Landgericht Braunschweig
Beschl. v. 10.08.2016, Az.: 12 T 425/16

Bibliographie

Gericht
LG Braunschweig
Datum
10.08.2016
Aktenzeichen
12 T 425/16
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2016, 43083
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Verfahrensgang

vorgehend
AG - 24.06.2016 - AZ: 9 M 286/16

Tenor:

1. Auf die Beschwerde der Gläubigerin wird der Beschluss des Amtsgerichts  Helmstedt vom 24.06.2016 (Geschäfts-Nr.: 9 M 286/16) aufgehoben.

Der Gerichtsvollzieher wird angewiesen, seine Kostenrechnung vom 04.03.2016 (Geschäfts-Nr.: DR II - 0036/16) unter Beachtung der Rechtsauffassung der Kammer neu zu erstellen.

2. Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei; Auslagen werden nicht erstattet.

3. Die weitere Beschwerde wird zugelassen.

Gründe

I.

Die Gläubigerin betreibt die Zwangsvollstreckung gegen den Schuldner. Hierzu beantragte sie die Abnahme der Vermögensauskunft. Nachdem der weitere Beteiligte zu 2. ihr eine Abschrift der vom Schuldner bereits am 02.02.2016 abgegebenen Vermögensauskunft übermittelt hatte, ordnete er die Eintragung des Schuldners in das Schuldnerverzeichnis an. Die Gebühr für die Übermittlung des Vermögensverzeichnisses nach Nr. 261 der Anlage zu § 9 GvKostG (im Folgenden: KV-GvKostG) in Höhe von 33,00 € sowie die Auslagen für die dem Schuldner zugestellte Eintragungsanordnung nach Nr. 701 KV-GvKostG in Höhe von 3,45 € zuzüglich der Pauschale nach Nr. 716 KV-GvKostG in Höhe von 6,60 € berechnete der weitere Beteiligte zu 2. in seinem Kostenansatz vom 04.03.2016 und gab diese Kosten (insgesamt) der Gläubigerin auf.

Die Erinnerung der Gläubigerin vom 02.05.2016 gegen den – nur hinsichtlich des berechneten Zustellungsentgelts angefochtenen – Kostenansatz hatte vor dem Amtsgericht keinen Erfolg.

Das Amtsgericht hat seine Entscheidung im Wesentlichen damit begründet, dass die Gläubigerin als Kostenschuldnerin gemäß § 13 Absatz 1 Satz 1 Nr. 1 GvKostG auch für Auslagen hafte, die in untrennbarem Zusammenhang mit der beauftragten Vermögensauskunft anfielen und sich dadurch als Kosten dieser Vollstreckungsmaßnahme darstellten.

Gegen diese Entscheidung richtet sich die – vom Amtsgericht zugelassene – Beschwerde der Gläubigerin vom 14.07.2016, mit der sie an ihrer erstinstanzlichen Rechtsauffassung festhält und beantragt,

den Gerichtsvollzieher anzuweisen, eine berichtigte Kostenrechnung nachzureichen und die ungerechtfertigt erhobenen Kosten für die Zustellung der Eintragungsanordnung: Zustellungsentgelt 3,45 € an sie zu erstatten.

Das Amtsgericht hat der Beschwerde durch Beschluss vom 19.07.2016 nicht abgeholfen und die Sache dem Landgericht als Beschwerdegericht vorgelegt.

II.

Die vom Amtsgericht zugelassene und deswegen gemäß § 5 Absatz 2 Satz 2 GvKostG in Verbindung mit § 66 Absatz 2 Satz 2 GKG statthafte – auf das im Kostenansatz vom 04.03.2016 berechnete Entgelt für die Zustellung der Eintragungsanordnung beschränkte – Beschwerde ist zulässig.

Die Beschwerde ist begründet.

Für die postalische Zustellung der Eintragungsanordnung eines Schuldners in das Schuldnerverzeichnis (vgl. § 882c Absatz 2 Satz 2 ZPO) kann ein Gerichtsvollzieher vom Gläubiger als Auftraggeber Auslagen nach Nr. 701 KV-GvKostG nicht beanspruchen.

Ob ein Gläubiger, der aufgrund seines entsprechenden Vollstreckungsauftrags veranlasst, eine Vermögensauskunft des Schuldners einzuholen (vgl. §§ 802a Absatz 2 Satz 1 Nr. 2, 802c ZPO), als Auftraggeber dieser Zwangsvollstreckungsmaßnahme nach      § 13 Absatz 1 Satz 1 Nr. 1 GvKostG Kostenschuldner für die dem Schuldner nach        § 882c Absatz 2 Satz 2 ZPO – von Amts wegen (vgl. hierzu Kammer, Beschluss vom 29.12.2015, Geschäfts-Nr.: 12 T 544/15; so zuletzt auch OLG Celle, Beschluss vom 25.05.2016, Geschäfts-Nr.: 2 W 100/16, zit. n. juris, Tz. 15) – zuzustellende Eintragungsanordnung ist, ist streitig (bejahend etwa: OLG Nürnberg, Beschluss vom 09.02.2015, Geschäfts-Nr.: 8 Wx 2651/14, zit. n. juris, Tz. 12; NK-GK/Kessel, KV GvKostG, Nr. 100-102 Rn. 4, Zöller/Stöber, ZPO, 31. Auflage, § 882c Rn. 7; (zweifelnd) Wieczorek/Schütze/Schreiber, ZPO, 4. Auflage, § 882c Rn. 21; verneinend etwa: OLG Stuttgart, Beschluss vom 16.06.2016, Geschäfts-Nr.: 8 W 189/16, zit. n. juris, Tz. 7 [unter Aufgabe seiner bisherigen Rechtsprechung, vgl. OLG Stuttgart, Beschluss vom 09.02.2015, Geschäfts-Nr.: 8 W 480/14, zit. n. juris, Tz. 9]; OLG Dresden, Beschluss vom 03.03.2016, Geschäfts-Nr.: 3 W 22/16, zit. n. juris, Tz. 4; OLG Frankfurt, Beschluss vom 10.02.2016, Geschäfts-Nr.: 14 W 1/16, zit. n. juris, Tz. 43; OLG Koblenz, Beschluss vom 19.01.2016, Geschäfts-Nr.: 14 W 813/15, zit. n. juris, Tz. 13).

Die Kammer hält die Auffassung, dass ein Gläubiger Auslagen für die Zustellung der Eintragungsanordnung nach Nr. 701 KV-GvKostG nicht schuldet, für zutreffend.

Die – von Amts wegen anzuordnende (vgl. § 882c Absatz 1 ZPO) – Eintragung in das Schuldnerverzeichnis erfolgt nicht im Interesse des die Zwangsvollstreckung betreibenden Gläubigers, sondern dient der Warnung des übrigen Wirtschaftsverkehrs vor zahlungsunfähigen oder zahlungsunwilligen Schuldnern und damit einem öffentlichen Zweck (vgl. BGH, Beschluss vom 21.12.2015, Geschäfts-Nr.: I ZB 107/14, zit. n. juris, Tz. 22; OLG Celle, a.a.O., Tz. 18; BT-Drs. 16/10069, Seite 38). Die Eintragungsanordnung ist zudem keine antragsabhängige Vollstreckungsmaßnahme, über die Gläubiger und Schuldner disponieren können (vgl. Utermark in: Beck-OK ZPO, 20. Edition (Stand: 01.03.2016), § 882b Rn. 1). Sie ist deshalb ein „amtliches Folgeverfahren aufgrund einer begonnenen oder durchgeführten Zwangsvollstreckungsmaßnahme“ (BGH, Beschluss vom 21.12.2015, a.a.O., Tz. 18) und nicht Teil des einem Gerichtsvollzieher erteilten Vollstreckungsauftrags (vgl. OLG Koblenz, a.a.O., Tz. 15).

Zwar haftet ein Auftraggeber – gegebenenfalls als Gesamtschuldner (vgl. § 13 Absatz 2 GvKostG) – gemäß § 13 Absatz 1 Satz 1 Nr. 1 GvKostG für sämtliche Kosten der Zwangsvollstreckung, die durch eine ordnungsgemäße und zweckmäßige Durchführung des Auftrags notwendigerweise entstehen (vgl. BGH, Beschluss vom 21.02.2008, Geschäfts-Nr.: I ZB 53/06, zit. n. juris, Tz. 10). Das umfasst – entgegen der Ansicht des Amtsgerichts – nach § 3 Absatz 1 Satz 1, 1. Halbsatz, Absatz 4 Satz 1 GvKostG nur Kosten für solche Amtshandlungen, die im Einzelfall zur Zweckerreichung des Vollstreckungsauftrags im Sinne der Befriedigung des Gläubigers mit seinem titulierten Anspruch erforderlich sind (vgl. auch OLG Dresden, a.a.O., Tz. 4). Eine Kostenhaftung des Auftraggebers für sämtliche Kosten, die sich auf seinen Vollstreckungsauftrag zurückführen lassen, ergibt sich aus § 13 Absatz 1 Satz 1 Nr. 1 GvKostG nicht (vgl. BGH, Beschluss vom 21.02.2008, a.a.O., Tz. 14).

Für das Eintragungsverfahren als (einseitiges) amtliches Folgeverfahren kommt eine Kostenhaftung des Auftraggebers daher nicht in Betracht (vgl. BGH, Beschluss vom 21.12.2015, a.a.O, Tz. 32).

III.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 5 Absatz 2 Satz 2 GvKostG in Verbindung mit § 66 Absatz 8 GKG.

Die weitere Beschwerde wird wegen der grundsätzlichen Bedeutung der zur Entscheidung stehenden Frage zugelassen (vgl. § 5 Absatz 2 Satz 2 GvKostG in Verbindung mit     § 66 Absatz 4 GKG).