Finanzgericht Niedersachsen
Urt. v. 24.02.2009, Az.: 15 K 12151/08
Einkommensteuerrechtliche Abzugsbeschränkung für Aufwendungen für ein als Arbeitszimmer genutztes Zimmer im Dachgeschoss eines Mehrfamilienhauses im Hinblick als Sonderbetriebsausgaben; Einbindung eines Nebenraums zu der zu eigenen Wohnzwecken genutzten Eigentumswohnung nach einer Teilungserklärung
Bibliographie
- Gericht
- FG Niedersachsen
- Datum
- 24.02.2009
- Aktenzeichen
- 15 K 12151/08
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2009, 36422
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:FGNI:2009:0224.15K12151.08.0A
Verfahrensgang
- nachfolgend
- BFH - 04.05.2010 - AZ: VIII B 63/09
Rechtsgrundlage
- § 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 6b EStG
ges. und einh. Feststellung der Besteuerungsgrundlagen 2002
Die Aufwendungen für ein Zimmer im Dachgeschoss eines Mehrfamilienhauses, das ein Steuerpflichtiger als Arbeitszimmer nutzt, unterfallen der Abzugsbeschränkung des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6 b EStG, wenn dieser Raum nach der Teilungserklärung als Zubehörraum der zu eigenen Wohnzwecken genutzten Eigentumswohnung des Steuerpflichtigen zugeordnet ist.
Tatbestand
Streitig ist zwischen den Beteiligten, ob Aufwendungen des Gesellschafters der Klägerin J für den Ausbau eines Zimmers im Dachgeschoss und dessen Nutzung für den Betrieb der Klägerin mit einem Betrag von 1.250 EUR im Streitjahr 2002 zu Sonderbetriebsausgaben für J führen.
Die Klägerin ist eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts, deren Gesellschaftszweck der Betrieb eines Ingenieurbüros für Kfz-Technik ist. Gesellschafter waren im Streitjahr D, J und R. Nach § 12 des Gesellschaftsvertrages vom xxx 1999 war jeder Gesellschafter zur Vertretung der Gesellschaft einzelvertretungsberechtigt. Der Beklagte führte die gesonderte und einheitliche Feststellung der Einkünfte aus selbständiger Arbeit für das Streitjahr zunächst entsprechend den Angaben der Klägerin in ihrer Feststellungserklärung durch; der Bescheid vom xxx 2004 erging unter dem Vorbehalt der Nachprüfung.
Im Jahr 2006 führte der Beklagte bei der Klägerin eine Außenprüfung durch, die auch das Streitjahr umfasste. Dabei griff der Außenprüfer u.a. folgenden Sachverhalt auf:
J war im Streitjahr zusammen mit seiner Ehefrau je zur ideellen Hälfte Eigentümer eines Miteigentumsanteils von 164/1000 an dem Grundstück Gemarkung A, Gebäude und Freifläche V-Weg 9 verbunden mit dem Sondereigentum an der Wohnung im ersten Obergeschoss links. Die Wohnung wurde von beiden zu eigenen Wohnzwecken genutzt. Zu dem Sondereigentum gehörte ein nicht ausgebauter Raum im Dachgeschoss des Hauses. Durch Beschluss der Wohnungseigentümergemeinschaft vom xxx 1997 wurde den Eheleuten J gestattet, auf eigene Kosten den zu ihrer Wohnung gehörenden Dachbodenraum zu Wohnzwecken auszubauen, ein Dachflächenfenster einzubauen und eine Heizungserweiterung vorzunehmen. Die entsprechenden Baumaßnahmen begannen im Jahr 2001 und führten zur Fertigstellung des Wohnraums im Jahr 2002. Die Arbeiten wurden zum größten Teil von der Firma T-GmbH ausgeführt, die am xxx 2002 gegenüber dem J folgende Arbeiten abrechnete: Einbau eines Dachflächenfensters, eines Standheizkörpers mit Anschluss an die Hausheizanlage, einer Wohnungseingangstür, Bau einer Unterkonstruktion für Bodenbelag für 11,7 qm, Verlegung eines Teppichbodens, Anbringung von Gipskartonplatten einschließlich Unterkonstruktion, Wärmedämmung, Herstellung einer elektrischen Zuleitung vom Keller und 1. Obergeschoss zum 3. Obergeschoss und Installation von Steckdosen, Abzweigdosen, Antennen, Telefon- und Hohlwanddosen mit einem Gesamtrechnungsbetrag in Höhe von 6.121,59 EUR. Der Raum wurde nach seiner Fertigstellung von J als Büroraum für Arbeiten für den Betrieb der Klägerin genutzt.
Der Außenprüfer gelangte zu dem Ergebnis, dass die als Sonderbetriebsausgaben des J im Streitjahr 2002 erfassten Aufwendungen für diesen Raum in Höhe von 1.250 EUR nicht anzuerkennen seien, weil zwar ein häusliches Arbeitszimmer vorläge, die betriebliche Nutzung des Büros aber nicht mehr als 50 v. H. der gesamten betrieblichen und beruflichen Tätigkeit beansprucht und dem J ein anderer Arbeitsplatz am damaligen Sitz der Klägerin in H, F-Straße bestanden habe. Der Beklagte schloss sich der Auffassung des Außenprüfers an und erließ am xxx 2007 einen geänderten Feststellungsbescheid über Einkünfte aus selbständiger Arbeit in Höhe von 350.943,37 EUR, von denen auf J 118.184,44 EUR entfielen.
Gegen diesen Bescheid erhob die Klägerin am xxx 2007 hinsichtlich der einheitlich und gesondert festgestellten Besteuerungsgrundlagen für die Gesellschafter J und R Einspruch. Für J müsse das 2002 im Dachgeschoss fertig gestellte außerhäusliche Arbeitszimmer berücksichtigt werden, dessen Kosten sich auf etwa 6.200 EUR beliefen. Dieses Büro könne nur über das Treppenhaus erreicht werden. Ein Mietvertrag sei nicht geschlossen worden, weil der genutzte Raum sich im Sondereigentum des Wohnungseigentums des Klägers und seiner Ehefrau befunden habe. Aus beigefügten Fotos ginge die Nutzung der fertig gestellten Räumlichkeit zu Bürozwecken hervor.
Der Beklagte ermittelte, dass die Eigentumswohnung vom Kläger und seiner Ehefrau 2002 an Dritte veräußert worden war, wobei Nutzen und Lasten zum 1. März 2003 übergehen sollten. Die Nacheigentümer teilten dem Beklagten mit, die Wohnfläche des ausgebauten Raumes betrage 7,8 qm bei einer Stehhöhe von 1,50 m. Die gesamte Grundfläche des Raumes inklusive der durch Dachschrägen nicht nutzbaren Anteile betrage 12,7 qm. Der ausgebaute Raum werde von den Nacheigentümern als Abstellraum genutzt, weil eine Nutzung zu Wohnzwecken wegen der geringen lichten Höhe unzulässig sei.
Der Einspruch wurde mit Bescheid vom xxx 2008 zurückgewiesen. Dabei führte der Beklagte aus, es handele sich bei dem Raum um ein Arbeitszimmer i.S.d. § 4 Abs. 5 Nr. 6 b Einkommensteuergesetz (EStG), weil er nach den von der Klägerin mitgeschickten Fotos bürotechnisch ausgestattet gewesen sei, Publikumsverkehr der Klägerin in ihm schon wegen der geringen Höhe des Raumes und seiner kleinen Größe nicht möglich gewesen sei und hierfür auch die Betriebsstätte in der F-Straße zur Verfügung gestanden habe. Es habe sich auch um ein häusliches Arbeitszimmer i. S. dieser Vorschrift gehandelt, weil es zum Sondereigentum der zu eigenen Wohnzwecken genutzten Eigentumswohnung gehört habe, deshalb als Zubehörraum gewertet werden müsse und allein aus diesem Grunde zur häuslichen Sphäre gehört habe. Unstreitig habe die betriebliche Nutzung des Arbeitszimmers im Dachgeschoss des Hauses nicht mehr als 50 v. H. der gesamten beruflichen und betrieblichen Tätigkeit des J betragen.
Mit ihrer Klage verfolgt die Klägerin, vertreten durch ihre Gesellschafter, ihr Begehren weiter. Sie ist der Auffassung, es läge ein außenhäusliches Arbeitszimmer vor, weil das Büro des J nur über das Treppenhaus des Mehrfamilienhauses zu erreichen sei und deshalb nicht zur häuslichen der eigengenutzten Wohnung im 1. Obergeschoss gehöre. Eine direkte Verbindung zu dieser Wohnung bestehe nicht. Die Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs zur Einbeziehung von Zubehörräumen in die private Wohnsphäre auch bei einem Mehrfamilienhaus sei nicht einschlägig, weil das Büro kein solcher Zubehörraum gewesen sei. Die Leerflächen auf dem Dachboden seien in der damaligen Teilungserklärung - aus welchen Gründen auch immer - als Sondereigentum aufgeteilt worden. Nicht alles, was Sondereigentum sei, sei auch notwendig Zubehör. Für diese Frage käme es ausschließlich auf die tatsächlichen Verhältnisse an. Die angefallenen Renovierungskosten in Höhe von 6.121,59 EUR müssten deshalb als Sonderbetriebsausgaben des J anerkannt werden.
Die Klägerin beantragt,
den Bescheid für 2002 über die gesonderte und einheitliche Feststellung der Besteuerungsgrundlagen vom xxx 2007 in der Fassung des Einspruchsbescheids vom xxx 2008 zu ändern und die festgestellten Einkünfte aus selbständiger Arbeit und den dem Gesellschafter J zugerechneten Anteil um jeweils 6.121,59 EUR zu mindern.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er hält an seiner im Einspruchsbescheid geäußerten Rechtsansicht fest.
Mit Schreiben vom xxx 2008 bzw. xxx 2009 haben die Beteiligten auf mündliche Verhandlung verzichtet.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist unbegründet.
Der Bescheid für 2002 über die gesonderte und einheitliche Feststellung der Besteuerungsgrundlagen vom xxx 2007 in der Fassung des Einspruchsbescheids vom xxx 2008 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Der Beklagte hat die geltend gemachten Aufwendungen des J zu Recht nach § 4 Abs. 5 Nr. 6 b EStG nicht als Sonderbetriebsausgaben abgezogen.
Nach § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6 b Satz 1 EStG in der für das Streitjahr geltenden Fassung kann ein Steuerpflichtiger Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer nicht als Betriebsausgaben abziehen. Dies gilt nach Satz 2 der letztgenannten Vorschrift u.a. dann nicht, wenn dem Steuerpflichtigen für die betriebliche oder berufliche Tätigkeit kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung steht. In diesem Fall wird nach Satz 3 Halbsatz 1 der Vorschrift die Höhe der abziehbaren Aufwendungen auf 1.250 EUR begrenzt. Die Beschränkung der Höhe nach gilt nicht, wenn das Arbeitszimmer den Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Betätigung bildet (Satz 3 Halbsatz 2 der Vorschrift).
Auf dieser Grundlage kann ein Steuerpflichtiger wie der Gesellschafter J der Klägerin, für den das Arbeitszimmer im Hinblick auf den Umstand, das ihm am Betriebssitz der Klägerin ein eigener Arbeitsplatz zur Verfügung stand, den er auch entsprechend nutzte, die Aufwendungen für das von ihm zusätzlich genutzte Büro - unstreitig einem Arbeitszimmer - nur dann in vollem Umfang geltend machen, wenn es sich nicht um ein "häusliches" Arbeitszimmer handelt.
Der Begriff des häuslichen Arbeitszimmers ist im Gesetz nicht näher bestimmt. Der Rechtsprechung des BFH zufolge erfasst die Abzugsbeschränkung einen Arbeitsraum, der seiner Lage, Funktion und Ausstattung nach in die häusliche Sphäre des Steuerpflichtigen eingebunden ist und vorwiegend der Erledigung gedanklicher, schriftlicher oder verwaltungstechnischer Arbeiten dient. In die häusliche Sphäre eingebunden ist ein solches Arbeitszimmer regelmäßig nur, wenn es sich in einem Raum befindet, der zur privat genutzten Wohnung oder zum Wohnhaus des Steuerpflichtigen einschließlich der Zubehörräume wie Abstell-, Keller- und Speicherräume gehört. Voraussetzung dafür ist, dass die für berufliche Zwecke genutzten Räumlichkeiten aufgrund der unmittelbaren räumlichen Nähe mit den privaten Wohnräumen des Steuerpflichtigen als gemeinsame Wohneinheit verbunden sind, wie dies bei einem zur Wohnung gehörenden Hobbyraum im Keller eines Mehrfamilienhauses der Fall ist. Demgegenüber fehlt nach der Rechtsprechung des BFH die für die Annahme eines häuslichen Arbeitszimmers erforderliche innere, "häusliche" Verbindung mit der privaten Lebenssphäre regelmäßig, wenn der Steuerpflichtige in einem Mehrfamilienhaus - zusätzlich zu seiner privaten Wohnung - noch eine weitere Wohnung vollständig oder einen separat angemieteten Kellerraum als Arbeitszimmer nutzt. In diesen Fällen erstreckt sich die häusliche Sphäre auch auf die zusätzlich angemieteten Räume, wenn bei wertender Betrachtung aufgrund besonderer Umstände ein innerer Zusammenhang zwischen der zu eigenen Wohnzwecken genutzten Wohnung und dem zusätzlichen Räumlichkeiten besteht (BFH, Urteil vom 10. Juni 2008 VIII R 52/07, [...] Rdnr. 14 bis 17 m.w.N.).
Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze war der von J ausgebaute Dachgeschossraum schon deshalb in die häusliche Sphäre der von ihm und seiner Ehefrau #zu eigenen Wohnzwecken genutzten Eigentumswohnung im 1. Obergeschoss eingebunden, weil dieser Raum als Nebenraum dem Sondereigentum der Eigentumswohnung zugeordnet war. Nach § 8 Abs. 1 des Gesetzes über das Wohnungseigentum und das Dauerwohnrecht (Wohnungseigentumsgesetz - WEG) war das Eigentum an dem Grundstück V-Weg in H durch Teilungserklärung in Miteigentumsanteile aufgeteilt worden, wobei zu der Wohnung im 1. Obergeschoss links, deren Eigentümer im Streitjahr J und seine Ehefrau je zur ideellen Hälfte waren, als Sondereigentum auch ein Raum im Dachgeschoss gehörte. Der Umstand, dass dieser Raum sich außerhalb der eigentlichen Wohnung befindet, stand seiner Zuordnung zum Sondereigentum nach § 3 Abs. 2 Satz 1 WEG nicht entgegen (vgl. Bassenge, in: Palandt, BGB, 68. Aufl. 2009, § 3 WEG Rdnr. 7). J und seine Ehefrau waren als Eigentümer nach § 903 Bürgerliches Gesetzbuch berechtigt, diesen Raum wie auch ihre Wohnung zu eigenen Zwecken zu nutzen, sodass dieser Raum als Zubehörraum im Sinne der Rechtsprechung des BFH anzusehen ist.
Entgegen der Auffassung der Klägerin folgt aus der Entscheidung des BFH vom 18. August 2005 VI R 39/04, BStBl. II 2006, 428 kein anderes Ergebnis. Dort war der Steuerpflichtige Eigentümer eines dreistöckigen Zweifamilienhauses, wobei er das Erdgeschoss zu eigenen Wohnzwecken nutzte, die Wohnung im 1. Obergeschoss fremd vermietet war und im Dachgeschoss ein einzelner Raum als Arbeitszimmer genutzt wurde. Dort hatte das Gericht ausgeführt, dass es sich bei diesem Arbeitszimmer nach den tatsächlichen Feststellungen des Finanzgerichts nach Lage und Zuschnitt um eine eigenständige Mansardenwohnung mit außen liegendem Bad und WC gehandelt habe. Auf den vorliegenden Streitfall ist diese Rechtsprechung schon deshalb nicht anwendbar, weil der als Büro ausgebaute Raum vorher wegen seiner Größe und seiner lichten Höhe als Nebenraum zu der Eigentumswohnung ohne eigenständige Nutzbarkeit zuzurechnen ist. Ein selbständiges Sondereigentum an dem Büroraum wurde nicht begründet, er ist daher - wie der Neben- oder Zubehörraum einer zu Wohnzwecken angemieteten Wohnung (vgl. Weidenkaff, in: Palandt, BGB, Einf v § 535 Rdnr. 89) - dieser Wohnung zuzurechnen und bildet mit dieser eine einheitliche häusliche Sphäre.
Da J seine betriebliche und berufliche Tätigkeit unstreitig nicht zu mehr als 50 v. H. in seinem Dachgeschossbüro erledigt und ihm im Streitjahr auch ein anderer Arbeitsplatz bei der Klägerin zur Verfügung stand, waren die Aufwendungen auch nicht in Höhe von 1.250 EUR als Sonderbetriebsausgaben zu berücksichtigen. Das Gericht brauchte daher auch nicht der Frage nachzugehen, ob die von der Klägerin geltend gemachten Aufwendungen wegen des Ausbaus des vorhandenen Raums in ein Büro wegen der nach Aktenlage nahe liegenden wesentlichen Verbesserung der Nutzbarkeit der Räumlichkeit nicht als nachträgliche Herstellungskosten zu qualifizieren sind mit der Folge, dass sie nur mit einem Abschreibungssatz nach § 7 Abs. 5 EStG hätten berücksichtigt werden können.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 Finanzgerichtsordnung. Die Revision war nicht zuzulassen, weil der Senat mit seiner Entscheidung nicht von der Rechtsprechung des BFH zur Abgrenzung zwischen häuslichen und außerhäuslichen Arbeitszimmern abweicht.