaftspflegebonus zu Fehlentwicklungen dadurch geführt hat, dass gezielt nachwachsende Rohstoffe zur Energiegewinnung angebaut worden sind und diese Fehlentwicklung korrigieren wollte. Die Entscheidung des Rechtsstreits hängt davon ab, wie der Gesetzgeber diese Korrektur erreichen wollte, ob durch eine rückwirkende Bereinigung oder mit Wirkung ab dem 01.08.2014.
Eine Auslegung des Wortlautes der Vorschrift ergibt, dass der Gesetzgeber in § 101 Abs. 1 EEG ausdrücklich geregelt hat, dass die Verringerung der Vergütungsansprüche für Anlagen, die vor dem 01.08.2014 in Betrieb genommen worden sind, ab dem 01.08.2014 greift. Die Anlage des Klägers ist vor diesem Zeitpunkt in Betrieb genommen worden und unterfällt damit § 101 Abs. 2 EEG. Hier ist geregelt, dass der erhöhte Bonus für Strom aus nachwachsenden Rohstoffen ab dem 01.08.2014 nur gezahlt wird, wenn die Rohstoffe der Biomasseverordnung in der am 31.07.2014 geltenden Fassung entsprechen. Der Gesetzgeber hat in beiden Absätzen dieselbe Wortwahl verwendet, sodass eine gleichlautende Anwendung geboten ist. Der Wortlaut ist eindeutig, die Gesetzesänderung soll ab dem 01.08.2014 greifen, Hinweise auf eine Rückwirkung enthält die Vorschrift nicht. Der Unterschied bezieht sich ausschließlich darauf, dass der Gesetzgeber, ausgehend von der von ihm erkannten Fehlentwicklung, auf die Anlage 3 Nummer 5 zur Biomasseverordnung verweist. Das Gericht zieht hieraus den Schluss, dass der Gesetzgeber die Voraussetzungen für die Zahlung des Bonus ändern wollte, um der von ihm erkannten Fehlentwicklung gegenzusteuern, dieses aber nicht rückwirkend, sondern erst mit Wirkung ab dem 01.08.2014. Der Gesetzesbegründung lässt sich Abweichendes nicht entnehmen. § 101 EEG 2014 entspricht § 97 des Gesetzentwurfs. Zu Abs. 2 der Übergangsbestimmungen ist ausgeführt, dass der Landschaftspflegebonus nach § 97 Abs. 1 Nummer 1 (§ 101 Abs. 2 EEG 2014) beschränkt werden solle auf den überwiegenden Einsatz von Landschaftspflegematerial nach Nummer 5 der Anlage 3 zur Biomasseverordnung in der am 31.07.2014 geltenden Fassung. So werde klargestellt, dass Marktfrüchte die Voraussetzungen nicht erfüllten, diese Einsatzstoffe gelten bereits nach Nummer Vi.2c der Anlage 2 zum EEG 2009 nicht als Landschaftspflegematerial. Ungeachtet dessen sei in einigen Regionen eine Fehlentwicklung zu beobachten, wodurch Anlagenbetreiber ungerechtfertigte höhere Vergütungserlöse zulasten der umlagepflichtigen Letztverbraucher generierten. Diese zusätzlichen Differenzkosten seien zu unterbinden. Die Regelung diene insoweit lediglich der Klarstellung der bereits bislang geltenden Rechtslage und steuere dieser Fehlentwicklung entgegen. Der Begründung des Gesetzgebers lässt sich entnehmen, dass der Gesetzgeber erkannt hat, dass im Bereich des Landschaftspflegebonus durch den gezielten Anbau von Feldfrüchten Fehlentwicklungen aufgetreten waren, die zu einer Erhöhung der Kosten für den Letztverbraucher führten. Der Gesetzgeber hat ausgeführt, dass er diese zusätzlichen Differenzkosten unterbinden wolle. Das Wort „unterbinden“ ist so zu verstehen, dass der Gesetzgeber mit Wirkung für die Zukunft gegensteuern wollte. Anderenfalls hätte es nahe gelegen, in der Begründung zum Gesetz auszuführen, dass dieses „Unterbinden“ auch durch Rückabwicklung erfolgen solle. Der Gesetzgeber hat ferner in der Begründung zum Gesetz davon gesprochen, einer Fehlentwicklung „gegensteuern“ zu wollen. Auch das spricht dafür, dass eine Änderung der Vergütung lediglich mit Wirkung ab dem 01.08.2014 gewollt war. Im Übrigen entspricht das auch der Tendenz des Gesetzgebers, Änderungen im Bereich des EEG mit Rücksicht auf die Anlagenbetreiber, die Investitionen getätigt haben, erst mit Wirkung für die Zukunft greifen zu lassen. Dafür spricht auch, dass der Gesetzgeber bei der Novellierung des EEG im Jahr 2014 ausdrücklich geregelt hat, wenn er eine Rückabwicklung wollte. Hierfür wird auf § 104 Abs. 1 Satz 1 verwiesen.
Da die Beklagte zur Aufrechnung nicht berechtigt ist und der Landschaftspflegebonus der Höhe nach unstreitig ist, war die Beklagte antragsgemäß zu verurteilen. Die Zinsforderung folgt aus Verzug.
3. Die Nebenentscheidungen folgen aus §§ 91,709 ZPO. Der Streitwert richtet sich nach der Höhe der Klageforderung.