Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen
Urt. v. 11.10.2011, Az.: L 11 AL 29/08

Anspruch auf Arbeitslosengeld; Verfügbarkeit geduldeter Ausländer; Bindungswirkung der Beschäftigungserlaubnis der Ausländerbehörde

Bibliographie

Gericht
LSG Niedersachsen-Bremen
Datum
11.10.2011
Aktenzeichen
L 11 AL 29/08
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2011, 33220
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:LSGNIHB:2011:1011.L11AL29.08.0A

Verfahrensgang

vorgehend
SG Hildesheim - 16.01.2008 - AZ: S 3 AL 241/06

Redaktioneller Leitsatz

  1. 1.

    Ein geduldeter Ausländer steht den Vermittlungsbemühungen der Agentur für Arbeit nur zur Verfügung, wenn eine ausdrückliche Beschäftigungserlaubnis der zuständigen Ausländerbehörde vorliegt. Die Agentur für Arbeit ist an die Entscheidung der Ausländerbehörde gebunden.

  2. 2.

    Ist eine Beschäftigung nach Maßgabe einer noch von der Arbeitsverwaltung zu erteilenden Zustimmung im Sinne von § 10 BeschVerfV in Verbindung mit §§ 39 bis 41 AufenthG 2004 gestattet, bedarf es eines Antrages auf Erteilung einer Erlaubnis zur Ausübung einer Beschäftigung bei der zuständigen Ausländerbehörde.

  3. 3.

    Soweit der Ausländer sein Begehren auch auf das Diskriminierungsverbot (bzw. den "Gleichbehandlungsgrundsatz") des Art. 14 EMRK stützt, ergibt sich daraus keine andere Entscheidung. [Amtlich veröffentlichte Entscheidung]

Tenor:

Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Hildesheim vom 16. Januar 2008 wird zurückgewiesen.

Kosten sind nicht zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Zwischen den Beteiligten ist der Anspruch des Klägers auf Arbeitslosengeld (Alg) für die Zeit vom 2. August 2006 bis 29. März 2007 streitig.

2

Der im Jahr 1984 geborene Kläger ist ungeklärter Staatsangehöriger aus Syrien. Er hält sich seit Februar 2000 in der Bundesrepublik Deutschland auf. Sein Asylantrag wurde rechtskräftig abgelehnt (Bescheid des Bundesamtes für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge vom 3. April 2002). Seitdem wurde sein Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland geduldet (§ 60 a Aufenthaltsgesetz - AufenthG). Ausweislich der Duldungsbescheinigung vom 13. Mai 2002 (mehrfach verlängert bis 14. Januar 2005) war ihm die Aufnahme einer selbständigen Erwerbstätigkeit oder unselbständigen Erwerbstätigkeit nicht gestattet. Eine arbeitserlaubnispflichtige Erwerbstätigkeit war ihm gemäß gültiger Arbeitserlaubnis ge-stattet. In der Zeit vom 1. Juli 2001 bis 14. Januar 2005 wurde ihm eine solche Arbeitserlaubnis durch die damals zuständige Agentur für Arbeit zur Aufnahme einer Beschäftigung bei der I. Export GmbH J. (beschränkt auf Tätigkeiten auf geringfügiger Basis bzw. ab September 2002 auf 12-Stunden-Basis bzw. ab April 2004 auf 19-Stunden-Basis) erteilt. Soweit erkennbar arbeitete der Kläger als Lagerhelfer bei der genannten Arbeitgeberin ab September 2001 gegen ein Entgelt von 325,- EUR (geringfügige Beschäftigung bis 12 Stunden wöchentlich) sowie in der Zeit vom 1. Juli 2004 bis 31. Juli 2006 in einem versicherungspflichtigen Arbeitsverhältnis auf Teilzeitbasis (19 Stunden wöchentlich). Die in der Zwischenzeit (vom 13. Januar 2005 bis 31. Juli 2006) mit Zustimmung der Beklagten erteilten Duldungsbescheinigungen erhielten die Nebenbestimmung: "Beschäftigung bei Fa. I. Export GmbH, K. als Lagerhelfer montags in der Zeit von 7.00-10.00 Uhr und dienstags bis freitags in der Zeit von 7.00 - 11.00 Uhr gestattet". Ab 1. August 2006 enthielt die Duldung keine Nebenbestimmung zur Gestattung einer Beschäftigung mehr (vgl. Duldungsbescheinigung vom 28. Juli 2006, gültig bis 30. Dezember 2006). Wegen der fehlenden Arbeitserlaubnis wurde der Kläger von seiner Arbeitgeberin zum 31. Juli 2006 gekündigt. Am 2. August 2006 meldete er sich arbeitslos und beantragte bei der Beklagten Alg. Die Beklagte lehnte den Antrag ab (Bescheid vom 29. August 2006). Zur Begründung führte sie aus, dass der Kläger dem Arbeitsmarkt nicht zur Verfügung stünde, weil er eine versicherungspflichtige Beschäftigung unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes nicht ausüben dürfe. Vielmehr benötige er eine Arbeitserlaubnis gemäß § 284 Sozialgesetzbuch Drittes Buch (SGB III).

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Hiergegen erhob der Kläger Widerspruch und trug im Wesentlichen vor, dass der Ablehnung von Alg eine enteignungsgleiche Wirkung zukomme. Es sei auch der Anwendungsbereich des Art 14 Europäische Menschenrechtskonvention (EMRK) eröffnet. Insbesondere habe er als seit Jahren Geduldeter einen Beruf unter den gleichen Bedingungen wie ein deutscher Arbeitnehmer ausgeübt und Beiträge entrichtet. Die Weigerung, ihm weiterhin eine Arbeitsgenehmigung zu erteilen sei unverhältnismäßig, nachdem er über Jahre hinweg einer Erwerbstätigkeit nachgegangen und somit entsprechende Anwartschaften auf Leistungen nach dem SGB III erworben habe. Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 27. September 2006 als unbegründet zurück. Der Kläger stünde den Vermittlungsbemühungen der Beklagten nicht zur Verfügung, weil er nicht über einen Aufenthaltstitel gemäß § 4 Abs. 1 AufenthG verfüge. Nach den Angaben der Ausländerbehörde L. sei die Arbeitserlaubnis entzogen worden, weil der Kläger seine Identität verschleiert habe und seinen Mitwirkungspflichten bei der Feststellung der Identität nicht nachgekommen sei ... Dagegen hat der Kläger am 27. Oktober 2006 vor dem Sozialgericht (SG) Hildesheim Klage erhoben. Der Kläger hat sich auf seinen Vortrag im Widerspruchsverfahren gestützt.

4

In der Zwischenzeit hat die Ausländerstelle bei der Stadt L. die am 28. Juli 2006 erstellte Duldungsbescheinigung mit Wirkung zum 1. Februar 2007 geändert und folgende Nebenbestimmung getroffen: "Unselbständige Erwerbstätigkeit für eine zustimmungsfreie Tätigkeit gemäß §§ 2 - 4 Beschäftigungsverfahrensverordnung (BeschVerfV) sowie nach Maßgabe einer noch von der Arbeitsverwaltung zu erteilenden Zustimmung gestattet". Unter Vorlage dieser geänderten Duldungsbescheinigung hat der Kläger am 30. März 2007 erneut die Gewährung von Alg beantragt. Die Beklagte hat dies mit Bescheid vom 11. April 2007 abgelehnt. Der Bestand ist - soweit ersichtlich - bestandskräftig geworden.

5

Das SG Hildesheim hat die Klage mit Gerichtsbescheid vom 16. Januar 2008 abgewiesen. Der Kläger sei nicht gemäß § 119 Abs. 1 Nr. 1 SGB III arbeitslos gewesen, weil er dem Arbeitsmarkt nicht zur Verfügung gestanden habe. Die Verfügbarkeit sei nicht gegeben gewesen, weil er keine mindestens 15 Stunden wöchentlich umfassende zumutbare Beschäftigung unter den üblichen Bedingungen des für ihn in Betracht kommenden Arbeitsmarktes habe ausüben dürfen. Ohne Aufenthaltstitel habe er keine versicherungspflichtige Beschäftigung aufnehmen dürfen. Das SG hat sich im Übrigen die Begründung des Ausgangs- und Widerspruchsbescheides der Beklagten zu Eigen gemacht.

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Gegen den ihm am 23. Januar 2008 zugestellten Gerichtsbescheid wendet sich der Kläger mit seiner am 22. Februar 2008 eingelegten Berufung. Er stützt sich im Wesentlichen auf sein Vorbringen im Klageverfahren. Ergänzend trägt der Kläger vor, dass ihm jahrelang die Erwerbstätigkeit gestattet worden sei. Dementsprechend habe er u.a. Beiträge zur Arbeitslosenversicherung in der berechtigten Erwartung gezahlt, im Falle der Erwerbslosigkeit Ansprüche zu erwerben. Mit der Verweigerung des Alg werde er dieser Anwartschaften beraubt, was nicht zulässig sei. Ihm sei von der Ausländerbehörde nie der Vorwurf gemacht worden, seine Identität zu verschleiern.

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Der Kläger beantragt,

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1. den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Hildesheim vom 16. Januar 2008 und den Bescheid der Beklagten vom 29. August 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27. September 2006 aufzuheben,

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2. die Beklagte zu verurteilen, ihm Arbeitslosengeld vom 2. August 2006 bis 29. März 2007 zu gewähren.

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Die Beklagte beantragt,

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die Berufung zurückzuweisen.

12

Sie hält das angefochtene Urteil und die mit ihm überprüften Bescheide für zutreffend.

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Dem Senat haben die Prozessakte sowie die Verwaltungsakten der Beklagten vorgelegen. Er hat zudem die den Kläger betreffende Ausländerakte der Stadt L. (AZR-Nr. M.: Blatt 1 bis 247) beigezogen. Die genannten Akten sind Gegenstand der Entscheidung gewesen. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

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Die statthafte Berufung ist form- und fristgerecht eingelegt und auch im Übrigen zulässig. Sie ist jedoch nicht begründet.

15

Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der angefochtene Ablehnungsbescheid vom 29. August 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27. September 2006 ist nicht zu beanstanden. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Gewährung von Alg für die Zeit vom 2. August 2006 bis 29. März 2007.

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Streitgegenstand ist der angefochtene Ausgangsbescheid vom 29. August 2006, welcher den Anspruch auf Alg ab 2. August 2006 (Antragstellung) ablehnt. Der Kläger hat sein Rechtsschutzbegehren auf die Zeit bis zum 29. März 2007 beschränkt (vgl. zu etwaigen Alg-Ansprüchen für die Zeit ab 30. März 2007: bestandskräftiger Bescheid der Beklagten vom 11. April 2007).

17

Der Kläger erfüllte im streitgegenständlichen Zeitraum nicht die Voraussetzungen für die Gewährung von Alg, weil er nicht verfügbar war. Gemäß § 118 Abs. 1 Nr. 1 SGB III haben Anspruch auf Alg Arbeitnehmer, die u.a. arbeitslos sind. Arbeitslos ist gemäß § 119 Abs. 1 Nr. 3 SGB III ein Arbeitnehmer, der den Vermittlungsbemühungen der Agentur für Arbeit zur Verfügung steht (Verfügbarkeit). Den Vermittlungsbemühungen der Agentur für Arbeit steht gemäß § 119 Abs. 5 Nr. 1 SGB III zur Verfügung, wer eine versicherungspflichtige, mindestens 15 Stunden wöchentlich umfassende zumutbare Beschäftigung unter den üblichen Bedingungen des für ihn in Betracht kommenden Arbeitsmarktes ausüben kann und darf.

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Der Kläger stand den Vermittlungsbemühungen der Beklagten in der Zeit vom 2. August 2006 bis 31. Januar 2007 nicht zur Verfügung, weil er während dieses Zeitraumes rechtlich gehindert war, eine Erwerbstätigkeit im Umfang von mindestens 15 Stunden wöchentlich auszuüben. Denn ihm war gemäß § 60 a Abs. 2 S. 1 AufenthG i.V.m. §§ 10, 11 BeschVerfV vom 1. August 2006 bis 31. Januar 2007 von der Ausländerstelle der Stadt L. die Ausübung einer Beschäftigung nicht erlaubt worden. Gemäß § 4 Abs. 3 AufenthG dürfen Ausländer eine Beschäftigung jedoch nur ausüben, wenn der Aufenthaltstitel es erlaubt. Zwar stellt die Duldung keinen Aufenthaltstitel im Sinne von § 4 Abs. 1 S. 2 AufenthG dar (vgl. Hoffmann in: LPK-SGB III, 1. Auflage 2008, § 4 Rdnr. 18). Eine Beschäftigung ist dennoch unter den Voraussetzungen der §§ 10, 11 BeschVerfV möglich. Gemäß § 10 BeschVerfV (in der vom 1. Januar 2005 bis 27. August 2007 geltenden Fassung) kann geduldeten Ausländern mit Zustimmung der Bundesagentur für Arbeit eine Beschäftigung erlaubt werden, wenn sie sich seit einem Jahr erlaubt oder geduldet im Bundesgebiet aufgehalten haben. Die §§ 39 bis 41 AufenthG gelten entsprechend (§ 10 S. 2 BeschVerfV). Vorliegend fehlte es aber bis 31. Januar 2007 an der ausdrücklichen Erlaubnis der zuständigen Ausländerbehörde (vgl. Duldungsbescheinigung vom 28. Juli 2006). Vielmehr war die ab 28. Juli 2006 geltende Duldungsbescheinigung erst für die Zeit ab 1. Februar 2007 mit einer Nebenbestimmung (Beschäftigungserlaubnis) versehen worden. Dabei kann dahin gestellt bleiben, ob die Ausländerbehörde die Versagung einer Erlaubnis auf § 10 (Ermessensentscheidung) oder § 11 (gebundene Entscheidung) BeschVerfV gestützt hat bzw. ob die Entscheidung rechtmäßig war. Denn die Beklagte war an die Entscheidung der zuständigen Ausländerbehörde gebunden (vgl. BSG, Urteil vom 15. September 1994 - 11 RAr 9/94; Urteil des erkennenden Senats vom 1. Oktober 2009 - L 11 AL 205/06; Lüdtke in: LPK-SGB III, 1. Auflage 2008, § 119 Rdnr. 28). Die Entscheidung der Ausländerstelle der Stadt L. (Wegfall der Nebenbestimmung zur Ausübung einer Beschäftigung) wurde nach den vorhandenen Unterlagen auch nicht vom Kläger angefochten. Einer Zustimmung durch die Beklagte gemäß § 10 BeschVerfV i.V.m. §§ 39 bis 41 AufenthG bedurfte es in diesem Stadium nicht.

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In der Zeit vom 1. Februar bis 29. März 2007 stand der Kläger ebenfalls den Vermittlungsbemühungen der Beklagten nicht zur Verfügung. Zwar war die (ab 28. Juli 2006 geltende) Duldungsbescheinigung ab 1. Februar 2007 mit der sogenannten "allgemeinen Arbeitsauflage" versehen worden, wonach eine unselbständige Erwerbstätigkeit für eine zustimmungsfreie Tätigkeit gemäß §§ 2 - 4 BeschVerfV sowie nach Maßgabe einer noch von der Arbeitsverwaltung zu erteilenden Zustimmung gestattet war. Der Kläger erfüllte jedoch nicht die in der Nebenbestimmung genannten Voraussetzungen. Die in § 2 BeschVerfV i.V.m. § 2 Nr. 1 und 2, §§ 3, 4 Nr. 1 bis 3, §§ 57 Nr. 3 bis 5, §§ 9 und 12 der Beschäftigungsverordnung (BeschV) sowie § 3 bis 4 BeschVerfV genannten Beschäftigungsalternativen waren keine Beschäftigungen, die der Kläger unter den üblichen Bedingungen des für ihn in Betracht kommenden Arbeitsmarktes ausüben konnte, weil er nicht über die hierfür erforderlichen Kenntnisse und Fähigkeiten verfügte oder solche Beschäftigungen nicht in nennenswerten Umfang vorhanden waren. Zudem wurde dem Kläger von der Beklagten in der Zeit vom 1. Februar bis 29. März 2007 keine Zustimmung i.S.d. § 10 BeschVerfV i.V.m. §§ 39 bis 41 AufenthG zur Aufnahme einer Beschäftigung erteilt. Eine solche Zustimmung konnte schon deswegen nicht erteilt werden, weil es an einem Antrag des Klägers auf Erteilung einer Erlaubnis zur Ausübung einer Beschäftigung bei der zuständigen Ausländerbehörde fehlte (vgl. zum Antragserfordernis: Zühlcke in: ZAR 2005, 317, 318). Die Beklagte hatte im Übrigen erst mit der erneuten Antragstellung des Klägers auf Bewilligung von Alg am 30. März 2007 von der ab 1. Februar 2007 geänderten Duldungsbescheinigung Kenntnis erlangt. Die notwendige Zustimmung kann auch nicht rückwirkend - etwa im Wege des sozialrechtlichen Herstellungsanspruch - fingiert werden (vgl. zum Ausschluss der nachträglichen Fiktion der Verfügbarkeit: BSG, Urteil vom 31. Januar 2006 - B 11a AL 15/05 R - Rdnr. 19; BSG, Beschluss vom 7. Mai 2009 - B 11 AL 72/08 B - Rdnr. 16).

20

Soweit der Kläger sein Begehren auch auf das Diskriminierungsverbot (bzw. den "Gleichbehandlungsgrundsatz") des Art 14 EMRK stützt, ergibt sich daraus keine andere Entscheidung. Danach sind die nach der Konvention anerkannten Rechte und Freiheiten ohne Diskriminierung insbesondere wegen des Geschlechts, der Rasse, der Hautfarbe, der Sprache, der Religion, sozialen Herkunft, der Zugehörigkeit zu einer nationalen Minderheit, des Vermögens, der Geburt oder des sonstigen Status zu gewährleisten. Der Kläger wird durch die Vorschrift des § 119 Abs. 1 Nr. 1 SGB III nicht aufgrund der Ausländereigenschaft diskriminiert. Er ist nicht wegen seiner Ausländereigenschaft vom Leistungsbezug ausgeschlossen, sondern weil ihm sein ausländerrechtlicher Aufenthaltsstatus (Duldung) keinen uneingeschränkten Zugang zum deutschen Arbeitsmarkt erlaubt. Dabei kann dahingestellt bleiben, ob die Vorschriften der § 60a AufenthG i.V.m. §§ 10, 11 BeschVerfV, die die Erlaubnis zur Beschäftigungsaufnahme geduldeter Ausländer regelt, wegen des nicht uneingeschränkten Zugangs dieses Personenkreises zum deutschen Arbeitsmarkt den Anforderungen des Art 14 EMRK entspricht. Denn auf den vom Kläger geltend gemachten Einwand, dass es unverhältnismäßig sei, ihm nicht weiterhin eine Arbeitsgenehmigung zu erteilen, nachdem er über Jahre hinweg einer Erwerbstätigkeit nachgegangen sei, kommt es im vorliegenden Verfahren aufgrund der Bindung der beklagten Agentur für Arbeit an die Entscheidung der Ausländerbehörde (s.o., S. 9) nicht an. Vielmehr wären die ausländerrechtlichen Vorschriften und die darauf beruhenden Entscheidungen der Ausländerstelle in einem verwaltungsgerichtlichen Verfahren gegen die zuständige Ausländerbehörde zu klären (gewesen).

21

Durch die hier maßgeblichen Regelung des § 119 Abs. 1 Nr. 1 SGB III, wonach dem Arbeitsmarkt nur zur Verfügung steht, wer auch eine Beschäftigung im Umfang von mindestens 15 Stunden ausüben darf, besteht jedenfalls keine unverhältnismäßige oder sachwidrige Ungleichbehandlung des Klägers. Denn dass ein Arbeitsloser von seinen durch Beitragsentrichtung erworbenen Anwartschaften nicht profitiert, trifft nicht nur den Personenkreis der geduldeten Ausländer im Falle des Fehlens eines - die Beschäftigung erlaubenden - ausländerrechtlichen Status, sondern auch andere von Beschäftigungsverboten betroffene Personenkreise (zB Beschäftigungsverbot nach dem Mutterschutzgesetz - MuSchG - oder nach dem Bundesseuchengesetz - BSeuchG -). Im Übrigen verpflichtet die EMRK die Vertragsstaaten nicht zu einer bestimmten Gesetzgebung, sondern dient in erster Linie zur Abwehr und zum Schutz gegen Eingriffe des Staates.

22

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.

23

Ein gesetzlicher Grund zur Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs. 2 SGG liegt nicht vor.