Finanzgericht Niedersachsen
Urt. v. 22.02.2007, Az.: 5 K 262/02
Erlass von Säumniszuschlägen; Sachliche Unbilligkeit
Bibliographie
- Gericht
- FG Niedersachsen
- Datum
- 22.02.2007
- Aktenzeichen
- 5 K 262/02
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2007, 56980
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:FGNI:2007:0222.5K262.02.0A
Verfahrensgang
- nachfolgend
- BFH - 20.05.2010 - AZ: V R 42/08
Rechtsgrundlagen
- AO § 227
- AO § 240
- AO § 361 Abs. 2 Satz 4
Redaktioneller Leitsatz
- 1.
Zu den Voraussetzungen eines Erlasses nach § 227 Abs. 1 AO.
- 2.
Bei Säumniszuschlägen ist maßgebend allein die Höhe der festgesetzten Steuer, die bei Fälligkeit nicht erfüllt worden ist. Nachträgliche Veränderungen der Bemessungsgrundlage bleiben unberücksichtigt. Deshalb kommt ein Erlass aus sachlichen Billigkeitsgründen nicht allein deshalb in Betracht, weil die Steuerfestsetzung zu Gunsten des Stpfl. herabgesetzt worden ist.
- 3.
Ein Erlass von Säumniszuschlägen wegen sachlicher Unbilligkeit scheidet aus, wenn bei Fälligkeit der Steuern keine Aussetzungssituation bestand.
Tatbestand
Streitig ist der Erlass der Säumniszuschläge zu den Umsatzsteuer-Vorauszahlungsbescheiden Januar - März 1998, Juni, August, September und Dezember 1998, sowie Januar - September 1999.
Die Klägerin entwickelt Computerprogramme für Banken und überträgt das Recht daran zur Nutzung, Weiterentwicklung und Vervielfältigung an die Auftraggeber.
In den Voranmeldungen von Januar bis Dezember 1998 meldete sie diese Umsätze zum ermäßigten Steuersatz nach § 12 Abs. 2 Nr. 7 Buchst. c UStG an. Der Beklagte setzte die Umsatzsteuer - davon abweichend - in Umsatzsteuervorauszahlungsbescheiden für Januar bis Dezember 1998 nach dem allgemeinen Steuersatz fest, weil bei den Leistungen der Klägerin die Entwicklung und Verbesserung der Software für ihre Auftraggeber und nicht die Übertragung urheberrechtlicher Nutzungsrechte im Vordergrund gestanden habe. Die Vollziehung der bezeichneten Bescheide in Höhe der sich nunmehr ergebenden höheren Vorauszahlungen setzte das Finanzamt aus, weil die Rechtsfrage - Anwendung des ermäßigten Steuersatzes bei Softwareentwicklung und -Überlassung - seinerzeit Gegenstand mehrerer finanzgerichtlicher Verfahren war.
In dem Umsatzsteuerbescheid für das Jahr 1998 hielt das Finanzamt an der geschilderten Rechtsauffassung fest. Es wies den dagegen eingelegten Einspruch zurück. Die zuvor unter dem Vorbehalt des jederzeitigen Widerrufs verfügte Aussetzung der Vollziehung (AdV) des Umsatzsteuerbescheids für 1998 wurde mit Schreiben vom 09. Februar 2001 widerrufen und Wirkung zum 12. März 2001 unter Bezugnahme auf § 361 Abs. 2 Satz 4 AO aufgehoben.
Entsprechend verfuhr der Beklagte für 1999. Auch hier wies er den gegen die Umsatzsteuerfestsetzung für 1999 eingelegten Einspruch zurück und lehnte mit Bescheid vom 07. Februar 2001 die AdV ab.
Hiergegen hat die Klägerin einen Antrag auf AdV bei Gericht gestellt, dem am 23. Mai 2001 stattgegeben wurde (5 V 124/01). Das Finanzgericht hat die Umsatzsteuerbescheide 1998 und 1999 jeweils in Höhe der Abschlusszahlungen von der Vollziehung ausgesetzt. Es hat ausgeführt, dass die Beschränkung der AdV in § 69 Abs. 2 Satz 8 FGO gegen das verfassungsrechtliche Gebot effektiven Rechtsschutzes verstoße.
Dem ist der Bundesfinanzhof (BFH) nicht gefolgt. Auf die vom Finanzgericht zugelassene Beschwerde hat er unter dem 22. November 2001 (V B 100/01) den Beschluss des Niedersächsischen Finanzgerichts aufgehoben und die Anträge auf AdV abgelehnt. Die dagegen erhobene Verfassungsbeschwerde der Klägerin wurde nicht zur Entscheidung angenommen ( BVerfG-Beschluss vom 30. Januar 2002 - 1 BvR 66/02 ).
In der Hauptsache hat der BFH mit Urteil vom 25. November 2004 (V R 25/06 und V R 26/04 ) für die Jahre 1997 - 1999 entschieden, dass die Umsätze der Klägerin unter den ermäßigten Steuersatz nach § 12 Abs. 2 Nr. 7 Buchst. c UStG fallen. Er hat die entgegenstehenden Urteile des Niedersächsischen Finanzgerichts vom 23 Januar 2003 (5 K 452/00 und 5 K 231/01) aufgehoben.
Mit Schriftsatz vom 08. Juni 2001 beantragte die Klägerin den Erlass der Säumniszuschläge unter Hinweis darauf, dass das Niedersächsische Finanzgericht die Beträge ausgesetzt habe. Den Erlass lehnte der Beklagte ab mit der Begründung, dass Beschwerde gegen den Beschluss erhoben worden sei. Somit bestehe zur Zeit keine - für den Erlass aus sachlichen Gründen erforderliche - Aussetzungssituation.
Gegen die ablehnende Erlassentscheidung vom 07. August 2001 legte die Klägerin Einspruch ein, der bis zum Ausgang des Aussetzungsverfahrens beim BFH ruhte. Nach Ergehen der ablehnenden AdV-Entscheidung des BFH vom 22. November 2001 und der Nichtannahme der Verfassungsbeschwerde wies der Beklagte den Einspruch als unbegründet zurück.
Hiergegen wendet sich die Klägerin. Sie trägt vor, nach inzwischen gefestigter Rechtsprechung des BFH sei ein Erlass von Säumniszuschlägen ermessensgerecht, wenn nach abgelehnter AdV das Rechtsmittel in der Hauptsache Erfolg habe (so BFH-Urteil vom 29. August 1999 V R 78/86, BStBl II 1991, 906, 909 [BFH 29.08.1991 - V R 78/86]; BFH-Beschluss vom 4. Februar 1999 IX B 170/98, BFH/NV 1999, 908; BFH-Beschluss vom 18. Juli 2001 X B 161/00, BFH/NV 2002, 7; Klein/Rüsken, AO, § 240, Rdnr. 65).
Bei Anwendung dieser Grundsätze seien die aufgelaufenen Säumniszuschläge in vollem Umfang zu erlassen. Sie (die Klägerin) habe zum einen alle Rechtsmittel - einschließlich einer Verfassungsbeschwerde zum BVerfG - ausgeschöpft und zum anderen mit ihrer Klage in der Hauptsache zur Umsatzsteuer 1998 und 1999 in vollem Umfang Erfolg gehabt.
Eine - den Erlass begründende - sachliche Unbilligkeit sei auch darin zu sehen, dass der Beklagte sich widersprüchlich verhalten habe. So habe er den stattgebenden Aussetzungsbeschluss des Niedersächsischen Finanzgerichts vom 29. September 1999 zur Umsatzsteuer 1997 (5 V 575/98) trotz Zulassung der Beschwerde rechtskräftig werden lassen mit der Folge, dass die angefallenen Säumniszuschläge auf die Umsatzsteuer-Vorauszahlungen 1/1997 bis 12/1997 in voller Höhe nach § 227 AO zu erlassen waren, während die willkürliche Entscheidung des Beklagten, gegen den stattgebenden Aussetzungsbeschluss des Niedersächsischen Finanzgericht vom 23. Mai 2001 zur Umsatzsteuer 1998 und 1999 (5 V 124/01) eine Beschwerde zum BFH einzulegen und die nachträgliche Aufhebung dieses Beschlusses durch den BFH dazu führen solle, dass angefallene Säumniszuschläge auf die Umsatzsteuer-Vorauszahlungen für 1998 und 1999 überhaupt nicht nach § 228 AO erlassen werden.
Beide Klageverfahren zur Umsatzsteuer 1997 und 1998/1999 seien in der Hauptsache durch den BFH zur einheitlichen Entscheidung verbunden und zu Gunsten der Klägerin zu 100 v.H. durch Urteil vom 25. November 2004 entschieden worden. Es laufe schlicht den Wertungen des Gesetzgebers zuwider, wenn durch diesen rein zufälligen Verfahrensablauf die Streitjahre 1997 einerseits und 1998/1999 andererseits unterschiedlich betreffend der Säumniszuschläge und deren Erlass nach § 227 AO zu behandeln wären.
Unabhängig davon habe die stattgebende finanzgerichtliche AdV -Entscheidung vom 23. Mai 2001 (5 V 124/01) dazu geführt, dass mangels vollstreckbarer Bescheide zumindest vorübergehend keine Säumnis vorliege. Der Beschluss der BFH vom 22. November 2001 (V B 100/01) könne keine - rückwirkende - Säumnis begründen. Dies gelte zumal dieser Beschluss bis zum Ergehen der (Nichtannahme)Entscheidung des BVerfG keine Rechtskraft entfaltet habe.
Außerdem verweise der Beklagte zu Unrecht darauf, dass er durch den BFH-Beschluss vom 22. November 2001 daran gehindert sei, von einer Aussetzungssituation und damit einer sachlichen Billigkeit auszugehen. Richtig sei vielmehr, dass die genannte AdV-Entscheidung zu den Jahresteuerbescheiden 1998 und 1999 ergangen sei. Für die hier in Streit stehende Überprüfung der Säumniszuschläge zu den Umsatzsteuer-Vorauszahlungsbescheiden Januar - März 1998, Juni, August, September und Dezember 1998, sowie Januar - September 1999 komme der BFH-Entscheidung keine - einen Erlass ausschließende - Bindungswirkung zu.
Die Klägerin beantragt,
den Bescheid über die Ablehnung des Erlasses der Säumniszuschläge auf Umsatzsteuer 1998 und 1999 über EURO 837.314,91, und zwar im Einzelnen
Säumniszuschläge auf Umsatzsteuer Januar 1998 von EURO | 36.837,02 |
---|---|
Säumniszuschläge auf Umsatzsteuer Februar 1998 von EURO | 55.868,90 |
Säumniszuschläge auf Umsatzsteuer März 1998 von EURO | 62.996,78 |
Säumniszuschläge auf Umsatzsteuer Juni 1998 von EURO | 98.231,84 |
Säumniszuschläge auf Umsatzsteuer August 1998 von EURO | 112.919,57 |
Säumniszuschläge auf Umsatzsteuer September 1998 von EURO | 72.016,57 |
Säumniszuschläge auf Umsatzsteuer Dezember 1998 von EURO | 74.744,80 |
Säumniszuschläge auf Umsatzsteuer Januar 1999 von EURO | 16.107,85 |
Säumniszuschläge auf Umsatzsteuer Februar 1999 von EURO | 61.731,69 |
Säumniszuschläge auf Umsatzsteuer März Januar 1999 von EURO | 26.401,56 |
Säumniszuschläge auf Umsatzsteuer April 1999 von EURO | 61.731,69 |
Säumniszuschläge auf Umsatzsteuer Mai 1999 von EURO | 61.529,43 |
Säumniszuschläge auf Umsatzsteuer Juni 1999 von EURO | 2.189,16 |
Säumniszuschläge auf Umsatzsteuer Juli 1999 von EURO | 25.451,05 |
Säumniszuschläge auf Umsatzsteuer August 1999 von EURO | 30.638,30 |
Säumniszuschläge auf Umsatzsteuer September 1999 von EURO | 37.978,70 |
vom 07. August 2001 in Gestalt des Einspruchsbescheides vom 12. April 2002 aufzuheben und den begehrten Erlass der genannten Säumniszuschläge anzuordnen.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er trägt vor, dass die von der Klägerin genannten Urteile des BFH zum Erlass von Säumniszuschlägen voraussetzten, dass die AdV überhaupt möglich und geboten sei. Hieran mangele es im Streitfall, weil ausweislich des BFH-Beschlusses vom 22. November 2001 (V B 100/01) zu keiner Zeit eine Aussetzungssituation bestanden habe. Der entgegenstehende Beschluss des Niedersächsischen Finanzgerichts sei vom BFH aufgehoben worden und könne daher keine - auch keine vorübergehende - Aussetzungssituation begründen, die ihrerseits notwendige Voraussetzung für einen Erlass aus sachlichen Billigkeitsgründen sei.
Die unterschiedliche Behandlung der Aussetzung in den Jahren 1997 bzw. 1998/1998 beruhe allein darauf, dass nach Ergehen des Aussetzungsbeschluss wegen Umsatzsteuer 1997 (5 V 575/98) vom 28. September 1999 Entscheidungen des BFH ergangen seien, die in Widerspruch zum Aussetzungsbeschluss des Niedersächsischen Finanzgerichts gestanden hätten ( BFH-Beschluss vom 2. November 1999 1 B 49/99, BStBl II 2000, 57 [BFH 02.11.1999 - I B 49/99]; vom 24. Januar 2000 X B 99/99, BStBl II 2000, 559). Deshalb sei erst gegen den Aussetzungsbeschluss wegen Umsatzsteuer 1998 und 1999 vom 23. Mai 2001 (5 V 124/01) Beschwerde beim BFH eingelegt worden.
Gründe
Gegen die Zulässigkeit der Klage bestehen keine Bedenken. Mit Schriftsatz vom 23. Mai 2005 hat die Klägerin ihre ursprüngliche Klage vom 15. Mai 2002 betragsmäßig erweitert (von 605.508,92 € auf 837.314,91 €). Die rein ziffernmäßige Erweiterung des Klageantrags ist auch nach Ablauf der Klagefrist zulässig (BFH Großer Senat, Beschluss vom 23.10.1989 GrS 2/87, BStBl. 1990, 327).
Die Klage ist jedoch unbegründet. Der Beklagte hat sein Ermessen bei der Entscheidung über den beantragten Erlass der Säumniszuschläge fehlerfrei ausgeübt.
Gemäß § 227 Abs. 1 AO können die Finanzbehörden Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis, zu denen auch Ansprüche auf Säumniszuschläge gehören ( § 37 Abs. 1 i.V.m. § 3 Abs. 4 AO ), ganz oder zum Teil erlassen, wenn deren Einziehung nach Lage des einzelnen Falles unbillig wäre. Die Entscheidung über eine Billigkeitsmaßnahme ist eine Ermessensentscheidung, die gerichtlich nur in den durch § 102 FGO gezogenen Grenzen nachprüfbar ist. Nach § 102 FGO ist die gerichtliche Prüfung des den Erlass ablehnenden Bescheides und der hierzu ergangenen Einspruchsentscheidung darauf beschränkt, ob die Behörde bei ihrer Entscheidung die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten oder von dem ihr eingeräumten Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht hat.
Gemäß § 240 Abs. 1 Satz 1 AO sind Säumniszuschläge zu entrichten, falls eine Steuer nicht bis zum Ablauf des Fälligkeitstages gezahlt wird. Ein Erlass von Säumniszuschlägen aus sachlichen Billigkeitsgründen ist geboten, wenn ihre Einziehung im Einzelfall, insbesondere mit Rücksicht auf den Zweck der Säumniszuschläge, nicht mehr zu rechtfertigen ist, weil die Erhebung - obwohl der Sachverhalt den gesetzlichen Tatbestand erfüllt - den Wertungen des Gesetzgebers zuwiderläuft.
Nach ständiger Rechtsprechung des BFH sind Säumniszuschläge ein Druckmittel eigener Art, das den Steuerschuldner zur rechtzeitigen Zahlung anhalten soll. Darüber hinaus verfolgt § 240 AO den Zweck, vom Steuerpflichtigen eine Gegenleistung für das Hinausschieben der Zahlung fälliger Steuern zu erhalten. Durch Säumniszuschläge werden schließlich auch die Verwaltungsaufwendungen abgegolten, die bei den verwaltenden Körperschaften dadurch entstehen, dass Steuerpflichtige eine fällige Steuer nicht oder nicht fristgemäß zahlen (vgl. BFH-Urteil vom 7. Juli 1999 X R 87/96, BFH/NV 2000, 161 m.w.N.).
Obwohl der Säumniszuschlag nach § 3 Abs. 4 AO eine steuerliche Nebenleistung ist, bleiben Änderungen der Bemessungsgrundlage unberücksichtigt. Maßgebend ist allein die Höhe der festgesetzten Steuer, die bei Fälligkeit nicht erfüllt worden ist. Nachträgliche Erhöhungen der Bemessungsgrundlage bleiben deshalb genauso unberücksichtigt (vgl. § 240 Abs. 1 Satz 3 AO ) wie deren nachträgliche Ermäßigung ( § 240 Abs. 1 Satz 4 AO ). Der Gesetzgeber hat mit der ausdrücklichen Regelung in § 240 Abs. 1 Satz 4 AO bewusst in Kauf genommen, dass Säumniszuschläge auch dann zu entrichten sind, wenn sich die Steuerfestsetzung später als unrechtmäßig erweist. Deshalb kommt ein Erlass aus sachlichen Billigkeitsgründen nicht allein deshalb in Betracht, weil die Steuerfestsetzung - wie im Streitfall - zugunsten des Steuerpflichtigen herabgesetzt worden ist.
Sachlich unbillig ist die Erhebung von Säumniszuschlägen jedoch dann, wenn das Rechtsmittel des Steuerpflichtigen gegen die Steuerfestsetzung Erfolg hatte und der Steuerpflichtige gegenüber den Finanzbehörden alles getan hat, um die Aussetzung der Vollziehung eines Steuerbescheids zu erreichen, und diese, obwohl an sich möglich und geboten, von der Finanzbehörde abgelehnt wurde ( BFH-Urteil vom 29. August 1999 V R 78/86, BStBl II 1991, 906, 909 [BFH 29.08.1991 - V R 78/86]; BFH-Beschluss vom 4. Februar 1999 IX B 170/98, BFH/NV 1999, 908; BFH-Beschluss vom 18. Juli 2001 X B 161/00, BFH/NV 2002, 7).
Im Einspruchsbescheid hat der Beklagte den Erlass unter Bezugnahme auf den BFH-Beschluss vom 22. November 2001 (V B 100/01 ) abgelehnt. Er führt zunächst aus, dass ein Erlass der Säumniszuschläge wegen sachlicher Unbilligkeit ausnahmsweise dann in Betracht komme, wenn bei Fälligkeit eine Aussetzungssituation bestanden habe. Aufgrund der genannten BFH-Beschlusses und des Nichtannahmebeschlusses durch das BVerfG sei klargestellt, dass eine solche Aussetzungssituation im Streitfall nicht bestanden habe und die Verweigerung der AdV zu Recht erfolgt sei.
Die Entscheidung des Beklagten ist nicht zu beanstanden. Sie entspricht der o.g. höchstrichterlichen Rechtsprechung, die den Erlass von Säumniszuschlägen nicht nur vom Obsiegen in der Hauptsache sondern auch davon abhängig macht, dass die begehrte Aussetzung der Vollziehung "möglich und geboten" war.
Im Streitfall war eine Aussetzung der Vollziehung der Jahressteuerbescheide 1998 und 1999 bereits gesetzlich ausgeschlossen. Nach § 361 Abs. 2 Satz 4 AO (ebenso: § 69 Abs. 2 Satz 8 FGO i.d.F. des Jahressteuergesetzes 1997 (JStG 1997) sind bei Steuerbescheiden sowohl die Aussetzung als auch die Aufhebung der Vollziehung auf die festgesetzte Steuer, vermindert um die anzurechnenden Steuerabzugsbeträge, um die anzurechnende Körperschaftsteuer und "um die festgesetzten Vorauszahlungen", beschränkt; dies gilt nicht, wenn die Aussetzung oder Aufhebung der Vollziehung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Diese Neuregelung ist am 20. Dezember 1996 in Kraft getreten ( Art. 32 Abs. 1 JStG 1997) und ist deshalb im Streitfall anwendbar (Art. 97 § 1 Abs. 6 des Einführungsgesetzes zur Abgabenordnung - EGAO 1977 - i.d.F. des JStG 1997, BGBl I 1996, 2075 ff.). Unter Anrechnung der festgesetzten Vorauszahlungen ergab sich vorliegend kein Aussetzungsvolumen für 1998 und 1999. Dass die Aussetzung zur Abwendung "wesentlicher Nachteile" i.S.d. § 361 Abs. 2 Satz 4 AO (bzw. § 68 Abs. 2 Satz 8 FGO ) erforderlich gewesen wäre, ist seinerzeit nicht vorgetragen worden.
Die abweichende AdV -Entscheidung des erkennenden Senats vom 23. Mai 2001 (5 V 124/01) steht dem nicht entgegen, weil dieser Beschluss durch die Beschwerdeentscheidung des BFH vom 25. November 2001 aufgehoben und die AdV-Anträge abgelehnt worden sind. Es kann daher auch nicht von einer - wie die Klägerin meint - vorübergehender Aussetzungssituation ausgegangen werden.
Dem Beklagten ist darin zuzustimmen, dass ein Erlass der Säumniszuschläge die Klägerin so stellen würde, als wäre ihr eine Aussetzung der Vollziehung im Ergebnis gewährt worden. Eine solche Wertung stünde im Widerspruch zum BFH Beschluss vom 24. November 2001 (V B 100/01) und im Widerspruch zu der o.g. Rechtsprechung, die den Erlass von Säumniszuschlägen gerade davon abhängig macht, dass eine AdV "möglich und geboten" ist.
Dem Einwand der Klägerin, dass der AdV-Beschluss zu den Jahressteuerbescheiden 1998 und 1999 ergangen und damit keine Auswirkung für die hier streitigen Säumniszuschläge zu den Vorausauszahlungen Januar - März 1998, Juni, August, September und Dezember 1998, sowie Januar - September 1999 haben könne, kann nicht gefolgt werden. Die genannten Vorauszahlungsbescheide haben sich mit dem Ergehen der entsprechenden Jahressteuerbescheide 1998 und 1999 "auf andere Weise" ( § 124 Abs. 2 AO ) erledigt (BFH Großer Senat, Beschluss vom 03.07.1995 GrS 3/93, BStBl. II 1995, 730). Die zuvor verwirkten Säumniszuschlägen zu den Vorauszahlungen bleiben davon allerdings unberührt ( § 240 Abs. 1 Satz 4 AO; FG Münster, Urteil vom 26.10.2001 5 K 5941/99 U, EFG 2002, 118; Klein/Rüsken, AO - 8. Auflage, § 240 Rz. 25).
Es hat auch keine - willkürliche - Ungleichbehandlung der Klägerin in Bezug auf Säumniszuschläge stattgefunden. Es obliegt allein der Klägerin als Verfahrensbeteiligter, ein Rechtsmittel einzulegen. Der Umstand, dass sie erst gegen den stattgebenden AdV-Beschluss des erkennenden Senat für die Jahre 1998 und 1999 (5 V 124/01) und nicht bereits gegen stattgebenden Beschluss für das Vorjahr (5 V 575/98), ist daher ohne Bedeutung.
Unabhängig davon hat der Beklagte vorgetragen, dass nach Ergehen des Aussetzungsbeschluss wegen Umsatzsteuer 1997 (5 V 575/98) vom 28. September 1999 zwei Entscheidungen des BFH ergangen seien, die in Widerspruch zum Aussetzungsbeschluss des Niedersächsischen Finanzgerichts gestanden hätten ( BFH-Beschluss vom 2. November 1999 1 B 49/99, BStBl II 2000, 57 [BFH 02.11.1999 - I B 49/99]; vom 24. Januar 2000 X B 99/99, BStBl II 2000, 559). Deshalb - so der Beklagte - sei erst gegen den Aussetzungsbeschluss wegen Umsatzsteuer 1998 und 1999 vom 23. Mai 2001 (5 V 124/01) Beschwerde beim BFH eingelegt worden. Dieses Verhalten des Beklagten kann nicht als trickreich oder gar willkürlich bezeichnet werden.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.
Die Revision war nicht zuzulassen, weil die für den Erlass von Säumniszuschlägen maßgebenden Kriterien in der höchstrichterlichen Rechtsprechung geklärt sind.