Oberlandesgericht Celle
Beschl. v. 27.06.2008, Az.: 2 W 131/08

Bibliographie

Gericht
OLG Celle
Datum
27.06.2008
Aktenzeichen
2 W 131/08
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2008, 55155
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Verfahrensgang

vorgehend
LG Lüneburg - 11.06.2008 - AZ: 9 O 236/07

In der Beschwerdesache
pp.
hat der 2. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Celle durch den Richter am Oberlandesgericht ... als Einzelrichter am 27. Juni 2008 beschlossen:

Tenor:

Auf die sofortige Beschwerde der Verfügungsbeklagten zu 1 und 2 wird der Kostenfestsetzungsbeschluss des Rechtspflegers der 9. Zivilkammer des Landgerichts Lüneburgs vom 11. Juni 2008 aufgehoben und die Sache zur erneuten Entscheidung über die Kostenfestsetzung an das Landgericht Lüneburg zurückverwiesen, das auch über die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu entscheiden hat.

Gründe

Die gemäß den § 104 Abs. 3 Satz 1 i.V.m. § 567 Abs. 1 Nr. 1 und Abs. 2, 569 ZPO zulässige, insbesondere form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde, ist nur teilweise begründet.

I.

Der Rechtspfleger hat im Kostenfestsetzungsbeschluss vom 11. Juni 2008 zu Unrecht Reisekosten der Klägerin in Höhe eines Betrages von 746,14 € in Ansatz gebracht.

Reisekosten eines Rechtsanwalts sind dann erstattungsfähig, wenn sie gem. § 91 ZPO zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung bzw. -verteidigung notwendig waren. Ob dies der Fall ist, richtet sich danach, ob eine verständige und wirtschaftlich vernünftig denkende Partei die Kosten auslösender Maßnahme im damaligen Zeitpunkt (ex ante) als sachdienlich ansehen durfte (vgl. OLG Naumburg, Beschluss von 15. Dezember 2005, Az.: 10 W 34/05, zitiert nach JURIS Rdz. 11). Dabei ist jede Partei gehalten, die Kosten ihrer Prozessführung so niedrig zu halten, wie sich dies mit der vollen Wahrung ihrer berechtigten Belange vereinbaren lässt. Es gilt das Gebot sparsamer Prozessführung (vgl. OLG Hamm MDR 1984, 103 f.; MüKo/Giebel, ZPO, § 91 Rdz. 38; Zöller/Herget, ZPO, § 94 Rdz. 12.). Eine Partei ist daher gehalten, unter mehreren gleichartigen Maßnahmen die kostengünstigere auszuwählen (BGH NJW-RR 2005, 1662; NJW-RR 2004, 430 [BGH 11.11.2003 - VI ZB 41/03]). Die bei einem sparsamen Vorgehen entstandenen (fiktiven) Kosten bilden daher grundsätzlich die Obergrenze für die erstattungsfähigen Auslagen (OLG Celle, Beschluss vom 30. Oktober 2007, Az.: 2 W 107/07). Eine Erstattung der Kosten für eine Flugreise kommt daher nur dann in Betracht, wenn die Mehrkosten einer Flugreise nicht außer Verhältnis zu den Kosten der Benutzung der Bahn stehen (vgl. BGH,RPfleger 2008, 279ff., zitiert nach JURIS Rdz. 13). Allein das Verhältnis der wirtschaftlichen Bedeutung des Rechtsstreits zu den angefallenen Reisekosten kann demgegenüber den Ansatz überhöhter Reisekosten nicht rechtfertigen.

Dies zu Grunde gelegt kommt eine Erstattung der von der Klägerseite in Ansatz gebrachten Reisekosten nicht in Betracht.

Bei Beachtung des Gebots sparsamer Prozessführung (vgl. OLG Hamm MDR 1994, 103 f. [OLG Hamm 23.02.1993 - 23 W 23/93]) hätte es - auch im Hinblick auf die von der Klägerseite vorgetragenen Verkehrsprobleme - zweckentsprechender Rechtsverfolgung entsprochen, einen Tag vor dem jeweiligen Termin mit der Bahn anzureisen und wegen der Dauer der Reise zusätzlich die dann anfallenden Kosten für eine Übernachtung sowie ein Abwesenheitsgeld gem. Nr. 7005 VV-RVG in Ansatz zu bringen wären. Bei einer Bahnfahrt 1. Klasse (Hin- und Rückfahrt) ergeben sich unter Hinzurechnung der Übernachtungskosten und eines Abwesenheitsgeldes folgende Kosten:

1. Bahnfahrt: 244 €

2. Übernachtungskosten: 75 €

3. Abwesenheitsgeld 2 x 60 €

Summe: 459 €

Diese Kosten bilden daher im Rahmen einer fiktiven Vergleichsberechnung den Maximalbetrag der zu erstattenden Kosten. Da diese Kosten deutlich (und nicht nur 5%) unter den in Ansatz gebrachten Kosten liegen, bilden diese (fiktiven) Kosten im vorliegenden Fall die Obergrenze für die erstattungsfähigen Auslagen.

Eine andere Beurteilung ist auch nicht mit Rücksicht auf die bei der Durchführung einer Flugreise erzielte Zeitersparnis gerechtfertigt. Allein das Interesse eines Prozessbevollmächtigten, die Zeit seiner Abwesenheit von der Kanzlei möglichst gering zu halten, stellt keinen berücksichtigungsfähigen Umstand bei der Wahl des Reisemittels dar. Dem wirtschaftlichen Interesse des Rechtsanwalts, der nicht selbst Partei eines Prozesses ist, kann nicht dadurch Rechnung getragen werden, dass die dadurch bedingten Kosten dem Prozessgegner zur Last fallen. Anders als die Parteien, die sich dem Prozess nicht entziehen können, steht es dem Rechtsanwalt nämlich frei, das ihm angetragene Mandat anzunehmen oder davon (aus wirtschaftlichen Gründen) abzusehen (vgl. OLG Celle, Beschluss vom 30. Oktober 2007, Az.: 2 W 107/07). Im Übrigen wird dem Interesse des Rechtsanwalts auch durch die Gewährung eines Abwesenheitsgeldes nach Maßgabe von Nr. 7005 VV-RVG ausrechend Rechnung getragen. Auch der BGH hat in seiner bereits zitierten Entscheidung (RPfleger 2008, 279ff) klargestellt, dass die Zeitersparnis die Durchführung einer Flugreise grundsätzlich nicht rechtfertigte. Dies ergebe sich bereits aus der Verweisung des § 91 Abs. 1 Satz 2 Halbsatz 2 auf § 5 Abs. 1 und 3 JVEG, der eine Fahrtkostenerstattung über die Bahnkosten nur unter besonderen Umständen vorsehe.

Solche besonderen Umstände i.S. des § 5 Abs. 3 JVEG sind vorliegend aber nicht gegeben. Der Befürchtung, wegen des am Terminstag drohenden Bahnstreiks nicht rechtzeitig per Bahn oder Kfz zum Landgericht kommen zu können, hätte die Klägerin problemlos dadurch begegnen können, dass ihr Prozessbevollmächtigter bereits am Abend vor dem Terminstage anreist.

Das Landgericht wird daher nach Maßgabe der obigen Ausführungen erneut über die Höhe der zu erstattenden Kosten zu entscheiden haben.

II.

Soweit der Ansatz von Übersetzungskosten gerügt wird, bleibt der sofortigen Beschwerde jedoch der Erfolg versagt. Insoweit wird zur Vermeidung von Wiederholungen zunächst auf die zutreffenden und überzeugenden Ausführungen der Rechtspflegerin im angefochtenen Beschluss sowie im Nichtabhilfebeschluss vom 17. Juni 2008 Bezug genommen.

Der Einwand der Beschwerdeführer, eine Übersetzung des Beschlusses des Oberlandesgerichts habe es nicht bedurft, weil der Rechtsstreit durch den für Europa zuständigen Vizepräsidenten der Verfügungsklägerin, Herrn ... in ... geführt worden sei, geht fehl. Eine ausländische Prozesspartei, die der deutschen Sprache nicht kundig ist, sind die Kosten für die Übersetzung aller gerichtlichen Entscheidungen zu erstatten (vgl. Zöller/Herget, ZPO, 26. Auflage, § 94 Rdz. 13 "Übersetzungskosten"). Abzustellen ist insoweit auf die Prozesspartei selbst und nicht auf dritte Personen, deren Hilfe sich die Partei im Rahmen eines Prozesses bedient. Maßgeblich ist hier insbesondere zu berücksichtigten, dass eine gerichtliche Entscheidung mit vollstreckungsfähigen Inhalt ggf. auch im Ausland am Sitz der Partei vollstreckt werden kann und es daher notwendig ist, dass ich die ausländische Partei unter Zuhilfenahme eines Dolmetschers Kenntnis vom genaueren Inhalt der Entscheidung verschafft.