Oberlandesgericht Oldenburg
Urt. v. 21.02.2020, Az.: 6 U 286/19

Rückabwicklung eines Kaufvertrags über ein vom Dieselskandal betroffenes Fahrzeug; Inverkehrbringen eines Fahrzeugs mit manipulierter Motorsteuerungssoftware; Begriff der Sittenwidrigkeit; Schadensbemessung bei deliktischer Haftung

Bibliographie

Gericht
OLG Oldenburg
Datum
21.02.2020
Aktenzeichen
6 U 286/19
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2020, 66724
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Verfahrensgang

vorgehend
LG Osnabrück - 09.09.2019 - AZ: 2 O 1200/19

In dem Rechtsstreit
AA, Ort1,
Kläger und Berufungskläger,
Prozessbevollmächtigte:
(...),
Geschäftszeichen: (...)
gegen
BB AG, vertreten durch den Vorstand, dieser vertreten durch den Vorstandsvorsitzenden CC, Ort2,
Beklagte und Berufungsbeklagte,
Prozessbevollmächtigte:
(...),
Geschäftszeichen: (...)
hat der 6. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Oldenburg durch den Richter am Oberlandesgericht (...), den Richter am Landgericht (...) und den Richter am Oberlandesgericht (...) auf die mündliche Verhandlung vom 07.02.2020 für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung des Klägers wird unter Zurückweisung seines weitergehenden Rechtsmittels das am 09.09.2019 verkündete Urteil der Einzelrichterin der 2. Zivilkammer des Landgerichts Osnabrück geändert und insgesamt wie folgt neu gefasst:

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger den Betrag in Höhe von 10.550,24 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.05.2019 zu zahlen.

Weiter wird die Beklagte verurteilt, an den Kläger außergerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 958,19 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.05.2019 zu zahlen.

Die weitergehende Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits - einschließlich der Kosten des Berufungsverfahrens - tragen der Kläger zu 35 % und die Beklagte zu 65 %.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Beiden Parteien bleibt nachgelassen, die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des auf Grund des Urteils jeweils vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht die jeweils andere Partei vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird zugelassen.

Gründe

Der Kläger nimmt die Beklagte im Zusammenhang mit dem sog. Diesel-Abgasskandal (BB AG-Abgasaffäre) in Anspruch.

Der Kläger erwarb am 25.03.2015 von der DD GmbH einen Pkw1 zum Kaufpreis von 29.450,- € (...). Das Kraftfahrzeug wies im Zeitpunkt des Kaufvertragsabschlusses laut Kilometerstand eine Gesamtfahrleistung von 1.163 km auf. Der Kläger zahlte den Kaufpreis I. H. v. 29.450,- € nach Rechnungstellung.

Die Beklagte ist Hersteller des in dem erworbenen Fahrzeug verbauten Motors mit der herstellerinternen Typenbezeichnung Typ1, dessen Motorsteuerungssoftware (= "Umschaltlogik") zu einer Optimierung der Stickstoff-Emissionswerte (NOx) im behördlichen Prüfverfahren führte. Die verbaute Software bewirkt(e), dass eine Prüfungssituation, in der der Abgasausstoß gemessen wird, erkannt und die Abgasaufbereitung für deren Dauer optimiert wurde (Fahrmodus 1). Im normalen Betrieb unter realen Fahrbedingungen im Straßenverkehr außerhalb des Prüfstands (Fahrmodus 0) wurde die Abgasaufbereitung abgeschaltet bzw. die Abgasrückführungsrate verringert. Das führte zu einer Erhöhung des Stickstoffausstoßes. Da auf dem Prüfstand die zulässigen Grenzwerte für den Stickstoffausstoß eingehalten wurden, wurde das Fahrzeug in die Schadstoffklasse EURO 5 eingeordnet.

Das Kraftfahrtbundesamt (= KBA) beanstandete die Programmierung als unzulässige Abschalteinrichtung und verpflichtete den Herstellerkonzern mit bestandskräftigem Bescheid vom 14.10.2015, geeignete Maßnahme zu ergreifen, um die Vorschriftsmäßigkeit der betroffenen Fahrzeuge herzustellen. Daraufhin wurde von der Beklagten ein Software-Update entwickelt, nach dessen Installation die sog. Abgasrückführung nur noch in einem einheitlichen Betriebsmodus (veränderter Modus 1) arbeitet, also die "Umschaltlogik" beseitigt wird.

Im Februar 2016 erhielt der Kläger ein Schreiben mit der Aufforderung, ein Software-Update aufspielen zu lassen. Das Software-Update wurde im Jahre 2017 bei dem vom Kläger erworbenen PKW installiert.

Am 06.02.2019 veräußerte der Kläger den PKW zu einem Preis von 13.200,- €. Nach dem Inhalt des schriftlichen Kaufvertrages (...) wies der vom Kläger gewerblich genutzte PKW im Zeitpunkt des Verkaufs einen Kilometerstand von 59.000 km auf.

Mit Schreiben vom 16.04.2019 (...) begehrte der Kläger unter Fristsetzung auf den 30.04.2019 vergeblich Schadensersatz in Höhe von 16.444,80 €.

Die Parteien vertreten divergierende Auffassungen zu Grund und Höhe des geltend gemachten Schadensersatzes. Sie streiten darüber, ob der PKW im Zeitpunkt des Kaufes durch den Kläger mit einer Software ausgestattet gewesen sei, die eine unzulässige Abschalteinrichtung beinhalte, ob der Vorstand der Beklagten davon Kenntnis gehabt habe, ob die Beklagte die Manipulationssoftware (bewusst) verschwiegen und den Kläger vorsätzlich sittenwidrig geschädigt habe und ob dem Kläger ursächlich ein wirtschaftlicher Nachteil entstanden sei.

Der Kläger hat behauptet, für ihn sei bei dem Kauf des PKW ausschlaggebend gewesen, dass es sich um ein umweltfreundliches und schadstoffarmes Fahrzeug handele. In Kenntnis des wahren Sachverhalts und der damit verbundenen Risiken für den Fortbestand der Betriebserlaubnis hätte er den Vertrag nicht geschlossen. Es sei wahrscheinlich und inzwischen erkennbar, dass betroffene Dieselfahrzeuge nahezu unverkäuflich seien bzw. einem erheblichen Preisverfall unterliegen würden. Der Wiederverkaufswert des von ihm erworbenen PKW sei geringer als bei einem nicht manipulierten Fahrzeug. Es sei mit Sicherheit zu erwarten, dass durch die Installation des Software-Updates weitere Beeinträchtigungen auftreten werden.

Er hat die Auffassung vertreten, er sei so zu stellen, als hätte er das Fahrzeug nicht erworben. Der als "Nutzungsentschädigung" bezeichnete Vorteilsausgleich sei nicht zu berücksichtigen, da für ihn eine solche Anrechnung unzumutbar sei. Bei einer Anrechnung des Vorteilsausgleichs werde er unzumutbar belastet und die Beklagte unbillig begünstigt. Lediglich vorsorglich sei der Vorteilsausgleich bei der geltend gemachten Forderung berücksichtigt worden. Schließlich könne er eine Verzinsung des Kaufpreises beanspruchen.

Der Kläger hat beantragt,

1. die Beklagte zu verurteilen, an ihn 16.345,75 € nebst in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.05.2019 zu zahlen Zinsen,

2. die Beklagte zu verurteilen, an ihn außergerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 1.100,51 € zzgl. Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.05.2019 zu zahlen,

3. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, ihm alle weiteren Schäden, welche ursächlich mit dem Kaufvertrag über den PKW1 (FIN: (...)) zusammenhängen, zu ersetzen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat behauptet, das erworbene Fahrzeug sei nicht mit einer unzulässigen Abschalteinrichtung ausgestattet gewesen. Die ursprünglich vorhandene Umschaltlogik sei beseitigt. Sie hat die Auffassung vertreten, dem Kläger sei ein Schaden nicht entstanden. Durch den Verkauf des Fahrzeugs seitens des Klägers entfalle ein (unterstellter) Schaden. Es sei nicht ersichtlich, dass das technisch sichere und fahrbereite Fahrzeug aufgrund der Umschaltlogik bzw. aufgrund des Updates einen Wertverlust erlitten habe.

Im Falle einer Verpflichtung zum Schadensersatz müsse sich der Kläger jedoch die Gebrauchsvorteile anrechnen lassen; der Nutzungsvorteil (Werteverzehr) beziffere sich nach dem Vortrag des Klägers auf 16.250,- € (Kaufpreis abzgl. Verkaufspreis). Zinsen im Hinblick auf die Aufwendung des Kaufpreises könne - so hat sie gemeint - der Kläger nicht beanspruchen.

Schließlich hat die Beklagte die Einrede der Verjährung erhoben.

Das Landgericht hat mit dem am 09.09.2019 verkündeten Urteil, auf dessen Feststellungen verwiesen wird (§ 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO), nach Anhörung des Klägers gemäß § 141 ZPO (vgl. Protokoll vom 26.08.2019 - Bd. I Blatt 98 ff GA) die Klage abgewiesen.

Zur Begründung hat das Landgericht im Wesentlichen ausgeführt, die Beklagte haftet dem Kläger nicht gemäß § 826 BGB i.V.m. §§ 31, 831 BGB auf Schadensersatz, weil es an einer vorsätzlichen sittenwidrigen Schädigung durch die Beklagte fehle. Die Anspruchsvoraussetzungen seien nicht erfüllt, insbesondere sei dem Kläger der notwendige Vermögensschaden nicht entstanden. Unabhängig davon, dass der Kläger ein Äquivalent für den gezahlten Kaufpreis erhalten habe und eine relevante Wertminderung nicht ersichtlich sei, habe er sich - wie die Veräußerung des Fahrzeugs belege - gegen eine Rückabwicklung des Kaufvertrages entschieden und damit am Kaufvertrag festgehalten. Einen zusätzlichen Schaden - etwa durch Erzielung eines geringeren Kaufpreises beim Verkauf des PKW - habe der Kläger jedoch nicht dargelegt, insbesondere nicht, inwieweit ihm ein Schaden bei dem Verkauf entstanden sei.

Schließlich sei die Geltendmachung des Schadensersatzanspruchs infolge Verjährung ausgeschlossen.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die angefochtene Entscheidung (Seiten 5 - 14 LGU) verwiesen.

Dagegen wendet sich der Kläger mit dem Rechtsmittel der Berufung.

Der Kläger ist - unter Bezugnahme seines erstinstanzlichen Sachvortrags - der Auffassung, das Urteil des Landgerichts beruhe auf Rechtsverletzungen. Entgegen der Auffassung des Landgerichts lägen die Voraussetzungen der Anspruchsnorm vor. Er behauptet, er habe keine Kenntnis von den relevanten Tatsachen gehabt und er habe auch nicht wissen müssen, dass der von ihm erworbene PKW von dem Abgasskandal betroffen gewesen sei. Aus Pressemitteilungen sei nicht hervorgegangen, dass alle Konzernfahrzeuge mit dem Dieselmotor des Typs1 von der "Umschaltlogik" betroffen gewesen seien. Schließlich meint er, der Anspruch sei nicht verjährt.

Der Kläger beantragt,

unter Abänderung des Urteils des Landgerichts Osnabrück vom 09.09.2019 - Az.: 1 O 1200/19

1. die Beklagte zu verurteilen, an ihn 16.345,75 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.05.2019 zu zahlen,

2. die Beklagte zu verurteilen, an ihn außergerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 1.100,51 € zzgl. Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.05.2019 zu zahlen,

3. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, ihm alle weiteren Schäden, welche ursächlich mit dem Kaufvertrag über den PKW1 (FIN: (...)) zusammenhängen, zu ersetzen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung des Klägers zurückzuweisen.

Die Beklagte verteidigt - in Wiederholung ihres erstinstanzlichen Vortrags - nach Maßgabe ihrer Berufungserwiderung vom 08.01.2020 in vollem Umfang das angefochtene Urteil. Der Antrag zu Ziffer 1 sei auf etwas Unmögliches gerichtet, weil der Kläger den PKW verkauft habe. Dem Kläger sei ein Schaden nicht entstanden; das erworbene Fahrzeug sei jederzeit voll brauchbar gewesen. Durch die Weiterveräußerung des PKW sei ein etwaiger Schaden entfallen.

Schließlich verbleibt die Beklagte bei ihrer Auffassung, dass etwaige Ansprüche des Klägers - gerichtet auf Schadensersatz - verjährt seien.

Wegen der Einzelheiten des Parteivortrags in der Berufungsinstanz wird auf den Inhalt der im Berufungsrechtszug gewechselten und vorgetragenen Schriftsätze verwiesen.

II.

Die Berufung des Klägers ist teilweise begründet.

Das angefochtene Urteil des Landgerichts war abzuändern, weil der Kläger - entgegen der Auffassung des Landgerichts - trotz der im Jahr 2019 erfolgten Weiterveräußerung des erworbenen Pkw1 tatsächlich Schadensersatz beanspruchen kann.

1. Dem Kläger steht gegen die Beklagte ein Schadensersatzanspruch aus §§ 826, 31 BGB auf Erstattung des für den Erwerb des erworbenen Fahrzeugs Pkw1 verauslagten Kaufpreises abzüglich eines Vorteilsausgleichs für die von dem Kläger während seiner Besitzzeit gezogenen Nutzungen und des erzielten Kaufpreises aus dem Weiterverkauf des PKW zu. Dieser Schadensersatzanspruch errechnet sich auf insgesamt 10.550,24 €.

In Übereinstimmung mit den Entscheidungen der Oberlandesgerichte Karlsruhe (ZIP 2019, 863), Koblenz (NJW 2019, 2237 sowie r+s 2019, 657), Hamm (BeckRS 2019, 20495), Köln (NZV 2019, 249) und KG Berlin (Urteil vom 26.09.2019 - 4 U 51/19 in juris) sowie diversen Entscheidungen anderer Senate des OLG Oldenburg hat der Senat bereits mehrfach entschieden, dass eine Haftung der Beklagten gemäß § 826 BGB dem Grunde nach gerechtfertigt ist (Senatsurteile vom 25.10.2019 - 6 U 81/19 und 6 U 181/18).

Gemäß § 826 BGB ist derjenige, der in einer gegen die guten Sitten verstoßenden Weise einem anderen vorsätzlich Schaden zufügt, diesem anderen zum Ersatz des daraus resultierenden Schadens verpflichtet. Die tatbestandlichen Voraussetzungen dieser Vorschrift liegen hier vor. Unter Verweis auf die umfassenden Ausführungen des Senats in seinem Urteil vom 25.10.2019 (6 U 81/19) ist dazu auszuführen:

a) Die Beklagte hat den Kläger durch das Inverkehrbringen eines Fahrzeugs mit der manipulierten Motorsteuerungssoftware konkludent getäuscht.

Mit dem Inverkehrbringen eines Fahrzeugs gibt ein Hersteller konkludent die Erklärung ab, dass der Einsatz dieses Fahrzeugs entsprechend seinem Verwendungszweck im Straßenverkehr uneingeschränkt zulässig ist, d.h. insbesondere, dass das Fahrzeug über eine uneingeschränkte Betriebserlaubnis verfügt (vgl. OLG Karlsruhe ZIP 2019, 863 [864]; OLG Koblenz NJW 2019, 2237 [2238]). Dies war vorliegend nicht der Fall, weil die Manipulationen an der Motorsteuerungssoftware als verbotene Abschalteinrichtung zu qualifizieren sind (vgl. Art 5 Abs. 2 Satz 1 der Verordnung (EG) 715/2007 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20.06.2007 über die Typgenehmigung von Kraftfahrzeugen hinsichtlich der Emissionen von leichten Personenkraftwagen und Nutzfahrzeugen (Euro 5 und Euro 6) und über den Zugang zu Reparatur- und Wartungsinformationen für Fahrzeuge (ABl. L 171 vom 29. Juni 2007, nachfolgend: VO 715/2007/EG). Dies hat zur Folge, dass ohne das Aufspielen des später von der Beklagten entwickelten Software-Updates ein Widerruf der Typengenehmigung und eine damit einhergehende Stilllegung des Fahrzeuges gedroht hätte.

Über eine dauerhaft ungefährdete Betriebserlaubnis verfügte das von dem Kläger erworbene Fahrzeug Pkw1 nicht, weil die installierte Motorsteuerungssoftware eine "Umschaltlogik" enthielt, die als unzulässige Abschalteinrichtung im Sinne des Art. 5 Abs. 1 und 2 VO (EG) 715/2007 zu qualifizieren ist (vgl. BGH NJW 2019, 1133, Beschluss vom 08.012019 - VIII ZR 225/17 -, juris Rn. 5 ff.).

Nach der Legaldefinition aus Art. 3 Nr. 10 VO 715/2007/EG ist eine Abschalteinrichtung ein Konstruktionsteil, das die Temperatur, die Fahrzeuggeschwindigkeit, die Motordrehzahl (UpM), den eingelegten Getriebegang, den Unterdruck im Einlasskrümmer oder sonstige Parameter ermittelt, um die Funktion eines beliebigen Teils des Emissionskontrollsystems zu aktivieren, zu verändern, zu verzögern oder zu deaktivieren, wodurch die Wirksamkeit des Emissionskontrollsystems unter Bedingungen, die bei normalem Fahrzeugbetrieb vernünftigerweise zu erwarten sind, verringert wird. Bei dem mit der Software programmierten Motorsteuerungsgerät in dem Fahrzeug des Klägers handelt es sich um eine Abschalteinrichtung in diesem Sinne. Die in dem Fahrzeug des Klägers installierte Motorsteuerungssoftware erkennt, ob sich das Fahrzeug auf dem Prüfstand befindet und den NEFZ-Fahrzyklus durchläuft. In diesem Fall läuft die Software in einem Modus, in dem ein Teil der im Rahmen des Verbrennungsvorgangs entstandenen Stickoxide aus dem Auslassbereich des Motors über ein Abgasrückführungsventil in den Ansaugtrakt des Motors zurückgeleitet und dort als Ersatz für einen Teil der Frischladung für den nächsten Verbrennungsprozess erneut verbrannt werden, so dass sich im Ergebnis weniger Stickoxide bilden und damit sichergestellt wird, dass relativ wenige Stickoxide ausgestoßen werden. Im realen bzw. bei normalem Fahrbetrieb im Sinne des Art. 3 Nr. 10 VO 715/2007/EG läuft die Software demgegenüber in einem anderen Betriebsmodus, in dem die im Rahmen des Verbrennungsvorgangs erzeugten Stickoxide in einem geringeren Umfang über das Abgasrückführungsventil in den Ansaugtrakt des Motors zurückgeleitet werden. Das mit der Software versehene Motorsteuerungsgerät ist demnach ein Konstruktionsteil, das sonstige Parameter (den Betrieb im Realbetrieb oder auf dem Rollenprüfstand) ermittelt, um auf die Abgasrückführungsrate und damit einen Teil des Emissionskontrollsystems einzuwirken und dessen Wirksamkeit unter normalen Betriebsbedingungen verringert (so insbesondere BGH, NJW 2019, S. 1133 [1135]).

b) Durch diese Täuschung hat der Kläger einen Vermögensschaden erlitten, der in dem Abschluss des Kaufvertrages zu sehen ist (vgl. OLG Karlsruhe ZIP 2019, 863; OLG Hamm BeckRS 2019, 20495 Rn. 36; OLG Koblenz NJW 2019, 2237; Heese, NJW 2019, 257, 260).

Schaden i.S.d. § 826 BGB ist nicht nur jede nachteilige Einwirkung auf die Vermögenslage, sondern darüber hinaus jede Beeinträchtigung eines rechtlich anerkannten Interesses und jede Belastung mit einer ungewollten Verpflichtung (vgl. BGH, Urteile vom 19.11.2013 -VI ZR 336/12 -; vom 21.12.2004 - VI ZR 306/03 - und vom 19.07.2004 - II ZR 402/02 -). Nach diesen Maßstäben kommt es nicht darauf an, ob das Fahrzeug im Zeitpunkt des Erwerbs im Hinblick auf die unzulässige Abschalteinrichtung einen geringeren Marktwert hatte. Der Schaden des irregeführten Käufers liegt in der Belastung mit einer ungewollten Verbindlichkeit, nicht erst in dadurch verursachten wirtschaftlichen Nachteilen. Entscheidend ist allein, dass die Eigenschaften des Kaufgegenstands nicht den berechtigten Erwartungen des Getäuschten entsprachen und überdies die Leistung für seine Zwecke nicht voll brauchbar war (vgl. BGH, Urteil vom 28.10.2014 - VI ZR 15/14 -). Beide Voraussetzungen waren im Zeitpunkt des Kaufvertragsabschlusses gegeben, weil wegen der Verwendung einer unzulässigen Abschalteinrichtung die Entziehung der EG-Typgenehmigung drohte bzw. die Anordnung von Nebenbestimmungen sowie bei deren Nichterfüllung die Stilllegung des Fahrzeugs. Wegen des zur Rechtswidrigkeit der EG-Typgenehmigung führenden und damit die Zulassung des Fahrzeugs gefährdenden Mangels war der Hauptzweck des Fahrzeugs, dieses im öffentlichen Straßenverkehr zu nutzen, bereits vor einer tatsächlichen Stilllegung unmittelbar gefährdet. Denn wird die EG-Typgenehmigung entzogen, droht die Stilllegung, werden Nebenbestimmungen angeordnet, ist die fortdauernde Nutzbarkeit von einer Nachrüstung des Fahrzeugs durch den Hersteller abhängig.

Für die Beurteilung der Frage, ob ein Schaden eingetreten ist, kommt es allein auf den Zeitpunkt des Kaufvertragsabschlusses an. Der Schaden entfällt nicht durch die - nach Vertragsschluss durchgeführte - Installation des von der Beklagten zur Erfüllung der vom KBA angeordneten Nebenbestimmungen zur EG-Typgenehmigung entwickelten Software-Updates, weil dadurch die ungewollte Belastung mit einer Verbindlichkeit nicht entfällt. Das Software-Update ist insoweit nicht zu berücksichtigen und rechtlich lediglich als Angebot zur Verhinderung weiterer Nachteile zu bewerten (vgl. OLG Karlsruhe, ZIP 2019, S. 863; OLG Koblenz, NJW 2019, S. 2237 [2243]; OLG Hamm BeckRS 2019, 20495 Rn. 39).

c) Die schädigende Handlung war auch kausal für die Willensentschließung des Klägers, den Kaufvertrag abzuschließen.

Der Kläger hatte keine Kenntnis davon, dass das von ihm erworbene Fahrzeug von dem erst einige Zeit nach Kaufvertragsabschluss bekannt gewordenen "Dieselskandal" betroffen war (...). Es ist unmittelbar einleuchtend und nachvollziehbar, dass der Kläger das Fahrzeug in Kenntnis der von der Beklagten vorgenommenen Manipulationen nicht erworben hätte. In aller Regel werden nämlich Kraftfahrzeugkäufer von dem Kauf eines betreffenden Fahrzeugs Abstand nehmen, wenn ihnen bekannt wird, dass das betroffene Fahrzeug zwar formal über eine EG-Typengenehmigung verfügt, aber wegen des Einbaus einer unzulässigen Abschalteinrichtung diese nicht hätte erhalten dürfen, weshalb Maßnahmen der die Typengenehmigung erteilenden Behörde und dem folgend der Zulassungsstelle bis zur Stilllegung des betroffenen Fahrzeugs drohen. Zweck eines Autokaufs ist grundsätzlich der Erwerb der Fortbewegung im öffentlichen Straßenverkehr, der bei einer Stilllegung nicht erreicht würde (vgl. OLG Hamm BeckRS 2019, 20495 Rn. 49; OLG Koblenz, NJW 2019, S. 2237 [2244]).

Das pauschale Bestreiten der Ursächlicheit der Täuschungshandlung der Beklagten für den Kauf des Klägers vermag daran nichts zu ändern. Anders als in den Fällen, in denen Kunden betroffene Diesel-Pkw der Beklagten erst nach dem öffentlichen Bekanntwerden der Softwaremanipulation erwarben, ist bei dem Kauf eines solchen Fahrzeugs lange vor dem Bekanntwerden des Skandals ohne Weiteres anzunehmen, dass dieser nicht erfolgt wäre, wenn die Umstände dem Käufer bekannt gewesen wären, weil kein vernünftig denkender Verbraucher sich mit den Risiken eines solchen Fahrzeugs hätte belasten wollen.

d) Die Täuschungshandlung der Beklagten ist als sittenwidrig im Sinne des § 826 BGB zu qualifizieren.

Sittenwidrig ist ein Verhalten, das nach seinem Gesamtcharakter, der durch umfassende Würdigung von Inhalt, Beweggrund und Zweck zu ermitteln ist, gegen das Anstandsgefühl aller billig und gerecht Denkenden verstößt. Dafür genügt es im Allgemeinen nicht, dass der Handelnde eine Pflicht verletzt und einen Vermögensschaden hervorruft. Vielmehr muss eine besondere Verwerflichkeit seines Verhaltens hinzutreten, die sich aus dem verfolgten Ziel, den eingesetzten Mitteln, der zu Tage getretenen Gesinnung oder den eingetretenen Folgen ergeben kann, die sich auch aus einer bewussten Täuschung ergeben kann (vgl. BGH, Urteil vom 28.06.2016 - VI ZR 536/15 -, juris Rn. 16 m.w.N.).

Gemessen an diesen Kriterien ist ein sittenwidriges Verhalten der Beklagten festzustellen und zu bejahen. Als Beweggrund für das Inverkehrbringen des mit einer unzulässigen Abschalteinrichtung versehenen Fahrzeugs kommt allein eine von der Beklagten angestrebte Kostensenkung und Gewinnmaximierung durch hohe Absatzzahlen in Betracht. Zwar ist allein ein Handeln aus Gewinnstreben nicht als verwerflich zu qualifizieren. Im Hinblick auf das von ihr eingesetzte Mittel erscheint das Verhalten der Beklagten aber als verwerflich. Denn das Ausmaß der Schädigung, nämlich der Einsatz der unzulässigen Abschalteinrichtung in einem Motor, der millionenfach verkauft wird, mit der damit einhergehenden hohen Zahl getäuschter Käufer rechtfertigt das besondere Unwerturteil. Dabei hat die Beklagte es in Kauf genommen, nicht nur ihre Kunden, sondern auch die Zulassungsbehörden zu täuschen und sich auf diese Weise die Betriebszulassung für die von ihr manipulierten Fahrzeuge zu erschleichen (vgl. OLG Karlsruhe, ZIP 2019, S. 863 [866]; OLG Köln, NZV 2019, SW. 249; OLG Koblenz, NJW 2019, S. 2237 [2239]).

e) Die Beklagte hat vorsätzlich gehandelt.

Der erforderliche Schädigungsvorsatz bezieht sich darauf, dass durch die Handlung einem anderen Schaden zugefügt wird. Der Handelnde muss die Schädigung des Anspruchstellers gekannt bzw. vorausgesehen und in seinen Willen aufgenommen haben. Es genügt dabei bedingter Vorsatz hinsichtlich der für möglich gehaltenen Schadensfolgen. Für den getrennt davon erforderlichen subjektiven Tatbestand der Sittenwidrigkeit genügt die Kenntnis der tatsächlichen Umstände, die das Sittenwidrigkeitsurteil begründen (vgl. Palandt-Sprau, BGB, 79. Aufl. 2020, § 826 Rn. 8). Die Haftung einer juristischen Person aus § 826 BGB i.V.m. § 31 BGB setzt voraus, dass ein "verfassungsmäßig berufener Vertreter" im Sinne des § 31 BGB den objektiven und subjektiven Tatbestand verwirklicht hat. Dabei müssen die erforderlichen Wissens- und Wollenselemente kumuliert bei einem Mitarbeiter vorliegen, der zugleich als verfassungsmäßig berufener Vertreter im Sinne des § 31 BGB anzusehen ist und auch den objektiven Tatbestand verwirklicht hat (vgl. BGH, Urteil vom 28.06.2016 - VI ZR 536/15 -, juris Rn. 13; OLG Karlsruhe, ZIP 2019, S. 863 [868]).

Der Kläger hat vorgetragen, dass dem Vorstand der Beklagten bewusst gewesen sei, dass es sich bei der Software um eine unzulässige Abschalteinrichtung handele und dass die betroffenen Autokäufer durch den Kauf eines betroffenen Fahrzeugs einen Schaden erleiden würden. Dem Vorstand der Beklagten sei bewusst gewesen, dass sich kein Fahrzeug- käufer auf das Risiko eines Fahrzeugkaufs eingelassen hätte, wenn er über die Motorsteuerungssoftware aufgeklärt worden wäre. Dieser Sachvortrag des Klägers gilt gemäß § 138 Abs. 3 ZPO als zugestanden. Das Bestreiten der Beklagten genügt nicht den Grundsätzen der ihr insoweit obliegenden sekundären Darlegungslast. Grundsätzlich muss zwar der Kläger alle Tatsachen behaupten und beweisen, aus denen sich sein Anspruch herleitet. In bestimmten Fällen ist es aber Sache der Gegenpartei, sich im Rahmen der ihr nach § 138 Abs. 2 ZPO obliegenden Erklärungspflicht zu den Behauptungen der beweispflichtigen Partei substantiiert zu äußern. Eine solche sekundäre Darlegungslast, die die Verteilung der Beweislast unberührt lässt, setzt voraus, dass die nähere Darlegung dem Behauptenden nicht möglich oder nicht zumutbar ist, während der Bestreitende alle wesentlichen Tatsachen kennt und es ihm zumutbar ist, nähere Angaben zu machen (vgl. BGH, Urteil vom 10.02.2015 - VI ZR 343/13 -; BGH, Urteil vom 19. Juli 2019 - V ZR 255/17 -). In diesen Fällen kann vom Prozessgegner im Rahmen des Zumutbaren das substantiierte Bestreiten der behaupteten Tatsache unter Darlegung der für das Gegenteil sprechenden Tatsachen und Umstände verlangt werden (BGH, Urteil vom 17.01.2008 - III ZR 239/06 -; BGH, Beschluss vom 28.02.2019 - IV ZR 153/18 -). Genügt er dem nicht, ist der gegnerische Vortrag gemäß § 138 Abs. 3 ZPO als zugestanden anzusehen (vgl. Zöller- Greger, ZPO, 32. Aufl. 2018, § 138 ZPO, Rn. 8a).

Steht der Anspruchsteller - wie der Kläger - vollständig außerhalb des von ihm vorzutragenden Geschehensablaufs, bedarf es keiner weiteren Substantiierug. So liegt es jedenfalls dann, wenn konkrete Anhaltspunkte für diese Behauptung bestehen (vgl. OLG Stuttgart, ZIP 2019, S. 1816). Bei dieser Sachlage genügt die Behauptung des Klägers, dem Vorstand bzw. einem verfassungsmäßig berufenen Vertreter der Beklagten seien die in Millionen Fällen erfolgten Manipulationen an den Motoren bekannt gewesen, gleichwohl hätten sich hochrangige Ingenieure dazu entschlossen, die Software in Kenntnis einer bestehenden unzulässigen Abschalteinrichtung einzubauen.

Dies gilt insbesondere, wenn man berücksichtigt, dass verfassungsmäßig bestellte Vertreter auch Personen sind, denen durch die allgemeine Betriebsregelung und Handhabung bedeutsame, wesensmäßige Funktionen der juristischen Person zur selbstständigen, eigenverantwortlichen Erfüllung zugewiesen sind, so dass sie die juristische Person im Rechtsverkehr repräsentieren. Da es der juristischen Person nicht freisteht, selbst darüber zu entscheiden, für wen sie ohne Entlastungsmöglichkeit haften will, kommt es nicht entscheidend auf die Frage an, ob die Stellung des "Vertreters" in der Satzung der Körperschaft vorgesehen ist oder ob er über eine entsprechende rechtsgeschäftliche Vertretungsmacht verfügt (vgl. OLG Koblenz NJW 2019, S. 2237 [2240 f.]; OLG Karlsruhe, ZIP 2019, S. 863 [868]; OLG Köln, NZV 2019, S. 249; OLG Stuttgart, ZIP 2019, S. 1816).

Danach kann sich die Beklagte nicht darauf zurückziehen, ein entsprechendes Vorstellungsbild ihres Vorstands bzw. der einzelnen Vorstandsmitglieder pauschal zu bestreiten. Vielmehr hätte es der Beklagten oblegen, substantiiert darzulegen, wer die Entscheidung für den Einsatz der Motorsteuerungssoftware getroffen hat, was diese Person für ein Vorstellungsbild hatte und warum die entsprechenden Informationen nicht bis zu dem Vorstand der Beklagten gelangt sein sollen.

Denn eine Nichtbeteiligung des Vorstands an der Entscheidung zum Einsatz der Software erscheint wenig lebensnah. Die Software ist in dem Unternehmen der Beklagten entwickelt worden und war für den Einsatz in einem Motor vorgesehen, der konzernweit in Dieselfahrzeugen zum Einsatz kommen sollte und gekommen ist. Selbst wenn man sich zu Gunsten der Beklagten auf den Standpunkt stellt, dass der Verstoß gegen die Regelung des Art. 5 Abs. 2 Satz 1 VO (EG) 715/2007 nicht bereits offenkundig auf der Hand lag, widersprach und widerspricht die Funktionsweise doch offenkundig dem Sinn und Zweck dieser Regelung. Dass die hieraus folgenden Risiken in dem Konzern der Beklagten niemand bemerkt haben will, ist äußerst fernliegend. Ebenso fernliegend ist es, dass diese Risiken zwar bemerkt worden sind, aber nicht bis zu einer Person vorgedrungen sein sollen, welche als verfassungsmäßig berufener Vertreter im Sinne des § 31 BGB zu qualifizieren ist.

Darüber hinaus ist in diesem Zusammenhang auch zu berücksichtigen, dass die Schädigungshandlung (mindestens) durch einen Mitarbeiter der Beklagten begangen worden sein muss, in dem Unternehmen der Beklagten aber kein Mitarbeiter denkbar ist, dessen Handeln sich die Beklagte nicht nach § 831 BGB oder § 31 BGB zurechnen lassen müsste. Für alle Repräsentanten im Sinne der §§ 30, 31 BGB, die einen bestimmten Aufgaben- oder Funktionsbereich innerhalb der Organisation selbstständig und eigenverantwortlich wahrnehmen, haftet die Beklagten gemäß § 31 BGB. Für alle übrigen unselbstständigen und weisungsgebundenen Mitarbeiter haftet die Beklagte gemäß § 831 BGB (vgl. OLG Oldenburg, Beschluss vom 05.12.2018 - 14 U 60/18 -). Im Hinblick auf die Bedeutung der Angelegenheit für die Beklagte, die Beauftragung einer externen Anwaltskanzlei mit der Ermittlung des Sachverhalts und den zwischenzeitlichen Zeitablauf erscheint es ausgeschlossen, dass der Beklagten nach wie vor nicht bekannt sein soll, wer an der Entwicklung und der Entscheidung zum Einsatz der Software beteiligt war und welches Vorstellungsbild die beteiligten Personen hatten.

f) Der Schadensersatzanspruch scheitert entgegen der Ansicht der Beklagten nicht an der Begrenzung des Schutzzwecks des § 826 BGB.

Um das Haftungsrisiko in angemessenen und zumutbaren Grenzen zu halten, ist zwar auch im Bereich des § 826 BGB der Haftungsumfang nach Maßgabe des Schutzzwecks der Norm zu beschränken (vgl. BGH, Urteil vom 11.11.1985 - II ZR 109/84 -, juris Rn. 15; siehe auch BGH, Urteil vom 03.03.2008 - II ZR 310/06 -, juris Rn. 15 m.w.N.). Ein Verhalten kann hinsichtlich der Herbeiführung bestimmter Schäden, insbesondere auch hinsichtlich der Schädigung bestimmter Personen, als sittlich anstößig zu werten sein, während ihm diese Qualifikation hinsichtlich anderer, wenn auch ebenfalls adäquat verursachter Schadensfolgen nicht zukommt. Die Ersatzpflicht beschränkt sich in diesem Fall auf diejenigen Schäden, die dem in sittlich anstößiger Weise geschaffenen Gefahrenbereich entstammen (vgl. BGH, Urteil vom 11.11.1985 - II ZR 109/84 -, juris Rn. 15, vgl. MüKo-BGB-Wagner, 7. Aufl., § 826 Rn. 46 m.w.N.). Durch das Inverkehrbringen des Fahrzeugs mit der manipulierten Software ist aber - wie der Senat bereits ausgeführt hat - gerade der jeweilige Käufer durch den ungewollten Vertragsschluss in sittenwidriger Weise geschädigt.

g.) Der Schadensersatzanspruch aus §§ 826, 249 ff. BGB richtet sich auf Ersatz des negativen Interesses (OLG Hamm BeckRS 2019, 20495 Rn. 70; OLG Koblenz NJW 2019, 2237 [2245]; Palandt-Sprau, BGB, 78. Aufl., § 826 Rn. 15).

Auf der Rechtsfolgenseite kann der Kläger also verlangen, so gestellt zu werden, wie er stehen würde, wenn er das Fahrzeug nicht erworben hätte. Der Kläger kann mithin gegen Herausgabe des PKW die Rückzahlung des Kaufpreises (29.450,- €) verlangen, muss sich auf seinen Anspruch allerdings - wie er selbst einräumt und aus seiner Antragstellung ohne weiteres ableitbar ist - die von ihm gezogenen Nutzungen anrechnen lassen.

In der höchstrichterlichen und obergerichtlichen Rechtsprechung ist geklärt, dass nach den Grundsätzen der Vorteilsausgleichung dem Geschädigten neben einem Ersatzanspruch nicht die Vorteile verbleiben dürfen, die ihm durch das schädigende Ereignis zugeflossen sind. Gleichartige Gegenansprüche sind automatisch zu saldieren (BGH, Urteil vom 12. März 2009, VII ZR 26/06, Juris Rn. 16; OLG Karlsruhe ZIP 2019, 863 [874]; Palandt-Grüneberg, BGB, 78. Aufl., Vorb v § 249 Rz. 71). Der Schadensersatzanspruch des Geschädigten ist nur mit dieser Einschränkung begründet. Darauf, ob der Schädiger die Herausgabe des Vorteils verlangt, kommt es nicht an (OLG Hamm, aaO, Rn. 72).

Danach kann der Kläger im Falle der Rückabwicklung des Kaufvertrages die Erstattung des Kaufpreises abzüglich einer Entschädigung für die gezogenen Nutzungen Zug um Zug gegen Herausgabe des Fahrzeugs an die Beklagte verlangen.

Die zeitanteilige lineare Wertminderung ist im Vergleich zwischen tatsächlichem Gebrauch und voraussichtlicher Gesamtnutzungsdauer ausgehend vom Bruttokaufpreis im Wege der Schätzung gemäß § 287 ZPO zu ermitteln. Dabei ist Anknüpfungspunkt der gezahlte Bruttokaufpreis, der den Nutzungswert des Fahrzeugs verkörpert. Die im Einzelfall unter gewöhnlichen Umständen zu erzielende Gesamtfahrleistung stellt den Gesamtgebrauchswert dar. Zu vergüten sind die Gebrauchsvorteile bis zur Rückgabe des Fahrzeugs (OLG Koblenz NJW 2019, 2237 [ 2245 f] unter Hinweis auf BGH NJW 1995, 2159; Reinking/Eggert, Der Autokauf, 13. Aufl., 2017 Rn. 1186).

Die erwartete Gesamtlaufleistung schätzt der Senat - abweichend von der Auffassung des Klägers - in Übereinstimmung mit dem OLG Koblenz (NJW 2019, 2237 [2246]), dem KG Berlin (aaO, in Juris Rn. 135), dem OLG Schleswig (Urteil vom 22.11.2019 - 17 U 44/19 in juris) und dem OLG Köln (NZV 2019, 249 [OLG Köln 03.01.2019 - 18 U 70/18] in juris Rn. 49) für den als Gebrauchtfahrzeug erworbenen Pkw1 gemäß § 287 ZPO auf 300.000 km. Insoweit war zu berücksichtigen, dass die Beklagte selbst eine hervorgehobene Qualität ihrer Fahrzeuge für sich in Anspruch nimmt. Ferner war bei der Schätzung einzubeziehen, dass es sich um ein Fahrzeug mit dem Baujahr bzw. Erstzulassungsdatum 2014 handelt, bei dem aufgrund fortschreitender technischer Entwicklung von einer höheren Haltbarkeit ausgegangen werden muss, als das bei älteren Fahrzeugen anzunehmen ist. Der Motor wurde durch die Beklagte auch in den Folgejahren verbaut.

Die Ermittlung der Nutzungsentschädigung beruht letztlich auf einer Schätzung gemäß § 287 ZPO. Die Lebensdauer des Motors hängt auch wesentlich von dem Umgang mit dem PKW, der konkreten Fahrweise, der Nutzung des PKW vornehmlich im Kurzstrecken- oder Langstreckenbetrieb, dem individuellen Fahrstil des Eigentümers (Halters), die Anzahl der Nutzer, der ständige Betrieb eines Kfz auf der gewöhnlichen Betriebstemperatur und weiteren Faktoren (Einhaltung der regelmäßigen Serviceintervalle, Nutzung qualitativ hochwertiger Öle etc.) ab, die sich letztlich auch auf die Haltbarkeit des Motors auswirken können. Es mag sein, dass im Einzelfall Kraftfahrzeuge der Beklagten eine über 300.000 km hinausgehende Gesamtfahrleistung erreichen, auf solche Einzelfälle kann aber im Rahmen der Schadensschätzung nicht abgestellt werden. Entscheidend ist vielmehr, welche Gesamtlaufleistung vergleichbare Fahrzeuge des BB AG-Konzerns durchschnittlich und im Regelfall erreichen können. Insoweit kann sich das Gericht einer Schätzung bedienen. Der Senat geht in ständiger Rechtsprechung von einer durchschnittlichen Gesamtfahrleistung von 300.000 km aus.

Die Laufleistung des vom Kläger erworbenen Pkw betrug im Zeitpunkt des Verkaufs an einen Dritten ausweislich des vom Kläger vorgelegten und unterzeichneten Kaufvertrages am 06.02.2019 insgesamt 59.000 km. Das (pauschale) Bestreiten der Beklagten hinsichtlich der Laufleistung ist nach Vorlage des Kaufvertrages unbeachtlich.

Die abzuziehende Nutzungsentschädigung errechnet sich sodann nach der Formel:

Bruttokaufpreis X gefahrene Kilometer

Gebrauchsvorteile = ----------------------------------------------

erwartete Restlaufleistung im Erwerbszeitpunkt

Der Bruttokaufpreis des erworbenen Gebrauchtfahrzeugs betrug 29.450,- €. Die vom Kläger gefahrenen Kilometer während seiner Besitzzeit belaufen sich auf 57.837 km (59.000 km im Zeitpunkt des Verkaufs abzgl. 1.136 km im Zeitpunkt des Erwerbs des PKW). Unter Berücksichtigung der zu erwartenden Restlaufleistung im Erwerbszeitpunkt (300.000 km abzgl. 57.837 km = 298.837 km) errechnet sich eine zu berücksichtigende Nutzungsentschädigung in Höhe von 5.699,76 €.

Danach könnte der Kläger den Betrag von 23.750,24 € Zug um Zug gegen Rückgabe und Übereignung des PKW1 beanspruchen.

Da der Kläger das Fahrzeug jedoch zu einem Kaufpreis von 13.200,- € veräußert hat, kann er den errechneten Betrag in Höhe von 23.750,24 € allerdings nicht (mehr) beanspruchen, da er ansonsten zu Unrecht bereichert wäre. Die Veräußerung des ungewollten Fahrzeugs durch den Kläger als Erwerber ist grundsätzlich dazu geeignet, für diesen die Wiederherstellung des vor dem Erwerb bestehenden Zustands zu bewirken (OLG Schleswig, Urteil vom 22.11.2019 - 17 U 70/19 in juris Rn. 29).

Entgegen der Auffassung der Beklagten ist der Schaden des Klägers nicht etwa infolge der Veräußerung des PKW entfallen.

Die von der Beklagten herangezogene Entscheidung des OLG Celle (NJW-RR 2020, 87), der ein anderer Sachverhalt zugrunde lag, vermag die nachfolgende Betrachtung nicht zu konterkarieren. In der Entscheidung des OLG Celle hatte der Käufer sich dadurch schadlos gestellt, dass seine Vertragspartnerin - ein Autohaus - den Pkw1 vertragsgemäß, nämlich entsprechend der Vereinbarung "Verbrieftes Rückgaberecht", zu dem vereinbarten Kaufpreis zurückgekauft hatte (OLG Celle, aaO, in juris Rn. 12). Diese Fallkonstellation ist mit der vorliegenden nicht vergleichbar.

Ebenso wenig vermag der Senat im Hinblick auf die Bestimmung des § 346 Abs. 2 Nr. 2 BGB der von der Beklagten zitierten Entscheidung des OLG Schleswig (OLG Schleswig, Urteil vom 22.11.2019 - 17 U 70/19 in juris Rn. 31) zu folgen. Wie in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat erörtert, hat sich der Kläger im Rahmen des geltend gemachten Schadensersatzanspruchs den Wertersatz, dessen Höhe dem bei der Weiterveräußerung erzielten Kaufpreis (13.200,- €) entspricht, anrechnen zu lassen.

Eine zumutbare und dem Kläger sowie der Beklagten zuzubilligende Schadenskompensation besteht darin, dass der Kläger als Schadensersatz lediglich den Betrag in Höhe von 10.550,24 € beanspruchen kann. Der Kläger hat bei seinem Schadensersatzbegehren ausdrücklich eine Anrechnung des von ihm erzielten Kaufpreises gebilligt.

Bei den in den Abgasskandal-Fällen üblicherweise erfolgenden Rückabwicklungen des ungewollten Kaufvertrages würde sich - wie dargelegt - eine Schadensersatzverpflichtung der Beklagten in Höhe von 23.750,24 € ergeben, und zwar Zug um Zug gegen Rückgabe des erworbenen Pkw1. Diese herangezogene und einer wirtschaftlich gerechten Entscheidung dienende Kontrollüberlegung belegt, dass der Kläger - unter Abzug des Veräußerungserlöses in Höhe von 13.200,- € - nur denjenigen Schadensersatzbetrag erhält, der ihm ohne jeden wirtschaftlichen Vorteil zusteht. Die Beklagte behauptet selbst nicht, dass der Kläger nach einer Besitzzeit von etwa 4 Jahren einen höheren Veräußerungserlös hätte erzielen können. Soweit die Beklagte hinsichtlich des Schadensersatzbegehrens des Klägers darauf abstellt, der Kläger habe den Werteverzehr des PKW im Zeitpunkt des Verkaufs selbst vorgetragen - nämlich 16.250,- € - vermag der Senat dem unter Beachtung der erfolgten Darlegungen zur Nutzungsentschädigung nicht beizutreten. Unter Berücksichtigung des (bereits wiedergegebenen) eigenen Anspruchs der Beklagten und der angenommenen Wertbeständigkeit ihrer Fahrzeuge kann von einem derartigen Wertverlust innerhalb von 4 Jahren nicht ohne weiteres ausgegangen werden.

Soweit der Kläger auf eine bereits erkennbare Unverkäuflichkeit betroffener Fahrzeuge und auf einen massiven Preisverfall hinweist, ist zu konstatieren, dass sich die Annahme der Unverkäuflichkeit - wie der Abschluss des Kaufvertrages mit einem Dritten bestätigt - nicht realisiert hat. Auch ein massiver Preisverfall sowie eine relevante Wertminderung lassen sich mangels konkreten Vortrags des Klägers nicht feststellen. Der von ihm angebotene Beweis "Sachverständigengutachten" war nicht zu erheben, zumal die Einholung eines Gutachtens auf einen Ausforschungsbeweis hinausliefe. Unabhängig davon lässt sich den Erklärungen des Klägers anlässlich seiner Anhörung im Hinblick auf den Verkauf nicht ent -nehmen, dass er das Fahrzeug unter dem realistischen, tatsächlich relevanten und erzielbaren Wert veräußert hat.

Ob dem Kläger infolge einer erfolgten Abschreibung - die Abschreibungsdauer beträgt für den vom Kläger gewerblich genutzten PKW1 nach einer Bewertung der Finanzverwaltung insgesamt 6 Jahre, mithin gerundet 5.000,- € pro Jahr, andererseits muss der Kläger im Falle der Weiterveräußerung den Kauferlös versteuern - ein geringerer wirtschaftlicher Nachteil entstanden ist, vermag der Senat mangels Vortrags der Parteien und einer unterlassenen Problematisierung im Rahmen des Prozessstoffs nicht zu beurteilen. Ob sich der dem Kläger entstandene Schaden insoweit weiter reduziert, ist angesichts des Umstandes, dass keine Partei im Hinblick auf diese Problematik Vortrag unterbreitet hat, nicht weiter zu vertiefen und kann nicht entschieden werden.

Schließlich ist der Schadensersatzanspruch des Klägers nicht verjährt. In Übereinstimmung mit der Entscheidung des 1. Zivilsenats des OLG Oldenburg (Urteil vom 30.01.2020 - 1 U 131/19) greift die von der Beklagte erhobene Einrede der Verjährung nicht ein, so dass der Beklagten ein Leistungsverweigerungsrecht gemäß § 214 Abs.1 BGB nicht zusteht.

Die maßgebliche, regelmäßige Verjährungsfrist von 3 Jahren gemäß 195 BGB war im Zeitpunkt der Klageeinreichung am 03.05.2019 noch nicht abgelaufen.

Gemäß § 199 Abs. 1 BGB beginnt die regelmäßige Verjährungsfrist mit dem Schluss des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist (Nr. 1) und der Gläubiger von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit hätte erlangen müssen. Danach hat die Verjährungsfrist erst am 01.01.2017 zu laufen begonnen, so dass im Zeitpunkt der Klageerhebung die Verjährungsfrist noch nicht abgelaufen war.

Bei einem weitgehend ungeklärten Sachverhalt ist eine Klageerhebung nicht zumutbar. Die Beklagte hatte erst mit der im September 2015 veröffentlichten ad-hoc-Mitteilung - eine Kenntnis des Klägers von dieser Mitteilung lässt sich nicht ohne weiteres annehmen - eingeräumt, dass bei dem Motor Typ1 eine "auffällige Abweichung zwischen Prüfstandwerten und realem Fahrbetrieb festgestellt" worden sei. Damit hat die Beklagte die Mangelhaftigkeit der betroffenen Fahrzeuge allenfalls vage und verklausuliert eingeräumt, jedoch nicht uneingeschränkt die Verantwortung für die vorhandene unzulässige Abschalteinrichtung übernommen. Noch in diesem Prozess hat sie bestritten, dass ihr Vorstand bzw. der für eine Haftung gemäß § 826 BGB in Betracht kommende Personenkreis davon gewusst habe. Erst im Jahre 2016 ist durch Nachforschungen und Ermittlungen der Medien, Strafverfolgungsbehörden und den die Kläger vertretenen Rechtsanwälten der Umfang, die Größe und die Bedeutung des Problems (insbesondere innerhalb der Organisation der Beklagten) deutlich geworden. Belastbare Hinweise auf eine Kenntnis der Organe der Beklagte verdichteten sich erst ab Januar 2016 durch die Aussagen der bei der Beklagten beschäftigten Ingenieuren, die bei ihrer Vernehmung als Zeugen angaben, dass auch den Führungskräften der Beklagten die Problematik bekannt gewesen sei. Damit konnte den Geschädigten im Jahr 2015 allenfalls die Mangelhaftigkeit ihrer Fahrzeuge bekannt geworden sein, nicht aber die ein vorsätzliches sittenwidriges Verhalten der Beklagten begründenden Umstände. Soweit der Kläger bei seiner Anhörung gemäß § 141 ZPO vor dem Landgericht erklärt hat, er habe von der Thematik erst erfahren, als er aufgefordert worden sein, das Update aufspielen zu lassen, und er habe erst zu diesem Zeitpunkt die Problematik realisiert, ist das ohne weiteres nachvollziehbar und plausibel; schließlich hat der Prozessbevollmächtigte des Klägers in der mündlichen Verhandlung vom 26.08.2019 vor dem Landgericht mitgeteilt, für das Fahrzeug des Klägers sei im Oktober 2015 ein FIN-Abfrage noch nicht möglich gewesen. Damit begann die Verjährungsfrist mit Ablauf des 31.12.2016. Die Klage wurde mithin innerhalb der laufenden Verjährungsfrist rechtszeitig erhoben.

Die darlegungs- und beweisbelastete Beklagte hat keine tragenden Umstände vorgetragen und unter Beweis gestellt, die einen sicheren Rückschluss auf eine bereits im Jahr 2015 vorhandene Kenntnis des Klägers oder dessen grob fahrlässige Unkenntnis zugelassen hätten. Jedenfalls ist ihr der ihr obliegende Nachweis einer Kenntnis bzw. grob fahrlässigen Unkenntnis durch die Parteianhörung des Klägers gemäß § 141 ZPO nicht gelungen. Dass der Kläger bei einer von der Beklagten beantragten förmlichen Parteivernehmung etwas Abweichendes bekundet hätte, erscheint dem Senat wenig wahrscheinlich.

2. Der Zinsanspruch ergibt sich aus §§ 286 Abs. 1, 288 Abs. 1 Satz 2 BGB in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.05.2019, nachdem der Kläger die Beklagte mit anwaltlichem Schreiben vom 16.04.2019 zur Zahlung unter Fristsetzung auf den 30.04.2019 vergeblich aufgefordert hatte.

3. Der Kläger kann jedoch keine Deliktszinsen in Höhe von 4 % gemäß § 849 BGB in Höhe von 4.683,04 € für die Zeit vom 25.03.2015 bis 30.04.2019. Das von ihm eingelegte Rechtsmittel erweist sich insoweit als unbegründet.

Ein Zinsanspruch in Höhe von 4 % für die Zeit zwischen dem Erwerb des PKW bzw. der Zahlung des Kaufpreises und dem Ablauf der von dem Prozessbevollmächtigten gesetzten Zahlungsfrist (30.04.2019) ohne den konkreten Nachweis des Verlusts von Anlagezinsen nicht in Betracht.

Nach der Vorschrift des § 849 BGB kann der Verletzte Zinsen verlangen, wenn wegen der Entziehung einer Sache der Wert oder wegen der Beschädigung einer Sache die Wertminderung zu ersetzen ist. Dies erfasst jeden Sachverlust durch ein Delikt. Auch wenn der Schädiger den Geschädigten durch eine unerlaubte Handlung wie beim Betrug oder der Erpressung dazu bestimmt, eine Sache wegzugeben oder darüber zu verfügen, entzieht er sie ihm. Die Norm findet nicht nur bei Sachentziehung oder -beschädigung Anwendung, sondern auch in Fällen, in denen dem Geschädigten Geld entzogen wurde (BGH, Versäumnisurteil vom 26. November 2007 - II ZR 167/06, Rn. 4; BGH, Urteil vom 12. Juni 2018 - KZR 56/16, Rn. 45; jeweils mwN). Allerdings kann § 849 BGB ein allgemeiner Rechtsgrundsatz dahin, deliktische Schadensersatzansprüche seien stets von ihrer Entstehung an zu verzinsen, nicht entnommen werden (BGH, Urteil vom 12. Juni 2018, aaO, mwN). Vielmehr soll der Zinsanspruch mit einem pauschalierten Mindestbetrag den Verlust der Nutzbarkeit einer Sache ausgleichen, der durch den späteren Gebrauch derselben oder einer anderen Sache nicht nachgeholt werden kann (BGH, Versäumnisurteil vom 26. November 2007, aaO, Rn. 5 mwN). Nach der Rechtsprechung des BGH (II ZR 167/06, Rn. 4) besteht der Normzweck des § 849 BGB darin, dass der Zinsanspruch den endgültig verbleibenden Verlust an Nutzbarkeit der Sache ausgleichen soll, der durch den späteren Gebrauch derselben oder einer anderen Sache nicht nachgeholt werden kann. Dieser Normzweck ist in Fällen des Schadensersatzes durch Rückabwicklung eines Vertrages, in dessen Rahmen der Geschädigte, wie hier, für das Geld eine Sache zur Nutzung erhalten hat, nicht betroffen; denn der Geschädigte hat in diesen Fällen zwar sein Geld "weggegeben", doch er hat hierfür, wie es auch seiner Vorstellung über die Verwendung des Geldes entsprach, eine Nutzungsmöglichkeit erhalten (vgl. OLG Hamm, Urteil vom 10. September 2019 - 13 U 149/18, BeckRS 2019, 20495 Rn. 81; KG Berlin, aaO, in juris Rn. 152 ff; OLG Frankfurt, Urteil vom 27.11.2019 - 17 U 290/18; BeckOK BGB/Spindler, BGB § 849 Rn. 2 m.w.N.; differenzierend OLG Koblenz r+s 2019, 657 [662]; anderer Ansicht der 5. Zivilsenat des OLG Oldenburg, Urteil vom 02.10.2019 - 5 U 47/19 - Seite 17 f, der eine Verzinsung des Kaufpreises angenommen hat, sowie der 14. Zivilsenat des OLG Oldenburg). Dass der klagenden Partei auch Nutzungsvorteile angerechnet werden, ist in diesem Zusammenhang ohne Bedeutung. Denn der allgemeine schadensrechtliche Grundsatz der Vorteilausgleichung, der dazu führt, dass die klagende Partei die mit dem gekauften Fahrzeug gefahrenen Kilometer als Gebrauchsvorteil aus der tatsächlichen Nutzung ausgleichen muss, hat nichts mit der hier allein maßgeblichen Frage zu tun, ob der klagenden Partei die Nutzungsmöglichkeit hinsichtlich des für den Kaufpreis aufgewandten Geldes entzogen wurde. Das ist, wie bereits ausgeführt, zu verneinen, weil die klagende Partei das Geld nach ihren Vorstellungen nutzen konnte, indem sie ein Auto erworben hat, das ihr anschließend zur Nutzung zur Verfügung stand. Soweit der Bundesgerichtshof entschieden hat, § 849 BGB sei in Fällen der Haftung wegen kartellrechtswidriger Quotenabsprachen zumindest entsprechend anwendbar, weil die Situation desjenigen, der einen Schaden dadurch erleidet, dass er aufgrund kartellrechtswidriger Absprachen überhöhte Preise zu zahlen hatte, Ähnlichkeiten mit der Sachlage bei Entziehung von Geld aufweise (BGH, Urteil vom 12. Juni 2018, aaO, Rn. 46), lässt sich daraus für die hier zu beurteilende Fallkonstellation schon deshalb nichts herleiten, weil die Entscheidung des Bundesgerichtshofs hier nicht einschlägigen kartellrechtlichen Besonderheiten und den insoweit zu beachtenden unionsrechtlichen Postulaten Rechnung trägt.

Nach den Grundsätzen der Vorteilsausgleichung sind dem Geschädigten diejenigen Vorteile zuzurechnen, die ihm im adäquat-kausalen Zusammen hang mit dem Schadensereignis zufließen. Hierüber soll ein gerechter Ausgleich zwischen den bei dem Schadensfall widerstreitenden Interessen bewirkt werden. Der Geschädigte darf nicht bessergestellt werden, als er ohne das schädigende Ereignis stünde. Die Abrechnung muss dabei dem Zweck des Ersatzanspruchs entsprechen, sie muss dem Geschädigten zumutbar sein und darf den Schädiger nicht unangemessen entlasten.

Die normative Schadensbetrachtung rechtfertigt vorliegend die Berücksichtigung der dem Kläger mit der Zahlung des Kaufpreises überlassenen Gegenleistung. In der gegebenen Konstellation ist ein Vorteilsausgleich sachgerecht, weil von einem adäquat kausalen Zusammenhang zwischen dem Schadensereignis und dem Vorteil des Klägers auszugehen ist und generalpräventive oder bestrafende Gesichtspunkte nicht rechtserheblich sind (OLG Frankfurt, Urteil vom 27.11.2019 - 17 U 190/18 in juris Rn. 45).

Der Kläger hat den erworbenen PKW durchgehend - mit Ausnahme des Zeitraums für die Installation des Software-Updates - bestimmungsgemäß bis zu dem von ihm selbst entschiedenen Verkauf des PKW nutzen können. Deshalb fehlt es an einem nach § 849 BGB verzinslichen Wertersatzanspruch. Zudem ist ohne weiteres davon auszugehen, dass der Kläger, der sich für den Kauf eines PKW entschieden hatte, ohnehin den Geldbetrag bzw. einen erheblichen Teil des aufgewandten Kaufpreises ohnehin für die Anschaffung eines PKW eingesetzt hätte, zumal der PKW von ihm gewerblich genutzt wurde.

4. Der mit dem Antrag zu Ziffer 3 gestellte Feststellungsantrag, wonach die Beklagte verpflichtet sein soll, dem Kläger alle weiteren Schäden zu ersetzen, ist unbegründet. Denn der Kläger hat nicht aufgezeigt, welche weiteren Schäden ihm drohen können. Das Landgericht hat den Antrag infolge des fehlenden Rechtsschutzbedürfnisses bzw. Feststellungsinteresse als unzulässig behandelt. Dagegen hat der Kläger in der Berufungsinstanz keine konkreten Berufungsangriffe vorgebracht. Es ist auch nicht ersichtlich, dass dem Kläger Schäden aus Steuernachzahlungen drohen, nachdem er bereits im Februar 2019 den PKW verkauft hat.

5. Vorgerichtlich entstandene Rechtsanwaltskosten kann der Kläger unter Berücksichtigung des ihm tatsächlich zustehenden Schadensersatzanspruchs lediglich i. H. v. 958,19 € beanspruchen, da die notwendigen Voraussetzungen für die Zuerkennung dieses Anspruchs erfüllt sind.

III.

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus §§ 92 Abs. 1, 97 Abs. 1 ZPO, während sich die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit aus §§ 708 Nr. 10, 711 Satz 1, 709 ZPO herleitet.

Die Revision war zuzulassen, weil die Fragen der Schadensbemessung bei deliktischer Haftung gemäß § 826 BGB in den Abgasskandal-Fällen noch nicht hinreichend geklärt sind und die Rechtssache im Hinblick auf die Vielzahl gleichartiger Verfahren, wegen der Divergenz zur Entscheidung des OLG Braunschweig und des 5. Zivilsenats sowie 14. Zivilsenats des OLG Oldenburg (Deliktszinsen) sowie im Hinblick auf die von anderen Oberlandesgerichten teilweise anders beurteilten Problematiken grundsätzliche Bedeutung hat und infolge der bundesweit anhängigen Verfahren eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert (§ 543 Abs. 2 ZPO).

Der nicht nachgelassene Schriftsatz des Klägers vom 13.02.2020 gibt dem Senat keine Veranlassung zur Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung gemäß § 156 ZPO. Die Entscheidung des OLG Celle vom 04.12.2019 (7 U 434/18) wurde durch den Senat verarbeitet und auch hinsichtlich der Darlegungen zum Wertersatz nach dem Verkauf des Fahrzeugs hat der Senat eine Entscheidung getroffen und sich mit der Problematik auseinandergesetzt.