Oberlandesgericht Celle
Beschl. v. 16.06.2008, Az.: 19 UF 167/07

Ausschluss des Versorgungsausgleichs wegen Einkommenssteuerbelastung des Anrechts und Verschweigens von unterhaltsrelevantem Einkommen

Bibliographie

Gericht
OLG Celle
Datum
16.06.2008
Aktenzeichen
19 UF 167/07
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2008, 36981
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:OLGCE:2008:0616.19UF167.07.0A

Verfahrensgang

vorgehend
AG Nieburg - 23.07.2007 - AZ: 9 F 236/04

Fundstellen

  • FamRZ 2008, 2282 (Volltext mit red. LS)
  • FuR 2009, 176-177 (Volltext mit amtl. LS)
  • OLGR Celle 2009, 211-212

Redaktioneller Leitsatz

1. Die Einkommensbesteuerung des Anrechts des ausgleichspflichtigen Ehegatten ist nicht schon bei der Regelung des Versorgungsausgleichs selbst, sondern erst bei der Höhe zu berücksichtigen.

2. Der Ausschluss des Versorgungsausgleichs in Anwendung der Härteklausel des § 1587c Nr. 1 BGB kommt auch dann nicht in Betracht, wenn der andere Ehegatte unterhaltsrelevantes Einkommen verschwiegen hat.

Tenor:

Die befristete Beschwerde des Antragsgegners gegen Ziffer II (Versorgungsausgleich) des Urteiles des Amtsgerichts - Familiengericht - Nienburg/Weser vom 23. Juli 2007 wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt der Antragsgegner.

Geschäftswert: 1.000 €

Gründe

1

Die befristete Beschwerde des Antragsgegners, mit der er sich gegen die in dem angefochtenen Scheidungsverbundurteil getroffene Entscheidung zum Versorgungsausgleich wendet, ist gemäß §§ 629 a Abs. 2 i.V.m. 621 e ZPO zulässig.

2

Sie hat im Ergebnis jedoch keinen Erfolg.

3

Das Amtsgericht hat auf der Grundlage der ihm übermittelten Auskünfte, die inhaltlich von der befristeten Beschwerde nicht angegriffen werden, den Versorgungsausgleich dergestalt durchgeführt, dass es die Differenz zwischen den ehezeitlichen beamtenrechtlichen Anwartschaften des Antragsgegners (2.566,46 €) und den Anwartschaften der Antragstellerin in der gesetzlichen Rentenversicherung (326,32 €) nach Halbteilung zum Ausgleich gebracht hat.

4

Der Antragsgegner möchte mit seiner befristeten Beschwerde den durchgeführten Versorgungsausgleich gemäß § 1587c BGB beschränken und die zu Gunsten der Antragstellerin zu übertragenden Rentenanwartschaften um einen Betrag von mindestens 142 € zu kürzen.

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Soweit die Beschwerdebegründung des Antragsgegners zunächst darauf abstellt, infolge des Wegfalles des vom Antragsgegner gezahlten Ehegattenunterhaltes entfalle auch der Vorteil aus dem Realsplitting, so dass ihm nach Abzug der Rentenanwartschaften der Antragstellerin und gesetzlicher Abzüge nur noch ein Betrag von 1.882,44 € verbleibe, während die Antragstellerin dann über 1.649,99 €, vermag allein dieser Umstand aus der Durchführung des Versorgungsausgleich die in § 1587 c vorausgesetzte schwere Unbilligkeit nicht zu begründen.

6

Der in diesem Zusammenhang weiter monierte Umstand, dass die unterschiedlichen Besteuerungsmethoden von Renten und Pensionen dazu führen, dass die Antragstellerin beim Ausgleich bezüglich der Nettoerträge der ihr gutgebrachten Anrechte mehr erhält, als der ausgleichspflichtige Antragsgegner hinsichtlich seiner Nettoversorgung behält, ist für sich genommen kein ausreichender Grund, die dann beim Antragsgegner verbleibende Steuerlast von rd. 284 € entsprechend des Herabsetzungsverlangens des Antragsgegners beim Versorgungsausgleich dann ebenfalls hälftig zu berücksichtigen.

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Der BGB hat in seiner Entscheidung vom 14. Februar 2007 (XII ZB 68/03) - jedenfalls dann, wenn der beiderseitige Versorgungsfall noch nicht eingetreten ist - es abgelehnt, die Folgen einer ungleichen steuerlichen Behandlung schon bei der Regelung des Versorgungsausgleiches zu berücksichtigen.

8

Der Senat verkennt dabei nicht, dass die Ausführungen des Bundesgerichtshofs wesentlich davon geprägt sind, nicht schon auf der Grundlage einer unsicheren Prognose steuerlicher Auswirkungen eine Korrektur des Versorgungsausgleiches vornehmen zu lassen, während vorliegend mit dem während des Verlaufs des Beschwerdeverfahrens erfolgten Erreichen des 65. Lebensjahres der Antragstellerin die beiderseitigen Versorgungen bereits feststehen.

9

Allerdings gebietet die Gegenüberstellung der beiderseitigen "Nettoversorgungen" ebenfalls keine andere Entscheidung. Der BGH hat wiederholt - auch in der bereits zitierten Entscheidung - darauf hingewiesen, dass "Härteklauseln im Versorgungsausgleich keine generelle Korrektur systembedingter Ungleichbehandlungen ermöglichen, sondern nur dann eingreifen können, wenn die Durchführung des ungekürzten Versorgungsausgleichs zu einem erheblichen und damit grob unbilligen wirtschaftlichen Ungleichgewicht zwischen den Eheleuten führen würde . [...]Über die Anwendung des § 1587c Nr. 1 BGB kann der nach dem gesetzlichen Ausgleichsmechanismus durchgeführte Versorgungsausgleich deshalb nicht schematisch für den Regelfall so herabgesetzt werden, dass beide Ehegatte 1587 c Nr. 1 BGB allgemein auf die "wirtschaftlichen Verhältnisse" der Eheleute abstellt, ist vielmehr bei der gebotenen Billigkeitsabwägung die gesamte Versorgungslage der Ehegatten in die Betrachtung einzubeziehen..."

10

Danach fehlte es im Hinblick auf die durchzuführende Billigkeitsabwägung auch an notwendigem weiteren Vortrag zu den Gesamtversorgungslagen der Ehegatten.

11

Der im weiteren Verlauf des Beschwerdeverfahrens erstmals zur Begründung einer groben Unbilligkeit vorgetragene Umstand, die Antragstellerin habe bezüglich des Ehegattenunterhaltes eine Obliegenheitsverletzung begangen, indem sie den Bezug eigener Altersrente seit November 2006 in Höhe von ca. 600 € nicht ungefragt offenbart habe, ist ebenfalls kein die Durchführung des Versorgungsausgleich gravierend beeinträchtigendes Fehlverhalten.

12

Abgesehen von dem Umstand, dass der Antragsgegner seine Unterhaltszahlungen daraufhin seit Februar 2008 sofort eingestellt hat, mag die unterhaltsrechtliche Problematik einer Rückzahlung von überzahltem Unterhalt für 3 Monate zwar möglicherweise als Fehlverhalten der Antragstellerin darstellbar sein; es fehlt jedoch bereits an einer gravierenden wirtschaftlichen Beeinträchtigung.

13

Danach war die befristete Beschwerde zurückzuweisen.

14

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 ZPO, die Festsetzung des Geschäftswerts auf § 49 Nr. 1 GKG.