Verwaltungsgericht Lüneburg
Urt. v. 17.06.2004, Az.: 1 A 336/02

Altersteilzeit; Blockmodell; Konrektor; Lehrer

Bibliographie

Gericht
VG Lüneburg
Datum
17.06.2004
Aktenzeichen
1 A 336/02
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2004, 50696
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Tatbestand:

1

Der 59-jährige, zu 50 % behinderte Kläger, der Konrektor einer Grund- und Hauptschule/Orientierungsstufe (BesGr. A 13 mit Amtszulage Fußnote 7 BBesO) ist, erstrebt die Gewährung von Altersteilzeit im Blockmodell.

2

Mit Formularantrag vom 15. Juli 2002 bemühte sich der Kläger um die Bewilligung von Altersteilzeit in der Form des sog. Blockmodells, was jedoch - nach Erläuterung der Rechtslage im Juli 2002 und Beteiligung der Personalvertretung und des Bezirksvertrauensmannes der schwerbehinderten Lehrkräfte - durch den angefochtenen Bescheid vom 16. September 2002 mit der Begründung abgelehnt wurde, eine Altersteilzeit in dieser Form komme ausschließlich für Schulleiter sowie für solche Lehrkräfte in Betracht, deren Unterrichtsverpflichtung aufgrund von Anrechnungen und Ermäßigungen die Hälfte der Regelstundenzahl unterschreite. Da bei 27,5 Regelstunden des Klägers nur 7 Stunden anzurechnen seien, mithin nicht die Hälfte der Regelstundenzahl unterschritten werde, scheide aufgrund der zwingenden Vorschrift des § 8 a ArbZVO-Lehr die Bewilligung der beantragten Altersteilzeit aus.

3

Der dagegen gerichtete Widerspruch wurde durch Widerspruchsbescheid vom 18. November 2002 unter Hinweis darauf zurückgewiesen, dass trotz der inzwischen anzusetzenden 10 Anrechnungs- und Ermäßigungsstunden (2 Std. wg. Schwerbehinderung, 6 Std. für Konrektorentätigkeit, 2 Std. für besondere Belastungen) die Voraussetzungen für die beantragte Altersteilzeit nicht vorlägen. Das gelte auch angesichts dessen, dass der Kläger Konrektor sei. Denn für ihn gelte nicht eine gleichermaßen stringente Anwesenheitspflicht wie für Schulleiter/innen. Er könne Altersteilzeit im Teilzeitmodell erhalten und an seiner Schule auch - trotz umfangreicher Aufgaben an der GHS/OS - sachgerecht praktizieren, zumal er schwerpunktmäßig nur Aufgaben in der Hauptschule wahrnehme.

4

Zur Begründung seiner am 20. Dezember 2002 erhobenen Klage stützt sich der Kläger unmittelbar auf § 80 b Abs. 2 S. 1 NBG und meint, es sei unbeachtlich, dass er als Konrektor nicht von § 8 a Abs. 2 Nr. 1 ArbZVO-Lehr (mit-)erfasst werde, da diese Bestimmung einer bloßen Verordnung nicht mit Art. 3 Abs. 1 GG und dem Gleichheitssatz vereinbar sei. Er ist der Auffassung, die Beschränkung der Blockmodell-Altersteilzeit nach § 8 a ArbZVO-Lehr auf Schulleiter/innen könne nur darauf beruhen, dass deren ständige Anwesenheit als erforderlich angesehen werde, um einen ordnungsgemäßen Schulbetrieb zu gewährleisten. Dieser Gesichtspunkt des Schulbetriebs gelte auch für Lehrkräfte, die mit weniger als der Hälfte der Regelstunden unterrichteten. Allein aus diesem Grunde scheide für diese Personengruppe das Teilzeitmodell aus und komme das Blockmodell zum Zuge. Dieser Sinn und Zweck treffe jedoch auch gerade für Konrektoren zu, die im Schulbetrieb ständig als Ansprechpartner zur Verfügung zu stehen hätten, was zugleich einen hohen Anwesenheitsgrad zur Folge habe. Die Verweisung des Klägers als Konrektor auf das Teilzeitmodell sei daher sachwidrig und stelle eine Verletzung des Gleichheitssatzes dar.

5

Der Kläger beantragt,

6

die Beklagte zu verpflichten, dem Kläger unter Aufhebung des Bescheides vom 16. September 2002 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18. November 2002 antragsgemäß Altersteilzeit im Blockmodell zu gewähren.

7

Die Beklagte beantragt,

8

die Klage abzuweisen.

9

Sie verweist darauf, dass die Landesregierung durch § 80 b Abs. 3 NBG ermächtigt worden sei, durch Verordnung für Beamte im Schuldienst von den Absätzen 1 und 2 abweichende Bestimmungen zu erlassen, also u.a. auch die Bewilligung der Altersteilzeit in Form des Teilzeit- wie auch des Blockmodells zu regeln. Auf dieser Grundlage sei durch § 8 a Abs. 2 Satz 1 ArbZVO-Lehr die Bewilligung der Altersteilzeit für Lehrkräfte ausschließlich in der Form zugelassen worden, wie das in den Bescheiden schon dargelegt worden sei. § 80 Abs. 3 NBG und die Begründung des Gesetzentwurfs (LT-Drs. 14/1250 S. 12) zeigten deutlich auf, dass im Schuldienst - abweichend von § 80 b Abs. 2 NBG - das Teilzeitmodell und gerade nicht das Blockmodell zum Regelfall gemacht werden dürfe, u.zw. deshalb, weil eine schnellere Verbesserung der Altersstruktur der Lehrerkollegien erreicht werde und Frühpensionierungen im Schuldienst durch eine frühere Entlastung entgegengewirkt werden könne. Die Festlegung des Blockmodells im Schulbereich auf einen eingegrenzten Personenkreis sei daher sachgerecht und verstoße nicht gegen Art. 3 GG.

10

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten verwiesen.

Entscheidungsgründe

11

Die zulässige Klage ist nicht begründet.

12

Über den Streitfall kann im Einverständnis mit den Verfahrensbeteiligten ohne mündliche Verhandlung (§ 101 Abs. 2 VwGO) durch den Berichterstatter als Einzelrichter (§ 87 a Abs. 2 VwGO) entschieden werden.

13

Unbegründet ist die Klage, weil der Kläger als Konrektor einen Anspruch auf die Gewährung von Altersteilzeit in der Form des Blockmodells nicht hat. Er kann diesen Anspruch auch nicht - wie er meint - unmittelbar auf § 80 b Abs. 2 Satz 1 NBG stützen. Denn für Beamte im Schuldienst - für Lehrkräfte - können gemäß § 80 Abs. 3 NBG von den Absätzen 1 und 2 abweichende Vorschriften speziell zur Bewilligung von Altersteilzeit in der Form des Teilzeit- oder aber des Blockmodells durch bloße Verordnung erlassen werden, was seitens der Landesregierung durch § 8 a Abs. 2 ArbZVO-Lehr geschehen ist. Hiernach aber ist die beantragte Gewährung von Altersteilzeit im Blockmodell für den Kläger nicht möglich (§ 8 a Abs. 2 Nr. 1 ArbZVO-Lehr), wovon auch der Kläger ausgeht. Er hält diese Regelung nebst Eingrenzung auf einen bestimmten Personenkreis jedoch nicht für rechtens, weil er der Auffassung ist, dass auch er als Konrektor von der Sache her in den Personenkreis einzubeziehen sei, dem Altersteilzeit im Blockmodell gewährt werden könne.

14

Die Rüge des Klägers, die durch Verordnung eingegrenzte Blockmodell-Gewährung nur für Schulleiter und für Lehrkräfte, deren Unterrichtsverpflichtung aufgrund von Anrechnungen und Ermäßigungen die Hälfte der Regelstundenzahl unterschreitet, so dass eine sachgerechte Wahrnehmung pädagogischer Aufgaben im Rahmen ihres Beschäftigungsumfangs durch das Teilzeitmodell nicht möglich wäre, verstoße gegen Art. 3 GG, vermag nicht zu einem gerichtlich einklagbaren Anspruch auf Bewilligung von Altersteilzeit im Blockmodell zu führen: Selbst dann, wenn man dem Verordnungsgeber hier nämlich vorhalten wollte, er habe im Rahmen des Art. 3 GG unter dem Gesichtspunkt der Sachgemäßheit bzw. Systemgerechtigkeit (Gubelt in GG-Kommentar, hrsg. v. Münch, Art. 3 Rdn. 24 m.w.N.) die vorgefundenen sozialen Lebensverhältnisse im Schulbetrieb einschließlich der - aufgrund der tatsächlichen Arbeitslast - auch für Konrektoren geltenden Präsenz- und Aufgabenerfüllungspflichten unzutreffend gewichtet und bewertet, also die gesetzlichen Regelungen der sozialen Wirklichkeit nicht sachgemäß und mithin so angepasst, wie die tatsächlichen Verhältnisse es sachlich erfordern, wäre noch zu beachten, dass dem Verordnungsgeber im Rahmen von Art. 3 GG eine weitgehende Gestaltungsfreiheit zuzugestehen ist (BVerfGE 3, 162 [BVerfG 17.12.1953 - 1 BvR 323/51] / 182; 36, 117) und letztlich wesentlich Gleiches von ihm jedenfalls nicht willkürlich ungleich behandelt werden darf. Für eine solche Willkürfeststellung wäre entscheidend, ob für eine am Gerechtigkeitsdenken orientierte Betrachtung die tatsächliche Gleichheit im jeweiligen Sachzusammenhang derart bedeutsam ist, dass sie vom Verordnungsgeber unbedingt beachtet werden musste. Auch bei einer dahingehenden Wertung, dass Konrektoren aufgrund ihrer in den Schulen faktisch zu erfüllenden Auf-gaben den Schulleitern eventuell gleichzustellen sind, könnte hier mit Blick auf die Begründung des Gesetzentwurfes (LT-Drs. 14/1250 S. 12) nicht von vorneherein schon von einer unbedingten Pflicht, diese Sachgleichheit zu beachten, also von einer Regelungswillkür gesprochen werden.

15

Allerdings könnte die Beschränkung des Blockmodells auf diejenigen Lehrkräfte, die „als Inhaberinnen oder Inhaber von Funktionsstellen in einem Ausmaß in Anspruch genommen werden, das eine sachgerechte Wahrnehmung ihrer Funktion im Rahmen des Teilzeitmodells nicht zulässt“ (so LT-Drs. aaO.), durchaus auch für eine Einbeziehung von Konrektoren in das Blockmodell sprechen, weil sie eben auf ihrer Funktionsstelle regelmäßig in einem Ausmaße faktisch in Anspruch genommen zu werden pflegen, das eine Aufgabenwahrnehmung im Rahmen eines Teilzeitmodells nicht mehr ermöglichte. Denn im Allgemeinen sind gerade die Konrektoren an den Schulen diejenigen, welche einen großen Teil der im Schulbetrieb anfallenden Lasten und Verwaltungsarbeiten zu tragen haben. Sie sind die maßgebliche „Stütze“ der Schulleiterin/des Schulleiters. Jedoch ergäbe sich auch bei diesem Befund einer von der Sache her - zur Vermeidung von Regelungswillkür - u.U. erforderlichen Einbeziehung von Konrektoren in das Blockmodell nicht der vom Kläger hier verfolgte Anspruch. Denn im Falle der sachwidrigen Nichtberücksichtigung einzelner Gruppen wird aus dem „Gebot gleicher Teilhabe“ (Hesse, AöR 77, S. 220) nicht etwa die Folgerung gezogen, der einzelne habe nun einen Rechtsanspruch auf ein bestimmtes Handeln der (gebundenen) Verwaltung oder des Gesetzgebers. Vielmehr ist dem Gesetz- bzw. Verordnungsgeber in einem solchen Falle immer noch die Möglichkeit zu geben, selbst zu entscheiden, wie er dem Gleichheitssatz Rechnung tragen will (BVerfGE 30, 292/ 333). Grundsätzlich können die Gerichte also nicht die gesetzliche Begünstigung, so wie sie begrenzend ausformuliert worden ist (§ 8 a Abs. 2 Nr. 1 ArbZVO-Lehr), auf die sachlich übergangene Personengruppe ausdehnen (Gubelt, aaO., Rdn. 41 m.w.N.), solange die gesetzgeberischen Regelungen das eindeutig versagen. So liegt es hier - u.zw. auch in dem Fall, dass man es für geboten hielte, Konrektoren aus Sachgründen in das Blockmodell einzubeziehen. Dem Kläger ist das mit Schreiben vom 24. Juli 2002 und auch im Verlaufe des Klageverfahrens dargelegt worden. Damit hat der Kläger keinen gerichtlich verfolgbaren Anspruch auf die Gewährung von Altersteilzeit gerade im Blockmodell. Das ist durch die §§ 80 b Abs. 3 Nr. 2, 8 a Abs. 2 Nr. 1 ArbZVO-Lehr ausgeschlossen.