Verwaltungsgericht Göttingen
Urt. v. 20.01.2005, Az.: 4 A 4100/02

Ersatzschule; Finanzhilfe; Ganztagsschule; Stichtag; Unterrichtsgenehmigung

Bibliographie

Gericht
VG Göttingen
Datum
20.01.2005
Aktenzeichen
4 A 4100/02
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2005, 50609
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Amtlicher Leitsatz

Leitsatz

1. Die für die Finanzhilfegewährung erforderlichen Voraussetzungen müssen zu dem für die amtliche Statistik (§ 150 Abs. 3 S. 6 NSchG) maßgeblichen Stichtag erfüllt sein.

2. Für das Nachmittagsangebot einer allgemeinenbildenden offenen Ganztagsschule in freier Trägerschaft besteht kein Anspruch auf Finanzhilfe.

Tenor:

Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Die Klägerin kann die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe der vollstreckbaren Kosten abwenden, wenn die Beklagte nicht vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Berufung wird zugelassen.

Tatbestand:

1

Die Klägerin begehrt die Erhöhung der ihr für das Schuljahr 1999/2000 bewilligten Finanzhilfe.

2

Die Klägerin ist Trägerin der I. in J., einem als Ersatzschule anerkannten Gymnasium. Die Schule ist als offene Ganztagsschule konzipiert. Ein Teil der Schüler ist in dem zur Schule gehörenden Internat untergebracht.

3

Auf ihren Antrag vom 21.7.2000 bewilligte die Bezirksregierung G. der Klägerin mit Bescheid vom 18.9.2000 für das Schuljahr 1999/2000 eine Finanzhilfe in Höhe von 4.656.547,58 DM für die I.. Gegen diesen Bescheid erhob die Klägerin Widerspruch, weil zum Stichtag 14.9.1999 die Anzahl der Unterrichtsstunden tatsächlich um 93,5 Stunden höher gelegen habe als zunächst von ihr angegeben. Die Erhöhung der Stundenzahl hatte sie mit Schreiben vom 13.10.2000 nachgemeldet.

4

Mit Bescheid vom 25.4.2002 wies die Bezirksregierung G. den Widerspruch der Klägerin zurück. Der Finanzhilfe-Abrechnung für das Schuljahr 1999/2000 lägen die zur Unterrichtsversorgung zum Stichtag 14.9.1999 ermittelten Daten zugrunde. Dieser Stichtag sei auch für die bei der Klägerin heranzuziehenden Daten maßgeblich, die im Rahmen der erforderlichen Vergleichsberechnung zu berücksichtigen seien. Von den nachgemeldeten Unterrichtsstunden könnten 59,5 Stunden nicht in die Berechnung einbezogen werden, weil für die betreffenden Lehrkräfte eine Unterrichtsgenehmigung nicht oder nicht zum Stichtag vorgelegen habe. Bei den verbleibenden 34 Unterrichtsstunden handele es sich um ein Zusatzangebot, für das keine Finanzhilfe gewährt werde.

5

Gegen den am 6.5.2002 zugestellten Widerspruchsbescheid hat die Klägerin am 5.6.2002 Klage erhoben. Sie ist der Auffassung, ein für sie verbindlicher Stichtag gehe aus den Vorschriften zur Berechnung der Finanzhilfe nicht hervor. Nach den genannten Vorschriften komme es zudem nur darauf an, dass von den Lehrkräften eigenverantwortlich Unterricht erteilt werde. Das Vorliegen einer Unterrichtsgenehmigung sei nicht erforderlich. Hinsichtlich des Unterrichtsangebots müsse berücksichtigt werden, dass sie eine Ganztagsschule unterhalte, zu deren Konzept - wie bei öffentlichen Ganztagsschulen - unterrichtsergänzende Förder- und Freizeitangebote gehörten.

6

Die Klägerin beantragt sinngemäß,

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die Beklagte zu verpflichten, ihr auf ihren Antrag vom 21.7.2000, ergänzt durch Schreiben vom 13.10.2000, für die I. in J. weitere Finanzhilfe für das Schuljahr 1999/2000 in Höhe von 154.089,36 € (301.372,60 DM) zu bewilligen und die Bescheide der Bezirksregierung G. vom 18.9.2000 und vom 25.4.2002 aufzuheben, soweit sie dieser Verpflichtung entgegenstehen.

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Die Beklagte beantragt,

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die Klage abzuweisen.

10

Zur Begründung ergänzt und vertieft sie die Argumentation des Widerspruchsbescheides.

11

Nach Auflösung der Bezirksregierung G. aufgrund Art. § 1 Abs. 1 und Art. 23 Abs. 1 des Gesetzes zur Modernisierung der Verwaltung in Niedersachsen vom 5.11.2004 (Nds. GVBl. S. 394) ist die Beklagte als nunmehr zuständige Behörde (vgl. §§ 120 Abs. 6, 119 Nr. 2 i.d.F. des Gesetzes zur Umsetzung der Verwaltungsmodernisierung im Geschäftsbereich des Kultusministeriums vom 5.11.2004, Nds. GVBl. S. 408) in das Verfahren eingetreten.

12

Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten und des Sachverhalts im Übrigen wird auf die Gerichtsakte sowie die beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Bezirksregierung G. verwiesen.

Entscheidungsgründe

13

Die Klage, über die das Gericht gemäß § 101 Abs. 2 VwGO mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entscheidet, ist zulässig, aber unbegründet. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Erhöhung der Finanzhilfe für das Schuljahr 1999/2000.

14

Die Klägerin hat als Trägerin einer anerkannten Ersatzschule gemäß §§ 149, 150 Niedersächsisches Schulgesetz (NSchG) in der für den hier streitigen Zeitraum maßgeblichen Fassung des Gesetzes vom 3.3.1998 (Nds. GVBl. S. 137) Anspruch auf Finanzhilfe in Form eines Grundbetrages, der sich aus einer Vervielfachung der durchschnittlichen Schüler/-innenzahl der Ersatzschule mit einem von der Schulbehörde festzusetzenden Schülerbetrag ergibt (§ 150 Abs. 2 S. 1 NSchG). Der hier allein streitige Schülerbetrag wird nach den in § 150 Abs. 3-8 NSchG festgelegten Grundsätzen berechnet. Danach sind zunächst die durchschnittlichen Aufwendungen für Schüler/-innen der entsprechenden öffentlichen Schulform zu ermitteln. Hierzu werden die tatsächlich erteilten Unterrichtsstunden durch die Regelstundenzahl der Lehrkräfte dieser Schulen geteilt (= Unterrichtspersonal) und sodann die Anzahl der Schüler/-innen der entsprechenden Schulform durch die Zahl des Unterrichtspersonals dividiert (Schüler-Lehrer-Relation). Der Schülerbetrag errechnet sich schließlich durch Division des in § 150 Abs. 6 NSchG geregelten Jahresmittelgehaltes durch die Schüler-Lehrer-Verhältniszahl. Der so errechnete Betrag ist zu vergleichen mit demjenigen Betrag, der sich ergibt, wenn die entsprechenden Daten der jeweiligen Ersatzschule anstelle der für öffentliche Schulen maßgeblichen Verhältniszahlen eingesetzt werden. Der jeweils niedrigere Endbetrag bildet die Grundlage der Finanzhilfeberechnung (§ 150 Abs. 8 NSchG). Zwischen den Beteiligten streitig ist die Vergleichsberechnung mit den Daten der Ersatzschule und hier die Anzahl der zu berücksichtigenden Unterrichtsstunden.

15

Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Einbeziehung der mit Schreiben vom 13.10.2000 nachgemeldeten 93,5 Unterrichtsstunden in die Finanzhilfeberechnung.

16

Der Einbeziehung steht allerdings nicht entgegen, dass die Klägerin die Daten erst etwa zweieinhalb Monate nach Ablauf des Schuljahres nachgemeldet hat. Gemäß § 149 Abs. 5 NSchG ist der Anspruch auf Finanzhilfe innerhalb einer Ausschlussfrist von einem Jahr nach Ablauf des betreffenden Schuljahres (§ 28 NSchG) geltend zu machen. Kann der Antrag insgesamt innerhalb eines Jahres nach Ende des jeweiligen Schuljahres - hier bis zum 31.07.2001 - gestellt werden, ist - zumindest solange kein bestandskräftiger Bescheid vorliegt - auch das Nachholen einzelner Angaben möglich.

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59,5 der insgesamt 93,5 Unterrichtsstunden hat die Bezirksregierung G. jedoch zu Recht nicht anerkannt, weil die hierfür notwendigen Voraussetzungen nicht zum Stichtag 14.9.1999 vorlagen.

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Die alleinige Berücksichtigung der zu einem bestimmten Stichtag maßgeblichen Daten begegnet keinen rechtlichen Bedenken. Nach § 150 Abs. 3 Satz 6 NSchG bestimmen sich die der Errechnung des Schülerbetrages zugrundeliegenden Verhältniszahlen nach den amtlich veröffentlichten statistischen Feststellungen für das jeweilige Schuljahr. Hinsichtlich dieser statistischen Feststellungen trifft der Gesetzgeber keine Regelung, sondern überlässt sie der Exekutive. Die Statistik zur Erhebung der Unterrichtsversorgung bezieht sich für das Schuljahr 1999/2000 auf den 14.9.1999 (s. Erlass des Nds. Kultusministeriums vom 13.1.2000 - 3065-81104/03 07 -). Anstelle der nach § 150 Abs. 3 NSchG maßgeblichen Daten werden die für die Ersatzschule maßgeblichen Verhältniszahlen eingesetzt (§ 150 Abs. 8 Satz 1 NSchG). Eine Vergleichsberechnung ist deshalb nur möglich, wenn sich auch die von der Ersatzschule mitgeteilten Daten auf den Stichtag beziehen, der für die öffentlichen Schulen gilt. Auch für die Gleichbehandlung der finanzhilfeberechtigten Ersatzschulen untereinander ist das Abstellen auf einen für alle Schulen gleichermaßen geltenden Stichtag erforderlich. Die als Alternative denkbare Bildung eines Durchschnittswertes anhand der für jeden Schultag zu ermittelnden Daten wäre mit einem unvertretbaren Verwaltungsaufwand verbunden. Im Übrigen wird in § 150 NSchG ebenfalls hinsichtlich einzelner Parameter der Finanzhilfeberechnung (vgl. § 150 Abs. 2, 7 Satz 2 NSchG) auf Stichtage abgestellt.

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Es ist auch nicht ersichtlich, dass der Stichtag willkürlich gewählt worden wäre oder die finanzhilfeberechtigten Ersatzschulen unverhältnismäßig benachteiligte. Die rechtzeitig erfolgte vorherige Bekanntgabe des Stichtages ist von der Klägerin nicht bestritten worden. Das maßgebliche Datum liegt etwa sechs Wochen nach Beginn des für öffentliche Schulen maßgeblichen Schuljahres. Zu diesem Zeitpunkt dürften organisatorische Probleme, die möglicherweise noch zu Anfang des Schuljahres bestehen, im allgemeinen behoben und der Stundenplan keinen größeren Änderungen mehr unterworfen sein. Zwar sind Schulen in privater Trägerschaft nicht an die Schuljahrsregelung des § 28 NSchG gebunden, die Klägerin hat jedoch nicht vorgetragen, dass sie eine abweichende Regelung getroffen hat. Im Übrigen wäre es der Klägerin zuzurechnen, wenn sie durch eine abweichende Gestaltung bewusst Nachteile bei der Finanzhilfeberechnung in Kauf nimmt (vgl. Brockmann in: Seyderhelm/Nagel/Brockmann, NSchG, Stand: Juni 2004, § 150 Anmerkung 3.1 mit weiteren Nachweisen).

20

Ausgehend von dem 14.9.1999 als maßgeblichem Stichtag hat die Bezirksregierung G. zutreffend diejenigen Unterrichtsstunden außer Betracht gelassen, die von Lehrkräften erteilt wurden, die zu diesem Zeitpunkt keine Unterrichtsgenehmigung hatten. Zum Lehrpersonal gehören im Hinblick auf die Berechnung der Finanzhilfe alle Personen, die in eigener pädagogischer Verantwortung erziehen und unterrichten (§ 150 Abs. 3 Satz 2 NSchG). Gemäß § 167 Abs. 2 Satz 1 NSchG bedürfen Lehrkräfte an Ersatzschulen zur Ausübung ihrer Tätigkeit der Genehmigung der Schulbehörde. Die Unterrichtsgenehmigung stellt die mit der Anerkennung als Ersatzschule verbundene Gleichwertigkeit mit dem öffentlichen Schulsystem sicher (vgl. §§ 167 Abs. 2 Satz 2, 144 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 NSchG). Zwar befindet sich die Bestimmung über das Erfordernis einer Unterrichtsgenehmigung in dem Abschnitt über die Aufsicht über Schulen in freier Trägerschaft. Hieraus folgt jedoch nicht, dass sie zur Definition des Lehrpersonals für das Finanzhilfe in Anspruch genommen werden kann, nicht heran zu ziehen wäre. Finanzhilfe für anerkannte Ersatzschulen wird gewährt, weil sie ein mit öffentlichen Schulen vergleichbares Ausbildungsangebot bereitstellen und damit das öffentliche Schulsystem ergänzen. Um die Gleichwertigkeit sicher zu stellen, werden Lehrkräfte im Hinblick auf ihre Qualifikation von der Schulaufsicht überprüft. Die Gewährung von Finanzhilfe für Lehrkräfte, welche diese Anforderungen nicht erfüllen, würde Sinn und Zweck der Finanzhilfe widersprechen. Eigenverantwortlich erziehen und unterrichten dürfen daher nur Lehrkräfte, die eine Unterrichtsgenehmigung erhalten haben.

21

Die Bezirksregierung G. hat deshalb zutreffend alle Unterrichtsstunden, die von Mitarbeitern ohne Unterrichtsgenehmigung erteilt wurden (Mitarbeiter P., Q., R., S., T., U.), unberücksichtigt gelassen. Ob diesen Lehrkräften eine Unterrichtsgenehmigung zu erteilen wäre, obgleich sie nicht die erste und zweite Staatsprüfung für das Lehramt an Gymnasien abgelegt haben, ist eine Frage, die im Verfahren auf Erteilung der Unterrichtsgenehmigung zu prüfen und nicht Gegenstand des vorliegenden Verfahrens ist. Die Klägerin hat insoweit nicht einmal vorgetragen, einen Antrag auf Erteilung der Unterrichtsgenehmigung gestellt zu haben.

22

Ebenso durfte die Berücksichtigung derjenigen Lehrkräfte, die eine Unterrichtsgenehmigung erst nach dem Stichtag erhielten, unterbleiben (Lehrkräfte V., W., X., Y., Z.). Die diesen Lehrkräften später erteilte Unterrichtsgenehmigung wirkt nicht auf den Stichtag zurück. Hinsichtlich der Lehrkräfte V., W. und X. gilt dies bereits deshalb, weil sie zum Stichtag noch nicht bei der Klägerin tätig waren.

23

Zwar kann nach der Rechtsprechung des Nds. OVG zum Kindertagesstättengesetz - KiTaG - (Urteil vom 27.5.1998 - 4 L 4439/97 -, Nds. VBl. 1999, 66) Finanzhilfe für eine Fachkraft, die nicht sozialpädagogische Fachkraft ist, aber über eine gleichwertige Ausbildung verfügt, und für die das Landesjugendamt ausnahmsweise zugelassen hat, dass ihr die Gruppenleitung übertragen wird, auch vor Einleitung des Zulassungsverfahrens gewährt werden, wenn die Voraussetzungen für die Zulassung der Ausnahme bereits vorher erfüllt waren. Diese zu §§ 4, 16 KiTaG ergangene Rechtsprechung ist aber nicht auf die Unterrichtsgenehmigung nach § 167 NSchG übertragbar. Anders als § 4 Abs. 2 KiTaG setzt § 167 Abs. 2 NSchG die Erteilung der Unterrichtsgenehmigung vor Aufnahme der Unterrichtstätigkeit voraus („zur Ausübung“; s. a. Galas/Habermalz/Schmidt, NSchG, 3. Auflage 1998, § 167 Anm. 2). Die Unterrichtsgenehmigung kann auch nicht konkludent - etwa mit Genehmigung oder Anerkennung der Ersatzschule - erteilt werden (so aber die Zulassung nach § 4 Abs. 2 Satz 3 KiTaG i. R. d. Erteilung einer Betriebserlaubnis), sondern bedarf eines eigenständigen, durch einen Antrag einzuleitenden Verfahrens. Die Genehmigung ist selbst dann einzuholen, wenn die erforderliche Qualifikation offensichtlich ist (z. B. bei Vorliegen der ersten und zweiten Staatsprüfung für das Lehramt an Gymnasien).

24

Soweit die Klägerin vorträgt, die Höhe der Finanzhilfe könne nicht vom Zeitpunkt der Entscheidung über den Antrag auf Unterrichtsgenehmigung abhängen, da diese Entscheidung von derselben Behörde herbeigeführt werde wie die Entscheidung über die Gewährung von Finanzhilfe, lassen sich für den vorliegenden Fall keine Anhaltspunkte für eine der Bezirksregierung G. zurechenbare Verzögerung hinsichtlich der Erteilung der Unterrichtsgenehmigung erkennen. Insbesondere hat die Klägerin nicht vorgetragen, wann sie die Anträge für die betreffenden Lehrkräfte gestellt hat. Im Übrigen dürfte aus einer etwaig der Behörde zurechenbaren Verzögerung allenfalls ein Anspruch auf Schadenersatz resultieren, nicht aber ein (höherer) Anspruch auf Finanzhilfe.

25

Hinsichtlich der weiteren insgesamt 34 Unterrichtsstunden hat die Klägerin nicht hinreichend dargelegt, dass es sich um ein mit einem öffentlichen Halbtagsgymnasium vergleichbares Unterrichtsangebot handelt. Sie hat hierzu lediglich vorgetragen, es handele sich um ein unterrichtsergänzendes Förder- und Freizeitangebot wie es an Ganztagsschulen üblich und in Erlassen des Kultusministeriums gefordert werde.

26

Entgegen der Ansicht der Klägerin ist ihr Unterrichtsangebot nicht an dem einer öffentlichen Ganztagsschule zu messen. Die Ganztagsschule ist keine Schulform (vgl. § 5 Abs. 2 NSchG), sondern eine besondere Organisationsform. Die Organisationsform - insbesondere Vollzeit oder Teilzeitunterricht - ist nach der ausdrücklichen Regelung des § 150 Abs. 3 Satz 1 NSchG nur bei berufsbildenden Schulen bei der Berechnung des Schülerbetrages zu berücksichtigen. Die Kosten des Ganztagsunterrichts in anderen Schulformen sollen nach dem Willen des Gesetzgebers nicht übernommen werden, weil diese Unterrichtsform besonders kostenintensiv ist und auch im öffentlichen Bereich nur ausnahmsweise finanziert wird (Woltering/Bräth, NSchG, 4. Auflage 1998, § 150 Anm. 9 unter Hinweis auf den Regierungsentwurf zum NSchG 1974). Die öffentliche Ganztagsschule stellt eine besondere Organisationsform dar, die nur unter den in § 23 Abs. 5 NSchG normierten Voraussetzungen genehmigt wird. Abweichendes geht aus dem Erlass des Kultusministeriums vom 23.7.1993 - Die Arbeit in der öffentlichen Ganztagsschule - (SVBl 1993, 235) - auf den sich die Klägerin beruft - nicht hervor. Der Erlass regelt die Gestaltung der Ganztagsschule und bildet damit eine Richtlinie für die Prüfung des pädagogischen Konzepts, das Gegenstand des Genehmigungsverfahrens nach § 23 Abs. 5 NSchG ist. Eine eigenständige Rechtsgrundlage für die Errichtung von Ganztagsschulen stellt der Erlass nicht dar. Mit Anzeige der Aufnahme des Ganztagsunterrichts nach § 146 NSchG ist diese Organisationsform von der Schulbehörde auch nicht anerkannt worden. Die Genehmigung nach § 143 NSchG bezieht sich nach Absatz 2 dieser Vorschrift nicht auf die Organisationsform, sondern lediglich auf die Schulform.

27

Soweit die Klägerin weiter einwendet, Arbeitsgemeinschaften gehörten nicht nur in Ganztagsschulen zum regulären Unterrichtsangebot, hätte es ihr oblegen, im Einzelnen darzulegen, inwieweit es sich bei den nachgemeldeten Unterrichtsstunden um Wahl-Pflichtunterricht handelte, der auch von Schüler/-innen, die nicht am Ganztagsunterricht teilnehmen, zu besuchen ist. Dies wäre insbesondere deshalb notwendig gewesen, weil die Klägerin eine offene Ganztagsschule betreibt, dh. die Wahrnehmung des Nachmittagsangebots den Schülern und Schülerinnen freigestellt ist, und die Klägerin darüber hinaus ihren Internatsschüler/-innen ein besonderes außerschulisches Förder- und Freizeitangebot bietet. Anhand der von der Klägerin eingereichten Aufstellung ist eine Zuordnung zu den unterschiedlichen Bereichen nicht möglich.

28

Da die Klägerin unterliegt, hat sie gemäß § 154 Abs. 1 VwGO die Kosten des Verfahrens zu tragen. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

29

Das Gericht lässt die Berufung zu, weil es der Frage grundsätzliche Bedeutung beimisst, ob eine später erteilte Unterrichtsgenehmigung auf die Höhe der zu gewährenden Finanzhilfe zurückwirkt (§§ 124a Abs. 1, 124 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO).