Oberlandesgericht Oldenburg
Urt. v. 17.01.1995, Az.: 5 U 102/94
Gutgläubiger Erwerb einer Telefonanlage bei Erwerb eines Hotels; Erwerb der Fernsprechanlage als Hotelinventar; Anmietung einer Telefonanlage
Bibliographie
- Gericht
- OLG Oldenburg
- Datum
- 17.01.1995
- Aktenzeichen
- 5 U 102/94
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 1995, 29089
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:OLGOL:1995:0117.5U102.94.0A
Rechtsgrundlagen
- § 929 BGB
- § 932 BGB
- § 306 BGB
Fundstelle
- MDR 1995, 430 (Volltext mit red. LS)
Amtlicher Leitsatz
Zum gutgläubigen Erwerb einer Telefonanlage bei Erwerb eines Hotels.
Entscheidungsgründe
Die Klägerin kann aus dem Mietvertrag mit dem Beklagten keine Ansprüche herleiten, da der Beklagte gemäß §§ 929, 932 BGB gutgläubig Eigentum an der Fernsprechanlage erworben hat. Die vertraglich übernommene Verpflichtung, dem Beklagten entgeltlich auf Zeit den Gebrauch der Anlage zu gewähren, ist dadurch auf eine unmögliche Leistung gerichtet und damit nichtig, § 306 BGB.
Die in der Berufungsinstanz weiterhin bestrittenen Fragen des Eigentumserwerbs der Klägerin, der Rechtsnachfolge der Klägerin von der H. Vertriebs- und Service GmbH und der Anfechtung des Mietvertrages nach § 123 BGB sind nach der erstinstanzlichen Beweisaufnahme im Zusammenhang mit dem unstreitigen Sachverhalt geklärt. Die materielle Berechtigung der Klägerin steht insoweit außer Frage. Dazu kann gemäß § 543 Abs. 1 2. Halbsatz ZPO auf die zutreffenden Ausführungen in der angefochtenen Entscheidung verwiesen und von einer rein wiederholenden Darstellung abgesehen werden.
Die vom Landgericht ohne weitere Beweisaufnahme für die Bösgläubigkeit des Beklagten gemäß § 932 Abs. 2 BGB bei Erwerb der Fernsprechanlage als Hotelinventar gegebene Begründung überzeugt nicht.
Ein gerichtsverwertbarer Erfahrungssatz existiert nicht, dass Telefonanlagen dieser Art im Hotelgewerbe durchgängig nur angemietet werden (vgl. BGH, NJW 81, 226 = MDR 1981, 222 zu Autotelefonanlagen).
Dass die Veräußerung anlässlich des Konkurses und der anschließenden Zwangsverwaltung erfolgte, sagt nichts über die Vermögensverhältnisse der Veräußerin bei Installation bzw. Anmietung der Telefonanlage. Aus der Überschuldung zur Zeit des Verkaufs sind keine berechtigten Zweifel an dem guten Glauben des Erwerbs bzw. ein gebotenes Misstrauen gegenüber der Berechtigung der Veräußerin abzuleiten.
Der Beklagte will schließlich bei verständiger Würdigung seines Vortrages, "eine Telefonanlage kann auch im Hotelbereich käuflich erworben werden, da dies vorteilhaft sein kann", der Behauptung der Klägerin entgegentreten, dass derartige Anlagen nur gemietet werden. Ohne Beweisaufnahme, in welchem Umfang solche Fernsprechanlagen vermietet werden, durfte das Landgericht nicht zu Lasten des Beklagten von dem insoweit bestrittenen Vortrag der Klägerin ausgehen.
Eine Beweiserhebung zu dieser Frage durch den Senat ist aber auch nicht erforderlich. Das Landgericht hat im Einklang mit den bisherigen Prozessvertretern unbeachtet gelassen, dass der Beklagte unbestritten bei der letzten Besichtigung des Hotels vor dem Vertragsschluss sich hat versichern lassen, dass er wirklich das gesamte Inventar erhalte und er nicht befürchten müsse, dass ihm einzelne Inventargegenstände, wie z.B. der Zapftresen, weggeholt würden. Von wesentlicher Bedeutung ist dabei, dass er diese Verhandlungen nicht etwa mit der Verkäuferin geführt hat -·deren alleiniger Versicherung könnte tatsächlich eher ein geringerer Aussagewert zukommen -, sondern mit dem Zwangsverwalter und einem Vertreter der Gläubigerin - der die Vollstreckung betreibenden Bank. Auf die Angaben dieser Personen, die als Einzige die Vermögensverhältnisse der Gemeinschuldnerin genau kennen mussten und, wie die Beweisaufnahme vor dem Senat ergeben hat, auch kannten und die über die besten Erkenntnismöglichkeiten auch bezüglich der Rechte Dritter verfügten, darf sich ein Verhandlungspartner verlassen, wenn keine anderen Umstände dagegen sprechen. Mehr als die ausdrückliche, am Beispiel des Zapftresens verdeutlichte Nachfrage war von dem Beklagten nicht zu verlangen. Ohne einen konkreten Verdacht der Nichtberechtigung lassen sich weitergehende Nachforschungspflichten nicht begründen; grob fahrlässig i. S. des § 932 Abs. 2 BGB handelt nur der Erwerber, dem Umstände bekannt sind, die mit auffallender Deutlichkeit dafür sprechen, dass der Veräußerer nicht Eigentümer ist (BGH, JuS 1979, 62 f.; vgl. zum ganzen Münchener Kommentar-Quack, BGB, 2. Aufl., § 932 Rn. 45).
Ihre erstmalig in der Berufungsinstanz unter Beweisantritt aufgestellte Behauptung, dem Beklagten sei vor dem Kaufvertragsabschluss von dem Vertreter der Gläubigerbank mitgeteilt worden, dass die Telefonanlage von der Klägerin gemietet sei, worauf er geäußert habe, auch er wolle sie anmieten, hat die Klägerin nicht beweisen können. Das geht zu ihren Lasten. Sie trägt die Beweislast für die Bösgläubigkeit gemäß § 932 Abs. 2 BGB.
Der Zeuge S. und die Gegenzeugen F., M. und M. haben dazu nichts Entscheidungserhebliches aussagen können.
Der in seiner Funktion als Abwickler notleidender Kreditinstitute für die Gläubigerbank seiner Zeit tätige Hauptzeuge K. hat insoweit klargestellt, dass sich "nach dem Festzurren des Vertrages" herausgestellt habe, dass einige Inventargegenstände wie z.B. die Kegelbahn und die Telefonanlage nicht im Eigentum der Verkäuferin standen, "darüber sein sie sich als Bank nicht im Klaren gewesen", sie sein vielmehr vom Eigentum der Verkäuferin ausgegangen. Vor dem Kaufvertragsschluss sei daher über die Telefonanlage nicht gesprochen worden. Auch aus einer von ihm verfassten Notiz vom 01.09.1988 konnte er den Zeitpunkt nicht näher bestimmen, wann mit dem Beklagten über die Telefonanlage gesprochen worden ist.
Damit hat die Klägerin den Nachweis über die Bösgläubigkeit des Beklagten durch Unterrichtung über die Eigentumsverhältnisse vor dem Erwerb der Anlage nicht führen können, sodass die Klage mit den Nebenentscheidungen aus §§ 91 Abs. 1, 708 Nr. 10, 713, 546 ZPO insgesamt abzuweisen war.