Oberlandesgericht Oldenburg
Urt. v. 30.01.2020, Az.: 1 U 131/19

Ansprüche nach Kauf eines vom Dieselskandal betroffenen Fahrzeugs; Unzulässige Abschalteinrichtung; Begriff der Sittenwidrigkeit; Einrede der Verjährung; Anspruch auf Deliktszinsen

Bibliographie

Gericht
OLG Oldenburg
Datum
30.01.2020
Aktenzeichen
1 U 131/19
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2020, 66526
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Verfahrensgang

nachfolgend
BGH - 19.10.2021 - AZ: VI ZR 189/20

In dem Rechtsstreit
AA AG, vertreten durch den Vorstand, Ort1,
Beklagte und Berufungsklägerin,
Prozessbevollmächtigte:
(...),
Geschäftszeichen: (...)
gegen
BB, Ort2,
Kläger und Berufungsbeklagter,
Prozessbevollmächtigte:
(...),
Geschäftszeichen: (...)
hat der 1. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Oldenburg durch den Vizepräsidenten des Oberlandesgerichts (...), die Richterin am Oberlandesgericht (...) und den Richter am Oberlandesgericht (...) auf die mündliche Verhandlung vom 16. Januar 2020 für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Landgerichts Osnabrück vom 16.8.2019 wird zurückgewiesen.

Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Landgerichts Osnabrück vom 16.8.2019 unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels geändert und insgesamt neu gefasst:

Die Beklagte wird verurteilt, dem Kläger 11.662,14 € nebst Zinsen in Höhe von 4 % auf 17.830,57 € seit dem 10.1.2013 sowie 893,12 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 8.1.2020 zu zahlen Zug um Zug gegen Übergabe und Übereignung des PKW1 mit der Fahrzeugidentifizierungsnummer (...).

Es wird festgestellt, dass sich die Beklagte seit dem 18.4.2019 mit der Rücknahme des vorgenannten PKW in Annahmeverzug befindet.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens fallen der Beklagten zur Last.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Schuldnerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Gläubiger zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision wird zugelassen.

Gründe

I.

Der Kläger macht mit der am 24.5.2019 eingegangenen und am 14.6.2019 zugestellten Klage als Käufer eines gebrauchten PKW im Rahmen der sog. Dieselproblematik Ansprüche aus unerlaubter Handlung gegen die Beklagte geltend.

Er kaufte am 20.12.2012 bei einem CC-Händler einen gebrauchten PKW1 mit einer Laufleistung von 24.025 km zum Preis von 23.999,- €. Im Fahrzeug ist ein Dieselmotor des Typs1 eingebaut. Dieser verfügt über die sog. "Umschaltlogik". Diese erkennt den Prüfstandsbetrieb bei der Typzulassung und hält dabei die Grenzwerte der Abgasnorm EURO 5 ein. Außerhalb des Prüfstandsbetriebs befand sich die Motorsteuerung in einem anderen Modus mit höheren NOx-Werten. Diese hielten die Abgasnorm EURO 5 nicht ein.

Der Kläger nimmt deshalb die Beklagte als Herstellerin und Entwicklerin des Motors auf Schadensersatz wegen unerlaubter Handlung in Anspruch.

Der Kläger verlangt die Erstattung des vollständigen Kaufpreises abzüglich der erlangten Nutzungsvorteile sowie Zinsen seit Erwerb aus § 849 BGB Zug um Zug gegen Übergabe und Übereignung des Fahrzeugs und die Feststellung des Annahmeverzugs der Beklagten zum 15.4.2019 und vorgerichtliche Anwaltskosten.

Die Beklagte hält die tatsächlichen Voraussetzungen einer Haftung aus unerlaubter Handlung nicht für gegeben.

Der Kläger hat sich zu einem unbekannten Zeitpunkt zum Musterfeststellungsverfahren gegen die Beklagte an- und zu einem ebenfalls unbekannten Zeitpunkt wieder abgemeldet.

Das Landgericht hat die Beklagte auf der Grundlage von §§ 831, 826 BGB unter Anrechnung eines Nutzungsvorteils auf der Basis von 300.000 km zur Zahlung von 11.662,67 € nebst Verzugszinsen Zug um Zug gegen Übergabe und Übereignung des streitgegenständlichen PKW verurteilt und den Annahmeverzug der Beklagten zum 15.4.2019 festgestellt. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen.

Wegen des Sachverhalts wird im Übrigen auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil Bezug genommen (§ 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO).

Gegen dieses Urteil wenden sich beide Parteien mit der Berufung unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens.

Die Beklagte erhebt zusätzlich die Einrede der Verjährung.

Sie beantragt,

das am 16.8.2019 verkündete Urteil des Landgerichts Osnabrück abzuändern und die Klage abzuweisen.

Der Kläger möchte erreichen, dass ihm Zinsen aus § 849 BGB seit Zahlung des Kaufpreises sowie vorgerichtliche Anwaltskosten in Höhe einer 1,8 Geschäftsgebühr zugesprochen werden. Klageerweiternd verlangt er Erstattung der Kosten in Höhe von 893,12 € für den Austausch des AGR-Ventils mit der Begründung, aufgrund des durchgeführten Software-Updates habe dies einem höheren Verschleiß unterlegen und deshalb ersetzt werden müssen.

Er beantragt,

die Beklagte unter teilweiser Abänderung der landgerichtlichen Entscheidung zu verurteilen, an ihn 11.662,67 € nebst Zinsen in Höhe von 6.606,63 € sowie weitere Zinsen aus 23.999,- € in Höhe von 4 % p.a. seit dem 28.11.2019 Zug um Zug gegen Übergabe und Übereignung des PKW1 und

Rechtsanwaltsgebühren in Höhe von 1.317,57 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit sowie

893,12 € nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Die Parteien beantragen im Übrigen wechselseitig die Zurückweisung des gegnerischen Rechtsmittels.

Die Zeitpunkte der Anmeldung zum bzw. der Abmeldung vom Musterfeststellungsverfahren konnte der Klägervertreter in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat nicht nennen. Dies gilt auch für die an diesem Tag mit dem Fahrzeug zurückgelegte Wegstrecke

II.

Die Berufung der Beklagten ist zulässig, aber unbegründet. Die Berufung des Klägers hat nur hinsichtlich eines Teiles des Zinsanspruchs aus § 849 BGB Erfolg. Der Kläger kann darüber hinaus Zahlung des im Wege der Klageerweiterung geltend gemachten Betrages von der Beklagten verlangen.

Der Kläger hat unter Anrechnung der Nutzungsvorteile einen Anspruch gegen die Beklagte auf Rückzahlung des Kaufpreises Zug um Zug gegen Rückgabe des Fahrzeuges gem. § 826 BGB in Höhe von 11.662,13 € nebst 4 % Zinsen aus 17.839,17 € seit dem 10.1.2013 gemäß § 849 BGB sowie Erstattung der Kosten für die Reparatur des AGR-Ventils.

Der Senat schließt sich der Argumentation im Urteil des OLG Koblenz vom 12.6.2019 - 5 U 1318/18 an.

1. Tathandlung

Das Inverkehrbringen eines Fahrzeugs mit der streitgegenständlichen Umschaltlogik unter bewusstem Verschweigen der (gesetzwidrigen) Softwareprogrammierung stellt eine konkludente Täuschung dar, da der Hersteller mit dem Inverkehrbringen sinngemäß die Erklärung abgibt, der Einsatz des Fahrzeugs sei im Straßenverkehr uneingeschränkt zulässig (so auch OLG Karlsruhe, Beschluss vom 05. März 2019 - 13 U 142/18 -, Rn. 8, juris). Es stellt sich für den Senat die Frage, warum die Klägerin die Softwareprogrammierung verschwiegen hat, wenn sie aus ihrer Sicht ohne rechtliche Bedenken sein soll.

Wie noch zu zeigen sein wird, ist der Senat davon überzeugt, dass die verantwortlichen Personen im Sinne des § 31 BGB den Einsatz der gesetzwidrigen Software und das Inverkehrbringen der hiermit ausgestatteten Fahrzeuge aktiv unterstützt oder jedenfalls bewusst nicht unterbunden haben.

Ein Hersteller, der ein Kraftfahrzeug in Verkehr bringt, gibt konkludent die Erklärung ab, dass der Einsatz des Fahrzeugs entsprechend seinem Verwendungszweck im Straßenverkehr uneingeschränkt zulässig ist. Der Hersteller bringt insoweit zum Ausdruck, dass das Fahrzeug entsprechend seinem objektiven Verwendungszweck nicht nur im Straßenverkehr eingesetzt werden kann, sondern auch eingesetzt werden darf, d.h. über eine uneingeschränkte Betriebserlaubnis verfügt, deren Fortbestand nicht aufgrund bereits bei Auslieferung des Fahrzeugs dem Hersteller bekannter konstruktiver Eigenschaften gefährdet ist. Das setzt voraus, dass nicht nur die erforderlichen Zulassungs- und Genehmigungsverfahren formal erfolgreich durchlaufen wurden, sondern auch, dass die für den Fahrzeugtyp erforderliche EG-Typengenehmigung nicht durch eine Täuschung des zuständigen Kraftfahrbundesamts erschlichen worden ist und das Fahrzeug den für deren Erhalt und Fortdauer einzuhaltenden Vorschriften tatsächlich entspricht (vgl. OLG Karlsruhe, a.a.O., Rn. 11).

a) Unzulässige Abschalteinrichtung

Ausweislich des bestandskräftigen Bescheids des KBA liegt bei dem Motor des Typs1 eine unzulässige Abschalteinrichtung nach Art. 3 Nr. 10 der VO (EG) 715/2017 (im Folgenden: VO 715/2007/EG) vor. Schon dies genügt dem Senat, um von einer unzulässigen Abschalteinrichtung auszugehen. Der dies negierende Vortrag der Beklagten bleibt damit unerheblich.

Ungeachtet dessen liegt auch nach eigener Prüfung des Senates eine unzulässige Abschalteinrichtung und nicht nur eine rein innermotorische Maßnahme vor.

Auch der Bundesgerichtshof hat bereits darauf hingewiesen, dass eine unzulässige Abschalteinrichtung vorliegt (BGH Hinweisbeschluss vom 08. Januar 2019, VIII ZR 225/17). Dem schließt sich der Senat an.

Nach Art. 5 Abs. 1 VO 715/2007/EG hat der Hersteller von ihm gefertigte Neufahrzeuge dergestalt auszurüsten, dass die Bauteile, die das Emissionsverhalten voraussichtlich beeinflussen, so konstruiert, gefertigt und montiert sind, dass das Fahrzeug unter normalen Betriebsbedingungen den Vorgaben der Verordnung und ihren Durchführungsmaßnahmen entspricht. Damit soll sichergestellt werden, dass sich die vorgegebenen Emissionsgrenzwerte auf das tatsächliche Verhalten der Fahrzeuge bei ihrer Verwendung beziehen (vgl. Erwägungsgrund 12 der VO 715/2007/EG) und dass die zur Verbesserung der Luftqualität und zur Einhaltung der Luftverschmutzungsgrenzwerte erforderliche erhebliche Minderung der Stickoxidemissionen bei Dieselfahrzeugen (vgl. Erwägungsgrund 6 der VO 715/2007/EG) erreicht wird (vgl. BGH, a.a.O., Rn.10ff).

Folgerichtig sieht die Verordnung die Verwendung von Abschalteinrichtungen, die die Wirkung von Emissionskontrollsystemen verringern, strikt als unzulässig an (Art. 5 Abs. 2 Satz 1 VO 715/2007/EG), sofern nicht die ausdrücklich normierten Ausnahmetatbestände (Art. 5 Abs. 2 Satz 2 VO 715/2007/EG) greifen. Eine "Abschalteinrichtung" ist nach Art. 3 Nr. 10 VO 715/2007/EG jedes Konstruktionsteil, das die Temperatur, die Fahrzeuggeschwindigkeit, die Motordrehzahl (UpM), den eingelegten Getriebegang, den Unterdruck im Einlasskrümmer oder sonstige Parameter ermittelt, um die Funktion eines beliebigen Teils des Emissionskontrollsystems zu aktivieren, zu verändern, zu verzögern oder zu deaktivieren, wodurch die Wirksamkeit des Emissionskontrollsystems unter Bedingungen, die bei normalem Fahrzeugbetrieb vernünftigerweise zu erwarten sind, verringert wird.

Ausgehend von diesen weitgefassten Bestimmungen handelt es sich auch bei der im Fahrzeug des Klägers installierten Software um eine unzulässige Abschalteinrichtung nach Art. 5 Abs. 2 VO 715/2007/EG (vgl. auch OLG Koblenz - 2. Zivilsenat - Beschluss vom 27. September 2017, 2 U 4/17, NJW-RR 2018, 376 [OLG Köln 20.12.2017 - 18 U 112/17]). Denn eine solche Software erkennt, ob sich das Fahrzeug in einem Prüfzyklus zur Ermittlung der Emissionswerte befindet und schaltet in diesem Fall in den Modus 1, bei dem verstärkt Abgase in den Motor zurückgelangen und sich so der Ausstoß an NOx verringert. Im normalen Fahrbetrieb hingegen aktiviert die Software den Modus 0, bei dem eine Abgasrückführung nur in geringerem Umfang stattfindet; sie ermittelt also aufgrund technischer Parameter die betreffende Betriebsart des Fahrzeugs - Prüfstandlauf oder Echtbetrieb - und aktiviert oder deaktiviert dementsprechend die Abgasrückführung, was unmittelbar die Wirksamkeit des Emissionskontrollsystems beeinträchtigt.

Soweit Art. 5 Abs. 2 Satz 2 VO 715/2007/EG in bestimmten Fällen die Verwendung von Abschalteinrichtungen gestattet, liegen die hierfür erforderlichen (engen) Voraussetzungen nicht vor. Die vorgesehenen Ausnahmen kommen - nicht zuletzt aufgrund des in Art. 5 Abs. 1 VO 715/2007/EG ausdrücklich benannten Regelungszwecks dieser Vorschrift - von vornherein nicht in Betracht, wenn die betreffende Abschalteinrichtung gerade dazu dient, bei erkanntem Prüfbetrieb ein vom Echtbetrieb abweichendes Emissionsverhalten des Fahrzeugs herbeizuführen, um auf diese Weise die Einhaltung der (andernfalls nicht erreichten) Emissionsgrenzwerte sicherzustellen.

Aufgrund der beschriebenen Wirkungsweise der Software handelt es sich weder um eine Abschalteinrichtung, die notwendig ist, um den Motor vor einer Beschädigung oder einem Unfall zu schützen und den sicheren Betrieb des Fahrzeugs zu gewährleisten (Art. 5 Abs. 2 Satz 2 Buchst. a VO 715/2007/EG), noch um eine Abschalteinrichtung, die nicht länger arbeitet, als dies zum Anlassen des Motors erforderlich ist (Art. 5 Abs. 2 Satz 2 Buchst. b VO 715/2007/EG).

b) Keine rein innermotorische Maßnahme

Entgegen der Auffassung der Beklagten handelt sich bei der von ihr eingesetzten Software nicht um eine rein innermotorische Maßnahme. Funktionen im Emissionskontrollsystem werden durch den Einsatz der Software verändert. Befindet sich das Fahrzeug im Prüfstand, wird der Abgasrückführungs-Modus 1 verwendet, in dem eine erhöhte Abgasrückführung mit niedrigem Stickoxidausstoß stattfindet. Dadurch werden mehr Stickoxide in den Motor zurückgeführt als im Abgasrückführung-Modus 0, der im normalen Fahrbetrieb eingeschaltet ist. Durch den veränderten Modus wird erreicht, dass der Stickoxidausstoß, der das Emissionskontrollsystem erreicht, geringer ist als im normalen Fahrbetrieb. Stickoxide werden also der Messung entzogen. Dadurch wird die Funktion des Emissionskontrollsystems verändert, da die dort ermittelten Messwerte nicht denen im normalen Fahrbetrieb entsprechen. Dies ergibt sich bereits aus der eigenen Beschreibung der Funktionsweise der Softwaresteuerung seitens der Beklagten.

c) Keine Unerheblichkeit der Grenzwerte im Echtbetrieb

Die Beklagte kann auch nicht damit gehört werden, auf die Grenzwerte im tatsächlichen Fahrbetrieb komme es gar nicht an, da sich der Gesetzgeber dafür entschieden habe, die Grenzwerte unter Laborbedingungen zu erheben.

Dieses Vorbringen könnte erheblich sein, wenn die unterschiedlichen Bedingungen des Fahrbetriebs alleiniger Faktor für die Unterschiede beim NOx-Ausstoß wären. Dies ist aber gerade nicht der Fall. Über die unterschiedlichen Bedingungen des Fahrbetriebs hinaus kommt - schon nach dem eigenen Vortrag der Beklagten - bei den betroffenen Fahrzeugen der - rechtswidrige - zusätzliche Faktor der verwendeten Software hinzu, der durch die Änderung des verwendeten Modus Einfluss auf den NOx-Ausstoß nimmt. Die Beklagte hat mit dem Einsatz der Software den Boden der rechtlich Erlaubten verlassen.

2. Getäuschte

Das täuschende Vorgehen der Beklagten zielte in verschiedene Richtungen.

Einerseits richtete sich die Täuschung gegen die Genehmigungsbehörde. Dieser wurde vorgespiegelt, das Fahrzeug werde auf dem Prüfstand unter den Motorbedingungen betrieben, die auch im normalen Fahrbetrieb zum Einsatz kommen. Deren Interessen vermag der Kläger aber nicht wahrzunehmen.

Darüber hinaus resultiert aus den Täuschungen ein Eingriff in den freien Wettbewerb. Die Beklagte verschaffte sich dadurch, dass sie Fahrzeuge anbot, die die Voraussetzung für den Erhalt der Typengenehmigung aufgrund des Vorhandenseins der Abschalteinrichtung nicht erfüllten, eine Stellung am Markt, die sie ohne das planmäßige Vorgehen nicht oder nur mit einem erheblichen Aufwand und nur zu anderen Preisen hätte erreichen können. Auch wenn der Kläger kein Wettbewerber ist, so ist aber doch zu sehen, dass die Beklagte damit nicht nur auf die Position von Wettbewerbern am Markt, die sich einem Konkurrenten gegenüber sahen, der sich ohne die Täuschung nicht oder nur zu anderen Konditionen hätte betätigen können, Einfluss genommen hat, sondern durch Einflussnahme auf den Wettbewerb, nämlich des Angebots eines Fahrzeugs, das sonst nicht oder nur zu einem erheblich höheren Preis zur Verfügung gestanden hätte, auch auf die Kaufentscheidung des Endverbrauchers.

Letztlich wurden also zwangsläufig auch die Kunden der Beklagten getäuscht, die keinerlei Möglichkeiten hatten, die Täuschung zu erkennen. Nach Auffassung des Senates ist es nicht erforderlich, dass sich der Kunde bewusst mit der Frage auseinandersetzt, welche genauen Kriterien für die Erteilung der Typengenehmigung erfüllt sein müssen. Wer ein Fahrzeug erwirbt, um dieses im Straßenverkehr zu verwenden, vertraut darauf, dass die gesetzlichen Vorgaben eingehalten werden, wovon die erteilte Typengenehmigung zeugt. Der Kunde weiß, dass der Konstrukteur bzw. Hersteller eines Fahrzeugs kraft seiner Fachkenntnis ihm gegenüber zwangsläufig über einen Wissensvorsprung verfügt. Da der Kunde einen Einblick in die technischen Vorgänge nicht haben kann, bringt er denjenigen, die für die Entwicklung und Zulassung der Fahrzeuge verantwortlich sind, ein besonderes Vertrauen entgegen, das sich auch in der Markenauswahl beim Erwerb eines Fahrzeugs niederschlägt. Dies hat die Beklagte zu ihrem wirtschaftlichen Vorteil ausgenutzt.

Unerheblich bleibt im konkreten Einzelfall, dass die Beklagte an dem Erwerb des hier streitgegenständlichen Fahrzeuges weder unmittelbar noch über einen Händler beteiligt war. Gleichwohl wurde der Kläger von der Beklagten getäuscht. Auch bei Gebrauchtwagenkäufen bilden die allgemeinen Herstellerangaben und die Typengenehmigung die Grundlage des Erwerbsgeschäftes. Insoweit täuscht die Beklagte auch in diesem Kontext die Beteiligten eines Gebrauchtwagenkaufs im vorgenannten Sinne. Dem hat die Beklagte nicht Substantielles entgegengesetzt. Das Inverkehrbringen des Fahrzeuges und das Verschweigen der unzulässigen Abgasabschalteinrichtung hat eine Kausalkette in Gang gesetzt, die bis zur Stilllegung des Fahrzeuges fortwirkt (so auch OLG Karlsruhe, a.a.O.). Die Täuschung wirkt damit auch innerhalb von Käuferketten außerhalb des Herrschaftsbereiches der Beklagten fort.

3. Sittenwidrigkeit

Das Verhalten der Klägerin ist auch sittenwidrig im Sinne des § 826 BGB.

Objektiv sittenwidrig ist ein Verhalten, das nach Inhalt oder Gesamtcharakter, der durch zusammenfassende Würdigung von Inhalt, Beweggrund und Zweck zu ermitteln ist, gegen das Anstandsgefühl aller billig und gerecht Denkenden verstößt, d.h. mit den grundlegenden Wertungen der Rechts- und Sittenordnung nicht vereinbar ist. Dafür genügt es im Allgemeinen nicht, dass der Handelnde vertragliche Pflichten oder das Gesetz verletzt oder bei einem anderen einen Vermögensschaden hervorruft. Vielmehr muss eine besondere Verwerflichkeit seines Verhaltens hinzutreten, die sich aus dem verfolgten Ziel, den eingesetzten Mitteln, der zu Tage tretenden Gesinnung oder den eingetretenen Folgen ergeben kann (BGH NJW 2014, 383, 384 [BGH 19.11.2013 - VI ZR 336/12]; BGH NJW 2017, 250, 251 [BGH 28.06.2016 - VI ZR 536/15]; st. Rspr.). Daran gemessen erweist sich das Handeln der Beklagten als objektiv sittenwidrig.

Der Beweggrund für die Verwendung der Software ist (auch) in einer von der Beklagten angestrebten Profitmaximierung zu sehen. Ziel für die Handlung der Beklagten war es, die Höchstgrenzen des NOx-Ausstoßes einzuhalten und so die Typengenehmigung für die Fahrzeuge zu erhalten. Auf diese Weise sollte auf kostengünstigem Weg die Einhaltung der im multikausalen Interesse festgesetzten gesetzlichen Abgasgrenzwerte vorgetäuscht werden. Eine Einhaltung der Werte ohne die Steuerungssoftware war zum Zeitpunkt von deren Einbau entweder gar nicht möglich, mit großen Kosten oder technischen Schwierigkeiten verbunden. Einen anderen Grund für die Verwendung der Software hat die Beklagten weder vorgetragen noch ist ein solcher ersichtlich.

Die technische Lösung musste zudem nach dem Bekanntwerden der Abschalteinrichtung zunächst entwickelt, vom KBA freigegeben und dann auf diverse Fahrzeugvarianten angepasst werden. Wenn dies zum Zeitpunkt der Fahrzeugfabrikation schon problemlos und ohne großen Kostenaufwand möglich gewesen wäre, ist nicht ersichtlich, warum die Beklagte den Weg der Abschalteinrichtung überhaupt gewählt hat.

Zu berücksichtigen ist auch, dass sich die Täuschung gegen staatliche Behörden, Wettbewerber und Endverbraucher richtete und damit auf unterschiedliche Art eine große Zahl getäuschter Personen als Ziel hatte. Dabei hat sich die Beklagte auch das Vertrauen der Verbraucher in das bei einer unabhängigen Behörde, dem KBA, zu durchlaufende Genehmigungsverfahren zunutze gemacht.

Als weiterer Aspekt kommt hinzu, dass das Vorgehen der Beklagten systematisch erfolgte. Über Jahre hinweg wurde die Abschalteinrichtung bei mehreren Tochterunternehmen des Konzerns in diversen Fahrzeugvarianten eingesetzt. Beim Oberlandesgericht Oldenburg (und auch beim erkennenden Senat) sind und waren eine Vielzahl von Verfahren anhängig, die sich mit derselben Problematik befassen wie das vorliegende Verfahren und bei denen die Funktionsweise der Motorsteuerung im Hinblick auf den NOx-Ausstoß jeweils unstreitig ist. Daher ist bekannt, dass neben Fahrzeugen der Marke CC auch Fahrzeuge der Marken DD, EE und FF betroffen sind, in denen der Motor des Typ1 mit der Motorsteuerungssoftware zum Einsatz kam. Betroffen war entsprechend ein großer Kundenkreis, der ein Fahrzeug mit dem Dieselmotor des Typs1 erworben hat und dessen Arglosigkeit seitens der Beklagten planmäßig ausgenutzt wurde. Die unstreitige Gesamtzahl der betroffenen Fahrzeuge zeigt die besondere Verwerflichkeit des Verhaltens der Beklagten, das sich nicht auf ein Fehlverhalten in einer Nischentätigkeit beschränkt, sondern den Kernbereich ihres Handelns betroffen hat.

Das Verhalten der Beklagten ging auch zu Lasten der Umwelt, da der tatsächliche NOx-Ausstoß der Fahrzeuge aufgrund der verwendeten Abschalteinrichtung oberhalb der Werte lag, die im Typengenehmigungsverfahren ermittelt worden sind. Dies verletzt in besonders verwerflicher Weise nicht nur Allgemeininteressen, sondern auch elementare Individualinteressen. Die Beklagte kann insoweit nicht für sich in Anspruch nehmen, dass der Schutz der Umwelt eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe sei, so dass der Kläger sich individuell hierauf nicht berufen könne. Soweit die Beeinträchtigung der Umwelt ohne jeden Zweifel eine gesamtgesellschaftliche Betroffenheit auslöst und sich hieraus deren Schutz als gemeinsame Aufgabe entwickelt, besteht die Erfüllung der Aufgabe doch in der Summe des Verhaltens Einzelner. Der Gesetzgeber steuert, etwa über Grenzwerte, das Verhalten Einzelner, was nicht ausschließt, dass sich jeder Verbraucher noch ambitionierter verhält. Der Einzelne kann gerade dadurch einen Beitrag zum Umweltschutz leisten, indem er möglichst umweltschonende Produkte erwirbt. Genau hierauf hat sich der Kläger für den Senat nachvollziehbar berufen. Es stellt sich als Element der Sittenwidrigkeit in der Gesamtschau dar, dieses Bestreben des Einzelnen durch eine gezielte Täuschung zu unterlaufen. Es ist besonders verwerflich, den Einzelnen in dem Glauben zu lassen positiver als andere einen Beitrag zum Umweltschutz zu leisten, während genau das Gegenteil der Fall ist.

Zur Sittenwidrigkeit trägt weiter bei, dass die Täuschung über Jahre hinweg aufrechterhalten wurde und die Aufklärung nicht etwa aus dem Unternehmen der Beklagten heraus betrieben wurde, sondern erst Raum griff, als die Beweislage erdrückend wurde. Die Entwicklung des Software-Updates erfolgte erst nach dem Bescheid des KBA. Es wurde die Arglosigkeit des Verbrauchers in besonders verwerflicher Weise ausgenutzt und sein Vertrauen auf die hohe Qualität gerade deutscher Fahrzeuge und gerade solcher Fahrzeuge, die die Beklagte hergestellt hat, missbraucht.

Zu Bedenken sind des Weiteren die Folgen der verwendeten Software für den Kunden. Aufgrund der vom KBA angeordneten Rückrufaktion muss an den Fahrzeugen ein Software-Update durchgeführt werden, dessen Folgen höchst umstritten sind. Ohne Durchführung des Updates droht ein Entzug der Betriebserlaubnis und damit die Stilllegung des Fahrzeugs. Die Verwendung der Abschalteinrichtung gefährdet damit den ureigenen Zweck des Fahrzeugs, die Nutzung im öffentlichen Straßenverkehr. Das verwendete Mittel ist daher nicht akzeptabel, um den angestrebten Zweck, den Erhalt der Typengenehmigung zu erreichen. Dies gilt umso mehr, als die Beklagte das bestehende Zulassungssystem ausgenutzt hat, das besonderes Vertrauen für sich an Anspruch nehmen kann. Die Erteilung der Typengenehmigung erfolgt in einem standardisierten Verfahren durch eine staatliche Stelle. Dies trägt dem Umstand Rechnung, dass der Verbraucher als technischer Laie selbst nicht nachprüfen kann, ob ein Kraftfahrzeug gesetzlichen Vorgaben entspricht. Er hat daher die berechtigte Erwartung, dass der Zulassungsprozess ordnungsgemäß durchlaufen wurde.

Es liegt mithin ein rechtlich nicht erlaubtes, in großem Stil angelegtes Vorgehen der Beklagten aus reinem Gewinnstreben vor. Die Verwerflichkeit wird durch das systematische Vorgehen und den großen betroffenen Personenkreis vertieft. Dass die Beklagte bis heute den Schaden für die Umwelt und die hierauf bezogene Individualbetroffenheit bagatellisiert, verstärkt die Sittenwidrigkeit. Gleiches gilt für die erheblichen Auswirkungen in der Aufarbeitung der Manipulation für den einzelnen Kunden. Im Element der Profitgier wie des Unterlaufens umweltbewusster Verhaltensweisen sieht der Senat schon für sich ein sittenwidriges Verhalten, das sich mit den weiteren Faktoren in einer Gesamtschau als in besonderer Weise verwerflich darstellt. Im Rahmen einer zusammenfassenden Würdigung kommt der Senat deshalb zu dem Ergebnis, dass das Inverkehrbringen der manipulierten Fahrzeuge und das Verschweigen der Softwaremanipulation gegen das Anstandsgefühl aller billig und gerecht Denkenden verstoßen. Als Teil der abstrakt betroffenen Gruppe der Verbraucher kann der Senat dies aufgrund eigener tatrichterlicher Würdigung feststellen.

4. Vorsatz und Zurechnung

a) Vorsatz

Die Verwendung der Software einschließlich der der Sittenwidrigkeit zugrundeliegenden Tatsachen erfolgte auch vorsätzlich. In subjektiver Hinsicht setzt der Schädigungsvorsatz gem. § 826 BGB keine Schädigungsabsicht im Sinne eines Beweggrundes oder Zieles voraus. Es genügt bedingter Vorsatz hinsichtlich der für möglich gehaltenen Schadensfolgen, wobei jener nicht den konkreten Kausalverlauf und den genauen Umfang des Schadens, sondern nur Art und Richtung des Schadens umfassen muss (BGH, Urteil vom 13. September 2004 - II ZR 276/02 -, Rn. 38, juris).

Für den Vorsatz genügen das Bewusstsein, dass die Schädigung im Bereich des Möglichen liegt, sowie die billigende Inkaufnahme des Schädigungsrisikos. Nicht erforderlich ist, dass der Handelnde die Schädigung eines anderen anstrebt oder als sichere Folge des eigenen Handelns akzeptiert (Wagner in: Münchener Kommentar zu BGB, 7. Aufl. 2017, § 826 Rn. 27).

Die Software wurde bewusst in die Motorsteuerung eingebaut, um die Abgasrückführung beeinflussen zu können und so die Typengenehmigung zu erhalten. Einen anderen Zweck hatte ihre Verwendung nicht. Dabei wurde bewusst in Kauf genommen, dass eine Entdeckung der verwendeten Software dazu führen würde, dass die Betriebserlaubnis der betroffenen Fahrzeuge würde erlöschen können. Die Beklagte hat dabei das Risiko der darin liegenden Schädigung der Kunden als möglich erkannt und dennoch billigend in Kauf genommen. Das ergibt sich auch aus dem Umstand, dass der feststellende Bescheid des KBA hingenommen wurde. Da die Beklagte wusste, dass sie die Typengenehmigung erhalten hatte, obwohl deren Voraussetzungen nicht erfüllt waren, musste sie ein Entdeckungsrisiko fürchten. Dabei ist nicht erklärlich, warum die Beklagte die Vorgänge überhaupt geheim gehalten hat, wenn sie ihr Vorgehen als rechtmäßig eingeordnet hätte. Im Gegenteil begründet gerade dies eine Vermutung für ein vorsätzliches Vorgehen.

Die Beklagte hat auch die Folgen ihres Handelns jedenfalls billigend in Kauf genommen. Da die Behörden bei der Erteilung der Typengenehmigung getäuscht worden waren, konnten die Kunden davon ausgehen ein Fahrzeug zu erhalten, das den gesetzlichen Vorgaben entspricht. Dass im Falle der Entdeckung der Täuschung seitens des KBA Maßnahmen ergriffen werden mussten, musste der Beklagten klar sein und es war ihr klar. Anders ist ihr Verhalten nach der Entdeckung nicht zu verstehen. Das KBA als zuständige Behörde konnte ein gegen die gesetzlichen Regelungen verstoßendes Verhalten, das noch dazu einen Kernbereich seiner Aufgabe betrifft, nicht einfach hinnehmen. Die Beklagte musste davon ausgehen, dass das KBA in diesem Falle entweder die Typengenehmigung widerrufen oder aber Maßnahmen anordnen würde, um einen gesetzmäßigen Zustand der Fahrzeuge zu erreichen. Damit musste sie zwangsläufig davon ausgehen, dass dem Fahrzeug eine Betriebsuntersagung drohte, wenn dem nicht nachgekommen werden würde, so dass auch diese Schädigungsfolgen vom Vorsatz der Beklagten erfasst waren.

b) Zurechnung

Die Beklagte muss sich dabei das Handeln ihrer Mitarbeiter gem. § 31 BGB analog zurechnen lassen. Die Repräsentantenhaftung erstreckt sich für die juristischen Personen über den Vorstand, die Vorstandsmitglieder und die verfassungsmäßig berufenen besonderen Vertreter hinaus auf alle sonstigen Personen, denen durch die allgemeine Betriebsregelung und Handhabung bedeutsame, wesensmäßige Funktionen der juristischen Person zur selbständigen, eigenverantwortlichen Erfüllung zugewiesen sind, so dass sie die juristische Person im Rechtsverkehr repräsentieren (Arnold in: Münchener Kommentar zum BGB, 8. Auflage 2018, § 31 Rn. 14, BGH NJW 1968, 391, 392 [BGH 30.10.1967 - VII ZR 82/65]). Da es der juristischen Person nicht freisteht, selbst darüber zu entscheiden, für wen sie ohne Entlastungsmöglichkeit haften will, kommt es nicht entscheidend auf die Frage an, ob die Stellung des "Vertreters" in der Satzung der Körperschaft vorgesehen ist oder ob er über eine entsprechende rechtsgeschäftliche Vertretungsmacht verfügt. Hierzu gehört auch der Personenkreis der leitenden Angestellten (BGH NJW 1998, 1854, 1856).

Der gemäß § 826 BGB erforderliche Vorsatz enthält ein Wissens- und ein Willenselement. Der Handelnde muss die Schädigung des Anspruchstellers gekannt bzw. vorausgesehen und in seinen Willen aufgenommen, jedenfalls aber für möglich gehalten und billigend in Kauf genommen haben. Es genügt nicht, wenn die relevanten Tatumstände lediglich objektiv erkennbar waren und der Handelnde sie hätte kennen können oder kennen müssen oder sie sich ihm sogar hätten aufdrängen müssen (BGH, Urteil vom 28. Juni 2016 - VI ZR 536/15 - Rn. 25, juris).

Zur Überzeugung des Senates steht schon fest, dass mindestens entscheidungsbefugte leitende Mitarbeiter der Entwicklungsabteilung der Beklagten von der Entwicklung und Verwendung der Software zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses Kenntnis hatten und dies gebilligt und, wenn nicht angeordnet, so zumindest nicht unterbunden haben. § 286 ZPO verlangt dabei zur Überzeugungsbildung ein Maß an persönlicher Gewissheit, welches Zweifeln Schweigen gebietet, ohne sie völlig auszuschließen (BGH NJW 1970, 946 [BGH 17.02.1970 - III ZR 139/67]; BGH NJW, 1973, 1925 [BGH 06.06.1973 - IV ZR 164/71]; BGH NJW 1993, 935, 937 [BGH 14.01.1993 - IX ZR 238/91]; BGH NJW 2012, 392 [BGH 23.11.2011 - IV ZR 70/11]; BGH NJW 2014, 71 [BGH 16.04.2013 - VI ZR 44/12] Zöller/Greger, ZPO, 32. Aufl. 2018, § 286 Rn. 19).

Die Programmierung der Software setzt denknotwendig eine aktive, im Hinblick auf dieses Ergebnis gewollte präzise Programmierung der Motorsteuerungssoftware voraus und schließt die Annahme einer fahrlässigen Herbeiführung dieses Zustands aus (LG Krefeld ZIP 2017, 1671). Angesichts der Dimension der manipulierten Fahrzeuge in Zahl und Qualität hält der Senat es für ausgeschlossen, dass nicht mindestens entscheidungsbefugte leitende Mitarbeiter der Entwicklungsabteilung Kenntnis von den Manipulationen hatten. Das gilt umso mehr, als - unstreitig - bei allen Motoren der Serie Typ1 ausnahmslos die Manipulation festzustellen ist. Die Bestimmung gesetzlicher Grenzwerte war in ständiger öffentlicher, politischer, umwelttechnischer und wirtschaftlicher Diskussion. Insoweit liegt die Frage auf der Hand, welche Grenzwerte von einem Autobauer technisch zu beherrschen sind und wie dies geschieht. Auch mussten die technischen und wirtschaftlichen Grenzen gegenüber der nationalen wie europäischen Politik kommuniziert werden. Insoweit werden mindestens entscheidungsbefugte leitende Mitarbeiter, wenn nicht sogar der Leiter der Entwicklungsabteilung entsprechenden Fragestellungen aus dem Vorstand ausgesetzt gewesen sein. Es erscheint dem Senat dabei undenkbar, dass entscheidungsbefugten leitenden Mitarbeitern der Entwicklungsabteilung die technische Umsetzung in Form einer Abgasabschalteinrichtung verschwiegen wurde. Zu Recht weist das Oberlandesgericht Karlsruhe darauf hin, dass es sich in der Sache um eine Strategieentscheidung mit außergewöhnlichen Risiken für den gesamten Konzern und auch massiven persönlichen Haftungsrisiken für die entscheidenden Personen handelt, dem bei den untergeordneten Konstrukteuren kein in Anbetracht der arbeits- und strafrechtlichen Risiken annähernd adäquater wirtschaftlicher Vorteil gegenübersteht (OLG Karlsruhe, a.a.O., Rn. 55). Das sieht der Senat nicht anders. Aufgrund der Zahl der betroffenen Fahrzeuge handelte es sich auch nicht nur um eine Nischenfrage.

Unabhängig von der Überzeugung des Senates ergibt sich aber auch kein anderes Ergebnis aus Darlegungs- und Beweislastgesichtspunkten. Grundsätzlich hat jede Partei die ihr günstigen Tatsachen vorzutragen und im Bestreitensfall zu beweisen. Insoweit geht auch der Senat von der grundsätzlichen Darlegungs- und Beweislast beim Kläger aus. Der Kläger als Verbraucher hat allerdings keine tieferen Einblicke in die Entscheidungsstrukturen der Beklagten. Die Beklagte hat ihr Bestreiten allein damit begründet, nach derzeitigem Kenntnisstand sei nicht erwiesen, dass der Leiter oder leitende Mitarbeiter der Entwicklungsabteilung von der Software und deren Einsatz gewusst haben. Dies ist als gem. § 138 Abs. 4 ZPO unzulässiges Bestreiten mit Nichtwissen zu qualifizieren.

Der Kläger hat umfangreich dazu vorgetragen, wer nach seinem Wissensstand zu welchem Zeitpunkt Kenntnis von den Entscheidungen bei der Beklagten gehabt und diese gebilligt bzw. angeordnet hat. Auch hat er vorgetragen, dass dies im Bewusstsein erfolgte, über die Zulassungsfähigkeit der Fahrzeuge zu täuschen. Dabei standen ihm allein öffentlich zugängliche Quellen zur Verfügung. Eine weitergehende Darlegung ist ihm daher nicht möglich. Vor diesem Hintergrund verletzt der Verweis auf den derzeitigen Kenntnisstand die der Beklagten obliegenden Erkundigungs- und Informationsobliegenheiten. Sie muss im eigenen Unternehmensbereich entsprechende Erkundigungen einholen. Sie ist verpflichtet, die ihr zugänglichen Informationen in ihrem Unternehmen und von denjenigen Personen einzuholen, die unter ihrer Anleitung, Aufsicht oder Verantwortung tätig geworden sind (BGH, Urteil vom 19. April 2011, BeckRS, 2001, 8009). Weshalb der Beklagten entsprechender Vortrag nicht möglich sein soll und welche Aktivitäten sie entfaltet hat, um ihrer Informationspflicht nachzukommen, ist nicht ersichtlich. Dies gilt umso mehr, als seit Bekanntwerden der Problematik mehr als vier Jahre verstrichen sind und die Beklagte zur Aufklärung renommierte internationale Berater beauftragt hat.

Der Beklagten ist es darüber hinaus auch verwehrt, sich darauf zurückzuziehen, es sei ihr unzumutbar dazu vorzutragen, welche Personen von der Entwicklung der Umschaltlogik und ihrer Verwendung Kenntnis gehabt hätten. Dass in dem Unternehmen zu einem gewissen Zeitpunkt die Entscheidung zum Einsatz der Software getroffen wurde, ist unstreitig. Ein Unternehmen wie das der Beklagten muss eine Arbeitsorganisation vorhalten, in der wesentliche Entscheidungen dokumentiert und Kommunikationsflüsse nachvollziehbar sind.

Ohne strukturierende Arbeits- und Verhaltensanweisungen, die Dokumentation der Arbeitsausführung und ein hierauf bezogenes Kontrollsystem wäre ein Unternehmen wie das der Beklagten nicht zu führen. Wollte man annehmen, dass durch einen Verzicht auf diese Mechanismen bewusst Entscheidungsfindungen verschleiert werden, wäre darin seinerseits ein Anhaltspunkt für eine sittenwidrige Verfahrensweise zu sehen. Das Unternehmen könnte sich allzu einfach auf das Versagen Einzelner berufen und sich von der eigenen Haftung freizeichnen.

Es erschließt sich daher nicht, warum die Beklagte nicht dazu vortragen kann, wer wann welche Entscheidung getroffen und an wen kommuniziert hat. Wenn Vorstand und leitende Angestellte tatsächlich nicht informiert gewesen sein sollten - was der Senat bei einer Entscheidung dieser Tragweite für ausgeschlossen hält -, müsste die Beklagte im Stande sein, dies anhand der tatsächlich getroffenen Entscheidungen und der versagenden Kontrollmechanismen darzulegen. Das Bestreiten unter Bezugnahme auf den derzeitigen Kenntnisstand ist daher unbeachtlich, so dass von der Kenntnis mindestens entscheidungsbefugter leitender Mitarbeiter auszugehen ist. Die Kenntnis der leitenden Angestellten genügt für eine Zurechnung nach § 31 BGB (s.o.)

Darüber hinaus ist der Beklagten auch die Kenntnis von Vorstandsmitgliedern zuzurechnen. Die Beklagte kann sich nicht darauf zurückziehen, nach derzeitigem Ermittlungsstand lägen keine Erkenntnisse dafür vor, dass eines ihrer Vorstandsmitglieder im Sinne des Aktienrechts an der Entwicklung der Software beteiligt gewesen sei oder die Entwicklung oder Verwendung der Software in Auftrag gegeben bzw. davon gewusst habe. Insoweit gelten zunächst die gleichen Erwägungen für die Kenntnis der einzelnen Vorstandsmitglieder wie für die entscheidungsbefugten Mitglieder der Entwicklungsabteilung. Dies gilt umso mehr, als der Vorstand der Beklagten nicht nur mit Juristen und Betriebswirten, sondern bis hin zum damaligen Vorstandsvorsitzenden auch mit Ingenieuren besetzt war. Eine Unkenntnis des Vorstandes könnte sich der Senat nur mit einem bewussten Verschließen der Augen vor den Realitäten erklären, was im subjektiven Unwertgehalt des § 826 BGB der positiven Kenntnis gleichzusetzen wäre.

Die Beklagte trifft allerdings insoweit auch eine sekundäre Darlegungslast, der sie nicht genügt hat. Der Senat muss die Frage der tatsächlichen Kenntnis also gar nicht abschließend entscheiden. Es besteht hier ein indizieller Beweis für die Kenntnis des Vorstands. Die strategische und wirtschaftliche Bedeutung der Frage nach der Einhaltung der Abgaswerte gekoppelt mit der Zahl der betroffenen Fahrzeuge und der mangelnden Transparenz sind hier ebenso führend wie der Umstand, dass die Vorstandsmitglieder nicht nur fachlich in der Lage waren, die Problemlage zu erfassen und die Lösungswege zu erkennen, sondern dies auch in deren Zuständigkeit fiel. Die Beklagte hätte diesen indiziellen Beweis im Wege der sekundären Darlegung entkräften können. Dies ist ihr jedoch nicht gelungen. Grundsätzlich muss zwar der Kläger alle Tatsachen behaupten und beweisen, aus denen sich sein Anspruch herleitet. In bestimmten Fällen ist es aber Sache der Gegenpartei, sich im Rahmen der ihr nach §138 Abs. 2 ZPO obliegenden Erklärungspflicht zu den Behauptungen der beweispflichtigen Partei substantiiert zu äußern. Eine solche sekundäre Darlegungslast, die die Verteilung der Beweislast unberührt lässt, setzt voraus, dass die nähere Darlegung dem Behauptenden nicht möglich oder nicht zumutbar ist, während der Bestreitende alle wesentlichen Tatsachen kennt und es ihm zumutbar ist, nähere Angaben zu machen (BGH NJW-RR 2015, 1279, 1280 [BGH 10.02.2015 - VI ZR 343/13] m.w.N). So liegt der Fall hier.

Der Kläger hat unter Auswertung und Darlegung der ihm zugänglichen öffentlichen Quellen dargelegt, woraus er seinen Vortrag, Vorstandsmitglieder der Beklagten hätten von der Verwendung der Software gewusst, herleitet. Nach ihrem eigenen Vorbringen weiß die Beklagte selbst nicht, wer wann Kenntnis hatte. Sie zieht sich vielmehr auf den Standpunkt zurück, nach dem derzeitigen Sachstand sei von Unkenntnis auszugehen, obwohl es sich um Vorgänge handelt, die in ihre eigene Unternehmensverantwortung fallen. Dies zeigt, dass der Kläger das ihm Mögliche vorgetragen hat. Demgegenüber ist es der Beklagten zumutbar, nähere Angaben zu machen. Ihr Vortrag impliziert, die Entscheidung über die Verwendung der Software sei von Mitarbeitern unterhalb der Vorstandsebene, mithin auf nachgeordneten Arbeitsebenen getroffen worden. Damit macht sie deutlich, diesbezügliche Kenntnisse zu haben, da sie anderenfalls einen entsprechenden Vortrag nicht hätte halten können und dürfen. Wenn sie aber weiß und auch wissen muss, wer unterhalb der Vorstandsebene wann welche Kenntnis gehabt hat, ist es ihr auch möglich nachzuvollziehen, ob entsprechende Kenntnis an den Vorstand weitergegeben wurde oder nicht. So oder so muss eine entsprechende Entscheidung von jemandem getroffen worden sein. Warum es ihr nicht möglich sein soll, dies in Erfahrung zu bringen und vorzutragen, ist nicht plausibel. Die Beklagte hat nach ihren öffentlichen Bekundungen in den letzten vier Jahren eigene Untersuchungen veranlasst.

Der Beklagten - und allein ihr - ist es möglich, die Entscheidungsprozesse, die zur Verwendung der Software geführt haben, darzulegen. Insoweit ist auch nicht nachvollziehbar - und von ihr auch nicht dargelegt worden-, dass ihr dies trotz des Ablaufs von mehreren Jahren nicht möglich sein soll. Es fehlt mithin an dem erforderlichen substantiierten Vortrag zur (Nicht-) Kenntnis der Vorstandsmitglieder durch die Beklagte.

Ungeachtet dessen ließe es eine Haftung der Beklagten nicht entfallen, wenn es der Beklagten gelungen wäre nachzuweisen, dass die Entscheidung zu dem Vorgehen allein auf der nachgeordneten Arbeitsebene gefallen wäre. In diesem Fall würde sich nämlich die Frage stellen, warum es der Beklagten nicht gelungen ist, den Gesamtbereich ihrer Tätigkeit so zu organisieren, dass für alle wichtigen Aufgabengebiete ein verfassungsmäßiger, organschaftlicher Vertreter zuständig ist, der die wesentlichen Entscheidungen selbst trifft. Überlässt ein Unternehmen wie die Beklagte es Mitarbeitern, die für die Zulassung von Fahrzeugen essentiellen Voraussetzungen für den Erhalt von Typengenehmigungen zu schaffen, ohne dass den Mitarbeitern durch die allgemeine Betriebsregelung und Handhabung bedeutsame, wesensmäßige Funktionen der juristischen Person zur selbständigen, eigenverantwortlichen Erfüllung zugewiesen sind, kann sie sich nicht von ihrer Haftung für deren Handeln freizeichnen. Dann nimmt sie es jedenfalls bedingt vorsätzlich in Kauf, dass dort Entscheidungen von haftungsrechtlicher Relevanz getroffen werden, die aufgrund mangelhafter Organisation zu ihren Lasten gingen. Anderenfalls könnte die Beklagte Manipulationen Tür und Tor öffnen, indem sie bewusst Verantwortungslücken ent- bzw. bestehen lässt.

Insoweit begründet nach der Auffassung des Senates auch das bewusste Organisieren des Nichtwissens eine Zurechnung im Sinne des § 31 BGB. Die Beklagte hat nicht dargelegt, dass es eine solche lückenhafte Organisation gab. Sie hätte dann nämlich darlegen müssen, in welcher Art und Weise sie sicherstellt, dass solche wesentlichen Unternehmensentscheidungen bis auf die Ebene des Vorstandes getragen werden, warum dies im konkreten Fall nicht geschehen ist und welche weiteren Qualitätssicherungsmaßnahmen aus welchen Gründen ebenfalls versagt haben, d.h. welchen Mitarbeitern welche Pflichtverstöße vorzuwerfen sind.

5. Schaden

Der Kläger hat auch einen Schaden erlitten. Der Schaden liegt in dem Erwerb eines mit der Steuerungssoftware ausgerüsteten Fahrzeugs (vgl. auch OLG Köln, Beschluss vom 3. Januar 2019 - 18 U 70/18 -, juris).

§ 826 BGB erfasst auch reine Vermögensschäden, da er nicht auf die Verletzung bestimmter absoluter Rechtsgüter wie § 823 Abs. 1 BGB abzielt. Unter einem Schaden im Sinne des § 826 BGB ist allerdings auch nicht nur die negative Einwirkung auf die Vermögenslage zu verstehen, sondern die nachteilige Beeinträchtigung jedes rechtlich anerkannten Interesses. Der Schaden kann deshalb auch in der Eingehung einer "ungewollten" Verbindlichkeit bestehen, selbst wenn dieser einer Forderung auf eine objektiv gleichwertige Gegenleistung gegenübersteht (BGH ZIP 2004, 1593; BGH, Urteil vom 28. Oktober 2014, VI ZR 15/14, Rz. 19, -juris; OLG Karlsruhe, a.a.O., Rn. 17f). Dies ist der Fall, wenn die Leistung für die Zwecke des Erwerbers nicht brauchbar ist (BGH, Urteil vom 26. September 1997 - V ZR 29/96 -, juris BGH, VersR 2005, 418). Nach Ansicht des Senates ist es für die Annahme eines Schadens nicht erforderlich, dass im Rahmen einer Mehrzahl verfolgter Zwecke keiner der Zwecke erreicht wurde. Vielmehr genügt es, dass ein nicht völlig nebensächlicher Zweck nicht erreicht wurde. Es kommt also im Ergebnis nicht zwingend auf einen geringeren Marktwert oder sonstige unmittelbaren wirtschaftlichen Nachteile an, wenngleich auch diese nach der Auffassung des Senates zu verzeichnen sind. Neben etwaigen wirtschaftlichen Nachteilen sind auch die enttäuschte Erwartung und die Zweckverfehlung als Schaden anzusehen. Ausgehend hiervon liegt ein Schaden vor.

Insoweit kann zunächst auf den Beschluss des Bundesgerichtshofes vom 8. Januar 2019 (VIII ZR 225/17) verwiesen werden. Aufgrund der rechtswidrig verbauten Abgasabschalteinrichtung drohte die Stilllegung des Fahrzeuges, was für sich genommen schon als Schaden zu betrachten ist. Damit ist die Nutzwerterwartung enttäuscht. Diese wird auch nicht durch eine nachträgliche Maßnahme - das Angebot eines Software-Updates - wieder erfüllt. Der Schaden ist einmal eingetreten. Mag im Kauf- und Gewährleistungsrecht der Kunden auf eine Nachbesserung verwiesen werden, fehlt es an dieser Option für das Recht der unerlaubten Handlung. Die Frage des Software-Updates ist eine solche der Schadensbeseitigung, nicht aber der Schadensbegründung.

Der Kläger hat ein Fahrzeug erworben, das zwar primär seinem Erfordernis, am Straßenverkehr teilzunehmen, genügt. Es hat mithin den gewollten Nutzwert im engeren Sinne. Es verfügte aber über eine Einrichtung, bei deren Bekanntwerden die Typengenehmigung für das Fahrzeug nicht erteilt worden wäre. Aufgrund der Einrichtung unterlag es einer Rückrufaktion. Ohne Durchführung weiterer Maßnahmen - nämlich eines Software-Updates - drohte, was unstreitig ist, eine Betriebsuntersagung. Zweck des Erwerbs war aber die uneingeschränkte Teilnahme am Straßenverkehr, ohne dass durch weitere Maßnahmen eine drohende Betriebsuntersagung abzuwehren gewesen wäre. Der Nutzwert ist also eingeschränkt. Dies gilt auch für die weiteren verfolgten Zwecke wie das Bestreben, einen individuellen Beitrag zum kollektiven Umweltschutz zu leisten.

Letztlich liegt ein Schaden in Form der ungewollten Eingehung einer Verbindlichkeit vor. Neben der Frage der drohenden Stilllegung hat der Kläger für den Senat nachvollziehbar dargelegt, dass für ihn auch die Umweltstandards deutscher Fahrzeuge, speziell derjenigen der Beklagten, ein ausschlaggebender Punkt im Rahmen der Kaufentscheidung waren. Insoweit ist der Kläger auch bei der Kaufentscheidung aufgrund der verschwiegenen unzulässigen Abschalteinrichtung eine von ihm so nicht gewollte Verbindlichkeit eingegangen. Das Fahrzeug hat damit letztlich nicht seinen Erwartungen entsprochen und war für einen weiteren von mehreren denkbaren Zwecken - einen individuellen Beitrag zum Umweltschutz zu leisten - nicht geeignet. Auch das begründet einen Schaden.

Die Beklagte hat dem Kläger den Schaden auch vorsätzlich zugefügt. Sie hat zumindest für möglich gehalten und billigend in Kauf genommen, dass die Abschalteinrichtung im Falle ihres Entdeckens Auswirkungen auf die Betriebserlaubnis des Fahrzeugs haben würde und Erwartungen des Fahrzeugeigentümers enttäuscht werden. Dies folgt zwangsläufig aus der Verwendung der Software. Anderenfalls ist ihr heimliches Vorgehen nicht erklärlich. Damit war für sie vorhersehbar, dass es zu einer Stilllegung des Fahrzeugs kommen kann.

6. Kausalität

Für die Annahme eines Zusammenhangs zwischen Täuschung und Abgabe der Willenserklärung genügt es, dass der Getäuschte Umstände dargetan hat, die für seinen Entschluss von Bedeutung sein konnten, und dass die arglistige Täuschung nach der Lebenserfahrung bei der Art des zu beurteilenden Rechtsgeschäfts Einfluss auf die Entschließung hat (BGH, Urteil vom 12. Mai 1995 - V ZR 34/94 -, juris). Der getäuschte Käufer darf keine Kenntnis von den maßgeblichen Tatsachen haben und seine Verfügung - der Abschluss des Kaufvertrages - muss auf dieser Unkenntnis beruhen. Es muss ein auf der Täuschung beruhender Irrtum vorliegen. Diese Voraussetzungen liegen zur Überzeugung des Senates vor. Da es sich um innere Tatsachen handelt, kann der Nachweis nur auf der Grundlage von Indizien geführt werden, die hinreichend und nachvollziehbar dargelegt sind.

Nach der Lebenserfahrung und der Art des zu beurteilenden Geschäftes ist jedenfalls vor Bekanntwerden der Abschaltproblematik auszuschließen, dass ein Käufer ein Fahrzeug erwirbt, dem eine Betriebsuntersagung droht und bei dem im Zeitpunkt des Erwerbs in keiner Weise absehbar ist, ob dieses Problem überhaupt behoben werden kann. Dies gilt erst recht, wenn ihn der Hersteller oder der Verkäufer hierauf hinweisen würde. Diese Einwirkung auf die Entschließung des Klägers als Käufer genügt für den Kausalzusammenhang zwischen dem Irrtum und der Kaufentscheidung (BGH, Urteil vom 12. Mai 1995 - V ZR 34/94 -, juris). Daneben sind die Aspekte der Umweltverträglichkeit und mit einem erhöhten NOx-Ausstoß einhergehender Gesundheitsgefahren oder auch Nutzungseinschränkungen im Sinne einer uneingeschränkten Mobilität (Fahrverbote in Gegenwart und Zukunft) Argumente, die bei einem Kaufentschluss für ein Fahrzeug plausibel eine Rolle spielen und so Einfluss auf die Dispositionsfreiheit eines Kunden haben können.

Dies gilt auch dann, wenn sich der Kläger - wie die Beklagte behauptet - um diese Frage überhaupt keine bewussten Gedanken gemacht hat. Der Käufer unterstellt aufgrund der erteilten Typengenehmigung bestimmte Eigenschaften und setzt diese selbstverständlich voraus. Hätte die Beklagte das Fahrzeug weder in Verkehr gebracht noch die unzulässige Abgasabschalteinrichtung verschwiegen, wäre es zu einer reflektierten Entscheidung zu diesen Faktoren gekommen und - sachgerechtes Verhalten unterstellend - ein Kauf unterblieben.

7. Schutzzweck

Für Ansprüche aus unerlaubten Handlungen gilt allgemein, dass die Ersatzpflicht auf solche Schäden beschränkt ist, die in den Schutzbereich des verletzten Ge- oder Verbots fallen (BGH, Urteil vom 11. November 1985 - II ZR 109/84, Rn. 15, juris,). Der Schaden des Klägers liegt innerhalb des Schutzzwecks von § 826 BGB. Der Senat vermag sich nicht der Auffassung des OLG Braunschweig anzuschließen, wonach im Zusammenhang mit dem Gefahrenbereich "Übereinstimmungsbescheinigung" entstandene Schäden aus der Haftung des § 826 BGB auszunehmen seien, da der Schutzzweck der verletzten Normen keine individualschützende Wirkung habe (a.a.O., Rn. 188 i.V.m. Rn. 141ff). Dies lässt außer Acht, dass das Vorgehen der Beklagte eben nicht nur Vorschriften verletzt hat, die Gemeinschaftsinteressen dienen, sondern ganz konkret dazu geführt hat, dass Tausende von Kunden Fahrzeuge erworben haben, die mit dem Risiko einer Betriebsuntersagung behaftet waren und die damit höchst individuell betroffen waren. Genau dies war auch das Ziel der Beklagten, die über das Inverkehrbringen der Fahrzeuge ihre Umsätze generiert. Auf die Betrachtung der weiter dargelegten Vertragserwartungen kommt es damit nicht mehr an.

8. Keine Schadensbeseitigung

Der dem Kläger entstandene Schaden ist auch nicht durch die Durchführung des Software-Updates entfallen. Unabhängig von der Frage, ob dieses im Hinblick auf seine höchst umstrittenen Folgen überhaupt geeignet ist, den Schaden zu beseitigen, kommt es auf dessen Wirkung nicht an. Maßgeblich für die Frage des Schadens ist der Zeitpunkt des Erwerbs des Fahrzeugs. Der Schadenseintritt war zu diesem Zeitpunkt erfolgt. Dem Deliktsrecht ist eine Nacherfüllungsverpflichtung, wie sie das Kaufrecht vorsieht, fremd. Hinzu kommt, dass der Kläger das Software-Update nicht aus Gründen der Schadensbeseitigung hat durchführen lassen, sondern weil das Fahrzeug von der vom KBA angeordneten Rückrufaktion betroffen war und anderenfalls eine Betriebsuntersagung gedroht hätte. In der Durchführung des Updates kann daher kein Verzicht auf die Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen gesehen werden.

9. Negatives Interesse

Der Ersatzanspruch richtet sich bei § 826 BGB auf das negative Interesse. Der Geschädigte ist so zu stellen, wie er ohne Eintritt des schädigenden Ereignisses stünde.

Ohne die vorsätzliche sittenwidrige Schädigung - das Inverkehrbringen des manipulierten Fahrzeuges und das Verschweigen des Einbaus der Abgasabschalteinrichtung - hätte der Kläger den Vertrag nicht geschlossen. In diesem Fall hätte der Kläger das Fahrzeug nicht erhalten und den Kaufpreis nicht gezahlt. Die Beklagte hat dem Kläger daher den Kaufpreis zurückzuerstatten, Zug um Zug gegen Herausgabe und Übereignung des Fahrzeuges. Des Weiteren kann er die nutzlos aufgewandten Kosten für die Zulassung erstattet verlangen.

10. Verjährung

Die von der Beklagten erhobene Einrede der Verjährung bleibt erfolglos. In 1. Instanz ist sie nach Schluss der mündlichen Verhandlung mit nicht nachgelassenem Schriftsatz erhoben worden. Deshalb hat das Landgericht zutreffend nicht über sie entschieden. In 2. Instanz hat die Beklagte die Einrede der Verjährung wiederholt. Ob die Verjährung infolge der Anmeldung zum Musterfeststellungsverfahren gemäß § 204 Abs. 1 Nr. 1a BGB gehemmt war, vermag der Senat nicht zu beurteilen, weil der Kläger (-Vertreter) den Zeitpunkt der Anmeldung in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat nicht mitteilen konnte.

Letztlich kann dies aber dahinstehen, weil der Anspruch auch ohne Anmeldung zum Musterfeststellungsverfahren nicht verjährt ist. Zum Verjährungsbeginn gehören nicht nur Kenntnis von Schaden und Schädiger, sondern nach ständiger Rechtsprechung auch die Kenntnis der anspruchsbegründenden Tatsachen, auf deren Grundlage der Anspruchsinhaber eine hinreichend aussichtsreiche, wenn auch nicht risikolose Klage erheben kann. Dies führt einerseits nicht dazu, dass die Verjährung erst beginnt, wenn der Anspruchsinhaber alle Details kennt und eine weitgehend risikolose Klage erheben kann.

Andererseits ist eine Klageerhebung bei noch weitgehend ungeklärtem Sachverhalt nicht zumutbar. Hier hat die Beklagte in der im September 2015 veröffentlichten ad-hoc-Mitteilung eingeräumt, dass bei dem Motor Typ1 "eine auffällige Abweichung zwischen Prüfstandwerten und realem Fahrbetrieb festgestellt" worden sei. Damit hat die Beklagte die Mangelhaftigkeit der betroffenen Fahrzeuge - wenngleich nur vage und verklausuliert - eingeräumt. Sie hat aber bestritten, dass ihr Vorstand bzw. der für eine Haftung nach § 826 BGB in Betracht kommende Personenkreis davon gewusst hat. Der am Tag nach der ad-hoc-Mitteilung zurückgetretene damalige AA AG-Chef GG stellt eine frühere Kenntnis von der streitgegenständlichen Abgasproblematik bis heute in Abrede. Erst im Jahre 2016 ist durch Nachforschungen und Ermittlungen von Medien, Strafverfolgungsorganen und Klägeranwälten Umfang und Größe des Problems (insbesondere innerhalb der Organisation der Beklagten) deutlich geworden. Belastbare Hinweise auf eine Kenntnis der Organe der Beklagten verdichteten sich erst ab Januar 2016 durch Zeugenaussagen von bei der Beklagten beschäftigten Ingenieuren, die angaben, dass auch den Führungskräften der Beklagten die Problematik bekannt gewesen sei. In den rund drei Monaten zwischen der sog. ad-hoc-Mitteilung der Beklagten und dem Jahresende 2015 lagen insoweit allenfalls vage Hinweise vor.

Damit ist den Geschädigten im Jahr 2015 zwar die Mangelhaftigkeit ihrer Fahrzeuge bekannt geworden, nicht aber die ein vorsätzliches sittenwidriges Handeln der Beklagten begründenden Umstände. Eine Klageerhebung war den Geschädigten bis Ende 2015 nicht zumutbar.

11. Vorteilsausgleich

Der Kläger muss sich im Wege des Vorteilsausgleichs die von ihm gezogenen Nutzungen anrechnen lassen. Er hat das Fahrzeug mehr als sieben Jahre genutzt und auf diese Weise einen geldwerten Vorteil erlangt. Auch in Anbetracht einer vorsätzlichen sittenwidrigen Schädigung ist dies nicht unbillig, da der Kläger das Fahrzeug tatsächlich genutzt hat und der Verweigerung des Vorteilsausgleiches keine kompensierende Wirkung zukommt.

Dies führt auch nicht zu einer unbilligen Entlastung des Schädigers. Es ist nicht Aufgabe des Schadensrechts, das Verhalten des Schädigers in einer über die faktische Rückabwicklung des Vertrages hinausgehenden Weise zu sanktionieren. Der von dem Kläger gezogene Nutzungsvorteil ist keiner, der ohne das schädigende Ereignis bei diesem verblieben wäre. Denn auch ohne das schädigende Ereignis hätte der Kläger ein Kraftfahrzeug geführt und somit die daraus resultierenden Nutzungsvorteile für sich in Anspruch genommen. In diesem Punkt steht er durch das Verhalten der Beklagten nicht schlechter da.

Dem Anspruch auf Erstattung des Nutzungsvorteils stehen die Regelungen des Verbrauchsgüterkaufs nicht entgegen. Zwar erfolgt im vorliegenden Fall nicht die Rückabwicklung eines vertraglichen Schuldverhältnisses, sondern es besteht ein deliktsrechtlicher Anspruch. Der auf das negative Interesse gerichtete Schadensersatzanspruch hat aber die faktischen Wirkungen einer Rückabwicklung. Gem. §§ 475 Abs. 3 Satz 1 BGB ist beim Verbrauchsgüterkauf § 349 Abs. 5 BGB mit der Maßgabe anzuwenden, dass Nutzungen nicht herauszugeben oder durch ihren Wert zu ersetzen sind. Erfasst sind Fälle, in denen der Verkäufer zum Zwecke der Nacherfüllung eine mangelfreie Sache liefert und deshalb vom Käufer die Rückgewähr der mangelhaften Sache verlangen kann. Dieser Rechtsgedanke kann jedoch nicht auf den vorliegenden Fall übertragen werden. Dieser liegt parallel zum Rücktritt von einem Kaufvertrag, nicht zur Lieferung einer mangelfreien Sache. Den Fall des Rücktritts eines Käufers vom Kaufvertrag und mithin die Durchführung des Rückabwicklungsschuldverhältnisses erfasst diese Regelung jedoch nicht.

Die erwartete Gesamtlaufleistung schätzt der Senat in Übereinstimmung mit dem Landgericht gem. § 287 BGB auf 300.000 km (vgl. LG Hildesheim, Urteil vom 17. Januar 2017 - 3 O 139/16 -, Rn. 73, juris für einen PKW2). Dabei war zu berücksichtigen, dass die Beklagte selbst eine hervorgehobene Qualität ihrer Fahrzeuge für sich in Anspruch nimmt, was sich auch in gegenüber vergleichbaren Fahrzeugen anderer Hersteller höheren Kaufpreisen wiederspiegelt. Weiterhin ist bei der Schätzung einzubeziehen, dass es sich um ein Fahrzeug mit dem Baujahr 2011 handelt, bei dem aufgrund fortschreitender technischer Entwicklung von einer höheren Haltbarkeit ausgegangen werden muss, als das bei älteren Fahrzeugen der Fall ist. Dabei kann auch nicht außer Acht gelassen werden, dass im heutigen Straßenbild eine Vielzahl von Fahrzeugen der Marke CC zu sehen sind, die ohne weiteres älter als zehn Jahre sind. Der im vorliegenden Fall betroffene Fahrzeugtyp PKW1 gehört zu den Mittelklassefahrzeugen, die auf eine umfangreiche und robuste Nutzung ausgelegt sind.

Die Laufleistung zum Zeitpunkt des Schlusses der mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht betrug unstreitig 165.886 km. Einen aktuelleren Wert konnte der Senat der Berechnung nicht zugrunde legen, weil der Klägervertreter diesen nicht kannte.

Die abzuziehende Nutzungsentschädigung errechnet sich dann nach der Formel

Gebrauchsvorteil = Bruttokaufpreis x gefahrene Kilometer / erwartete Restlaufleistung im Erwerbszeitpunkt.

Der Bruttokaufpreis betrug 23.999,- €. Die gefahrenen Kilometer belaufen sich auf 141.861 (165.886 km zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht abzüglich 24.025 km im Erwerbszeitpunkt). Die erwartete Restlaufleistung beträgt 275.975 km (300.000 km abzüglich 24025 km im Erwerbszeitpunkt). Dies ergibt eine zu berücksichtigende Nutzungsentschädigung von 12.336,86 € und einen auszuurteilenden Betrag von 11.662,14 €.

12. Reparatur des AGR-Ventils

Weiterhin kann der Kläger Ersatz der Kosten für die Reparatur des AGR-Ventils beanspruchen. Dabei kann dahingestellt bleiben, ob die Reparatur auf das Software-Update zurückzuführen ist oder auf einen davon unabhängigen Verschleiß. Denn im Rahmen des auszugleichenden negativen Interesses war die Reparatur Folge des ungewollten Vertragsschlusses und im Ergebnis für den Kläger ohne Nutzen. Hätte er den Wagen nicht gekauft, hätte er auch das AGR-Ventil nicht reparieren lassen müssen.

13. Zinsen

Schließlich steht dem Kläger auch die Verzinsung des entzogenen Kaufpreises für die Zeit ab Weggabe des Geldes nach §§ 849, 246 BGB zu (vgl. BGH, Versäumnisurteil vom 26.11. 2007 - II ZR 167/06 -, juris Rn.3-6). Dem Senat scheint bei Anwendung der in der vorgenannten Entscheidung aufgezeigten Grundsätze die Anwendung des § 849 BGB in Fällen der vorliegenden Art unausweichlich. Das Argument, der vorliegend zu beurteilende Fall unterscheide sich insoweit, als der Geschädigte sich des Geldes nicht ersatzlos begebe, weil er das Auto zur Nutzung erhalte (so OLG Hamm a.a.O. Rn.99), scheint dem Senat nicht überzeugend, denn der Geschädigte "bezahlt" diese Nutzung bereits durch den Nutzungsersatz, der vom Kaufpreis abgezogen wird (und der bekanntermaßen sogar die Gewinnmarge des Verkäufers umfasst, weil die Nutzungsentschädigung gemeinhin aus dem Kaufpreis ermittelt wird). Würde man das vorgenannte Argument gelten lassen, bezahlte der Geschädigte die Nutzung des Autos gleichsam zweimal: Einmal durch Abzug des Nutzungsvorteils vom Kaufpreis und ein zweites Mal durch den Verzicht auf die (eigentlich) geschuldete Verzinsung des Rückzahlungsanspruchs. Deswegen überzeugt das Argument der Beklagten auch nicht, die Anwendung des § 849 BGB in einem Austauschverhältnis verstieße gegen das schadensrechtliche Bereicherungsverbot, weil der Geschädigte einen Nutzungsersatz erhalte, obgleich ihm keine Nutzung entzogen sei. Denn die Nutzung des Geldes ist ihm entzogen; dass die Nutzung des Autos dem nicht entgegengehalten werden kann, ist bereits dargelegt. Aus Sicht des Senats ist auch kein plausibler Grund dafür ersichtlich, warum die Verzinsung nach § 849 BGB bei der deliktischen Entziehung von Buchgeld (vgl. BGH a.a.O.) ausgerechnet davon abhängen sollte, ob der Geschädigte seinerseits etwas erlangt hat. In der Sache stellt § 849 BGB einen pauschalierten Schadensersatz dar. Er bewirkt, dass die nach §§ 286 Abs.1, 288 BGB geschuldete Verzinsung der geschuldeten Geldsumme vor den Zeitpunkt der Mahnung oder Rechtshängigkeit vorverlegt wird, mehr nicht. Warum diese zeitliche Vorverlegung davon abhängen soll, ob der Geschädigte eine Gegenleistung erhalten haben soll, leuchtet nicht ein. Die Verzinsung ab Rechtshängigkeit hängt bekanntermaßen auch nicht davon ab, ob der Gläubiger seinerseits etwas erhalten hat oder nicht; generell macht das BGB die Verpflichtung zur Verzinsung einer Geldschuld nicht davon abhängig, ob eine Gegenleistung geflossen ist. Vielmehr sind Verzinsung, Wertersatz etc. im Rückabwicklungsverhältnis grundsätzlich für jede Leistung gesondert zu bestimmen (vgl. § 346 BGB). Der Senat kann keinen vernünftigen Grund erkennen, dieses Prinzip ausgerechnet im Deliktsrecht aufzugeben. Dem Senat scheint dieses Ergebnis auch nicht gänzlich unbillig, führt doch die Anwendung des § 849 BGB dazu, dass der Nachteil des getäuschten Käufers, der infolge der Täuschung um seinen Anspruch anfangs nicht weiß und demgemäß seine Rechte aus § 286 BGB nicht wahrnehmen und damit eine Verzinsung nicht herbeiführen kann, ausgeglichen wird und der Gewinn aus der zeitweiligen Nutzung des Geldes nicht bei demjenigen verbleibt, der sich das Geld durch Täuschung verschafft hat.

Der für den Fahrzeugkauf aufgewendete Betrag kann jedoch nicht für die gesamte Zeit zugrunde gelegt werden. Durch die Nutzung des Wagens seitens des Klägers ist der Wert des Fahrzeugs und damit der für den Erwerb notwendige Geldbetrag kontinuierlich im Laufe der Zeit niedriger geworden ("verbraucht"). An sich würde dies eine exakte Feststellung der täglich zurückgelegten Fahrstrecke erfordern, mindestens aber eine Ermittlung der Fahrstrecke nach Wochen oder Monaten, um durch Abzug der Gebrauchsvorteile vom Kaufpreis den verbleibenden Restbetrag zu ermitteln. Abgesehen davon, dass dies im Nachhinein über sieben Jahre kaum möglich sein dürfte, stünde der für die Aufklärung erforderliche Aufwand in keinem Verhältnis zu dem zu bestimmenden (Zins-)Betrag. Der Senat nimmt deshalb in Anlehnung an die Entscheidung des BGH vom 3.12.1964 - III ZR 141/64 (RN 47 bei juris) eine Schätzung nach § 287 Abs. 2 ZPO vor. Dabei geht er von einer gleichmäßigen Nutzung des PKW über die gesamte Zeit aus. Den zu verzinsenden Betrag schätzt der Senat auf den Mittelwert zwischen aufgewendetem Kaufpreis und zu erstattendem Betrag am Tag der letzten mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht. Der Kläger hat 23.999,- € aufgewendet. Nach diesem Urteil stehen ihm nach Abzug der Gebrauchsvorteile 11.662,14 €. zu. Der Mittelwert beläuft sich gerundet auf 17.830,57 €. Er ist der Zinsberechnung für die gesamte Zeit zugrunde zu legen.

Der Kläger kann darüber hinaus Verzinsung des für die Reparatur aufgewendeten Betrages von 893,12 € ab Rechtshängigkeit verlangen, § 291 BGB.

14. Vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten

Vorgerichtliche Anwaltskosten stehen dem Kläger nicht zu. Es war bei Beauftragung des Klägervertreters allgemein bekannt, dass die Beklagte nicht bereit war, außergerichtlich Schadensersatz zu leisten.

15. Feststellungsantrag zum Annahmeverzug

Auch der Feststellungsantrag ist begründet. Die Beklagte befindet sich aufgrund des Schreibens vom 3.4.2019 (...) seit dem 18.4.2019 gemäß § 293 BGB im Annahmeverzug. Der Kläger hat mit dem genannten Schreiben Schadensersatz gefordert und die Übergabe des Fahrzeugs Zug um Zug gegen Zahlung des Kaufpreises angeboten. Leistungsort für die Rückgewähr des Fahrzeugs ist der Wohnsitz des Klägers. Eine ausdrückliche oder stillschweigend getroffene Vereinbarung zwischen den Parteien liegt nicht vor. Der Leistungsort bestimmt sich gem. § 269 Abs. 1 BGB in einem solchen Fall aus den Umständen, insbesondere aus der Natur des Schuldverhältnisses. Da das ursprüngliche Schuldverhältnis, der Kaufvertrag, nicht zwischen den Parteien bestand, kann dieser nicht zur Bestimmung des Leistungsortes herangezogen werden. Das zwischen den Parteien bestehende Schuldverhältnis beruht auf einer Haftung der Beklagten gem. § 826 BGB. Der Vorwurf der vorsätzlichen sittenwidrigen Schädigung spricht dafür, den Geschädigten nicht damit zu belasten, das Fahrzeug zu der Beklagten als Schädigerin transportieren zu müssen.

16. Nebenentscheidungen

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 92 Abs. 2, 97 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 708 Nr. 10, 711 ZPO.

17. Zulassung der Revision

Die Revision wird zugelassen, weil die Sache grundsätzliche Bedeutung hat. Die Streitfrage ist vom Bundesgerichtshof bisher nicht entschieden und wird von Oberlandesgerichten (vgl. OLG Braunschweig (Beschluss vom 19. Februar 2019, 7 U 134/17) einerseits und OLG Karlsruhe (Beschluss vom 5. März 2019, 13 U 142/18) bzw. OLG Köln (Beschluss vom 2. Januar 2019, 18 U 70/18) andererseits unterschiedlich beantwortet (vgl. zu den Anforderungen an die rechts-grundsätzliche Bedeutung aktuell BGH vom 18. Oktober 2018, V ZA 22/18, Rn. 6 - zitiert nach juris).