Verwaltungsgericht Göttingen
Urt. v. 10.11.2004, Az.: 2 A 108/04

Einkommensberechnung; Grundsicherung; Haushaltsglasversicherung; Heizkosten; Kapitallebensversicherung; Kosten; Unterkunft; Unterkunftskosten

Bibliographie

Gericht
VG Göttingen
Datum
10.11.2004
Aktenzeichen
2 A 108/04
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2004, 51037
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Tatbestand:

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Die Klägerin begehrt vom Beklagten die Gewährung von Grundsicherungsleistungen.

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Die 1938 geborene Klägerin ist Rentnerin. Sie bezog vom 13.01.2003 bis 30.06.2003 monatlich Altersrente in Höhe von 559,10 EUR und vom 01.07.2003 bis zum 31.12.2003 in Höhe von 563,72 EUR. Ferner erhielt sie im Jahre 2003 monatlich 87,00 EUR Wohngeld. Die Klägerin lebt in einer laut der am 20.01.2003 ausgestellten Mietbescheinigung 59,3 m² großen Drei-Zimmer-Wohnung in der E. in D., deren Kaltmietzins im Jahre 2003 monatlich 255,65 EUR betrug. Hinzu kamen Betriebs- und Heizkostenabschläge in Höhe von monatlich 68,25 EUR. Ausweislich der Betriebskostenabrechnung des Vermieters für das Jahr 2001 beliefen sich monatlich die Nebenkosten auf 20,37 EUR und die Heizkosten auf 51,63 EUR. Weiterhin zahlte die Klägerin an ihren Vermieter monatlich 9,46 EUR für Kabelbenutzungsgebühren. Die Nutzung des Breitbandkabels hatte die Klägerin mit ihrem Vermieter nach Abschluss des schriftlichen Mietvertrages mündlich vereinbart. Die Klägerin verfügt über eine Hausratversicherung bei der Stuttgarter Versicherung a.G., für die Prämien in Höhe von - auf den Monat umgerechnet - 5,94 EUR zu entrichten sind sowie über eine Haushaltglasversicherung, die monatliche Kosten in Höhe von 2,16 EUR verursacht. Weiterhin hatte die Klägerin bei der Stuttgarter Lebensversicherung a.G. am 01.10.2000 eine Lebensversicherung über eine Versicherungssumme in Höhe von 7.696,38 EUR (entspricht 15.000,00 DM) abgeschlossen, deren Laufzeit 17 Jahre beträgt und wofür eine monatliche Prämie in Höhe von 58,59 EUR zu entrichten ist.

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Im Januar 2003 beantragte die Klägerin bei der insoweit namens und im Auftrag des Beklagten handelnden Stadt D. die Gewährung von Grundsicherungsleistungen.

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Dieser Antrag wurde nach einiger Korrespondenz schließlich mit Bescheid vom 23.09.2003 mit der tragenden Begründung abgelehnt, das Einkommen der Klägerin überschreite ihren Bedarf um monatlich 2,06 EUR. Die Klägerin legte hiergegen Widerspruch ein und trug vor, ihre Unterkunftskosten seien falsch berechnet worden. So betrage die tatsächliche Fläche ihrer Wohnung nicht 59,3m², sondern 62,48 m². Es seien entgegen der Ansicht der Stadt D. bei der Bedarfsberechnung die gesamten Miet- und Nebenkosten, also auch die Kabelanschlussgebühren sowie die Heizungskosten in voller Höhe zu berücksichtigen. Fälschlicherweise habe die Stadt D. zudem weder die Prämien für die Haushaltsglasversicherung noch für die Lebensversicherung, die ihrer Alterssicherung diene, vom Einkommen abgesetzt. Ihr stehe deshalb bei korrekter Berechnung eine monatliche Grundsicherungsleistung in Höhe von 84,28 EUR zu.

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Mit Widerspruchsbescheid vom 23.02.2004 wies der Beklagte den Widerspruch zurück. Zwar sei die Kaltmiete der Wohnung angemessen; sie betrage 255,65 EUR. Hinzu kämen als Bedarf noch 58,80 EUR für Heizkosten, die allerdings nicht in voller Höhe anzuerkennen seien. Aufgrund analoger Anwendung von § 12 BSHG seien nämlich bei einem Ein-Personen-Haushalt 50 m² Wohnfläche als Obergrenze des angemessenen Wohnraums zu betrachten. Heizkosten dürften deshalb auch nur unter Berücksichtigung eben dieser Wohnfläche von 50 m² - im vorliegenden Fall also mit 47,50 EUR monatlich als Bedarf berücksichtigt werden. Die Kabelanschlusskosten seien hingegen kein notwendiger Bedarf und deshalb nicht in die Bedarfsberechnung einzubeziehen. Gleiches gelte für die Prämien für die Haushaltsglas- und die Lebensversicherung. Letztere diene vorwiegend der Kapitalsicherung der Klägerin, da sie erst im Jahr 2000 abgeschlossen sei. Unter Berücksichtigung all dessen ergebe sich ein ihren Bedarf um 7,65 Euro monatlich überschreitendes Einkommen der Klägerin, weshalb ein Leistungsanspruch nach dem GSiG ausscheide.

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Die Klägerin hat am 18.03.2004 Klage erhoben. Zur Begründung trägt sie ergänzend vor: Die Gebühren für den Kabelanschluss in Höhe von monatlich 9,46 EUR seien berücksichtigungsfähige Kosten der Unterkunft. Denn sie gehörten nach § 2 Ziffer 15 der Betriebskostenverordnung zu den üblichen Betriebskosten einer Wohnung. Dass dieser Betrag im schriftlichen Mietvertrag von 1991 nicht aufgenommen sei, erkläre sich allein damit, dass zum damaligen Zeitpunkt noch kein Kabelanschluss im Wohnhaus installiert gewesen sei. Deshalb seien die Zahlungen für den Kabelanschluss vom Vermieter später in die Nebenkostenvorauszahlungen zu integrieren gewesen. Heizkosten seien für die tatsächliche Wohnfläche von 62,48 m² zu berechnen. Das Rechenwerk des Beklagten sei insoweit nicht nachvollziehbar, weil selbst im Wohngeldbescheidbescheid der Stadt D. vom 26.01.2004 zumindest ein Betrag in Höhe von 56,53 EUR angesetzt worden sei.

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Die Prämien für die Glasbruch- und die Lebensversicherung seien in voller Höhe vom Einkommen abzuziehen. Beide Versicherungen seien dem Grunde und der Höhe nach angemessene Vorsorgeleistungen. Sie hätte die Lebensversicherung seinerzeit ganz bewusst als zusätzliche Altersversicherung abgeschlossen, weil sie damals Streitigkeiten mit der BfA um die Höhe ihrer Rente gehabt habe. Sie wolle mit der Lebensversicherung, deren Verwertung eine nicht hinnehmbare Härte für sie bedeuten würde, weil ein Rückkauf einer „Kapitalvernichtung“ gleich komme, auch kein überzähliges Geld ansammeln, sondern für ihr Alter vorsorgen.

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Die Klägerin beantragt,

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den Beklagten unter entsprechender Aufhebung des Bescheides der Stadt D. vom 23.06.2003 und seines Widerspruchsbescheides vom 23.02.2004 zu verpflichten, der Klägerin für den Zeitraum vom 01.01.2003 bis zum 31.12.2003 Grundsicherungsleistungen unter Berücksichtigung der vollständigen tatsächlichen Aufwendungen der Klägerin für ihre Unterkunft (Kaltmiete), der vollständigen von ihr an ihren Vermieter zu zahlenden Heizkosten, der von ihr an ihren Vermieter zu zahlenden Kabelanschlussgebühren sowie unter Berücksichtigung der von ihr an die Stuttgarter Versicherung zu zahlenden Lebensversicherungsbeiträge und Beiträge zur Haushaltsglasversicherung zu gewähren.

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Der Beklagte beantragt,

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die Klage abzuweisen,

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hilfsweise, die Berufung zuzulassen.

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Er verteidigt die angefochtenen Bescheide im Ergebnis und tritt der Klage entgegen. Es treffe zwar zu, dass zunächst die Unterkunftskosten nicht korrekt berechnet worden seien. Dies sei jedoch in den Berechnungsbögen vom 28.01.2004 korrigiert worden. Unabhängig davon gelte: Kabelanschlussgebühren seien als unangemessene Aufwendungen nicht zu übernehmen, da im Bereich der Stadt D. mit Hilfe einer Zimmerantenne zumindest fünf Fernsehprogramme - was ausreichend sei - empfangen werden könnten und weiterhin nichts dafür spreche, dass der Vermieter zwingend die Nutzung des Kabelanschlusses von der Klägerin verlange. Zutreffend sei die Heizkostenobergrenze unter Zugrundelegung einer angemessenen Wohnungsgröße für eine Person von 50 m² berechnet worden. Soweit bei der Berechnung des Wohngeldes anders verfahren werde, liege dies allein an den speziellen Regelungen des WoGG. Prämien für Glasbruchversicherungen seien nicht als notwendige Versicherungen im Sinne von § 76 BSHG einkommensmindernd abzusetzen, was ständiger Verwaltungspraxis des Beklagten entspreche. Gleiches gelte für die Beiträge zur kapitalbildenden Lebensversicherung, deren Verwertung im Übrigen von Seiten der Stadt D. oder des Beklagten zu keinem Zeitpunkt verlangt worden sei. Einzig und allein bei der Einkommensberechnung fänden die entsprechenden Prämien keine Berücksichtigung.

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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten im Übrigen wird auf die Gerichtsakte und auf die Verwaltungsvorgänge der Stadt D., die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren, Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

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Die zulässige Klage hat nur zu einem Teil - nämlich hinsichtlich der Berücksichtigung der angemessenen Unterkunfts- und Heizungskosten bei der Berechnung der Grundsicherungsleistungen - Erfolg.

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Nach § 1 Nr. 1 des Gesetzes über eine bedarfsorientierte Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung (Art. 12 des Gesetzes zur Reform der gesetzlichen Rentenversicherung und zur Förderung eines kapitalgedeckten Altersvorsorgevermögens vom 26.06.2001 - BGBl I Seite 1310, 1335 -) in der Fassung des Gesetzes zur Verlängerung von Übergangsregelungen im Bundessozialhilfegesetz vom 27.04.2002 (BGBl I Seite 1462) - GSiG - können zur Sicherung des Lebensunterhalts bei Personen mit gewöhnlichem Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland, die das 65. Lebensjahr vollendet haben, auf Antrag die Leistungen nach diesem Gesetz erhalten (Antragsberechtigte).

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Nach § 2 Abs. 1 GSiG haben Anspruch auf Leistungen der beitragsunabhängigen, bedarfsorientierten Grundsicherung Antragsberechtigte, soweit sie ihren Lebensunterhalt nicht aus ihrem Einkommen und Vermögen beschaffen können; Einkommen und Vermögen des nicht getrennt lebenden Ehegatten und des Partners einer eheähnlichen Gemeinschaft, die den Bedarf und die Grenzen des § 3 GSiG übersteigen, sind zu berücksichtigen.

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Nach § 3 Abs. 1 des Gesetzes umfasst die bedarfsorientierte Grundsicherung als Bedarf:

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den für den Antragsberechtigten maßgebenden Regelsatz zuzüglich 15 vom Hundert des Regelsatzes eines Haushaltsvorstandes nach dem Zweiten Abschnitt des Bundessozialhilfegesetzes,

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die angemessenen tatsächlichen Aufwendungen für Unterkunft und Heizung,

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die Übernahme von Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträgen entsprechend § 13 des Bundessozialhilfegesetzes,

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einen Mehrbedarf von 20 von Hundert des maßgebenden Regelsatzes nach Nr. 1 bei Besitz eines Ausweises nach § 4 Abs. 5 des Schwerbehindertengesetzes mit dem Merkzeichen G,

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die Dienstleistungen, die zur Erreichung der Zwecksetzung gemäß § 1 erforderlich sind.

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Nach § 3 Abs. 2 GSiG gelten bei der Berechnung möglicher Grundsicherungsleistungen die §§ 76 bis 88 des Bundessozialhilfegesetzes und die dazu erlassenen Rechtsverordnungen für den Einsatz von Einkommen und Vermögen entsprechend. Gemäß § 4 Abs. 1 GSiG ist zuständig für die Leistung der Kreis oder die kreisfreie Stadt (Träger der Grundsicherung), in dessen Bereich der Antragsberechtigte seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat.

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Unter Berücksichtigung der vorstehenden Regelungen haben die Stadt D. und der Beklagte zwar das zu berücksichtigende Einkommen (nachfolgend 2.), nicht aber den Bedarf (nachfolgend 1.) der Klägerin rechtsfehlerfrei ermittelt.

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1. a) Berechnung der Unterkunftskosten:

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Nach § 3 Abs. 1 Nr. 2 GSiG sind die angemessenen tatsächlichen Aufwendungen für Unterkunft und Heizung von der bedarfsorientierten Grundsicherung umfasst. Wann Unterkunftskosten angemessen sind, beurteilt sich nach allgemeiner Auffassung nicht anders als in Fällen, in denen das BSHG Anwendung findet. Sowohl die Wohnraumfläche als auch die Wohnungsmiete unterliegen demnach Begrenzungen. Die Angemessenheit der Wohnfläche ist unter Rückgriff auf die Richtlinie über die Soziale Wohnraumförderung in Niedersachsen (Wohnraumförderungsbestimmungen - WFB 2003 -), RdErl. d. MS. v. 27.06.2003 - 54-25 100-3/7 - Voris 23400 -, dort B. 11.2 (Nds MinBl 2003, 580 ff) zu bestimmen. Hiernach sind in Niedersachsen im Regelfall 50,00 m² Wohnfläche für eine alleinstehende Person maximal angemessen (vgl. Renn / Schoch, LPK-GSiG, Rn. 36 zu § 3 mit weiteren Nachweisen). Die Wohnung der Klägerin, die nach Angaben des Vermieters 59,30 m² und nach ihrer eigenen Berechnung 62,48 m² Fläche aufweist, ist deshalb im Sinne des GSiG unangemessen groß.

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Sie ist überdies auch unangemessen teuer. Die insoweit zu berücksichtigenden Höchstmieten werden nach allg. Auffassung mangels anderer Anhaltspunkte - ebenfalls wie bei der Sozialhilfe - auch bei der Berechnung eines GSiG-Anspruches den Tabellen zu § 8 WoGG entnommen. Dies bedeutet für den vorliegenden Fall, dass bei Mietstufe IV, wie sie in D. gilt, für eine zwischen 1966 und 1991 bezugsfertige Wohnung maximal 265,00 EUR Mietzins als angemessen anzusehen ist. Dieser Betrag bezieht sich nicht nur auf die Nettomiete, er umfasst zudem sämtliche Nebenkosten nach der BetriebskostenVO. Im vorliegenden Fall betrug der Nettomietzins im Jahr 2003 255,65 EUR. Welche Nebenkosten hier noch hinzukommen, ist derzeit (noch) nicht absehbar, da für das Jahr 2003 keine Nebenkostenabrechnung vorgelegt wurde.

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Würde man die Nebenkostenabrechnung für das Jahr 2001 zugrundelegen (vgl. Blatt 10 und 10R des Verwaltungsvorgangs), beliefen sich die Betriebskosten auf 20,37 EUR. Da allgemein bekannt ist, dass zwischen 2001 und 2003 - nicht allein wegen der Euroumstellung - nahezu sämtliche Kosten leicht gestiegen sind und es für eine Änderung im Verbrauchsverhalten der Klägerin keinen Anhaltspunkt gibt, dürften die für 2003 zu entrichtenden Betriebskosten also eher über dem Betrag von 20,37 EUR liegen. Auf jeden Fall dürfte die maximal zu berücksichtigende „Kaltmiete“ in Höhe von 265,00 EUR deutlich überschritten werden.

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b) Kabelanschlussgebühren:

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Ob die Argumentation des Beklagten, dass die Klägerin auf die Nutzung einer Zimmerantenne zu verweisen sei, weil ihr Vermieter nicht zwingend die Übernahme der Kabelgebühren mietvertraglich verlange, tragfähig ist oder nicht, bedarf keiner Entscheidung. Denn Kabelanschlussgebühren sind - wie das die Klägerin auch selbst vorträgt - als Nebenkosten bei der Errechnung der angemessenen Höchstmiete zu berücksichtigen. Dann aber unterfallen sie der oben aufgezeigten „Deckelung“ der angemessenen Unterkunftskosten auf die Höchstbeträge nach § 8 WoGG (hier: 265,00 EUR) und finden deshalb keine Berücksichtigung. Angesichts der pauschalierenden Betrachtungsweise, von der das GSiG geprägt ist, sieht die Kammer keinen rechtlichen Ansatzpunkt, einen weiteren Unterkunftsbedarf außerhalb der „starren“ Tabellensätze nach § 8 WoGG anzunehmen.

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c) Heizkosten:

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Auch Heizkosten sind nur in angemessenem Umfang zu berücksichtigen, das heißt, dass sie maximal unter Zugrundelegung der im jeweiligen Einzelfall angemessenen Wohnfläche (hier: 50,00 m² für eine Einzelperson; s.o. unter a) und eines festen Durchschnittsheizkostenaufwandes pro qm Wohnfläche als Bedarf anzuerkennen sind. Sähe man dies anders und würde man die Frage nach ihrer Angemessenheit ausschließlich unter Berücksichtigung der Höhe des Mietzinses beantworten, hätte unwirtschaftliches Heizverhalten des Leistungsempfängers keinerlei Auswirkungen auf die Leistungshöhe. Anders gewendet: Eine Verschwendung öffentlicher Mittel bliebe ohne Konsequenz für den Leistungsempfänger. Es kommt deshalb wie bei den Unterkunftskosten auch hier nicht darauf an, ob die Wohnung der Klägerin 59,5 m² oder 62,48 m² groß ist.

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Als maximal angemessenen Heizkostenaufwand pro qm Wohnfläche sieht die Kammer einen Wert von 1,00 EUR an. In welcher Höhe Heizkosten im Einzelfall angemessen sind, hängt von einer Vielzahl von Wirkungszusammenhängen und wärmetechnischen Faktoren ab, wie: Baudaten, meteorologische Daten, Art der Heizanlage, Heizmaterial, Bewirtschaftung, Nutzung; zudem sind persönliche Umstände zu berücksichtigen, wie der Heizbedarf oder die Zeit, in der ein Leistungsempfänger regelmäßig in der Wohnung anwesend ist (vgl. Urteil der Kammer vom 03.03.2004 - 2 A 393/03 -). Die Vielzahl der zu berücksichtigenden Faktoren verbietet es deshalb, einen pauschalen angemessenen absoluten Wert pro qm Wohnfläche festzulegen. Das Gericht verkennt andererseits nicht, dass der Aufwand, für jeden Leistungsempfänger auf den Cent genau anzugeben, welche Heizkosten in seinem Fall angemessen sind (was ohne Gutachten kaum möglich sein dürfte) in keinem Verhältnis zu der Bedeutung der Sache steht. Deshalb dürfte es für die Grundsicherungsträger unumgänglich sein, sich an einer Richtschnur zu orientieren. Wird die Bemessungsgrenze in § 6 der Wohngeldverordnung insoweit als Richtschnur genommen, so muss außer den bereits weiter oben erwähnten Faktoren zusätzlich berücksichtigt werden, dass der Betrag von 0,97 EUR (=1,90 DM) pro qm Wohnfläche und Monat bereits im Jahr 1992, und zwar als pauschaler Wert für den Abzug von Heizungskosten von einer vereinbarten Gesamtmiete, festgesetzt und zum 01.01.2002 infolge der Einführung des Euro um 2,1 % vermindert worden ist, während sich die Heizkosten in den vergangenen 12 Jahren deutlich erhöht haben, und dass das Abrechnungsjahr - wie der zu entscheidende Fall zeigt - nicht immer 365 Tage umfasst. Alles dies führt dazu, dass der 1992 festgelegte Pauschbetrag maßvoll zu erhöhen ist. Die Kammer hält unter Berücksichtigung aller zu bedenkenden Faktoren einen Maximalwert von 1,00 EUR noch für angemessen (vgl. auch die Beschlüsse des Nds. OVG vom 22.01.2002 - 4 PA 2747/01 - und vom 14.03.2002 - 4 ME 67/02 -). Folglich betragen die hier angemessenen Heizkosten 50 m²x1 Euro=50,00 Euro

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Abschließend merkt die Kammer hierzu an, dass der vorzunehmende Abzug der Aufwendungen für Warmwasser von den maximal berücksichtigungsfähigen, angemessenen Heizkosten (vergleiche zur Berechnung: Hofmann in LPK-BSHG, § 12, Rn. 21 mit Hinweis auf die Rechtsprechung des Nds. OVG) nicht vorab erfolgen darf. Er darf also nicht dazu führen, den eben genannten maximalen Pauschalbetrag von 1,00 EUR zu „drücken“.

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2.Einkommensberechnung:

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Zutreffend lehnt der Beklagte es ab, die Aufwendungen der Klägerin für ihre Kapitallebensversicherung als Abzugsposten anzuerkennen. Eine ernsthafte und vom Gesetzgeber grundsätzlich gebilligte Altersvorsorge vermag die Kammer im vorliegenden Fall - 7.669,38 EUR könnte die Klägerin frühestens im Alter von 74 Jahren beziehen - nicht zu sehen. Vielmehr handelt es sich hier um eine reine Kapitalanlage, die keinen berücksichtigungsfähigen Abzugsposten vom Einkommen darstellt, weil ansonsten die öffentliche Hand private Kapitalbildung von Leistungsempfängern aus Steuermitteln finanzieren würde. Dies ist vom GSiG indessen nicht beabsichtigt. Soweit die Klägerin befürchtet, einer „unangemessenen Härte“ ausgesetzt zu sein, weist der Beklagte zutreffend darauf hin, dass niemand von der Klägerin den Rückkauf der Versicherung will und es ihr im Übrigen unbenommen bleibt, die Versicherung beitragsfrei zustellen.

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Auch die Prämien für die Glasbruchversicherung, die monatlich 2,16 EUR betragen, stellen keinen berücksichtigungsfähigen Abzugsposten vom Einkommen der Klägerin dar. Prämien für Glasbruchversicherungen sind zumindest dem Grunde nach unangemessen im Sinne von § 76 Abs. 2 Nr. 3 BSHG.

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Die Kammer schließt sich damit im Ergebnis der Rechtsauffassung der 7. Kammer des VG Hannover (7 A 4283/00, Urteil vom 26.10.2000, ZFF 2002, 88) an, allerdings ohne deren Begründung zu teilen. Es ist nämlich rechtstatsächlich zweifelhaft und ohne weitere Sachverhaltsaufklärung nicht zu belegen, dass Haushalte mit eher niedrigen Einkommen sich eine solche Versicherung heute nicht allgemein leisten würden. Die Kammer folgt vielmehr bei der Frage, wann der Abschluss einer Schadensversicherung unangemessen ist, dem Bundesverwaltungsgericht (Urteil vom 28.05.2003 - 5 C 8.02 -, NJW 2004, S. 87f), das darauf abstellt, ob (gerade) auch Bezieher geringer Einkommen Risiken abzusichern pflegen, bei deren Eintritt ihre weitere Lebensführung außerordentlich belastet wäre. Dies trifft insbesondere auf Haftpflichtschäden, welche jedermann aus alltäglichen Anlässen in nicht vorhersehbarer Höhe treffen können, ohne weiteres zu.

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Für die relevante Vergleichsgruppe der Bezieher von Einkommen knapp oberhalb der Sozialhilfegrenze ist sodann eine Abwägung unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten vorzunehmen zwischen dem Umstand, dass eine Vorsorge gegen die allgemeinen Lebensrisiken als solche kaum jemals 'unvernünftig' ist und dementsprechend auch unter wirtschaftlich beengten Verhältnissen getroffen zu werden pflegt, und der Rücksicht auf die Sparzwänge, die davon abhalten, ohne Not finanzielle Verpflichtungen einzugehen, die nur unter Gefährdung des notwendigen Lebensunterhalts erfüllt werden können. Die 'Angemessenheit' von Vorsorgeaufwendungen beurteilt sich somit sowohl danach, für welche Lebensrisiken (Grund) und in welchem Umfang (Höhe) Bezieher von Einkommen knapp oberhalb der Sozialhilfegrenze solche Aufwendungen zu tätigen pflegen, als auch nach der individuellen Lebenssituation des Hilfesuchenden.

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Danach würde ein in beengten wirtschaftlichen Verhältnissen lebender Bezieher von Einkommen knapp oberhalb der Grenze für die Beziehung von Grundsicherungsleistungen bei Abwägung der versicherten Risiken einerseits und der Sparzwänge andererseits eine Glasbruchversicherung nicht abschließen. Denn der Eintritt eines Versicherungsfalles würde ihn (anders als bei einem „normalen“ Haftpflichtschaden) in seiner weiteren Lebensführung nicht wesentlich einschränken.

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Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 155 Abs. 1 und 188 Satz 2 VwGO. Ihre vorläufige Vollstreckbarkeit findet ihre Grundlage in § 167 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 11, 709 Satz 2, 711 ZPO.

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Die Berufung ist gemäß § 124a Abs. 1 i.V.m. § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO zuzulassen, weil die Frage, ob ein Grundsicherungsträger bei der Bedarfsberechnung Heizkosten bis zu 1,00 EUR pro qm zu berücksichtigen hat, von grundsätzlicher Bedeutung ist.