Finanzgericht Niedersachsen
Urt. v. 12.02.2009, Az.: 16 K 1/08

Erbringung von Umsätzen hinsichtlich der Ausübung der Prostitution als sonstige Leistungen; Zulässigkeit tatsächlicher Verständigungen über den Besteuerungssachverhalt

Bibliographie

Gericht
FG Niedersachsen
Datum
12.02.2009
Aktenzeichen
16 K 1/08
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2009, 33909
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:FGNI:2009:0212.16K1.08.0A

Verfahrensgang

nachfolgend
BFH - 25.11.2009 - AZ: V B 31/09

Umsatzsteuer 2000 - 2003

Tatbestand

1

Der Kläger betrieb seit dem 01.07.1999 den "XL" in B. In dem Club wurde unter anderem die Prostitution ausgeübt.

2

Der Kläger warb in der Zeitschrift "K" in Annoncen mit dem Text: "XL" unter Angabe der Anschrift und Telefonnummer. Bei dem Club handelte es sich um ein freistehendes zweistöckiges Gebäude, bei dem über dem Eingang ein Schild mit der Aufschrift "XL" angebracht war. Im Eingangsbereich befand sich ein Tresen, an dem Getränke erworben werden konnten. Im Übrigen handelte es sich um einen barähnlichen Raum mit verschiedenen Sitzgelegenheiten und Tischen. Ferner waren in dem Gebäude sechs Einzelzimmer mit Nasszellen, ein Anbau mit Whirlpool und Sitzgelegenheiten vorhanden, in dem auch Getränke eingenommen werden konnten, sowie Toiletten und ein privat genutzter Raum. Die Reinigung der Zimmer erfolgte durch eine vom Kläger angestellte Putzfrau. Im Barbereich waren zumindest zeitweise zwei weitere Angestellte des Klägers tätig.

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Im Eingangsbereich hielten sich verschiedene Prostituierte auf, mit denen der Geschlechtsverkehr auf den Zimmern ausgeübt werden konnte. Die Prostituierten wurden von dem Kläger mit Zeitungsannoncen, auf die verwiesen wird, geworben und wechselten häufiger. Den Lohn für die Prostituiertenleistungen handelten die Prostituierten mit den Freiern selbständig aus und vereinnahmten ihn. Für die Nutzung der Zimmer mussten sie an dem Kläger für eine Viertelstunde, eine halbe Stunde oder für eine längere Zeit ein zeitabhängiges feststehendes Entgelt entrichten. Wenn Kunden Bargeld benötigten erhielten sie vom Kläger 90% eines Kreditbetrages ausgezahlt, den er sich über ein im Eingangsbereich befindliches Kreditkartengerät durch Einzug über die Kreditkarten der Kunden auf seinem Konto gutschreiben ließ. Die Differenz von 10% der Kreditsumme behielt der Kläger als Provision ein. Die Kreditbeträge entsprachen teilweise dem Bedarf für den Prostituiertenlohn.

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Der Kläger erklärte in seinen Umsatzsteuererklärungen lediglich Erlöse aus Getränkeverkauf, Zimmervermietung und Kreditprovisionen, nicht aber Umsätze aus den Leistungen der Prostituierten. Im Rahmen einer Außenprüfung wurde festgestellt, dass die Buchführung des Klägers u.a. wegen nicht vollständiger Kassenaufzeichnungen nicht ordnungsgemäß war. Abweichend vom Kläger ging die Außenprüfung ferner davon aus, dass ihm auch die Umsätze aus den Prostituiertenleistungen zuzurechnen seien. Die Höhe der Prostituiertenumsätze schätzte die Außenprüfung, in dem sie die Erlöse aus Kreditkartenauszahlung auf 100% hochrechnete und, unter der Annahme, dass die Hälfte der Leistungen bar bezahlt wurde, verdoppelte. Unter Berücksichtigung weiterer kleinerer unstreitiger Umsätze setzte der Beklagte die Umsatzsteuer entsprechend höher fest. Hiergegen legte der Kläger Einspruch ein. Im Einspruchsverfahren verminderte der Beklagte die Hinzuschätzungen, indem er hiervon lediglich 40% als Bemessungsgrundlage in Ansatz brachte und setzte die Umsatzsteuer mit Einspruchsbescheiden entsprechend niedriger fest. Hiergegen richtet sich die Klage.

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Der Kläger ist der Auffassung, ihm seien keine Umsätze aus Prostituiertenleistungen zuzurechnen. Hierfür seien allein die Prostituierten verantwortlich. Sie seien von ihm nicht angestellt gewesen, sondern spontan in dem Club erschienen und selbständig als Prostituierte tätig geworden. Sie hätten in eigener Verantwortung mit den Freiern Leistungen vereinbart, abgerechnet und den vollen Prostituiertenlohn vereinnahmt. Er sei auch nicht anteilsmäßig an dem Lohn beteiligt worden. Für die von ihm zur Verfügung gestellten Zimmer habe er eine zeitabhängige feststehende Miete erhalten. Diese habe er auch als Umsatz erklärt. Für Hinzuschätzungen sei kein Raum. Sie seien vom Beklagten der Höhe nach auch nicht plausibel begründet worden. Angesichts seines Lebensstils sei es völlig undenkbar, dass er solche Summen vereinnahmt habe. Dies hätte sich insbesondere aus einer Vermögenszuwachsrechnung ergeben, die der Beklagte aber unzulässiger Weise nicht durchgeführt habe. Unabhängig davon seien bereits rein logisch Hinzuschätzungen höchstens in Höhe der einkommensteuerrechtlichen Gewinnhinzuschätzungen begründet. Hierüber sei es auch zu einer tatsächlichen Verständigung mit dem Finanzamt gekommen. In dieser sei vereinbart worden, dass auch in Höhe der Kassenfehlbeträge die Umsatzsteuerveranlagung erfolgen würde.

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Der Kläger beantragt,

die Umsatzsteuerbescheide 2000 bis 2003, jeweils vom 5. Januar 2005, jeweils in Gestalt der Einspruchsentscheidungen vom 2. Juli 2007, aufzuheben.

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Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

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Der Beklagte ist der Auffassung, die Hinzuschätzungen seien rechtmäßig. Der Kläger sei mit der Bezeichnung "XL" als Unternehmer aufgetreten, der nach außen hin auch die Möglichkeit zur Ausübung des Geschlechtsverkehrs angeboten habe. Ferner habe er sämtliche Leistungen einschließlich Zusatzleistungen zur Ausübung der Prostitution in dem Club erbracht. Die Höhe der Hinzuschätzungen sei rechtmäßig, da davon auszugehen sei, dass die Freier sich die Kreditbeträge haben auszahlen lassen, die sie als Entlohnung im Club ausgegeben hätten. Ferner sei auf Grund allgemeiner Erfahrungen davon auszugehen, dass zumindest in gleicher Höhe Barumsätze getätigt worden seien, die der Kläger nicht aufgezeichnet gehabt habe. Eventuellen Unsicherheiten sei dadurch Rechnung getragen worden, dass nur 40% der ermittelten Hinzuschätzungen der Besteuerung zu Grunde gelegt worden seien.

Entscheidungsgründe

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Die Klage ist unbegründet.

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Der Beklagte ist zutreffend davon ausgegangen, dass der Kläger gemäß § 2 UStG Unternehmer war und mit dem Betrieb des "XL" in B Umsätze auch hinsichtlich der Ausübung der Prostitution als sonstige Leistungen erbrachte. Unternehmer im Sinne des § 2 Abs. 1 UStG ist grundsätzlich derjenige, der als solcher nach außen hin auftritt (vgl. BFH Beschlüsse vom 20.02.2001 V B 191/00, BFH/NV 2001, 1152; vom 09.10.2003 V B 12/02, BFH/NV 2004, 97; zu Bordellumsätzen vgl. BFH, Urteil vom 21.02.1991 V R 11/91, BFH/NV 1991, 844 und BFH Beschlüsse vom 31.03.2006 V B 181/05, BFH/NV 2006, 2138 vom 20.10.03 V B 21/03, BFH/NV 2004, 380; vom 27.01.1997 V B 83/96, BFH/NV 1997, 766 und 30.06.1994 V B 15/94, BFH/NV 1995, 457). Nach außen hin ist der Kläger als Inhaber des "XL" als Erbringer eines vollständigen Leistungspaketes aufgetreten, der den Freiern im Rahmen seines Unternehmens mit Hilfe der dort tätigen Prostituierten die Gelegenheit zum Geschlechtsverkehr verschaffte. Dies ergibt sich bereits daraus, dass in dem als Club bezeichneten Gebäude die Prostituierten häufig wechselten und in der Regel austauschbar waren. Dem steht die Entrichtung des Gesamtlohnes an die einzelne Prostituierte nicht entgegen. Unerheblich ist, ob die Prostituierten beim Kläger angestellt waren oder nicht. Die gesamten Umsätze sind demjenigen zuzurechnen, der außen hin als Erbringer sämtlicher in einem derartigen Club erwarteten Dienstleistungen auftritt (vgl. BFH, Beschluss vom 29.01.2008, V B 201/06 BFH/NV 2008, 827). Dies war der Kläger und nicht die einzelnen Prostituierten.

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Dass der Kläger nach außen hin als Unternehmer aufgetreten ist, ergibt sich aus den Anzeigen in der Zeitschrift "K", in denen der Kläger nach eigenen Angaben in der mündlichen Verhandlung mit der alleinigen Bezeichnung "XL" unter Angabe der Anschrift und Telefonnummer warb. Aus dem Text und der einschlägigen Rubrik, in der die Annonce erschien, war für Außenstehende potentiell erkennbar, dass unter dieser Bezeichnung die Möglichkeit zum Geschlechtsverkehr angeboten wurde. Ein Hinweis auf einzelne Prostituierte war nicht gegeben; sie waren für Außenstehende auch nicht individualisierbar. Dies ergibt sich im eingeschränkten Maße auch aus den Zeitungsanzeigen, mit denen der Kläger Prostituierte für den Club warb. Diese Anzeigen richteten sich zwar in der Regel an Prostituierte mit dem Angebot, ihre Tätigkeit im XL B auszuüben. Aus den Anzeigen ist aber auch erkennbar, dass der Kläger unter der Bezeichnung "XL B" mit einem einheitlichen Angebot nach außen hin aufgetreten ist. Derselbe Eindruck ergab sich mit der Bezeichnung des Gebäudes "XL" über dem Eingangsbereich und verstärkte sich im Eingangsbereich des Gebäudes, wo eine Vielzahl von Prostituierten aufgrund dieser Außenwerbung tätig waren. Unter dieser Bezeichnung konnte ein außen stehender Dritter nur erwarten, dass die darin erbrachten Leistungen unabhängig von ihrem Einzelcharakter von dem Inhaber des Clubs erbracht wurden. Ferner erfolgte die Durchführung der Prostitutionsleistungen in Zimmern, die einheitlich über den "Club" zur Verfügung gestellt wurden. Anhaltspunkte, wonach innerhalb der Clubräume konkret und unmissverständlich darauf hingewiesen wurde, dass Leistungen nicht vom Clubinhaber, sondern von den einzelnen Prostituierten erbracht wurden, befanden sich im Innenraum nicht. Für einen unbefangenen Kunden stellten sich die Kontaktaufnahme der Prostituierten und ihre Leistungen als im Rahmen des "XL" erbracht dar. Es ist deshalb für die Bestimmung der Unternehmereigenschaft und die Frage, wer die Umsätze erbracht hat, unerheblich, wenn die Prostituierten mit den einzelnen Freiern die einzelnen Leistungen und das dafür zu zahlende Entgelt aushandelten und den entsprechenden Geldbetrag vereinnahmten. Es kommt insofern auch nicht darauf an, ob diese Beträge insgesamt an den Kläger ausgezahlt wurden oder bei den Prostituierten verblieben.

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Unabhängig davon ergibt sich der Unternehmercharakter des Klägers hinsichtlich der Prostituiertenumsätze aus dem äußeren Erscheinungsbild des Clubs, da dieser die erforderlichen Räume samt Ausstattung, Kontaktraum, Bar, Whirlpool, Toiletten und Einzelzimmer zur Verfügung stellte und für den reibungslosen Ablauf, d.h. die Bestimmung und Einhaltung bestimmter Öffnungszeiten und einen Getränkeausschank im Rahmen dessen die Kontaktaufnahme mit den Prostituierten erfolgen konnte, sorgte. Darüber hinaus stellte der Kläger die Bezahlung sicher, in dem er den Freiern über seine Kreditgewährung das erforderliche Bargeld aushändigte.

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Damit ist der Kläger den potenziellen Kunden und Freiern als Inhaber und Betreiber eines Clubs gegenüber getreten, in dem auch die Inanspruchnahme von Prostituiertenleistungen möglich war. Rechtlich sind dem Kläger damit sämtliche Umsätze einschließlich der Umsätze aus Prostituiertenleistungen zuzurechnen.

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Gegen die Höhe der Schätzung und der Besteuerung zu Grunde gelegten Grundlagen bestehen ebenfalls keine Bedenken.

15

Gemäß § 162 Abs. 1 Abgabenordnung -AO- kann die Finanzbehörde die Besteuerungsgrundlagen schätzen, soweit sie sie nicht ermitteln oder berechnen kann. Zu schätzen ist insbesondere dann, wenn der Steuerpflichtige an der Sachaufklärung nicht mitwirkt oder die Buchführung nicht ordnungsgemäß ist. Letzteres war unstreitig der Fall, da die Kassenaufzeichnungen des Klägers nicht fortlaufend und vollständig waren. Der Kläger hatte in seinen Umsatzsteuererklärungen keine Umsätze aus Prostituiertenleistungen erklärt. Aufzeichnungen gemäß § 22 UStG über die aus dem Unternehmen erzielten Umsätze wurden nicht geführt. Dem Beklagten war es daher nicht möglich die Besteuerungsgrundlagen zu ermitteln oder zu berechnen, sodass sie geschätzt werden mussten. Die Schätzung ist daher dem Grunde nach nicht zu beanstanden.

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Sie ist auch der Höhe nach rechtmäßig.

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Die Schätzung ist ein Verfahren, Besteuerungsgrundlagen mit Hilfe von Wahrscheinlichkeitsüberlegungen zu ermitteln, wenn eine sichere Feststellung trotz des Bemühens um Aufklärung nicht möglich ist. Dabei sind alle Umstände zu berücksichtigen, die für ein solches Verfahren von Bedeutung sein können. Aus dem festgestellten Sachverhalt ist zu folgern, dass Besteuerungsgrundlagen in einer wahrscheinlichen Höhe verwirklicht worden sind. Dabei enthalten die durch Schätzung ermittelten Besteuerungsgrundlagen einen Unsicherheitsbereich, da eine genaue Bestimmung der Besteuerungsgrundlagen im Wege der Schätzung trotz Bemühens um Zuverlässigkeit allen falls zufällig erreicht werden kann. Die Unschärfe, die jeder Schätzung anhaftet, kann im Allgemeinen vernachlässigt werden. Soweit sie sich zu Ungunsten des Steuerpflichtigen auswirkt, muss er sie hinnehmen, wenn er den Anlass für die Schätzung gegeben hat. Schätzungen müssen insgesamt in sich schlüssig sein, ihre Ergebnisse müssen darüber hinaus wirtschaftlich vernünftig und möglich sein und von Wahrscheinlichkeitsüberlegungen bestimmt werden, damit die Schätzung der Wirklichkeit möglichst nahe kommt (vgl. BFH Urteil vom 18.12.1984 VIII R 195/82, BStBl. II 1986, 227 m.w.N.).

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Gesicherte oder repräsentative Erkenntnisse über die Einnahmen aus der Prostituiertentätigkeit liegen nicht vor. Der einzige konkrete Hinweis hierüber ergibt sich aus dem Kreditkartenzahlungen, da der Kläger hiervon eine 10%ige Provision einbehalten und aufgezeichnet hat. Wenn der Beklagte diese Umsätze auf 100% der Kreditkartenauszahlungen hochrechnet, bestehen hiergegen zunächst keine Bedenken. Es ist zwar nicht auszuschließen, wie der Kläger dargestellt hat, dass Freier sich mehr Geld haben auszahlen lassen als sie für die Leistungen im Club einschließlich der Prostituiertenleistungen benötigten. Ebenso wahrscheinlich ist jedoch, dass sie sich nicht wesentlich mehr auszahlen ließen, als sie im Club ausgegeben haben, da hiermit eine erhebliche Gebühr in Höhe der 10%igen Provision verbunden war. Das Gericht geht insofern davon aus, dass derart begründete Auszahlungen eher die Ausnahme und von zu vernachlässigendem Umfang waren. Die weitere Annahme des Beklagten, dass neben der Bezahlung über ausgezahlte Kreditbeträge im erheblichen Umfang auch Bargeldzahlungen erfolgten, ohne dass zuvor Kreditkartenauszahlungen erfolgten, ist ebenfalls nicht grundsätzlich unzutreffend. Dies wird vom Kläger selbst eingeräumt. Streitig ist lediglich der Anteil der Bargeldleistungen. Wenn der Beklagte mangels anderweitiger Anknüpfungspunkte von einem Anteil von 50% ausgegangen ist, bestehen hiergegen keine Bedenken; außerhalb jeder Wahrscheinlichkeit liegt der Ansatz nicht.

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Soweit der Kläger berechtigter Weise geltend machte, dass es auch zu Auszahlungen kam, die nicht für Leistungen innerhalb des Clubs ausgegeben wurden sowie weiteren Einwendungen hinsichtlich der Höhe der Hinzuschätzungen, ist der Beklagte dem dadurch hinreichend nachgekommen, dass er nicht die auf der beschriebenen Grundlage ermittelten Hinzuschätzungen, sondern lediglich 40% hiervon der Besteuerung zu Grunde legte. Mit diesem Abschlag ist auch hinreichend die über die Hinzuschätzungen von Bareinnahmen doppelte Erfassung der Auszahlungen über Kreditkarten berücksichtigt, die nicht zu Umsätzen im Betrieb des Klägers führten. Das Gericht ist überzeugt davon, dass mit der Berücksichtigung eines Anteils von unter 50% der Hinzuschätzungen allen Unsicherheiten, die einer Schätzung naturgemäß anhaften, Rechnung getragen wurde und die verbleibende Steuerfestsetzung den Realitäten weitgehend entspricht.

20

Diesen so ermittelten Besteuerungsgrundlagen steht keine tatsächliche Verständigung entgegen.

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In der Rechtsprechung des BFH ist die Zulässigkeit tatsächlicher Verständigungen grundsätzlich anerkannt (BFH, Urteile vom 08.10.2008 I R 63/07, BFH/NV 2009, 243; vom 31.07.1996 XI R 78/95 BFHE 181, 103 BStBl II 1996, 625). Zwar sind Vergleiche über Steueransprüche wegen der Gesetzmäßigkeit und der Gleichmäßigkeit der Besteuerung nicht möglich. Dagegen dient es in Fällen erschwerter Sachverhaltsermittlung der Förderung und Beschleunigung des Besteuerungsverfahrens und allgemein dem Rechtsfrieden, besondere Vereinbarungen über eine bestimmte steuerliche Behandlung von Sachverhalten, nicht aber über das anzuwendende Recht, zuzulassen. Dies gilt insbesondere in Schätzungsfällen. Derartige "tatsächliche" Verständigungen betreffen in der Regel nur einen von beiden Beteiligten zu konkretisierenden Ausschnitt aus dem gesamten jeweils zu beurteilenden Besteuerungssachverhalt und dienen dem Ziel, insoweit Unsicherheiten und Ungenauigkeiten zu beseitigen. Sie sind wirksam, sofern sie nicht zu einem offensichtlich unzutreffenden Ergebnis führen (BFH-Urteil in BFHE 142, 549, 553 ff., BStBl II 1985, 354). Zudem ist erforderlich, dass auf Seiten der Finanzbehörde ein Amtsträger beteiligt ist, der zur Entscheidung über die Steuerfestsetzung befugt ist (BFH-Urteile in BFHE 162, 211, [BFH 05.10.1990 - III R 19/88] BStBl II 1991, 45; in BFH/NV 1994, 290). Einer besonderen Form bedürfen tatsächliche Verständigungen nicht. Wenn auch vor allem bei schwierig aufzuklärenden und zu beurteilenden Fallgestaltungen eine schriftliche Niederlegung und die Unterzeichnung durch die Beteiligten sinnvoll erscheinen, ist nicht ausgeschlossen, den Nachweis des Abschlusses einer tatsächlichen Verständigung auch durch andere Beweismittel zu führen.

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An einer zulässigen und wirksamen "tatsächlichen Verständigung" müssen sich die Beteiligten festhalten lassen. Dies entspricht dem Grundsatz von Treu und Glauben, der im Steuerrecht als allgemeine Rechtsgrundlage uneingeschränkt anerkannt ist (BFH-Urteil vom 9. August 1989 I R 181/85, BFHE 158, 31, 33 ff., BStBl II 1989, 990). Der Grundsatz von Treu und Glauben gebietet, dass im Steuerrechtsverhältnis jeder auf die berechtigten Belange des anderen Teils angemessen Rücksicht nimmt und sich mit seinem eigenen früheren Verhalten nicht in Widerspruch setzt (BFH-Urteil vom 4. November 1975 VII R 28/72, BFHE 117, 317, 321), auf das der andere Teil vertraut und im Hinblick darauf bestimmte Dispositionen getroffen hat (BFH-Urteile in BFHE 164, 168, [BFH 06.02.1991 - I R 13/86] BStBl II 1991, 673; vom 13. Juli 1994 I R 38/93, BFHE 175, 496, BStBl II 1995, 37, 39). Daraus ergibt sich für die Verwaltung eine Bindungswirkung aber nicht erst, wenn diese ihrerseits durch "Erlaß entsprechender Bescheide disponiert" hat. Denn dies würde bedeuten, dass einer im Rahmen einer Außenprüfung getroffenen tatsächlichen Verständigung vor dem Erlaß entsprechender Bescheide Bindungswirkung nicht zukommen könnte. Der Sinn des Instituts der tatsächlichen Verständigung liegt hingegen gerade darin, eine entsprechende Vereinbarung (mit Bindungswirkung) zu jedem Zeitpunkt des Besteuerungsverfahrens zu ermöglichen, wenn bestimmte Sachbehandlungen in Frage stehen und deren endgültige Klärung notwendig ist, um die Festsetzung der Steuer zu fördern. Dies betrifft insbesondere die Ermittlung der Besteuerungsgrundlagen. Eine abschließende und damit beide Beteiligte bindende Verständigung muss daher unter der Voraussetzung der Beteiligung eines zur Entscheidung über die Steuerfestsetzung befugten Amtsträgers auch im Rahmen einer Außenprüfung "von vornherein" (BFH-Urteile in BFHE 164, 168, [BFH 06.02.1991 - I R 13/86] BStBl II 1991, 673, m.w.N.; in BFHE 162, 211, [BFH 05.10.1990 - III R 19/88] BStBl II 1991, 45; in BFH/NV 1994, 290) erzielbar sein. Dem entspricht es, die Dispositionen der Beteiligten darin zu sehen, dass sie unter Aufgabe ihrer unterschiedlichen Ausgangspositionen einvernehmlich auf weitere Ermittlungen in Bezug auf den durch die tatsächliche Verständigung festgelegten Sachverhalt verzichten. Die gegenseitige Bindung beider Beteiligter ist einer tatsächlichen Verständigung daher immanent, ohne dass es einer entsprechenden ausdrücklichen Erklärung bedarf. Der BFH weist ferner darauf hin, dass nicht einzusehen sei, warum die Beteiligten die erforderliche Aufklärung und Prüfung nicht vor dem Abschluss der tatsächlichen Verständigung vornehmen können. Insofern könne einer tatsächlichen Verständigung durch ausdrücklichen Vorbehalt eines Beteiligten die Bindungswirkung auch versagt werden.

23

Unter Berücksichtigung dieser Vorgaben durch die Rechtsprechung, der sich das Gericht anschließt, ist entgegen der Auffassung des Klägers in der Besprechung am 22.03.2006 keine tatsächliche Verständigung über die Besteuerungsgrundlagen zur Umsatzsteuer zustande gekommen.

24

Der Beklagte stellt jede tatsächliche Verständigung zur Umsatzsteuer in Abrede. Wesentliches Indiz hierfür sei bereits die Nichteinhaltung der Schriftform und die fehlende Protokollierung. Nach den Angaben des Klägers waren Gegenstand der Besprechung nur die Besteuerungsgrundlagen hinsichtlich der Einkommensteuer und der Gewerbesteuer, nicht aber der Umsatzsteuer. Nach den Darlegungen des Klägers ist eine Einigung mit Bindungswirkung für die Beteiligten in dem Gespräch am 22.03.2006 nicht eindeutig erzielt worden. Im Gegenteil sollte nach dem Vortrag des Klägers gerade keine Bindungswirkung eintreten, weil der an dem Gespräch teilnehmende Klägervertreter erklärte, dass er das Ergebnis der Besprechung noch mit dem Kläger erörtern müsse. Folgt man dem, ist anlässlich des in Rede stehenden Gesprächs gerade nichts Abschließendes festgestellt worden. Aus der Darstellung des Klägers ergibt sich auch nicht, dass ein Vergleich unter Widerrufsvorbehalt abgeschlossen wurde. Die Ausführungen beziehen sich insofern nur auf den Bezug einer nach Ansicht des Klägervertreters vergleichbaren Situation. Unabhängig davon, dass ein Vergleich unter Widerrufsvorbehalt rechtlich verbindlich nicht möglich sein dürfte, da die Abgabenordnung ausschließlich das Verfahren einer tatsächlichen Verständigung regelt, sind die Grundsätze über einen gerichtlichen Vergleich mit Widerrufsvorbehalt auf eine tatsächliche Verständigung nicht anwendbar.

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Unabhängig davon hätte eine tatsächliche Verständigung keinen Bestand, da die vom Kläger behauptete tatsächliche Verständigung zu einem offensichtlich unzutreffenden Ergebnis führen würde. Der Kläger verkennt insofern, dass umsatzsteuerrechtlich die vereinnahmten Entgelte der Besteuerung zugrunde zu legen sind und nicht der ertragsteuerliche Gewinn, bei dem Betriebsausgaben zu berücksichtigen wären. Dies gilt auch im Rahmen der vorliegenden Schätzung der Umsätze aus Prostituiertenlohn. Während ertragsteuerrechtlich der für die Prostituierten zu berücksichtigende Entgeltsanteil als Betriebsausgaben zu berücksichtigen wäre, ist umsatzsteuerrechtlich ein solcher Abzug nicht möglich. Dieser wäre vom Ergebnis her nur durch einen Vorsteuerabzug aus Rechnungen der Prostituierten an den Kläger zu erreichen, wenn sie als Subunternehmerinnen für ihn tätig geworden wären. Dies ist jedoch ungeklärt; ferner liegen entsprechende Rechnungen, die unverzichtbare Voraussetzung einer solchen Regelung wäre, nicht vor. Selbst ihre Existenz ist vom Kläger nicht behauptet worden. Die ertragsteuerlichen Ergebnisse weichen deshalb derart gravierend von den umsatzsteuerrechtlichen ab, dass sie auch im Rahmen einer "tatsächlichen Verständigung" nicht wirksam steuerrechtlich hätten berücksichtigt werden können. Auf den vom Kläger angebotenen Beweis kam es deshalb nicht an.

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Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs.1 Finanzgerichtsordnung -FGO-.