Verwaltungsgericht Lüneburg
Urt. v. 23.06.2004, Az.: 1 A 741/03

Befähigungsbeurteilung; Beurteilung; Beurteilungskomponente; Beurteilungslücke; Gesamturteil; Leistungsbeurteilung; Nachvollziehbarkeit; Plausibilisierung; Plausibilisierungslast

Bibliographie

Gericht
VG Lüneburg
Datum
23.06.2004
Aktenzeichen
1 A 741/03
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2004, 50698
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Amtlicher Leitsatz

Leitsatz

1. Die erforderliche Plausibilisierung misslingt, wenn ein sehr positiver Beurteilungsbeitrag offenkundig nicht angemessen berücksichtigt worden ist und die - selbst unkundigen, erst nachträglich zuständig gewordenen Erst- und Zweitbeurteiler - sich für einen erheblichen Zeitraum nicht mehr auf Beiträge anderer stützen können.

2. Eine Beurteilung ist für einen eingegrenzten Beurteilungszeitraum unabhängig und ohne Rückgriff auf eine zeitlich vorangehende Regelbeurteilung abzufassen.

3. Eine Beurteilung ist grundsätzlich aus einer Summe von Beurteilungskomponenten unter Beachtung ihres Zusammenspiels und Einklangs so zu erstellen, dass ein rational nachvollziehbares, insgesamt plausibles Gesamtbild des Beurteilten entsteht.

Tatbestand:

1

Der Kläger - Regierungshauptsekretär bei der BGSA E. im mittleren nichttechnischen Verwaltungsdienst - wendet sich gegen einen „Aktuellen Leistungsnachweis“ zum Stichtag 1. Mai 1999, der den Beurteilungszeitraum 1. Mai 1998 bis 30. April 1999 umfasst.

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Er erhielt zunächst am 10. August 1999 einen „Aktuellen Leistungsnachweis“ für den gen. Beurteilungszeitraum, in dem seine Leistungen mit der Note 7 - übertrifft die Anforderungen - bewertet wurden. Seine dagegen gerichtete Klage 1 A 54/00 wurde durch einen Vergleich v. 10. Februar 2003 abgeschlossen, der folgenden Inhalt hatte:

3

„Die Beklagte wird den Kläger zum Stichtag 1. Mai 1999 unter Berücksichtigung der bisher vorgetragenen Ungereimtheiten des Verfahrens neu beurteilen.“

4

In diesem Verfahren war von der Beklagten vorgetragen worden, zuständiger Erstbeurteiler zum 1. Mai 1998 sei ROAR {A.} gewesen. Sein Nachfolger sei ab 1. Oktober 1998 RAR {B.} gewesen, der jedoch längerfristig krank gewesen sei, so dass sein Vertreter RAR {C.} gem. ständiger Übung des GSP Nord die Funktion des Erstbeurteilers (als Abwesenheitsvertreter) wahrgenommen habe.

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Am 16. Juli 2003 erhielt der Kläger einen neuen, hier streitigen „Aktuellen Leistungsnachweis“ vom 26. Juni 2003 zum Stichtag 1. Mai 1999 (Zeitraum: 1.5.98 -30.4.99), verfasst von RAR {D.} als Erstbeurteiler und PD {E.} als Zweitbeurteiler, der wiederum - wie zuvor - mit der Gesamtnote 7 Punkte endete, wobei 13-mal die Notenstufe 7, sodann 7-mal die Notenstufe 8 und 1-mal die Notenstufe 9 vergeben wurde. Unter Bemerkungen war eingetragen, dass die „Bewertungskomponenten“ des Beitrags von ROAR {F.} für die Zeit 1.5.98 - 31.8.98 „angemessen“ eingeflossen seien. Ansonsten seien die „aus der Personalakte genommenen Eindrücke“ unter „Ausschöpfung aller .. zur Verfügung stehenden Erkenntnisquellen“ berücksichtigt worden.

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Mit Schreiben vom 23. Juli 2003 erhob der Kläger dagegen Widerspruch mit der Begründung, der Beitrag des ROAR {A.}, der einen wesentlichen Teil des 12-monatigen Beurteilungszeitraums umfasse und mit der Gesamtnote 8 mit Tendenz zu 9 Punkten ende, sei offenbar nicht angemessen einbezogen worden. RA {G.} habe dem Kläger erklärt, der Beitrag sei nicht berücksichtigungsfähig. Außerdem sei RA {H.} - Dienstvorgesetzter des Klägers vom 11.1. - 30.4.99 - ausweislich des Leistungsnachweises überhaupt nicht beteiligt worden. Die erneut vergebene Gesamtnote 7 sei daher nicht plausibel.

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In seiner Stellungnahme vom 31. Juli 2003 führte RAR {I.} hierauf aus, „Grundlagen“ für den streitbefangenen Leistungsnachweis seien die vorangehende Regelbeurteilung, Stichtag 1.05.1998, sowie der Beurteilungsbeitrag des ROAR {A.} für die Zeit 1.5.98-31.8.98 gewesen:

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„Die Regelbeurteilung umfasste einen Zeitraum von 3 ½ Jahren, in dem RHS {J.} auf zwei Dienstposten verwendet wurde.... Da sowohl die Leistungs- als auch die Befähigungsbeurteilung miteinander korrespondieren, stand die Note auf ´sicheren Füßen´ und bildete somit den Schwerpunkt für meine Beurteilung. Dabei ist in meiner Entscheidungsfindung der Beurteilungsbeitrag des Herrn {F.} - projiziert auf den 4-monatigen Zeitraum - angemessen berücksichtigt worden, wobei eine diesbezügliche Orientierung ausschließlich an die dort vergebenen Einzelnoten erfolgte.“

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RA {H.} gab in seiner Stellungnahme vom 4. August 2003 an, die im Zeitraum 11.1. - 30.4.1999 gezeigten Leistungen „lagen insgesamt über dem Durchschnitt, die Befähigungsmerkmale waren mehrheitlich stärker ausgeprägt“, insgesamt erscheine die Gesamtnote 7 gerechtfertigt.

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Mit Bescheid vom 11. August 2003 wurde der als Abänderungsantrag verstandene Widerspruch unter Bezug auf vorgenannte Stellungnahmen abgelehnt.

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Dagegen erhob der Kläger mit Schreiben vom 22. August 2003 Widerspruch nochmals mit der Begründung, der Erstbeurteiler {I.} habe im Beisein des Personalratsvorsitzenden {K.} erklärt, er habe außer der früheren Regelbeurteilung keine Erkenntnisquellen gehabt, um die Leistungen des Klägers beurteilen zu können. Weitere Beiträge habe er aufgrund seiner Erkrankung und angesichts der Personalsituation nicht einholen können. Damit stehe fest, dass die vorangegangene Regelbeurteilung „übernommen bzw. abgeschrieben“ worden sei. Substantiierte Darlegungen dazu, weshalb RAR {I.} zu einer schlechteren Beurteilung als ROAR {A.} gekommen sei, fehlten.

12

Der Widerspruch wurde der BGSA {L.} vom GSP Nord mit dem Bemerken zugeleitet (Schr. v. 10.9.2003), „Erkenntnisse hätten jedoch auch durch den unmittelbaren Fachvorgesetzten im Zeitraum 11.01.-30.04.1999, RA {H.}, gewonnen werden können. Gelegenheit hierzu hätte bestanden.“

13

In seiner erneuten Stellungnahme vom 2. Oktober 2003 bestätigte RAR {I.}, bereits am 31. Juli 2003 ein Gespräch mit dem Kläger und PHM {K.} geführt zu haben. Er verwies auf seine Stellungnahme vom 31. Juli 2003, aus der zu entnehmen sei, welche Grundlagen er für seine Notenfindung hinzugezogen habe. Mit RA {H.} habe er damals anlässlich der Abfassung seiner gen. Stellungnahme vom 31.7.03 „ein längeres Gespräch über das Leistungsvermögen des RHS {J.} zum Stichtag 1.05.1999 geführt...“.

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Durch Widerspruchsbescheid vom 17. November 2003 - abgesandt am 19. November - wurde der Widerspruch mit der Begründung zurückgewiesen, RAR {I.} habe in seiner Stellungnahme v. 31.7.2003 seine Erkenntnisquellen benannt, wobei ein Beitrag des RA {H.} nicht enthalten gewesen sei. Ein solcher Beitrag sei aber dann im Widerspruchsverfahren mit heilender Wirkung einbezogen worden. Die „anfängliche Fehlerhaftigkeit infolge unvollständiger Beurteilungsgrundlage“ sei mit der verfahrensrechtlichen Heilung „zugleich auch in ihrem materiellrechtlichen Aspekt behoben worden“. Die Beurteilung sei „nachträglich ergänzt“ worden. Im Übrigen verfügten keiner der an der Neuerstellung beteiligten Vorgesetzten „über eigene Erkenntnisse“, so dass insoweit auf den ursprünglichen Akt. Leistungsnachweis zurückgegriffen worden sei. Bei der Bildung der Gesamtnote sei berücksichtigt worden, dass der Beitrag des ROAR {A.} - wie auch der des RA {H.} - nur etwa ein Drittel des Beurteilungszeitraums abdecke, so dass die Gesamtnote 7 gerechtfertigt sei.

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Zur Begründung seiner am 8. Dezember 2003 erhobenen Klage trägt der Kläger unter Wiederholung und Vertiefung seines bisherigen Vorbringens vor, er bestreite, dass der Beitrag des RA {H.} - wie behauptet - in den streitigen Leistungsnachweis tatsächlich eingearbeitet worden sei. Dieser sei nicht im geringsten modifiziert oder überarbeitet worden. Es handele sich um eine Schutzbehauptung und nachträgliche Rechtfertigung. Weiterhin sei der Beitrag des ROAR {F.} für die Zeit 1.5.98-31.8.98, mit welchem dem Kläger eine deutliche Leistungssteigerung bescheinigt worden sei, nicht mit dem nötigen Gewicht berücksichtigt worden. RAR {I.} habe im Beisein des PHM {K.} gesagt, diesen Beitrag habe er nicht berücksichtigt, weil ROAR {F.} damals schon nach {M.}abgeordnet gewesen sei. Auf den ursprünglichen Leistungsnachweis könne nicht mehr zurückgegriffen werden, weil er aufgrund des Vergleichs vom 10. Febr. 2003 aufgehoben worden sei und damit nicht mehr zur Verfügung stehe. Durch ihn könne die Beurteilungslücke vom 1.9.1998 bis 10. Jan. 1999 nicht mehr geschlossen werden. Der Beitrag des RA {H.} könne nicht herangezogen werden, weil dieser sich ab Januar 1999 erst einmal habe einarbeiten müssen und nur einen äußerst begrenzten Eindruck vom Kläger haben konnte.

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Der Kläger beantragt,

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die Beklagte unter Aufhebung des Ablehnungsbescheides der Bundesgrenzschutzabteilung {L.} vom 11. August 2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides des Grenzschutzpräsidiums Nord vom 17. November 2003 zu verurteilen, den Kläger nach Maßgabe der Rechtsauffassung des Gerichts zum Stichtag 1. Mai 1999 für den Beurteilungszeitraum vom 1. Mai 1998 bis 30. April 1999 neu zu beurteilen,

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hilfsweise das Zeugnis des Polizeihauptmeisters {N.}{K.} - Personalratsvorsitzender bei der BGSA {O.} - dazu einzuholen, dass der Beurteilungsbeitrag des Regierungsoberamtsrates {A.} bei der Neufassung des aktuellen Leistungsnachweises nicht berücksichtigt worden sei.

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Die Beklagte beantragt,

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die Klage abzuweisen.

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Sie bezieht sich auf die angefochtenen Bescheide und ist der Auffassung, auf den ursprünglichen Akt. Leistungsnachweis könne zurückgegriffen werden, weil dem gerichtlichen Vergleich vor allem deshalb zugestimmt worden sei, weil der damalige Erstbeurteiler RAR {C.} seinen Akt. Leistungsnachweis „ohne die Einholung von Beurteilungsbeiträgen“ verfasst hatte. Deshalb sei es auch nicht angezeigt gewesen, von ihm noch einen weiteren Beitrag einzuholen. Auf die Regelbeurteilung sei aber deshalb zurückgegriffen worden, weil schon RAR {C.} diese aufrechterhalten hatte, folglich sämtliche Einzelnoten der Regelbeurteilung 1998 auch Gegenstand der Leistungsbewertung im vorliegenden Rahmen seien. Im Übrigen werde auf eine Stellungnahme des RAR {C.} vom 25. Febr. 2004 Bezug genommen, in der dieser zwar für den Stichtag 1. Oktober 2003 eine Note 8 durch seine Leistungseinschätzung des Klägers bestätige, aber zugleich auch für den Stichtag 1. Mai 1999 nur die Note 7, so wie sie vergeben worden sei.

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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakten und die beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten Bezug genommen

Entscheidungsgründe

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Die zulässige Klage ist begründet.

24

Der Kläger wird durch die angefochtenen Bescheide, in denen eine Abänderung des Aktuellen Leistungsnachweises zum Stichtag 1. Mai 1999 abgelehnt worden ist, in seinen Rechten verletzt, § 113 VwGO. Er hat Anspruch auf eine Neubescheidung unter Beachtung der Rechtsauffassung der Kammer.

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1. Die Kontrolldichte der Verwaltungsgerichte ist mit Blick auf die dem Dienstherrn zustehende Beurteilungsermächtigung (Kellner, DÖV 1969, 309) eingeschränkt, wie das in der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung allgemein anerkannt ist (vgl. u.a. BVerwG, ZBR 1981, 197 u. 315 [BVerwG 02.04.1981 - BVerwG 2 C 13.80]). Allerdings können die Verwaltungsgerichte neben Verfahrensverstößen das Einhalten gesetzlicher Vorgaben, die Vollständigkeit der Beurteilungsgrundlagen, das Beachten allgemeingültiger Wertmaßstäbe und den Einfluss sachfremder Erwägungen kontrollieren (Schnellenbach, NJW-Schriften 40, 4. Aufl. 1998, Rdn. 480 ff. m.w.N.). Hier ist der Aktuelle Leistungsnachweis vom 26. Juni 2003, der eine Beurteilung darstellt, in verwaltungsgerichtlich zugänglichen Kontrollbereichen zu beanstanden

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2. Es ist unklar, ob die Beurteilung dem Kläger in ordnungsgemäßer Form, so wie das die Richtlinien vorsehen, eröffnet worden ist (Bl. 6 Verwaltungsvorgänge; 3.3 Abs. 2 und 6.7 BeurtlgRLBGS v. 15.1.1998). Eine Beurteilungsbesprechung gem. § 40 Abs. 1 S. 2 BLV, die voraussetzt, dass die „fertige Beurteilung dem Beamten zuvor bekannt gegeben worden ist“ (Schnellenbach, aaO, Rdn. 443) und dass zwischen Eröffnung und Besprechung eine Frist von „fünf Arbeitstagen“ liegt (so 6.7 der Beurteilungsrichtlinien; vgl. dazu auch Schnellenbach, aaO, Rdn. 442; Schaefer, ZBR 1983, 173 / 177), ist den vorgelegten Verwaltungsvorgängen ebenfalls nicht zu entnehmen und hat offenbar nicht stattgefunden.

27

3. In der Sache hat die Klage vor allem deshalb Erfolg, weil die Vergabe der Notenstufe 7 nicht plausibel und angesichts der Gesamtumstände nicht mehr nachvollziehbar ist.

28

Nach Auffassung der Kammer bestehen bereits erhebliche Zweifel daran, dass die beiden zuständigen Beurteiler den Zeitraum vom Mai 1998 bis August 1998, als der Kläger noch von ROAR {A.} beurteilt wurde, in der sachlich gebotenen Weise (anerkennend) gewichtet, einbezogen, mitberücksichtigt und gewürdigt haben.

29

Eigene Kenntnisse konnten sie eingestandenermaßen hinsichtlich dieses Zeitraums nicht haben, da insoweit ausdrücklich ein Beurteilungsbeitrag des ROAR {A.} zu den Akten genommen worden ist und der „neue“ Leiter der Verwaltung, RAR {I.}, den Kläger aus der Zeit, die zur Rede steht, überhaupt nicht kennen konnte. Inwieweit der Zweitbeurteiler PD {E.} den Kläger und seine Tätigkeit kannte, ist unklar. Jedoch können dessen eigene Kenntnisse nicht sehr weit reichen, weil bei Eröffnung der Regelbeurteilung im August 1998 noch PD {P.} als Abteilungsführer ausgewiesen ist, also auch der Zweitbeurteiler nur auf Erkenntnisse Fremder zurückgreifen konnte.

30

Aus den Vorgängen ist aber auch nicht erkennbar, dass der sehr positive Beurteilungsbeitrag des ROAR {A.} inhaltlich tatsächlich herangezogen und gemäß seiner positiven Aussagen zu den Befähigungen und Leistungen des Klägers gewürdigt und verwertet worden wäre, so wie das nach intersubjektiv anerkannten Bewertungsstandards erforderlich ist: Was für die Bildung der Gesamtnote aus den Einzelnoten der Leistungsmerkmale gilt (5.5.1 BeurtlgRLBGS), das gilt selbstverständlich erst recht im Falle der Einbeziehung eines Beitrages für einen längeren Zeitraum: Unter „Würdigung der Gewichtung und des Gesamtbildes“ ist bei Beachtung des „Einklanges“ (5.5.2 aaO.) verschiedener Beurteilungskomponenten eine beurteilungsrechtlich nachvollziehbare Gesamtnote zu bilden. In der Leistungsbewertung dieses Beurteilungsbeitrags sind nun nur 2 Merkmale mit 7 Punkten bewertet worden, alle anderen mit 8 oder sogar 9 Punkten (sogar 8-mal). In der Begründung heißt es:

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„RHS {J.} hat seine bisherigen guten dienstlichen Leistungen weiterhin stark verbessert. Er ist bei der Umstellung der Bekleidungswirtschaft mit Übersicht und organisatorischem Geschick vorgegangen und hat somit zu Einsparungen der Haushaltsmittel auf diesem Gebiet beigetragen. Die Führung seines Fachpersonals hat er straff gebündelt und mit ihm überdurchschnittliche Arbeitsergebnisse erzielt.“

32

In der Befähigungsbeurteilung findet sich weit überwiegend der Ausprägungsgrad A „besonders stark ausgeprägt“ (6-mal). Hiernach hätte mit Blick auf diesen insgesamt positiven Beurteilungsbeitrag, dessen Gewicht von 4 Monaten zu würdigen war, sehr eingehend begründet werden müssen, weshalb die - jedenfalls über einen vergleichsweise langen Zeitraum, nämlich bis August 1998 - offensichtlich recht positiv eingeschätzten Fähigkeiten und Leistungen des Klägers zum Stichtag der hier streitigen Beurteilung (1. Mai 1999) plötzlich nicht mehr - wie zuvor noch (vgl. VII des Beurteilungsbeitrages) - eine „Förderungswürdigkeit“ rechtfertigten. Es ist beurteilungsrechtlich nicht nachvollziehbar, weshalb das letztlich unterblieben ist. Eine überzeugende Begründung hierfür haben die beiden Beurteiler nicht abgegeben; sie ist auch sonst nicht ersichtlich.

33

Vor allem stellt es nach Auffassung der Kammer keine Begründung für die Vergabe der Notenstufe 7 dar, wenn der Erstbeurteiler auf die zuvor erstellte Regelbeurteilung zum Stichtag 1. Mai 1998 zurückgreift und meint, damit befinde er sich auf „sicheren Füßen“ (so seine Stellungnahme vom 31. Juli 2003, auf die er sich in jener vom 2. Oktober 2003 bezieht). Ein solcher Rückgriff ist unzulässig. Denn nach allgemein gültigen Bewertungsmaßstäben (Schnellenbach, Beamtenrecht in der Praxis, 5. Auflage 2001, Rdn. 486 ff.) wie auch nach 6.1 BeurtlgRL-BGS ist eine Beurteilung auf einen Beurteilungszeitraum zu beziehen und „unabhängig von vorausgegangenen Beurteilungen vorzunehmen“ (so 6.1 aaO.). Eine Beurteilung hat sich also mit einem eingegrenzten Beurteilungszeitraum zu befassen und auf Erkenntnisse (Beurteilungsgrundlagen) aus eben diesen Zeitraum zu stützen. Das ist für den hier streitigen Zeitraum nach der Stellungnahme des Erstbeurteilers gerade nicht der Fall gewesen. Vielmehr bildete die Regelbeurteilung für den vorangegangenen Zeitraum von 3 ½ Jahren sogar - wie der Erstbeurteiler ausgeführt hat - „den Schwerpunkt für meine Beurteilung“. Angesichts der sehr positiven Tendenz des gen. Beitrages für einen Zeitraum, der nach der gen. Regelbeurteilung zum 1. Mai 1998 liegt, hätte es jedoch überzeugender Erkenntnisse und Sachargumente bedurft, die Gesamtnote 7 nachvollziehbar zu machen. Der Rückgriff auf die Regelbeurteilung jedenfalls ist unzulässig und trägt insoweit in gar keine Weise die vergebene Gesamtnote.

34

Die angesichts eines solchen (unzulässigen) Rückgriffs auf die Regelbeurteilung im Raum stehende (bloße) Behauptung des Erstbeurteilers, der gen. Beitrag des ROAR {A.} sei „angemessen berücksichtigt worden“, wobei „eine diesbezügliche Orientierung ausschließlich an die dort vergebenen Einzelnoten erfolgte“, ersetzt keine sachbezogene, nachvollziehbare Wertungskriterien enthaltende Begründung. Es ist nur eine formelhafte Rechtfertigungswendung. Denn gerade die achtmalige Vergabe der Einzelnote 9 (u.a. für Qualität und Ergiebigkeit der Arbeitsergebnisse, für Eigenständigkeit und Initiative usw.) erfordert eine stichhaltige Begründung dafür, dass diese Noten sich im Ergebnis des angefochtenen Leistungsnachweises nicht bzw. nicht nennenswert auswirken. An einer solchen stichhaltigen Begründung fehlt es jedoch.

35

Dieser Begründungsmangel ergibt sich hier mit Blick auf den Zeitraum 1. September 1998 bis 10. Januar 1999 weiterhin deshalb, weil insoweit kein verwertbarer Beurteilungsbeitrag - weder von RAR {B.} noch von dessen Vertreter RAR {C.} - vorliegt. Soweit die Beklagte auf die Stellungnahme des Abwesenheitsvertreters RAR {C.} vom 25. Februar 2004 verweist, ist klar zu stellen, dass es sich hierbei zum einen nicht um einen verwertbaren Beurteilungsbeitrag handelt und zum andern der zuständige Erstbeurteiler RAR {I.} eine solche „Einschätzung“ erklärtermaßen bei seiner Notenfindung gar nicht berücksichtigt hat (vgl. dessen Stellungnahmen vom 31. Juli und 2. Oktober 2003). Damit ergibt sich eine zeitliche Lücke tatsächlicher Beurteilungsgrundlagen von 4 Monaten und 10 Tagen. Diese kann auch nicht - wie die Beklagte meint - durch einen Rückgriff auf den Aktuellen Leistungsnachweis vom 10. August 1999, der im Verfahren 1 A 54/00 angegriffen war, wieder geschlossen werden. Das wäre ein Zirkelschluss. Denn die im Vergleich vom 10. Februar 2003 übernommene Verpflichtung einer Neubeurteilung hatte nach dem Sinn und Zweck des Vergleichs die Kassation des Leistungsnachweises vom 10. August 1999 selbstverständlich zur Voraussetzung. Auf diesen Nachweis kann daher inhaltlich und als Beleg für die Neubeurteilung nicht mehr zurückgegriffen werden.

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Die unzureichende Gewichtung und Verwertung eines mit 4 Monaten zu Buche schlagenden positiven Beurteilungsbeitrages indes stellt bei fehlenden eigenen Kenntnissen der zuständigen Beurteiler und Konstatieren einer Beurteilungslücke von rd. 4 Monaten einen gravierenden Mangel der Gesamtbeurteilung für 12 Monate dar, weil zwingend eine Gesamtwürdigung aller Leistungen des betroffenen Beamten zu erfolgen hat (BVerwG, NVwZ-RR 1999, 455), vor allem hinsichtlich solcher Zeiträume, in denen der Beamte noch anderen Beurteilern als den tätig gewordenen unterstellt war. Deren Einschätzung kann in einer Beurteilung, die sich ausdrücklich über 1 Jahr erstreckt, nicht einfach mit der bloßen Behauptung übergangen werden, der Beurteilungsbeitrag des ROAR {A.} sei „angemessen berücksichtigt“ worden.

37

Aber auch für den Teilzeitraum ab 11. Januar 1999 bis 30. April 1999 ist angesichts der vorliegenden Besonderheiten die Gesamtnote 7 nicht plausibel. Das gilt besonders im Hinblick darauf, dass der Erstbeurteiler - RAR {I.} - den Beitrag des RA {H.} für den Zeitraum 11.1.1999 - 30.4.1999 nach seinen eigenen Stellungnahmen vom 31. Juli und 2. Oktober 2003 zunächst gar nicht eingeholt, in seine Wertung nicht einbezogen und auch nicht verwertet hat. Erst nachträglich hat er ein längeres Gespräch geführt, ohne dessen Inhalt im Einzelnen offen zu legen. Die nur nachträgliche - die vergebene Note rechtfertigende - Verwertung eines nachgeschobenen Beitrages ist angesichts der zunächst zugestandenen Nichtverwertung bei der Gesamtwürdigung nicht möglich. Das Gesamturteil ist vom Erstbeurteiler auf einer anderen Grundlage, so wie er das in seiner Stellungnahme vom 31. Juli 2003 selbst eindeutig dargestellt hat, gefunden worden. Es kann nicht noch „nachgefüttert“ werden durch einen Beitrag, der - wie der Kläger zu Recht meint - sich auf die Einarbeitungszeit des RA {H.} bezieht, in welcher eine Einschätzung und Bewertung der Persönlichkeit des Klägers kaum in fundierter Form möglich gewesen sein dürfte.

38

Zudem lässt sich insgesamt bezweifeln, ob allein aufgrund einer 3 ½ -monatigen Beobachtungszeit (durch RA {H.}) bei zahlreichen Merkmalen (1.4, 3.1, 3.2, 4.1, 4.2, 4.4, 5.1) eine Abstufung von 9 auf 7 Pkt willkürfrei und sachgerecht vorgenommen werden konnte. Auffällig ist dabei, dass gerade Merkmale, die vom ROAR {A.} noch mit 9 Pkt. beurteilt und damit besser als die sonstigen Merkmale bewertet wurden, durch den sich erst noch einarbeitenden RA {H.} pauschal mit 7 Pkt. bewertet wurden, was die letztlich vorgenommene Absenkung noch unverständlicher erscheinen lässt. Dabei fällt auch auf, dass das Merkmal „Anleitung und Aufsicht“, das im streitigen Beitrag vom Erstbeurteiler {I.} in Übereinstimmung mit ROAR {A.} ebenfalls mit 9 Pkt. bewertet wurde, gerade von RA {H.} - u.zw. ohne jede Begründung - mit nur 7 Pkt. eingeschätzt wurde. Nähere Angaben oder eine Begründung dazu fehlen. In der Befähigungsbeurteilung wurden zudem im streitigen Leistungsbeitrag 4-mal die Ausprägungen A vergeben, während RA {H.} das kein einziges Mal getan hat, diese Ausprägung vielmehr dem Kläger insgesamt - wiederum ohne jede Begründung - vorenthalten hat. Die vergebenen Befähigungen jedoch lassen sich nur schwer mit dem Beurteilungsbeitrag des ROAR {F.} und den vorgenommenen Abstufungen der Leistungsbeurteilung vereinbaren, vgl. 5.5.2 der Beurteilungsrichtlinien.

39

Die Beklagte ist damit im vorliegenden Fall nicht ihrer dienstherrlichen Plausibilisierungslast gerecht geworden ist (OVG Saarlouis, DÖD 2000, 65 mwN.). Das hier zur Rede stehende Gesamt-(Wert-)-Urteil mit der Notenstufe 7 ist von der Beklagten für den gesamten Beurteilungszeitraum nicht in der rechtlich gebotenen Weise verifiziert und nachvollziehbar gemacht worden (vgl. BVerwGE 60, 245 / 249 f.; OVG NW, ZBR 1975, 90/91; Bieler, Die dienstliche Beurteilung, 3. Aufl. 2000, Rdn. 91). Denn aus einer Summe von Einzel- bzw. Teilbewertungen und -beobachtungen ist grundsätzlich ein adäquates, rational nachvollziehbares Gesamturteil zu bilden, das mit der Darstellung der Gesamtpersönlichkeit harmonisch in Einklang zu bringen ist. Es darf auf keinen Fall eine nur „formelhafte Behauptung“ bleiben (BVerwG, aaO, S. 251), die mit „allgemeinen Ausführungen“ (BVerwG, aaO., S. 253) belegt wird. Für die Vergabe der Wertungsstufe 7 hätten sich also die Leistungen des Klägers während des gesamten, von der Beklagten hier beurteilten Zeitraums (1. Mai 1998 bis 30. April 1999) insgesamt nachvollziehbar und in sich widerspruchsfrei als solche darstellen müssen, die mit 7 Punkten zu bewerten sind. Das ist jedoch nicht der Fall.

40

4. Die lediglich hilfsweise beantragte Beweiserhebung - Einholung des Zeugnisses des PHM {K.} zur Nichtberücksichtigung des Beurteilungsbeitrages des ROAR {A.} - ist angesichts der Verpflichtung der Beklagten, einen neuen aktuellen Leistungsnachweis unter Berücksichtigung der oben dargelegten Beanstandungen zu erstellen, entbehrlich.

41

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 11 ZPO. Gründe für eine Zulassung der Berufung liegen nicht vor, §§ 124 a Abs. 1 S. 1 iVm 124 Abs. 2 Nr. 3 und Nr. 4 VwGO.