Finanzgericht Niedersachsen
Urt. v. 08.02.2007, Az.: 6 K 722/02

Zeitpunkt der Höhe einer Einlage in das EK 04 im Zusammenhang mit einem Forderungsverzicht eines (Allein-)Gesellschafters einer GmbH; Möglichkeit der Zuführung einer werthaltigen (verdeckten) Einlage in das EK 04 mit der Folge einer sich hieran anschließenden geänderten Feststellung gemäß § 47 Körperschaftsteuergesetz (KStG); Ansehung eines durch das Gesellschaftsverhältnis veranlassten Forderungsverzichts als zu einer verdeckten Einlage im Zeitpunkt des Verzichts führend; Eintritt der mit einem an Bedingungen geknüpften Forderungsverzicht verbundenen (Gewinn-)Auswirkungen im Jahr der Bedingungserfüllung

Bibliographie

Gericht
FG Niedersachsen
Datum
08.02.2007
Aktenzeichen
6 K 722/02
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2007, 39079
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:FGNI:2007:0208.6K722.02.0A

Verfahrensgang

nachfolgend
BFH - 06.11.2007 - AZ: I B 50/07

Fundstellen

  • NWB direkt 2007, 9
  • Jurion-Abstract 2007, 228654 (Zusammenfassung)

Tatbestand

1

Streitig sind der Zeitpunkt und die Höhe einer Einlage in das EK 04.

2

Am ... DM umfassenden Stammkapital der Klägerin, die im November 2002 von der A GmbH in die B ...gesellschaft mbH umfirmierte, waren zunächst C mit ... DM sowie die D GmbH (D) mit ... DM beteiligt. Die Anteile des Gesellschafters C wurden mit Gesellschafterbeschluss vom 17. November 1995 eingezogen.

3

Die Klägerin gab den von ihr im Jahr 1996 erwirtschafteten Gewinn zunächst mit ... DM an. Dem entsprachen die vom beklagten Finanzamt ... erlassenen Steuerbescheide, die gem. § 164 Abs. 1 der Abgabenordnung (AO) unter dem Vorbehalt der Nachprüfung standen. In einer berichtigten Körperschaftsteuererklärung für 1996 erklärte die Klägerin nunmehr einen Gewinn i.H.v. ... DM, in dem ein durch Forderungsverzichte der D über ... DM sowie der X Bank über ... DM entstandener Sanierungsgewinn enthalten war. Auch insoweit ergingen sodann gem. § 164 Abs. 2 AO erklärungsgemäß geänderte Steuerbescheide.

4

Anlässlich einer bei der Klägerin für die Zeiträume 1995 - 1997 durchgeführten Außenprüfung traf die Betriebsprüferin u.a. folgende Feststellungen:

5

Die Klägerin veräußerte in den Jahren 1993 und 1996 einen Teil ihres ... an verschiedene ...gesellschaften. Die insoweit von den Erwerbern geschuldeten Kaufpreise wurden in vollem Umfang unmittelbar an die D geleistet und führten auf diese Weise zu einer Minderung der seitens der D gegenüber der Klägerin bestehenden Darlehensforderungen. Nachdem es über die Werthaltigkeit der in 1993 veräußerten ... und damit über die Angemessenheit der Höhe der Kaufpreise zwischen der Klägerin und den damaligen Erwerbern zum Streit gekommen war, einigte man sich dahingehend, dass die Erwerber einen Teil der von ihnen gezahlten Kaufpreise erstattet bekommen sollten. Die entsprechenden Rückzahlungen wurden unmittelbar von der D mit der Folge an die Erwerber geleistet, dass sich in diesem Umfang die Darlehensforderungen der D gegenüber der Klägerin erhöhten.

6

Im Laufe des Jahres 1996 begannen zwischen der Klägerin und ihren Gläubigern der D, der X Bank sowie dem beklagten Finanzamt (FA) diverse Gespräche über einen möglichen Forderungserlass. So begehrte die Klägerin gegenüber dem FA ... im Juni 1996 den Erlass von Steuernachforderungen i.H.v. ... DM, und teilte im August 1996 mit, dass die D sowie die X Bank bereit seien, im Falle einer Einigung aller Großgläubiger auf 82,5 v.H. ihrer Forderungen zu verzichten. Der Betriebsprüferin wurden insoweit eine unter dem 26. März 1997 erstellte "Verzichtserklärung/Vergleichsvereinbarung" der D sowie ein Schreiben der X Bank vom 25. September 1996 vorgelegt (Bl. 225 f. der Bp-Arbeitsakte). Hierin heißt es:

"Die D GmbH hat zum 31.12.1996 Forderungen an die A ... gesellschaft mbH i.H.v. DM ... .

Unter der Voraussetzung, dass die übrigen Gläubiger der A ... gesellschaft mbH, insbesondere die X Bank und das FA ... einen Forderungsverzicht in relativ gleicher Höhe aussprechen, erklärt sich die D bereit, auf 82,5% = DM ... zu verzichten und die Zahlung der verbleibenden Forderungen i.H.v. 17,5% des derzeitigen Forderungsbestandes = DM ... erst dann zu verlangen, wenn die nach Erlass verbleibenden Restforderungen der übrigen Gläubiger befriedigt sind."

7

Dieses Schreiben ist vom Zeugen ... für die A sowie den Herren ... und ... - dem jetzigen Geschäftsführer der Klägerin - unterzeichnet.

8

In dem vorerwähnten Schreiben der X Bank heißt es:

".... Sie haben uns bzgl. des obigen Kredites einen Vergleichsvorschlag unterbreitet, der die Zahlung eines Betrages i.H.v. DM ... ,-- durch Sie bei gleichzeitigem Verzicht auf Rückzahlung des Restkredits durch uns beinhaltet. Nach eingehender Prüfung erklären wir uns ausnahmsweise bereit dem Teilverzicht zuzustimmen. Dies geschieht unter der Voraussetzung, dass alle übrigen Gläubiger der A ... gesellschaft mbH ebenfalls auf mindestens 82,5% ihrer berechtigten Forderungen verzichten, so dass die Befriedigungsquote der einzelnen Gläubiger jeweils höchstens 17,5% beträgt...."

9

Von den Finanzbehörden wurde schließlich in 1998 ein Teilerlass der Abgabenrückstände i.H.v. ... DM ausgesprochen.

10

Die Außenprüferin und ihr folgend das beklagte FA vertraten in den im Anschluss an die Außenprüfung für die Jahre 1995 - 1999 ergangenen geänderten Steuerbescheiden die Ansicht, dass die Voraussetzungen eines steuerfreien Sanierungsgewinns gem. § 3 Nr. 66 EStG in 1996 mit der Folge nicht vorlägen, dass insoweit eine entsprechende Gewinnerhöhung um insgesamt ... DM zu erfolgen habe.

11

Ihren gegen die im Anschluss an die Außenprüfung ergangenen geänderten Steuerbescheide eingelegten Einspruch begründete die Klägerin u.a. mit einer nunmehr erstmals vorgelegten und unter dem 3. Dezember 1996 von den Herren ... und ... für die D einerseits und dem Zeugen ... für die A andererseits unterzeichneten "Forderungsverzicht und Rangrücktrittserklärung".

12

Mit Einspruchsbescheid vom 13. Oktober 2002 hat das beklagte FA unter Änderung der Körperschaftsteuer 1998 sowie der verbleibenden Verlustvorträge auf den 31. Dezember1998 bzw. 1999 den Einspruch als unbegründet zurückgewiesen. Die Voraussetzungen eines steuerfreien Sanierungsgewinns lägen im Streitfall nicht vor, weil weder eine Sanierungsabsicht noch eine Sanierungseignung bestanden habe.

13

Der Klägerin sei schließlich auch nicht im Hinblick auf den von ihr gestellten Hilfsantrag zu folgen. Der Erlass einer Forderung gegenüber der Gesellschaft führe zum Erlöschen der Verbindlichkeit und damit zu einer Gewinnerhöhung. Soweit es sich hierbei um die Forderung eines Gesellschafters handele und dieser Verzicht im Gesellschaftsverhältnis begründet sei, liege eine Einlage - hier: der D GmbH - in die Klägerin vor. Diese Einlage könne die Gewinnerhöhung außerhalb der Bilanz neutralisieren. Ein im Gesellschafts-verhältnis veranlasster Forderungsverzicht führe jedoch zu einer Einlage (nur) i.H. des Teilwertes der Forderung im Zeitpunkt des Verzichts. Sofern diese nicht mehr werthaltig sei, betrage der Teilwert der Einlage allerdings 0 DM. So verhalte es sich im Streitfall, da die Klägerin zum Zeitpunkt des Verzichts überschuldet und wie sie selbst ausführe, nicht mehr in der Lage gewesen sei, die Verbindlichkeiten zu tilgen.

14

Hiergegen wendet sich die Klägerin mit ihrer unter dem 19. November 2002 erhobenen Klage, mit der sie ihr ursprüngliches Begehren nunmehr - nachdem die Klage wegen 1995 und 1999 zurückgenommen sowie das Verfahren wegen 1996 übereinstimmend in der Hauptsache für erledigt erklärt worden ist - auf die Jahre 1997 und 1998 in der Weise beschränkt hat, dass lediglich noch eine Zuführung des Forderungsverzichts der D zum Nennwert in das EK 04 mit einer entsprechenden Feststellung gem. § 47 KStG begehrt wird.

15

Der von der D mit der "Verzichtserklärung/Vergleichsvereinbarung" im März 1997 ausgesprochene Forderungsverzicht sei auflösend bedingt gewesen, so dass er bereits in 1997 zu einer Einlage in das EK 04 geführt habe. Da es sich bei den von der D der Klägerin gewährten Darlehen um krisenbestimmte sowie um Finanzplandarlehen, die eigenkapital-ersetzend seien und damit Anschaffungskosten auf die Beteiligung darstellten, gehandelt habe, liege diesbezüglich ein dem EK 04 in Höhe des Nennwerts der Forderungen zuzuführender Betrag vor. Die von der Rechtsprechung des BFH zu § 17 EStG für diese Fallgestaltungen entwickelten Grundsätze seien entsprechend auf den Streitfall zu übertragen.

16

Für den Fall, dass das Gericht den in 1997 von der D erklärten Forderungsverzicht als aufschiebend bedingt ansähe, seien die steuerrechtlichen Folgen einer Zuführung in das EK 04 zum Nennwert im Streitjahr 1998 zu ziehen.

17

Die Klägerin beantragt,

den Feststellungsbescheid gem. § 47 KStG zum 31.12.1997 vom 14.2.2002 in der Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 7.11.2002 aufzuheben und das EK 04 mit ... DM neu festzustellen.

18

Hilfsweise beantragt die Klägerin,

den Feststellungsbescheid gem. § 47 KStG zum 31.12.1998 vom 14.2.2002 in der Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 7.11.2002 aufzuheben und das EK 04 mit ... DM neu festzustellen.

19

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

20

Soweit die D gegenüber der Klägerin einen Forderungsverzicht ausgesprochen habe, komme eine Einlage lediglich i.H. des Teilwerts der Forderung in Betracht. Dieser betrage zum Zeitpunkt der Einlage jedoch 0,- DM, da die Klägerin überschuldet und stille Reserven nicht vorhanden gewesen seien. Der Ansatz des Nennwerts sei insoweit ausgeschlossen, da sich die von der Rechtsprechung im Zusammenhang mit der Beurteilung eigenkapital-ersetzender Darlehen zu § 17 EStG entwickelten Grundsätze auf den Streitfall nicht übertragen ließen.

21

Das Gericht hat im Termin zur mündlichen Verhandlung den früheren Geschäftsführer der Klägerin - den ... - als Zeugen gehört. Wegen des insoweit ergangenen Beweisbeschlusses sowie wegen des Inhalts der Zeugenaussage wird auf das Protokoll Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

22

Die Klage hat keinen Erfolg.

23

Denn die Zuführung einer werthaltigen (verdeckten) Einlage in das EK 04 mit der Folge einer sich hieran anschließenden geänderten Feststellung gem. § 47 KStG kommt weder für das Streitjahr 1997 noch für das Jahr 1998 in Betracht.

24

I.

1.)

Erlässt der Gesellschafter einer Kapitalgesellschaft dieser eine Forderung, so führt dies aus der Sicht der Kapitalgesellschaft einerseits zum Erlöschen einer Verbindlichkeit und damit zu einer Gewinnrealisierung. Diese in der Steuerbilanz zu erfassende Gewinnerhöhung ist andererseits außerhalb der Bilanz zu neutralisieren, soweit es sich bei dem Forderungsverzicht um eine verdeckte Einlage handelt. Ein durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasster Forderungsverzicht führt zu einer solchen verdeckten Einlage im Zeitpunkt des Verzichts (BFH-Urteil vom 31. Mai 2005 I R 35/04, BStBl II 2006, 132 m.w.N.).

25

Da zwischen den Beteiligten kein Streit darüber herrscht, dass der von der D als Alleingesellschafterin gegenüber der Klägerin ausgesprochene Teilerlass im Hinblick auf das Gesellschaftsverhältnis erfolgte, nimmt das Gericht diesbezüglich von weitergehenden Ausführungen Abstand, so dass allein noch im Streit steht, zu welchem Zeitpunkt und mit welchem Wert - Nennwert oder Teilwert - die (verdeckte) Einlage erfolgte.

26

2.)

Für das Streitjahr 1997 liegen die Voraussetzungen einer Einlage schon deshalb nicht vor, weil in diesem Kalenderjahr gegenüber der Klägerin von der D kein wirksamer Forderungsverzicht ausgesprochen worden ist.

27

Soweit sich die Klägerin für die von ihr vertretene gegenteilige Auffassung auf die mit der D getroffenen Absprachen stützt, vermag dem das Gericht in zeitlicher Hinsicht nicht zu folgen.

28

a)

Nach Maßgabe des § 397 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) erlischt das Schuldverhältnis, wenn der Gläubiger dem Schuldner durch Vertrag die Schuld erlässt. Ein Erlass kann auch unter einer Bedingung - auflösend wie auch aufschiebend - vereinbart werden, er ist nicht von vornherein bedingungsfeindlich und unwiderruflich. Die auflösende Bedingung wird aber die Ausnahme sein (vgl. Palandt-Grüneberg, Kommentar zum BGB, 65. Auflage, Rd.-Nr. 3 zu § 397; Staudinger/Rieble, BGB-Kommentar, Rd.-Nrn. 137 ff zu § 397).

29

Dementsprechend treten die mit einem an Bedingungen geknüpften Forderungsverzicht verbundenen (Gewinn-)Auswirkungen erst in dem Jahr ein, in dem die Bedingungen insgesamt erfüllt sind (vgl. BFH-Urteil vom 12. Oktober 2005 X R 20/03, BFH/NV 2006, 713 unter Punkt II 3 der Entscheidungsgründe; BFH-Urteil vom 26. Februar 1988 III R 257/84, BFH/NV 1989, 436).

30

b)

Zwar geht der Senat in Übereinstimmung mit den Beteiligten und insbesondere unter dem Eindruck der im Termin zur mündlichen Verhandlung vom Zeugen ..., dem damaligen Geschäftsführer der Klägerin, gemachten Aussage (auch) davon aus, dass der erstmals im außergerichtlichen Rechtsbehelfsverfahren von der Klägerin vorgelegte "Forderungsverzicht und Rangrücktrittserklärung" vom 3. Dezember 1996 jedenfalls im Ergebnis nicht wie vereinbart zur Durchführung gelangt ist, so dass er mit der Folge in steuerrechtlicher Hinsicht unbeachtlich ist, dass im Kalenderjahr 1996 von der D gegenüber der Klägerin noch kein wirksamer Forderungsverzicht erklärt worden ist. Da hierüber zwischen den Beteiligten Einvernehmen herrscht, wie nicht zuletzt die von ihnen im Termin zur mündlichen Verhandlung für das Kalenderjahr 1996 zu Protokoll gegebenen Erklärungen belegen, sieht das Gericht insoweit von weitergehenden Ausführungen ab.

31

c)

Der von der D GmbH gegenüber der Klägerin unter dem 26. März 1997 ausgesprochene Forderungsverzicht stand unter der (aufschiebenden) Bedingung, dass auch die weiteren Gläubiger - X Bank und FA ... - ebenfalls entsprechende Erklärungen abgaben. Demgemäss bewirkte erst der in 1998 vom beklagten FA als letztem der (Groß-)Gläubiger ausgesprochene Verzicht, dass die bereits zuvor erklärten Forderungsverzichte der X Bank aus September 1996 sowie der D aus März 1997 mit allen sich hieraus ergebenden rechtlichen Folgerungen erst in diesem Jahr eingetreten sind.

32

Es trifft im Streitfall insbesondere nicht zu, dass die unter dem 26. März 1997 von der D abgegebene Willenserklärung unter einer auflösenden und nicht einer aufschiebenden Bedingung stand. Denn der insoweit verwandten Formulierung: "... Unter der Voraussetzung, dass die übrigen Gläubiger der A..., insbesondere die X Bank und das Finanzamt ... einen Forderungsverzicht in relativ gleicher Höhe aussprechen, erklärt sich die D bereit, auf 82,5% = DM ... zu verzichten..." (Bl. 225 der BP-Arbeitsakte) lässt sich entnehmen, dass die D keineswegs bereits zu diesem Zeitpunkt der Klägerin Verbindlichkeiten erlassen wollte und die bereits vernichtete Forderung erst im Falle der Weigerung eines der ausdrücklich in Bezug genommenen (Groß-)Gläubiger, sich diesem Erlass anzuschließen, wieder aufleben sollte.

33

Es ist zudem nicht ersichtlich, aus welchen Gründen die D in diesem Zusammenhang ihrerseits den Schulderlass hätte sofort gewähren und dieser sodann bei Nichteintritt der Bedingungen wiederum hätte wegfallen sollen. Vielmehr entspricht die Vereinbarung einer aufschiebenden Bedingung in den Fällen einer Gesamtabsprache auf Gläubigerseite eher ihrer gemeinsamen Interessenlage, als die Annahme einer auflösenden Bedingung. Denn während im ersteren Fall der Zeitpunkt des Wirksamwerdens des Forderungsverzichts für alle Gläubiger gleich ist - Eintritt der Bedingung mit der Erlasszusage des "letzten" Gläubigers" - treten einzelne Gläubiger im Falle eines auflösend bedingten Forderungsverzichts zunächst gegenüber den übrigen Gläubigern in Vorleistung. Hinzu kommt, dass bei einer solchen Konstellation ("auflösende" Bedingung) oftmals nicht ohne weiteres - schon gar nicht für die Gläubiger untereinander - feststellbar sein wird, zu welchem Zeitpunkt einer oder mehrere der beteiligten Gläubiger den angedachten Erlass mit der Folge nicht mehr mitzutragen bereit sind, dass die Forderungen wieder insgesamt aufleben. Diesbezüglich dürfte sich auch die Mitwirkung des Schuldners im letzteren Fall, in dem er die Gläubiger darüber unterrichten müsste, dass nunmehr deren Forderungen wieder auflebten, eher in "Grenzen halten", so dass auch aus diesem Grund im Zweifel eine aufschiebende Bedingung dem Gläubigerinteresse entsprechen wird und daher anzunehmen ist.

34

Dem kann im Streitfall auch nicht mit Erfolg entgegengehalten werden, dass die D zum 31.12.1997 einen "Forderungsverlust A" über ... DM ausgebucht hat (vgl. Kontenblatt zu Konto-Nr. 131020, Anlage 1b des im Klageverfahren überreichten Aktenordners). Denn dies beruht aus Sicht des erkennenden Gerichts auf einer rechtlich unzutreffenden Beurteilung des im März 1997 gegenüber der Klägerin ausgesprochenen Forderungsverzichts und deckt sich im Übrigen auch nicht mit dem - allerdings ebenfalls unzutreffend - von der Klägerin bereits in ihrer geänderten Bilanz auf den 31.12.1996 berücksichtigten Auswirkungen des Verzichts.

35

3.)

Aus dem Vorstehenden folgt, dass sich die Beurteilung der verdeckten Einlage unter Berücksichtigung der Verhältnisse des Streitjahres 1998 vollzieht. Ihr Wert ist mit 0 DM anzusetzen, weil die der D gegen die Klägerin zustehende und dem (Teil-)Erlass zugrunde-liegende Darlehensforderung nicht (mehr) werthaltig war.

36

a)

Als (verdeckte) Einlage von der durch den Erlass bewirkten Vermögensmehrung bei der Kapitalgesellschaft - hier: der Klägerin - ist nur ihr werthaltiger Wert (Teilwert) und nicht der Nennwert anzusetzen.

37

Einlagen sind nach § 6 Abs. 1 Nr. 5 EStG bei der Kapitalgesellschaft mit dem Teilwert der zugeführten Wirtschaftsgüter anzusetzen. Das gilt auch, wenn der Gesellschafter eine gegen die Gesellschaft gerichtete Forderung an die Gesellschaft abtritt oder ihr die entsprechende Schuld erlässt. Beide Vorgänge können nicht unterschiedlich bewertet werden, weil die abgetretene Forderung durch die Vereinigung mit der Verbindlichkeit untergeht, das Ergebnis also demjenigen eines Forderungsverzichts entspricht. Der Wert des Vermögens-zugangs ist in beiden Fällen mit dem Betrag zu bemessen, den der Betriebsinhaber für den Erwerb der Forderung oder die Herbeiführung des Verzichts hätte aufwenden müssen. Er entspricht dem noch werthaltigen Teil der Forderung. Demgemäß werden auch krisen-bestimmte und Finanzplan-Darlehen, auch wenn sie kapitalersetzend sind, im Falle des Gläubigerverzichts nur mit dem Teilwert und nicht mit dem Nennwert eingelegt. Die zu § 17 EStG ergangene Rechtsprechung ist für diese Fälle, der im Privatvermögen gehaltenen wesentlichen Beteiligungen, nicht einschlägig (vgl. Beschluss des Großen Senats des BFH vom 9. Juni 1997 GrS 1/94, BStBl II 1998, 307; BFH-Beschluss vom 16. Mai 2001 I B 143/00, BFH/NV 2001, 1353; BFH-Urteile vom 28. November 2001 I R 30/01, BFH/NV 2002, 677 sowie vom 31. Mai 2005 I R 35/04, BStBl II 2006, 132; Schmidt/Weber-Grellet, a.a.O., ABC der Passivierung "Gesellschafterfinanzierung" (5) und Rdz. 671 zu § 5; Schmidt-Glanegger, a.a.O., ABC der Einlagen "Forderungsverzicht" zu § 6 jeweils mit vielfältigen Hinweisen zu Rechtsprechung und Literatur; BFH-Beschluss vom 2. August 2006 I B 35/06, BFH/NV 2006, 2074).

38

Soweit sich die Klägerin demgegenüber - Ansatz in Höhe des Nennwerts der ihr erlassenen Verbindlichkeiten - auf die Entscheidung des BFH vom 10. November 2005 IV R 13/04, BStBl II 2006, 618 stützt, vermag sich der Senat dem nicht anzuschließen. Dies ergibt sich zum einen schon daraus, dass die tatsächliche Ausgangslage beider Fälle nicht vergleichbar ist. Während im Streitfall umstritten ist, mit welchem Wert eine einer Kapitalgesellschaft erlassene Verbindlichkeit zu einer verdeckten Einlage führt, behandelt das Urteil des BFH Fragen der Teilwertabschreibungen eigenkapitalersetzender Darlehen im Rahmen einer Betriebsaufspaltung.

39

Zum anderen betont der BFH auch in dieser Entscheidung an mehreren Stellen ausdrücklich, dass auf die Werthaltigkeit der Forderung als entscheidender Faktor abzustellen ist:

40

"Außerhalb des sachlichen Anwendungsbereichs des § 17 EStG sind nämlich nur solche Aufwendungen des Gesellschafters nachträgliche Anschaffungskosten der Beteiligung, welche (offene oder verdeckte) Einlagen in das Gesellschaftsvermögen darstellen...... Erst wenn daher der Inhaber der Darlehensforderung auf diese gegenüber der Betriebs-Kapitalgesellschaft gem. § 397 BGB verzichten würde, läge in Höhe der im Zeitpunkt des Verzichts noch werthaltigen Darlehensforderung eine verdeckte Einlage in die GmbH vor, die bei der Besitzgesellschaft in dieser Höhe zu nachträglichen Anschaffungskosten der Beteiligung führen würde..." (Punkt II 1b bb der Entscheidungsgründe).

41

"... Für den Fall, das Darlehen, für die der Gläubiger einen Rangrücktritt erklärt hat, beim Schuldner Verbindlichkeiten i.S.d. § 5 Abs. 2a EStG darstellten, wären die Darlehen beim Schuldner erfolgswirksam aufzulösen, soweit sie wertlos waren. Soweit sie dagegen werthaltig gewesen sind, würde sich das Eigenkapital der Kapitalgesellschaft erhöhen..." (Punkt II 1.b ee 1.a der Entscheidungsgründe).

42

"... Für die Bestimmung des Teilwertsder eigenkapitalersetzenden Darlehen der Kläger ..." (Punkt II. 3. b der Entscheidungsgründe).

43

Die vorstehenden Hervorhebungen sind durch das erkennende Gericht vorgenommen worden.

44

b)

Der Teilwert der von der D erlassenen (Darlehns)Forderung ist vorliegend mit 0 DM anzusetzen, da die Klägerin überschuldet und die D ihre alleinige Gesellschafterin war (BFH-Urteil vom 31. Mai 2005 I R 35/04, BStBl II 2006, 132 unter Punkt II 2 b bb der Entscheidungsgründe m.w.N.).

45

Dem vom FA in diesem Zusammenhang erfolgten Hinweis, dass im Vermögen der Klägerin keine stillen Reserven vorhanden gewesen seien, ist die Klägerin nicht entgegengetreten. Auch hat sie sich zu der mit Richterbrief vom 13. November 2006 ausdrücklich gestellten Frage nach dem (Teil-)Wert, mit dem die Einlage erfolgte, nicht geäußert.

46

Zudem lassen die Ausführungen des Zeugen ... als vormaligen Geschäftsführer der Klägerin im Termin zur mündlichen Verhandlung den Rückschluss zu, dass die Klägerin bereits seit Mitte der 90er Jahre - und damit auch im Streitjahr 1998 - bilanziell überschuldet gewesen ist, indem er die wirtschaftlich schwierige Lage der Klägerin schilderte (Problem bilanzieller Überschuldung) und darauf verwies, die Gesellschaft habe saniert werden sollen, um sie überhaupt weiterführen zu können. Gerade auch vor diesem Hintergrund sind der Klägerin nicht nur wiederholt Geldmittel durch ihre Gesellschafterin, die D, zugeführt worden, sondern dies ist zudem einer der Gründe gewesen, zumindest Teile der gegenüber der Klägerin bestehenden Darlehensforderungen dieser zu erlassen, um sich nicht möglicherweise dem Vorwurf eines Konkursdelikts ausgesetzt zu sehen.

47

Insbesondere verfügte die Klägerin in 1998 über keine stillen Reserven (mehr). Ihre ... waren im Wesentlichen in den Vorjahren veräußert worden, der Geschäfts- oder Firmenwert wurde lediglich noch mit dem Erinnerungswert von 1 DM bilanziert, ohne dass vorgetragen oder anhand der vorliegenden Akten ersichtlich ist, dass dieser mit einem höheren Betrag anzusetzen gewähren wäre. Soweit in den "Erläuterungen zum Jahresabschluss" 35 ... aufgeführt sind, rechtfertigt dies mangels jeglicher diesbezüglicher Angaben der Klägerin keinen anderen Ansatz.

48

Da zudem sämtliche noch vorhandenen Sachanlagen durch die Klägerin in 1998 veräußert worden waren, ist auch insoweit der Ansatz stiller Reserven ausgeschlossen. Zwar beliefen sich die "Forderungen und sonstige Vermögensgegenstände" nebst "Schecks, Kassen-bestand, Bundesbank- und Postbankguthaben, Guthaben bei Kreditinstituten" auf insgesamt rund ... DM, dem stand jedoch allein ein "nicht durch Eigenkapital gedeckter Fehlbetrag" im Umfang von ca. ... DM gegenüber. Schließlich standen an Verbindlichkeiten auch unter Berücksichtigung der von den Gläubigern ausgesprochenen Teilverzichte immer noch etwa ... DM zu Buche.

49

II.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO.