Finanzgericht Niedersachsen
Urt. v. 24.02.2009, Az.: 12 K 249/08
Festsetzung eines Verspätungszuschlags zur Einkommensteuer gesondert von der Steuerfestsetzung
Bibliographie
- Gericht
- FG Niedersachsen
- Datum
- 24.02.2009
- Aktenzeichen
- 12 K 249/08
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2009, 33879
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:FGNI:2009:0224.12K249.08.0A
Verfahrensgang
- nachfolgend
- BFH - 13.04.2010 - AZ: IX R 43/09
Rechtsgrundlage
- § 152 Abs. 1 AO
Fundstellen
- DStR 2010, 10-11
- DStRE 2010, 1079-1081
- EFG 2010, 1001-1003
Verspätungszuschlag zur Einkommensteuer 2005
Die Festsetzung eines Verspätungszuschlags kann gesondert von der Steuerfestsetzung erfolgen. Dies gilt auch dann, wenn zwischen der Steuerfestsetzung und der des Verspätungszuschlags ein Zeitraum von mehr als einem Jahr (im Streitfall: 1 Jahr und zwei Tage) liegt.
Revision eingelegt - BFH-Az.: IX R 43/09
Tatbestand
Streitig ist die Rechtmäßigkeit der Festsetzung eines Verspätungszuschlags zur Einkommensteuer 2005.
Das beklagte Finanzamt ... (FA) forderte die Kläger, die als Eheleute zusammen zur Einkommensteuer veranlagt werden, unter dem 18. Juli 2006 auf, ihre Einkommensteuererklärung für den Veranlagungszeitraum 2005 bis zum 30. November 2006 beim Finanzamt einzureichen. Nachdem die Einkommensteuererklärung zunächst nicht beim FA einging, erinnerte dieses am 8. Dezember 2006 an die Abgabe der Einkommensteuererklärung und drohte ferner mit Datum vom 31. Januar 2007 für den Fall der Nichtabgabe der Einkommensteuererklärung bis zum 22. Februar 2007 die Schätzung der Besteuerungsgrundlagen an.
Die alsdann am 6. März 2007 beim Finanzamt ... eingereichte Einkommensteuererklärung führte in dem für das Streitjahr ergangenen Einkommensteuerbescheid vom 30. April 2007 zu einer festgesetzten Einkommensteuer über 68.710 EUR und zu einer Nachzahlung an Einkommensteuer i.H.v. 14.535 EUR. Die Festsetzung eines Verspätungszuschlages erfolgte insoweit nicht. Vielmehr heißt es in einem (internen) Bearbeitervermerk zu einem "Prüfhinweis" wegen der Festsetzung eines Verspätungszuschlages: "Nein, erstmals verspätet."
Mit geändertem Einkommensteuerbescheid vom 28. Juni 2007 wurde die Einkommensteuer 2005 auf 67.598 EUR herabgesetzt. Auf diese Weise entstand ein Einkommensteuer-Guthaben über 1.539 EUR. Auch dieser Bescheid enthielt keine Festsetzung eines Verspätungszuschlags.
Mit Bescheid vom 2. Mai 2008 erfolgte schließlich die Festsetzung eines Verspätungszuschlages zur Einkommensteuer 2005 durch das beklagte Finanzamt in Höhe von 800 EUR. Zur Begründung wurde auf die Nichtabgabe/verspätete Abgabe der Einkommensteuererklärung verwiesen.
Ihren hiergegen eingelegten Einspruch begründeten die Kläger mit einem Verkauf des Kundenstamms und des Anlagevermögens einer GmbH, deren Gesellschaftergeschäftsführer der Kläger sei. Darüber hinaus sei bei der GmbH auch der Geschäftszweck verändert worden. Zudem habe Anfang 2006 eine Außenprüfung stattgefunden, die letztlich zu der verspäteten Abgabe der Einkommensteuererklärung geführt habe. Im Übrigen stünden die Höhe des Verspätungszuschlags sowie die Dauer der Verspätung einschließlich der Nachzahlung in keinem Verhältnis zum festgesetzten Verspätungszuschlag. Außerdem sei das Verbindungsgebot nach Maßgabe des § 152 Abs. 3 der Abgabenordnung (AO) verletzt, was ebenfalls zur Rechtswidrigkeit des festgesetzten Verspätungszuschlags führe.
Mit Einspruchsbescheid vom 23. Juni 2008 wies das FA den Einspruch als unbegründet zurück. Der Verspätungszuschlag sei ermessensgerecht festgesetzt worden. Es sei nach dem Abgabeverhalten der Kläger für die Veranlagungszeiträume 2004 und 2005 erkennbar geboten gewesen, diese künftig zur Beachtung der Abgabefristen zu veranlassen. Die während des Einspruchsverfahrens von den Klägern vorgetragenen Gründe könnten die Fristversäumnis nicht entschuldigen, zumal auch nicht näher erläutert worden sei, inwiefern die Veränderungen bei der GmbH sowie die durchgeführte Außenprüfung Auswirkungen auf die Abgabe der Einkommensteuererklärung 2005 gehabt hätten. Ein plötzliches und unvorhergesehenes Ereignis habe insoweit nicht vorgelegen. Im Übrigen sei das Verbindungsgebot gemäß § 152 AO nicht zwingend, da die Festsetzung des Verspätungszuschlags ein selbstständiger Verwaltungsakt sei und die Festsetzungsfrist im Streitfall noch nicht abgelaufen gewesen sei. Der auf 800 EUR festgesetzte Verspätungszuschlag entspreche lediglich rd. 1,18 v.H. der festgesetzten Einkommensteuer und unterschreite damit sowohl die Höchstgrenze von 10 v.H. der festgesetzten Steuer als auch den Betrag von 25.000 EUR. Vorliegend sei auch zu berücksichtigen, dass die Abgabefrist um mehr als 3 Monate überschritten worden sei und zu einer erheblichen Nachzahlung geführt habe. Angesichts eines zu versteuernden Einkommens von rd. 194.000 EUR sei auch die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der Kläger durch die Festsetzung des Verspätungszuschlags nicht berührt.
Hiergegen wenden sich die Kläger mit ihrer mit Schreiben vom 1. Juli 2008 form- und fristgerecht erhobenen Klage, deren Begründung sich im Wesentlichen mit der des Einspruchsverfahrens deckt.
Im Übrigen verweisen die Kläger darauf, dass das FA ihr Abgabeverhalten nicht hinreichend berücksichtigt habe. Zwar sei die Einkommensteuererklärung 2004 8 Monate verspätet abgegeben worden, habe aber zu einer Erstattung von ca. 30.000 EUR geführt. Für 2005 sei die Erklärung um lediglich 3 Monate verspätet eingereicht worden. Die für 2006 am 10. Januar 2008 erfolgte Abgabe der Einkommensteuererklärung habe sich noch innerhalb der allgemein mit dem FA geltenden Toleranzgrenze von 2 Wochen nach Fristablauf bewegt, so dass hieraus keine nachteiligen Rückschlüsse gezogen werden dürften.
Schließlich führe allein der Umstand zur Ermessensfehlerhaftigkeit, dass das beklagte FA den Verspätungszuschlag für 2005 erst festsetzte, nachdem bereits die Einkommensteuererklärung für 2006 dort abgegeben und finanzamtsintern bereits bearbeitet worden sei.
Die Kläger beantragen,
den mit Bescheid vom 2. Mai 2008 festgesetzten Verspätungszuschlags zur Einkommensteuer 2005 über 800 EUR sowie den hierzu ergangenen Einspruchsbescheid vom 23. Juni 2008 ersatzlos aufzuheben.
Das beklagte Finanzamt ... beantragt im Wesentlichen unter Hinweis auf seine Ausführungen im Einspruchsbescheid,
die Klage abzuweisen.
Darüber hinaus treffe es nicht zu, dass die Einkommensteuererklärung für 2006 fristgerecht abgegeben worden sei. Vielmehr sei auch diese Steuererklärung mit einer am 31. Dezember 2007 abgelaufenen Frist erst am 10. Januar 2008 beim FA eingereicht worden. Die von den Klägern behauptete Toleranzgrenze bestehe in diesen Fällen nicht. Da damit zum dritten Mal in Folge Einkommensteuererklärungen verspätet abgegeben worden seien, sei von der Festsetzung eines Verspätungszuschlages nicht abgesehen worden.
Die Höhe dieses Zuschlages habe sich an der fortgesetzten Missachtung der Abgabefristen, der erheblichen Nachzahlung von rd. 13.000 EUR sowie der wirtschaftlichen Verhältnisse der Kläger mit einem zu versteuernden Einkommen von etwa 194.000 EUR orientiert.
Die Beteiligten haben sich übereinstimmend mit einer Entscheidung durch den Berichterstatter einverstanden erklärt.
Entscheidungsgründe
Die Klage hat keinen Erfolg. Sie ist als unbegründet abzuweisen.
I.
1.
Nach § 152 Abs. 1 AO kann gegen denjenigen, der seiner Verpflichtung zur Abgabe einer Steuererklärung nicht oder nicht fristgemäß nachkommt, ein Verspätungszuschlag festgesetzt werden (Satz 1), von einer solchen Festsetzung ist abzusehen, wenn die Versäumnis entschuldbar erscheint (Satz 2). Ob die Voraussetzungen vorliegen, ist von den Gerichten uneingeschränkt nachprüfbar. Sind sie erfüllt, muss die zuständige Finanzbehörde nach pflichtgemäßem Ermessen entscheiden, ob und inwieweit im Einzelfall ein Verspätungszuschlag festgesetzt wird. Diesen Teil der Entscheidung darf das FG gemäß § 102 der Finanzgerichtsordnung (FGO) nur eingeschränkt daraufhin überprüfen, ob die Behörde den entscheidungserheblichen Sachverhalt einwandfrei und erschöpfend ermittelt, die gesetzlichen Grenzen des Ermessens eingehalten oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung entsprechender Weise Gebrauch gemacht hat (ständige Rechtsprechung, vgl. Urteil des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 14. Juni 2000 X R 56/98, BFHE 192, 213, BStBl II 2001, 60, [BFH 14.06.2000 - X R 56/98] unter II. 2. a., m.w.N.).
Nach § 152 Abs. 2 Satz 2 AO sind bei der Bemessung des Verspätungszuschlags neben seinem Zweck, den Steuerpflichtigen zur rechtzeitigen Abgabe der Steuererklärung anzuhalten, die Dauer der Fristüberschreitung, die Höhe des sich aus der Steuerfestsetzung ergebenden Zahlungsanspruchs, die aus der verspäteten Abgabe der Steuererklärung gezogenen Vorteile sowie das Verschulden und die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Steuerpflichtigen zu berücksichtigen. Es handelt sich dabei um Kriterien, an denen sich das FA beim Ausüben des Ermessens zu orientieren hat (vgl. eingehend dazu BFH-Urteil in BFHE 192, 213, [BFH 14.06.2000 - X R 56/98] BStBl II 2001, 60, [BFH 14.06.2000 - X R 56/98] m.w.N.) und die für die Bemessung des Verspätungszuschlages grundsätzlich gleichwertig sind. Nach den Umständen des Einzelfalles kann ein Kriterium stärker als ein anderes hervortreten. Bei der Bemessung darf sich die Finanzbehörde indes nicht ausschließlich am erzielten Vorteil und nicht in erster Linie an der festgesetzten Steuer bzw. den zu versteuernden Einkünften oder Umsätzen orientieren. Ausnahmsweise kann nach den Umständen des Einzelfalles ein Merkmal letztlich auch ganz ohne Auswirkung auf die Bemessung des Verspätungszuschlags bleiben (vgl. BFH-Beschlüsse vom 16. Oktober 2008 III B 160/07, BFH/NV 2009, 116 sowie vom 23. Juni 2008 IV B 106/07, BFH/NV 2008, 1642 jeweils m.w.N.)
2.
Unter Anwendung diese Grundsätze auf den Streitfall lässt die Festsetzung des Verspätungszuschlages zur Einkommensteuer 2005 im Bescheid vom 2. Mai 2008 weder dem Grunde noch der Höhe nach insbesondere keinen Ermessensfehler erkennen und erweist sich damit als rechtmäßig.
a)
Die Kläger haben die Einkommensteuererklärung für den streitigen Veranlagungszeitraum 2005, deren Abgabe vom beklagten FA für den 30. November 2006 angefordert worden war, erst am 6. März 2007 und damit - unstreitig - verspätet beim FA eingereicht.
Diese Versäumnis der Kläger ist auch nicht entschuldbar (vgl. § 152 Abs. 1 Satz 2 AO).
Denn insoweit ist schon nicht ersichtlich, aus welchem Grund die Veräußerung des Kundenstamms und des Anlagevermögens der GmbH, deren Gesellschafter-Geschäftsführer der Kläger war, einschließlich eines veränderten Geschäftszwecks dieser GmbH die Kläger daran gehindert haben sollen, ihre Einkommensteuererklärung für 2005 innerhalb der ihnen vom beklagten FA ... hierfür gesetzten Frist abzugeben. Entsprechendes gilt im Hinblick auf die Anfang 2006 nach der Behauptung der Kläger für die GmbH durchgeführte Außenprüfung. Selbst wenn die Arbeitskraft des Klägers in diesem Zusammenhang in besonderem Maße beansprucht worden sein sollte, so ist doch nicht erklärlich, wieso ihn dies daran hinderte, die Einkommensteuererklärung bis zum 30. November 2006 abzugeben. Im Übrigen sind die diesbezüglichen Angaben der Kläger zu unsubstantiiert, um hieraus überhaupt eine über das normale Maß hinausgehende Beanspruchung ihrer Arbeitsleistung gerade in dem Zeitraum bis zum 30. November 2006 herleiten zu können.
b)
Die vor diesem Hintergrund erfolgte Festsetzung des Verspätungszuschlags zur Einkommensteuer 2005 i.H.v. 800 EUR ist ermessensgerecht.
aa)
Mit der Festsetzung des Verspätungszuschlags über 800 EUR bewegt sich das FA innerhalb der durch § 152 Abs. 2 Satz 1 AO gezogenen Grenzen von 10 v.H. der festgesetzten Steuer (im Streitfall: 67.598 EUR) bzw. von 25.000 EUR als absoluter Höchstgrenze.
bb)
Das FA hat sich bei seinen Ermessenserwägungen zutreffend davon leiten lassen, dass die Kläger sowohl die Einkommensteuererklärung des Streitjahres 2005 als auch die des Vorjahres 2004 verspätet abgegeben haben und hierbei auch auf die Dauer der Verspätung (für 2005: 3 Monate; für 2004: 6 Monate, nach den eigenen Angaben der Kläger im Schriftsatz vom 22. Oktober 2008 - Bl. 39 (40) der Gerichtsakte - sogar 8 Monate) abgestellt.
Es entspricht der ständigen höchstrichterlichen Rechtsprechung (vgl. etwa BFH-Beschluss vom 16. Oktober 2008 III B 160/07, BFH/NV 2009, 116 unter II. 2. der Entscheidungsgründe sowie BFH-Beschluss vom 23. Juni 2008 IV B 106/07, BFH/NV 2008, 1642 unter 1.a der Gründe), dass die Finanzbehörde das Verhalten des Steuerpflichtigen in den Vorjahren bei ihrer nach pflichtgemäßem Ermessen zu treffenden Entscheidung, in welcher Höhe ein Verspätungszuschlag festgesetzt werden soll, berücksichtigen darf. Zudem sprechen wiederholte Verspätungen bei der Abgabe der Steuererklärungen für die Pflichtvergessenheit der Steuerpflichtigen. Hinzu kommt, dass das Verschulden zu den von der Finanzbehörde nach§ 152 Abs. 2 Satz 2 AO bei der Ausübung des Ermessens zu berücksichtigenden Kriterien gehört und mit dem Grad des Verschuldens auch der von der Finanzverwaltung durch die Höhe des Verspätungszuschlags entgegenzusetzende Druck wachsen darf.
Schließlich hat das FA in nicht zu beanstandender Weise seine Ermessenserwägungen nach Maßgabe des § 102 Satz 2 FGO im Hinblick auf die im Zeitpunkt der Festsetzung des Verspätungszuschlags zur Einkommensteuer 2005 bereits abgegebene Einkommensteuererklärung 2006 ergänzt. Auch diese Steuererklärung, die bis zum 31. Dezember 2007 abzugeben gewesen wäre, ist wiederum verspätet, nämlich erst am 10. Januar 2008 beim beklagten FA eingegangen. Es bedarf im Streitfall keiner abschließenden Entscheidung, ob - wie die Kläger behaupten - bei einer verspäteten Abgabe von Steuererklärungen innerhalb eines Zwei-Wochen-Zeitraumes keine Verspätungszuschläge erhoben werden. Denn eine solche Absprache beträfe zum einen lediglich die Frage, ob und ggf. in welcher Höhe ein Verspätungszuschlag wegen Einkommensteuer 2006 festzusetzen wäre. Zum anderen änderte eine solche Absprache nichts an dem Umstand, dass die Steuererklärung tatsächlich verspätet abgegeben worden ist.
Zusammenfassend ist somit festzustellen, dass es auch unter Berücksichtigung der von den Klägern im Zeitpunkt der Festsetzung des angefochtenen Verspätungszuschlags zur Einkommensteuer 2005 bereits abgegebenen Einkommensteuererklärung 2006 nicht ermessensfehlerhaft war, mit dieser Festsetzung die Kläger (auch) künftig zur Beachtung der Abgabefristen zu veranlassen.
Insbesondere stellt es keinen Ermessensfehler dar, wenn das FA den Verspätungszuschlag - wie im Streitfall - für das Vorjahr festsetzt und im Hinblick auf die aktuell vorliegende, gleichfalls verspätet abgegebene Einkommensteuererklärung dagegen von der Festsetzung eines Verspätungszuschlags absieht. Letztere Entscheidung berührt nicht die Rechtmäßigkeit des für 2005 festgesetzten Verspätungszuschlags.
cc)
Im Gegensatz zu der von den Klägern vertretenen Ansicht hat das FA ferner die Ermessenserwägungen hinreichend dargestellt, die zur Bemessung der Höhe des Verspätungszuschlags führten, so dass auch diesbezüglich kein Ermessensfehler ersichtlich ist.
Denn bei der Festsetzung der Höhe nach hat es sich neben dem Abgabeverhalten der Kläger - nämlich der verspäteten Abgabe der Einkommensteuererklärungen - an der im geänderten Einkommensteuerbescheid 2005 vom 28. Juni 2007 festgesetzten Einkommensteuer von 67.598 EUR und einem zu versteuernden Einkommen der Kläger i.H.v. rund 194.000 EUR orientiert und schließlich als weiteren Gesichtspunkt auf die erhebliche Nachzahlung (rund 13.000 EUR unter Berücksichtigung des geänderten Einkommensteuerbescheides) verwiesen. Auf diese Weise haben sämtliche in § 152 Abs. 2 Satz 2 AO aufgeführten Ermessenskriterien in die Entscheidung des beklagten FA Eingang gefunden.
3.
Der Rechtmäßigkeit des mit dieser Klage angefochtenen Verspätungszuschlags kann auch nicht mit Erfolg entgegengehalten werden, dass mit der erst nach dem Erlass der Einkommensteuerbescheide 2005 vom 30. April und 28. Juni 2007 erfolgten Festsetzung des Verspätungszuschlags unter dem 2. Mai 2008 das Verbindungsgebot des § 152 Abs. 3 AO verletzt worden sei.
Denn die Nichtbeachtung des § 152 Abs. 3 AO, der verlangt, dass der Verspätungszuschlag regelmäßig mit der Steuer festgesetzt wird (sog. Verbindungsgebot), macht die streitgegenständliche Festsetzung des Verspätungszuschlags nicht rechtswidrig. § 152 Abs. 3 AO 1977 wird allgemein als Ordnungsvorschrift eingestuft, die die Rechtmäßigkeit der Sachentscheidung, also die Festsetzung des Verspätungszuschlags, nicht berührt.
a)
In der Literatur wird hierzu überwiegend die Auffassung vertreten, dass für Verspätungszuschläge keine Festsetzungsfrist besteht; eine sinngemäße Anwendung des § 1 Abs. 3 AO 1977 soll ebenso ausscheiden wie eine analoge Anwendung der Festsetzungsverjährungsnormen (vgl. Tipke/Kruse, Kommentar zur AO und FGO, § 152 AO 1977 Tz. 42). Um aber eine unbegrenzte Festsetzung von Verspätungszuschlägen auszuschließen, wird die Anwendung des Verwirkungstatbestandes erwogen.
Letztlich kann dies dahinstehen, da im Streitfall keine Verwirkung eingetreten ist.
Die Wortfassung des Gesetzestatbestandes lässt erkennen, dass in Ausnahmefällen von der gleichzeitigen Festsetzung abgewichen werden kann. In Ausfüllung und Konkretisierung dieses Regel-/Ausnahme-Verhältnisses ist es jedenfalls unschädlich, wenn die Festsetzung des Verspätungszuschlags binnen Jahresfrist nachgeholt wird. Diese Frist orientiert sich an der Regelung des § 171 Abs. 10 AO, nach der bei Anpassung eines Folgebescheides der Verwaltung ebenfalls ein Zeitraum von einem Jahr zur Verfügung steht, und vor allem an der Regelung des § 239 Abs. 1 AO, nach der die Festsetzungsfrist für Zinsen ein Jahr beträgt. Auch Zinsen, die wie die Verspätungszuschläge ebenfalls zu den steuerlichen Nebenleistungen zu rechnen sind (§ 3 Abs. 3 AO), sollen - ebenso wie die Festsetzung des Verspätungszuschlags - mit der Steuerfestsetzung verbunden werden. Diese Frist stellt einen angemessenen Zeitraum dar, in dem die Nachholung der Verspätungszuschlags-Festsetzung im Regelfall ohne weiteres noch möglich ist. Für einen vorzeitigen Eintritt des Verwirkungstatbestandes bestehen demgegenüber keine Anhaltspunkte. Abgelehnt wird damit die Auffassung von Brockmeyer/Klein (Abgabenordnung, 7. Aufl., 2000, § 152 AO Rz. 13), nach der in der Steuerfestsetzung ohne gleichzeitige Festsetzung des Verspätungszuschlags regelmäßig ein Verzicht auf dessen Festsetzung liegen soll. Für eine auch nur konkludente Verzichtserklärung liegen keine Anhaltspunkte vor(vgl. BFH-Urteil vom 10. Oktober 2001 XI R 41/00, BStBl. II 2002, 124 m.w.N.).
b)
aa)
Eine solche Verzichtserklärung ist im Streitfall auch nicht darin zu sehen, dass im Rahmen der Bearbeitung der Einkommensteuererklärung der Kläger für 2005 die Festsetzung eines Verspätungszuschlags zunächst mit dem Vermerk "nein, erstmals verspätet" unterblieben ist.
Denn zum einen hat es sich hierbei lediglich um einen internen Bearbeitervermerk gehandelt, dem keinerlei Außenwirkung zukam und der damit insbesondere keinen Vertrauensschutz bei den Klägern entfalten konnte.
Zum anderen ging dieser Vermerk inhaltlich offensichtlich von einem unzutreffenden Sachverhalt aus, da - wie zwischen den Beteiligten unstreitig ist - es sich bei der verspäteten Abgabe der Einkommensteuererklärung für den Veranlagungszeitraum 2005 nicht um eine erstmals verspätete Abgabe einer Steuererklärung handelte. Vielmehr war bereits die Einkommensteuererklärung des vorangegangenen Veranlagungszeitraums 2004 erheblich, nämlich um mindestens sechs Monate (vgl. oben), verspätet abgegeben worden.
bb)
Die zuvor unter Punkt a) angeführte "Jahresfrist" stellt schließlich keine absolute zeitliche Grenze dar, innerhalb der die Festsetzung eines Verspätungszuschlags noch nachgeholt werden darf. Dies folgt allein schon aus dem Umstand, dass es sich hierbei um keine gesetzlich normierte Frist, sondern lediglich um Auslegungsfragen im Zusammenhang mit einer möglichen Verwirkung handelt.
Demzufolge hält es das Gericht für unbedeutend, dass vorliegend die Jahresfrist um zwei Tage überschritten ist. Der erstmalige Einkommensteuerbescheid für 2005 datierte vom 30. April 2007, während die Festsetzung des Verspätungszuschlags zur Einkommensteuer 2005 mit Bescheid vom 2. Mai 2008 erfolgte.
II.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO.