Verwaltungsgericht Hannover
Urt. v. 19.03.2014, Az.: 11 A 3631/10
Anspruch eines Jugendverbands auf Zahlung von Fördermitteln für das Jahr 2010 und Zustimmung zum vorzeitigen Maßnahmebeginn für die Durchführung von politischen Bildungsmaßnahmen
Bibliographie
- Gericht
- VG Hannover
- Datum
- 19.03.2014
- Aktenzeichen
- 11 A 3631/10
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2014, 17864
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:VGHANNO:2014:0319.11A3631.10.0A
Rechtsgrundlagen
- § 183 BGB
- § 184 BGB
- § 23 LHO
- § 44 Abs. 1 S. 1 LHO
- Art. 1 Abs. 1 GG
- Art. 3 Abs. 1 GG
- Art. 14 Abs. 1 GG
- Art. 20 GG
Fundstelle
- NdsVBl 2014, 229-232
In der Verwaltungsrechtssache
A. Kläger,
Proz.-Bev.: Rechtsanwälte Dr. Kauß und andere, Herrenstraße 62, 79098 Freiburg,
gegen
das Niedersächsische Landesamt für Soziales, Jugend und Familie - Fachgruppe Kinder, Jugend und Familie -,
Am Waterlooplatz 11, 30169 Hannover, Beklagter,
Streitgegenstand: Förderung eines politischen Jugendverbandes
hat das Verwaltungsgericht Hannover - 11. Kammer - auf die mündliche Verhandlung vom 19. März 2014 durch den Vorsitzenden Richter am Verwaltungsgericht Makus, die Richterin am Verwaltungsgericht Dr. Schlei, den Richter am Verwaltungsgericht Peters sowie die ehrenamtlichen Richter Konietzko und Künzel
für Recht erkannt:
Tenor:
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
Die Entscheidung ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.
Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrags leistet.
Tatbestand
Der Kläger begehrt die Zustimmung zum vorzeitigen Maßnahmebeginn für die Durchführung von politischen Bildungsmaßnahmen und eine vorläufige Zahlung von Fördermitteln für das Jahr 2010.
Der Kläger ist ein politischer Jugendverband aber keine Jugendorganisation einer politischen Partei. Er erhielt zumindest seit Mitte der 1990er Jahre bis zum Jahre 2009 jeweils Landeszuwendungen für politische Bildungsmaßnahmen. Bis Ende 2009 gab es hierzu eine Verwaltungspraxis, wonach die Mitgliedsverbände der B., nämlich die C., die D., die E., die F. und die G., in Abstimmung und Konsens mit den damaligen Fraktionen im Niedersächsischen Landtag eine Förderung von Vorhaben der politischen Jugendarbeit erhielten. Hierzu gab es ein Merkblatt. Nach dieser Praxis wurden für Förderanträge für das Folgejahr der vorzeitige Maßnahmebeginn bewilligt und vorläufige Auszahlungen vorgenommen. Die endgültige Bewilligung erfolgte nach Vorlage des Verwendungsnachweises. Diese Praxis sollte zum Ende des Jahre 2009 auslaufen und durch eine Richtlinie ersetzt werden. Für das Jahr 2010 war im Landeshaushalt ein Betrag von H. EUR eingestellt.
Am I. 2009 beantragte der Kläger die Förderung der politischen Bildungsmaßnahmen für das Jahr 2010 in Höhe von mindestens J. EUR. Eine Übersicht über acht konkret geplante und eine noch nicht geplante - "NN" - Bildungsmaßnahmen war beigefügt.
Das Niedersächsische Ministerium für Soziales, Frauen, Familie und Gesundheit - im Folgenden: MS - teilte dem Beklagten per E-Mail am K. 2009 mit, dass die Förderung ab 2010 auf eine zuwendungsrechtlich neue Grundlage gestellt werden solle. Der noch in der Abstimmung befindliche Entwurf werde voraussichtlich eine Förderung der Jugendorganisationen der im Landtag vertretenen Parteien unter bestimmten Voraussetzungen vorsehen, wobei u.U. eine Verankerung der Jugendorganisation im Land als Förderkriterium gelten könnte sowie spezielle Ausführungen zu einer verfassungsfördernden Tätigkeit. Auf der Basis dieser Eckpunkte erfüllten nur die C., die L., die F. und die G. mit hinreichender Sicherheit die Fördervoraussetzungen, so dass der vorzeitige Maßnahmebeginn für diese bewilligt werden könne.
Die in der E-Mail genannten vier Jugendorganisationen/Jugendverbände erhielten entsprechende Zustimmungen zum vorzeitigen Maßnahmebeginn und später dann auch Bewilligungsbescheide.
Seit dem M. 2010 lag ein zwischen den Ministerien MS, MF und MI abgestimmter Entwurf einer Richtlinie über die Gewährung von Zuwendungen zur Förderung der politischen Jugendbildung vor, der u.a. den Jugendverbänden zur Stellungnahme übermittelt worden ist. Nach einer Weisung des MS vom N. 2010 an den Beklagten sollten Zuwendungsanträge für 2010 nach diesem Entwurf der Richtlinie beurteilt werden. Der Richtlinienentwurf sieht eine Festbetragsfinanzierung zur Projektförderung vor. Die Zuwendungsempfänger sind danach die den im Nds.Landtag vertretenen demokratischen Parteien nahestehenden Jugendorganisationen/Jugendverbände, die überregional und landesweit wirken. Sie/Er "muss die Gewähr für eine den Zielen des Grundgesetzes förderliche Arbeit bieten. Das ist der Fall, wenn sie/er glaubhaft die Bereitschaft zeigt und darauf hinwirkt, die freiheitliche, demokratische, rechts- und sozialstaatliche Ordnung der Bundesrepublik Deutschland sowie des Landes Niedersachsen im Bewusstsein zu verankern und ihr Gedankengut zu fördern. Das schließt nicht aus, an Erscheinungen dieses Staates Kritik üben zu dürfen und innerhalb des Rahmens der Verfassung mit den verfassungsrechtlich vorgesehenen Mitteln für Änderungen der bestehenden Verhältnisses eintreten zu können, solange in solchem Gewand nicht eben diese verfassungsmäßige Grundlage in Frage gestellt wird."
Die Richtlinie wurde als Erlass des MS vom 16. November 2010 - 303.21-51 730/3 - im NdsMBl. 2010, 1115 veröffentlicht. Sie trat rückwirkend zum 1. Januar 2010 in Kraft und tritt mit Ablauf des 31. Dezember 2014 außer Kraft.
Der Kläger mahnte am O. 2010 eine Entscheidung über seinen Antrag vom I. 2009 an und machte im Hinblick auf die künftige Förderrichtlinie folgende Bedenken geltend: Die neue Richtlinie könne keine Wirkung entfalten, solange sie noch nicht in Kraft sei. Habe sich eine gefestigte Verwaltungspraxis gebildet, könne die Richtlinie in keinem Falle rückwirkend wirken. Die anderen Jugendverbände hätten bereits eine Bewilligung des vorzeitigen Maßnahmebeginns erhalten. Der Inhalt des Richtlinienentwurfes sei rechtlich fragwürdig. Die Parlamentszugehörigkeit der "Mutterpartei" eines politischen Jugendverbandes sei - jedenfalls für sich alleine genommen - kein Kriterium, eine hinreichend sichere Prognose über die Förderungswürdigkeit der Jugendarbeit zuzulassen. Die Seminare des Klägers würden landesweit angeboten.
Mit Bescheid vom P. 2010 lehnte der Beklagte den Antrag auf Genehmigung des vorzeitigen Maßnahmebeginns im Hinblick auf eine Förderung der Durchführung von politischen Bildungsmaßnahmen im Haushaltsjahr 2010 ab. Zur Begründung führte er im Wesentlichen aus: Der Förderung des Klägers stehe nach dem Richtlinienentwurf entgegen, dass
- es sich bei ihm nicht um eine Jugendorganisation handele, die einer im Niedersächsischen Landtag vertretenen demokratischen Partei nahestehe;
- Zweifel bestünden, ob er die Gewähr für eine den Zielen des Grundgesetzes förderliche Arbeit biete, indem er glaubhaft die Bereitschaft zeige und darauf hinwirke, die freiheitliche, demokratische, rechts- und sozialstaatliche Ordnung der Bundesrepublik Deutschland sowie des Landes Niedersachsen im Bewusstsein zu verankern und ihr Gedankengut zu fördern;
- nicht erkennbar sei, dass er im Sinne des Richtlinienentwurfes überregional und landesweit wirke.
Ein Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG liege nicht darin, dass anderen politischen Jugendverbänden Ausnahmegenehmigungen erteilt worden seien. Denn bei diesen sei festgestellt worden, dass sie die Fördervoraussetzungen mit hinreichender Sicherheit erfüllen würden.
Der Kläger hat am Q. 2010 Klage erhoben.
Der Kläger hat im Jahre 2010 Teile der Bildungsmaßnahmen durchgeführt, für die er am I. 2010 den Förderantrag gestellte hatte.
Der Kläger macht ergänzend zu seinem vorprozessualen Vorbringen im Wesentlichen geltend:
Der Förderung stehe nicht entgegen, dass das Jahr 2010 abgelaufen sei. Dem Beklagten könne nicht das Recht zustehen, durch Zuwarten die Förderung zu verhindern. Es müsse auf den Zeitpunkt der Antragstellung abgestellt werden. Die rückwirkende Änderung der seit Jahrzehnten geübten Förderpraxis greife in eine Rechtsposition des Klägers ein. Der Bescheid enthalte keine Darlegungen, worauf sich die Zweifel an dem positiven Eintreten für die Ziele des Grundgesetzes stützten. Solche seien auch nicht begründet.
Der Kläger beantragt,
den Beklagten unter Aufhebung seines Bescheides vom P. 2010 zu verurteilen, einen vorzeitigen Maßnahmebeginn von Bildungsmaßnahmen zu genehmigen und eine vorläufige Zahlung von Förderungsmitteln für das Jahr 2010 in Höhe von zumindest J. EUR zu bewirken.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Der Beklagte verteidigt die getroffene Entscheidung und meint: Der streitige Bescheid regele nur die Ablehnung des vorzeitigen Maßnahmebeginns für die im Zeitpunkt der Ablehnung begonnenen oder abgeschlossenen Maßnahmen. Sofern der Kläger die Maßnahmen tatsächlich durchgeführt habe, stelle sich die Frage, ob er einer Förderung überhaupt bedürfe. Die Bewilligung stehe im behördlichen Ermessen. Sie werde nicht alleine wegen der fehlenden Gebundenheit des Klägers an eine im Parlament vertretene Mutterpartei versagt. Denn sie sei auch gerechtfertigt, weil es aufgrund konkreter Anhaltspunkte zweifelhaft erscheine, ob die Förderziele durch den Kläger erreicht werden könnten. Solche Zweifel folgten aus der eingeschränkten Beständigkeit und Substanz, dem Fehlen seines überregionalen und landesweiten Wirkens sowie insbesondere auch einer den Zielen des Grundgesetzes förderlichen Arbeit.
Ein Vertrauensschutz sei aus der Förderung der Vorjahre nicht herzuleiten, worauf in jeder Bewilligung hingewiesen worden sei.
Mit Beschluss vom 22. Dezember 2010 lehnte das Gericht einen Antrag des Klägers auf vorläufigen Rechtsschutz ab (Az.: 11 B 3632/10), der auf eine vorläufige Zahlung der Förderung gerichtet war.
Wegen des weiteren Sachverhalts wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die Klage hat im Ergebnis keinen Erfolg.
1. Die Klage ist nur teilweise zulässig.
1.1 Für die begehrte Zustimmung zum vorzeitigen Maßnahme besitzt der Kläger das Rechtsschutzbedürfnis.
1.1.1 Dem steht nicht entgegen, dass das Jahr 2010 bereits abgelaufen ist. Ein vorzeitiger Maßnahmebeginn kann auch nachträglich genehmigt werden. Nach Nr. 1.3 Satz 2 VV zu § 44 LHO ist der vorzeitige Maßnahmebeginn förderunschädlich, wenn die Bewilligungsbehörde im Einzelfall der Durchführung eines Vorhabens vor einer (endgültigen) Bewilligung der Zuwendung zustimmt. Die Zustimmung zum vorzeitigen Maßnahmebeginn kann dabei schriftlich, mündlich oder auf sonstige Weise, auch konkludent, erteilt werden. Nach dem Wortlaut der Vorschrift, die lediglich von Zustimmung spricht, kann diese in Übereinstimmung mit dem allgemeinen juristischen Sprachgebrauch sowohl vor Beginn der Maßnahme (vorherige Zustimmung = Einwilligung, vgl. § 183 BGB) als auch nachträglich und damit rückwirkend (nachträgliche Zustimmung = Genehmigung, vgl. § 184 BGB) erteilt werden (so zur entsprechenden Nr. 1.3 VV zu § 44 LHO Sachsen-Anhalt OVG Magdeburg, Urteile vom 27. Oktober 1993, Az. 3 L 9/93 und vom 18. Mai 2000, Az.: A 1 S 167/99; ebenso VG München, Urteil vom 13. November 2003, Az.: M 4 K 00.3440 zur nachträglichen Zustimmung der Bewilligungsbehörde hinsichtlich der Einbeziehung von Maßnahmen nach dem Agrarinvestitionsförderprogramm; jeweils zitiert nach [...]).
1.1.2 Das Rechtsschutzbedürfnis besteht fort, weil der Kläger im Jahre 2010 politische Bildungsmaßnahmen durchgeführt hat, die zumindest teilweise mit den unter dem I. 2009 zu fördernden Veranstaltungen übereinstimmen. Auf Einzelheiten kommt es insoweit nicht an, weil die Klage jedenfalls unbegründet ist.
1.1.3 Die Auffassung des Beklagten, die Entscheidung vom P. 2010 erfasse nur die Ablehnung des vorzeitigen Maßnahmebeginns für die im Zeitpunkt der Ablehnung begonnenen oder abgeschlossenen Maßnahmen, teilt das Gericht nicht. Anhaltspunkte für eine solche Einschränkung ergeben sich nicht aus dem Bescheid vom P. 2010 oder sonstigen Umständen.
Selbst wenn das der Fall wäre, hätte der Beklagte dann nicht über den beantragten vorzeitigen Maßnahmebeginn für die weiteren Bildungsmaßnahmen des Jahres 2010 entschieden. Die Klage wäre dann als Untätigkeitsklage nach § 75 VwGO zulässig.
1.2 Das Rechtschutzbedürfnis fehlt dem Kläger allerdings für die begehrte vorläufige Zahlung von Förderungsmitteln für das Jahr 2010 in Höhe von zumindest J. EUR. Denn er bedarf der vorläufigen Zahlung nicht mehr, um die Veranstaltungen durchführen zu können. Sie haben nämlich auch ohne eine vorläufige Zahlung stattgefunden. Im Übrigen hätte sich das begehrte Auszahlungsvolumen verringert, weil der Kläger nur R. EUR verauslagt hat.
2. Soweit die Klage zulässig ist, hat der Kläger keinen Anspruch auf eine positive Entscheidung über seinen Antrag auf vorzeitigen Maßnahmebeginn (§ 113 Abs. 5 VwGO).
Nach § 44 Abs. 1 Satz 1 LHO dürfen Zuwendungen nur unter den Voraussetzungen des § 23 LHO gewährt werden. Danach dürfen Ausgaben und Verpflichtungsermächtigungen für Leistungen an Stellen außerhalb der Staatsverwaltung zur Erfüllung bestimmter Zwecke (Zuwendungen) nur veranschlagt werden, wenn das Land an der Erfüllung durch solche Stellen ein erhebliches Interesse hat, das ohne die Zuwendungen nicht oder nicht im notwendigen Umfang befriedigt werden kann. Die Nr. 1.3 der Verwaltungsvorschrift (VV) zu § 44 LHO bestimmt hierzu, dass Zuwendungen zur Projektförderung nur für solche Vorhaben bewilligt werden dürfen, die noch nicht begonnen worden sind. Die Bewilligungsbehörde kann im Einzelfall Ausnahmen zustimmen. Das haushaltsrechtliche Verbot des vorzeitigen Maßnahmebeginns soll sicherstellen, dass mit der Durchführung eines mit öffentlichen Mitteln subventionierten Vorhabens grundsätzlich nicht vor deren Bewilligung begonnen wird. Dies dient zum einen dem Zweck, den Zuwendungsempfänger davor zu bewahren, dass er bei Versagung der beantragten Zuwendung durch den vorzeitigen Beginn der in der Erwartung auf eine staatliche Beihilfe beschlossenen Maßnahme in finanzielle Schwierigkeiten gerät. Zum anderen soll hierdurch die Entscheidungsfreiheit der Bewilligungsbehörde gewährleistet sowie der möglichst effektive Einsatz von Haushaltsmitteln gesichert werden. Die Bewilligungsbehörde soll bei der Vergabe von Haushaltsmitteln nicht dadurch beeinflusst werden, dass der Antragsteller durch den Beginn der Verwirklichung seines Vorhabens bereits nicht mehr rückgängig zu machende vollendete Tatsachen geschaffen hat. Dem Grundsatz der Förderung lediglich noch nicht begonnener Maßnahmen kommt daher nicht nur formelle, sondern auch materielle Bedeutung zu.
Zudem ist der Einsatz öffentlicher Mittel nach § 44 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 23 LHO nur gerechtfertigt, wenn dadurch unmittelbar oder mittelbar öffentliche Aufgaben erfüllt oder im öffentlichen Interesse liegende Ziele gefördert werden. Die Subvention soll dabei im Interesse des Gemeinwohls einen Anreiz zur Durchführung des Vorhabens durch den Antragsteller und zu privaten Investitionen geben. Nicht Sinn der Zuwendung ist es in aller Regel, solche Vorhaben zu fördern, zu deren Ausführung und Finanzierung der Antragsteller ohnehin entschlossen oder auch ohne staatliche Hilfe in der Lage ist. Damit soll verhindert werden, dass die Zuwendung entgegen dem haushaltsrechtlichen Subsidiaritätsgebot lediglich als zusätzliche Einnahmequelle genutzt wird. Indiz hierfür ist regelmäßig, dass der Antragsteller schon vor Zusage der Subvention mit dem Vorhaben beginnt.
Eine Förderung bereits begonnener Maßnahmen verstößt deshalb gegen das haushaltsrechtliche Verbot des vorzeitigen Maßnahmebeginns und ist daher grundsätzlich unzulässig. Nach Nr. 1.3 Satz 2 VV zu § 44 LHO ist der vorzeitige Maßnahmebeginn jedoch förderunschädlich, wenn die Bewilligungsbehörde im Einzelfall der Durchführung eines Vorhabens vor einer (endgültigen) Bewilligung der Zuwendung zustimmt.
Bei Verwaltungsvorschriften i.S.d. Nr. 1.3 Satz 1 VV zu § 44 LHO handelt es sich um lediglich intern wirkende Handlungsanweisungen für die Bewilligungsbehörden, denen nicht die Funktion gesetzesvertretender Vorgaben zukommt. Soweit das Gesetz dem nicht entgegensteht, sind bei der Beurteilung der Frage, ob die Behörde ermessensgerecht gehandelt hat, zwar auch sog. ermessenslenkende Verwaltungsvorschriften zu berücksichtigen. Solche Richtlinien sind mit der Ermächtigung der Verwaltung, nach Ermessen zu entscheiden, grundsätzlich auch vereinbar, soweit sie sich ihrerseits am Zweck der Ermächtigung orientieren und sachgerecht sind. Als ermessenlenkende Verwaltungsvorschriften entfalten sie allerdings keine derart strikte (innerdienstliche) Bindung, dass wesentlichen Besonderheiten des Einzelfalls nicht mehr Rechnung getragen werden könnte. Wesentliche Abweichungen von dem Regelfall, auf den die Ermessensrichtlinie zugeschnitten ist, müssen daher bei der Ermessensentscheidung berücksichtigt werden. Die Verpflichtung der Bewilligungsbehörde, im Außenrechtsverhältnis zum Subventionsempfänger den besonderen Gegebenheiten des jeweiligen Einzelfalls Rechnung zu tragen, bleibt daher unberührt.
Hier richtete sich die Entscheidung des Beklagten nach seiner ab 2010 geltenden Verwaltungspraxis. Rechtsgrundlage für die Bereitstellung der Mittel durch die Beklagte ist das Haushaltsgesetz 2010 i.V.m. dem Haushaltsplan. In dessen Einzelplan 05 (Ministerium für Soziales, Frauen, Familie und Gesundheit), Kapitel 0573, Titelgruppe 93 (Verwendung der Mittel aus der Glückspielabgabe für Zwecke der Jugendarbeit), Titel 684 93-6 sind für das Jahr 2010 Ausgaben in Höhe von H. EUR als Zuschüsse "für laufende Zwecke an Sonstige" veranschlagt. Der Haushaltsplan selbst begründet keine Rechte des Klägers. Er stellt ausschließlich eine parlamentarische Legitimationsgrundlage für Ausgabenleistungen der jeweiligen Behörde dar und entfaltet keine Rechtswirkungen nach außen (vgl. BVerwG, Urteil vom 8. April 1997, Az.: 3 C 6.95, BVerwGE 104, 220, 222). Verwaltungsvorschriften vermitteln nach der gefestigten Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, anders als Gesetze und Rechtsverordnungen, nicht schon durch ihr Vorhandensein subjektive Rechte des Bürgers (vgl. BVerwG, Urteil vom 17. Januar 1996, Az.: 11 C 5.95, NJW 1996, 1766, 1767 m.w.N.). Eine über die ihr zunächst nur innewohnende interne Bindung hinausgehende anspruchsbegründende Außenwirkung wird nur durch den Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG) und das im Rechtsstaatsprinzip verankerte Gebot des Vertrauensschutzes (Art. 20 GG) vermittelt (vgl. BVerwG, Urteil vom 8. April 1997, Az.: 3 C 6.95, BVerwGE 104, 220, 223 f.; Urteil vom 17. April 1970, Az.: VII C 60.68, BVerwGE 35, 159, 161 f.), dies aber nur in der Ausprägung, die die Verwaltungsvorschriften durch die ständige Verwaltungspraxis gefunden haben (vgl. BVerwG, Urteil vom 23. April 2003, Az.: 3 C 25.02, NVwZ 2003, 1384 f.; NdsOVG, Beschluss vom 7. Oktober 2011, Az.: 8 LA 93/11, [...] Rn. 6, jeweils m.w.N.). Dementsprechend unterliegen Verwaltungsvorschriften gerade keiner eigenständigen richterlichen Auslegung wie Rechtsnormen. Maßgeblich ist vielmehr, wie die zu ihrer Anwendung berufenen Behörden die Verwaltungsvorschrift im maßgeblichen Zeitpunkt in ständiger, vom Urheber der Verwaltungsvorschrift gebilligter oder jedenfalls geduldeter Praxis gehandhabt haben und in welchem Umfang sie infolgedessen durch den grundgesetzlichen Gleichheitssatz gebunden sind (vgl. BVerwG, Urteil vom 2. Februar 1995, Az.: 2 C 19.94, NVwZ-RR 1996, 47, 48; NdsOVG, Beschluss vom 7. Oktober 2011, a.a.O.).
Ein sich im Hinblick auf eine bestimmte Verwaltungspraxis aus Art. 3 Abs. 1 GG ergebender Förderanspruch kann allerdings nur bei rechtmäßiger Verwaltungspraxis bestehen. Bei rechtswidriger Verwaltungspraxis bietet Art. 3 Abs. 1 GG keine Grundlage dafür, ebenfalls rechtswidrig staatliche Leistungen zu erhalten. Daher ist ein unmittelbar aus dem Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG abgeleiteter Neubescheidungsanspruch ausgeschlossen, wenn die Mittelvergabe, an der der Kläger partizipieren will, insgesamt unstatthaft ist.
Das ist hier der Fall. Denn die Regelungen des der Entscheidung des Beklagten zugrunde gelegten Richtlinienentwurfes vom M. 2010 verstoßen gegen den Gleichheitssatz. Der Kreis der Zuwendungsempfänger ist willkürlich bestimmt, weil er sich beschränkt auf die den im Niedersächsischen Landtag vertretenen demokratischen Parteien nahestehenden Jugendorganisationen/Jugendverbände - im Folgenden nur: Jugendorganisationen -, die überregional und landesweit wirken.
Bei der Bindung der Zuwendungen an die Jugendorganisationen der im Parlament vertretenen demokratischen Parteien handelt es sich entgegen der Darstellung des Beklagten um ein absolutes Ausschlusskriterium. Denn der Kreis der Zuwendungsempfänger ist strikt auf die im Landtag vertretenen Parteien begrenzt. Es ist daher für die Förderung im Ergebnis unerheblich, ob die Jugendorganisation die ergänzenden übrigen Zuwendungsvoraussetzungen erfüllt.
Das Kriterium, Jugendorganisationen von der Förderung nur deshalb auszuschließen, weil sie keine "Mutterpartei" im Niedersächsischen Landtag haben, ist nicht geeignet, den Förderzweck sicherzustellen.
Auch wenn es zutreffend sein sollte, dass alle Jugendorganisationen der im Landtag vertretenen Parteien die Gewähr dafür bieten, dass die politische Bildungsarbeit auf die Beständigkeit, Substanz, Stetigkeit und Handlungsfähigkeit auf Dauer der jeweiligen Jugendorganisation schließen lässt, folgt daraus nicht, dass alle anderen Jugendorganisationen die politische Bildungsarbeit betreiben, diese Gewähr nicht bieten. Gerade der Kläger zeigt als "außerparlamentarische" Jugendorganisation, dass er über Jahrzehnte hinweg aktiv und intensiv politische Bildungsarbeit betreibt.
Ein Verstoß gegen den Gleichheitssatz folgt auch aus folgenden Überlegungen:
Nach Nr. 1.2 des Richtlinienentwurfes ist es das Förderziel,
"junge Menschen durch Angebote außerhalb der schulischen politischen Jugendbildung und der politischen Erwachsenenbildung für eine aktive, nachhaltige Mitarbeit an gesellschaftspolitischen Entwicklungen und demokratischen Prozessen zu gewinnen. Politische Bildungsangebote sollen dazu betragen, dass junge Menschen zu freien Staatsbürgern heranwachsen und ihre Rechte und Pflichten auf der Grundlage der Verfassung im demokratischen Staat wahrnehmen. Politische Bildungsangebote sollen dazu dienen, junge Menschen staatspolitisch zu interessieren, politisch zu bilden und auf die mitbürgerliche Verantwortung hinzuweisen. Junge Menschen sollen dadurch auch in die aktive, verantwortliche politische Mitarbeit auf allen Ebenen der Gesellschaft einbezogen werden. Jungen Menschen soll mit politischer Bildungsarbeit geholfen werden, demokratische Grundwerte auf der Basis der Verfassung zu erkennen, zu achten und zu erleben."
Diese Zielsetzung zeigt, dass die Förderung politischer Bildungsmaßnahmen eng mit dem Einfluss auf die politische Willensbildung verknüpft ist. Bei einer solchen Förderung sind dem Staat enge Grenzen gesetzt, die sich aus dem Neutralitätsgebot und der Chancengleichheit ergeben.
Durch die Bindung an die im Parlament vertretenen "Mutterparteien" beeinflusst das Land den Willensbildungsprozess. Denn die Jugendorganisationen nehmen in ähnlicher Weise wie die jeweiligen "Mutterparteien" an der Willensbildung teil. Sie sind Vertretungen der Parteien und deren Ziele bei den Jugendlichen, sie vertreten die spezifischen Jugendinteressen in der Partei und in der Gesellschaft und sind die Nachwuchsorganisation der Parteien. Sie werden gerade im Hinblick auf die parteipolitische Bindung gefördert und nicht als neutrale Träger der Jugendhilfe. Dem Staat ist es bei dieser Ausgangslage außerhalb der engen verfassungsrechtlich zulässigen Grenzen verwehrt, politische Meinungsäußerungen und sonstige (friedliche und den Zielen des Grundgesetzes und der Niedersächsischen Verfassung förderliche) politische Aktivitäten direkt oder indirekt zu honorieren oder zu sanktionieren. Dieses Neutralitätsgebot findet seinen Ausdruck u.a. im allgemein anerkannten Grundsatz der Chancengleichheit (BVerfG, Urteil vom 2. März 1977, Az.: 2 BvE 1/76, BVerfGE 44, 125, 155 f., Rn. 86, 88 bei [...] , Pieroth in: Jarass/Pieroth, GG, 9. Auflage 2007, Art. 21, Rn. 16 a.E., m.w.N.). Eine Beeinträchtigung der Chancengleichheit ist nur aus besonders zwingenden Gründen gerechtfertigt (BVerfG, Beschluss vom 17. Juni 2004, Az.: 2 BvR 383/03, BVerfGE 111, 54, 105, Rn. 212 bei [...] m.w.N.). Er ist zugleich eine spezielle Ausprägung des Gleichheitssatzes (vgl. Pieroth, a.a.O., Rn. 17) und dient der Sicherung eines fairen und von staatlicher Einflussnahme grundsätzlich unbeeinflussten Wettbewerbs der politischen Willensbildung. Der Staat darf die insoweit vorgefundene Wettbewerbslage nicht verfälschen (BVerfG, Urteil vom 9. April 1992, Az.: 2 BvE 2/89, BVerfGE 85, 264, 297, Rn. 116 bei [...]).
Die Gefahr einer unzulässigen Verzerrung des politischen Wettbewerbs besteht nicht nur dann, wenn der Staat ihn auf der Ebene der Parteien beeinflusst, sondern in ebensolchem Maße auch dann, wenn er auf deren Jugendorganisationen einwirkt. In diesem politischen Wettbewerb sind Subventionen für einen oder mehrere Teilnehmer immer gleichheits- und freiheitsrelevant. Wenn einer - auch nicht parteigebundenen - politischen Jugendorganisation Fördermittel in nicht unwesentlichem Umfang vorenthalten werden, die die Jugendorganisationen anderer politischer Parteien erhalten, beeinflusst der Staat diesen Wettbewerb in erheblichem Maße. Das wird besonders deutlich, wenn das Land - wie im vorliegenden Fall - den Boden der Neutralität verlässt und die politischen Äußerungen und Zielsetzungen einer Jugendorganisation einer (verfassungsrechtlichen) Bewertung unterzieht. Eine Regierung, die über die finanzielle Förderung einerseits von ihr politisch nahestehenden Organisationen sowie andererseits von mit ihr in Konkurrenz stehenden politischen Organisationen entscheidet, ist mit Blick auf das staatliche Neutralitätsgebot daher gehalten, die Neutralität zu wahren, um die politische Chancengleichheit der einzelnen Verbände zu wahren (vgl. OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 14. März 2012, Az.: 6 B 19.11, [...], Rn. 39).
Das Neutralitätsgebot des Staates gilt nicht nur hinsichtlich politischer Parteien, sondern allgemein. Es rechtfertigt wegen der Beachtung des Demokratieprinzips in Bezug auf die Einflussnahme auf die politische Meinungsbildung Ungleichbehandlungen nur aus besonders zwingenden Gründen (BVerfG, Beschluss vom 17. Juni 2004, a.a.O.). Dies gilt insbesondere in Fällen, die die Teilhabe an öffentlichen Leistungen betreffen. Sie wurzeln in Art. 3 Abs. 1 und 3 GG (Klein in: Maunz/Dürig, Grundgesetz, Art. 21, Rn. 305; ferner: Morlok in: Dreier, Grundgesetz-Kommentar, 2. Auflage, Art. 21, Rn. 76). Dieser Grundsatz der politischen Chancengleichheit gebietet es, dass eine Förderung alle dauerhaften, ins Gewicht fallenden politischen Grundströmungen angemessen berücksichtigt. Nur wenn die staatliche Förderung der pluralen Struktur der gesellschaftlichen und politischen Kräfte Rechnung trägt, wird sie dem verfassungsrechtlichen Gebot gerecht, Gleiches gleich und Ungleiches seiner Eigenart entsprechend verschieden zu behandeln (BVerfG, Urteil vom 14. Juli 1986, Az.: 2 BvE 5/83, BVerfGE 73, 1, 38, Rn. 132 bei [...]). Dieser vom Bundesverfassungsgericht zu den parteinahen Stiftungen formulierte Gedanke lässt sich auf die politischen Jugendorganisationen übertragen. Diese beteiligen sich in herausgehobener Rolle an der politischen Willensbildung. Die Förderung der einen Organisation betrifft mittelbar auch immer den Bereich der anderen. Daher ist eine Verteilungsregelung der Fördermittel nur dann mit verfassungsrechtlichen Vorgaben vereinbar, wenn sie die Chancengleichheit im politischen Wettbewerb gewährleistet und sicherstellt, dass allen ins Gewicht fallenden, dauerhaften gesellschaftlichen Grundströmungen nach gleichen Kriterien öffentliche Mittel zufließen und politische Jugendorganisationen von machtpolitisch besetzter, die freie Meinungsbildung behindernder Einflussnahme frei bleiben (vgl. OVG Berlin-Brandenburg, ebd., Rn. 41).
Diesen Anforderungen genügt die von dem Beklagten angewendete Verwaltungspraxis nicht. Denn sie bevorzugt durch die finanzielle Unterstützung allein solche politischen Meinungen, die von den im Landtag vertretenen demokratischen Parteien vertreten werden und grenzt alle anderen relevanten politischen Jugendorganisationen aus. Die Richtlinie wird damit ihrer eigenen Zielsetzung nicht gerecht:
Wenn die politischen Bildungsangebote dazu dienen sollen, junge Menschen staatspolitisch zu interessieren, politisch zu bilden und auf die mitbürgerliche Verantwortung hinzuweisen, sind die zu fördernden Bildungsangebote möglichst breit anzulegen. Nur dadurch wird gewährleistet, dass eine parteipolitische Verengung auf die Landtagsparteien unterbleibt.
Wenn es ernst gemeint ist, dass junge Menschen dadurch auch in die aktive, verantwortliche politische Mitarbeit auf allen Ebenen der Gesellschaft einbezogen werden sollen, ist es erforderlich, auch solche Organisationen zu fördern, die auf der nicht parlamentarischen Ebene politische Bildungsarbeit und Jugendarbeit leisten.
Eine politische Bildungsarbeit, die jungen Menschen helfen soll, demokratische Grundwerte auf der Basis der Verfassung zu erkennen, zu achten und zu erleben, verfehlt ihr Ziel, wenn sie darauf basiert, dass ein chancengleicher Wettbewerb unterschiedlicher Meinungen durch staatliche Subventionspraxis unterbleibt. Die Möglichkeiten, sich an der politischen Willensbildung aktiv oder passiv zu beteiligen, werden durch einen Ausschluss von nicht im Landtag vertretenen Auffassungen beeinflusst. Eine Jugendorganisation vermag durch ein entsprechend breiteres Angebot an Veranstaltungen, sonstigen Aktivitäten und Werbemaßnahmen einen umso größeren Teil der (jungen) Bevölkerung anzusprechen, zu informieren und Interesse an der Mitarbeit zu wecken, je besser sie finanziell ausgestattet ist. Umgekehrt wird ein Bürger, der sich politisch betätigen oder auch nur informieren möchte, umso eher auf eine Jugendorganisation aufmerksam, je mehr diese für ihre Tätigkeit, ihre Veranstaltungen und Projekte werben und entsprechenden Zugang ermöglichen kann. Aus Sicht des (jungen) Bürgers verändert sich das Bild der politischen Landschaft und der politischen (Mit-) Wirkungsmöglichkeiten, wenn der Staat durch entsprechende Subventionen hierauf Einfluss nimmt (so OVG Berlin-Brandenburg, aaO, Rn. 43).
Fehlt es danach an einer wirksamen Rechtsgrundlage für die Zuwendungen zur Förderung der politischen Jugendbildung, kann der Kläger mit seinem Begehren auf vorzeitigen Maßnahmebeginn nicht mehr durchdringen. Da die Förderung der übrigen politischen Jugendorganisationen/Jugendverbände zu Unrecht erfolgte, das heißt ohne Rechtsgrundlage, kann der Kläger aus dieser rechtswidrigen Begünstigung auch hieraus nichts zu seinen Gunsten herleiten. Denn Art. 3 Abs. 1 GG begründet keinen Anspruch auf Gleichbehandlung im Verhältnis zu solchen Organisationen, denen rechtswidrig Leistungen zugewandt wurden ("Keine Gleichheit im Unrecht"). Der Kläger kann eine Fehlerwiederholung nicht verlangen.
Der Kläger hat keinen Anspruch auf die Beibehaltung der bis Ende 2009 geltenden Verwaltungspraxis. Nach den vorstehenden Ausführungen geht es um die Gleichbehandlung im Hinblick auf eine neu eingeführte Verwaltungspraxis. Aus einer freiwilligen Leistung, die sonst grundrechtlich weder nach Art. 1 Abs. 1 GG noch nach Art. 14 Abs. 1 GG geschützt ist, kann für die Zukunft keine Pflichtleistung erwachsen. Demnach hindert Art. 3 Abs. 1 GG die Behörde nicht daran, ihre Selbstbindung für die Zukunft aufzuheben (hierzu Stelkens/Bonk/Sachs, Verwaltungsverfahrensgesetz, § 40, Rn. 65; vgl. auch VGH Mannheim, Urteil vom 12. Juni 1990, Az.: 10 S 3081/89, NVwZ 1991, 1199; vgl. in diesem Zusammenhang zur sog. antizipierten Verwaltungspraxis: BVerwG, Urteil vom 24. März 1977, Az.: II C 14.75, BVerwGE 52, 193,199; BVerwG, Urteil vom 7. Mai 1981, Az.: 2 C 5.79, DVBl. 1982, 195,196). Eine Ungleichbehandlung des Klägers käme allenfalls in Betracht, wenn etwa zeitgleich mit dem Antrag des Klägers oder danach bei der Behörde eingegangene Anträge vor Bescheidung des Klägers unter Anwendung der bis Ende 2009 geltenden Verwaltungspraxis positiv beschieden worden wären. Für eine willkürliche Behandlung des Klägers insoweit existieren indes keine Anhaltspunkte. Wie gerade die E-Mail des MS vom K. 2009 an den Beklagten zeigt, sollte die alte Verwaltungspraxis insgesamt nicht mehr für die Zuwendungen des Jahres 2010 gelten. Danach sollten als neue Kriterien gelten:
- Jugendorganisation einer der im Landtag vertretenen Parteien
- u.U. Verankerung der Jugendorganisation im Land sowie
- spezielle Ausführungen zu einer verfassungsfördernden Tätigkeit.
Auf der Basis dieser Eckpunkte erfüllten nur die C., die L., die F. und die G. mit hinreichender Sicherheit die Fördervoraussetzungen, so dass insoweit nach Maßgabe der neuen Kriterien für diese der vorzeitige Maßnahmebeginn bewilligt wurde.
Hervorzuheben ist hier, dass die Zustimmung des vorzeitigen Maßnahmebeginns unter dem Vorbehalt der endgültigen Bewilligung steht. Das heißt: Maßgeblich ist die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der Bewilligung. Der gestattete vorzeitige Maßnahmebeginn dient somit nur dazu sicherzustellen, dass die Bildungsmaßnahmen, die vor Erteilung des Bewilligungsbescheides durchgeführt werden, berücksichtigungsfähig bleiben. Ein Anspruch auf eine Förderung kann aus der Zustimmung zum vorzeitigen Maßnahmebeginn nicht hergeleitet werden. Entsprechende Hinweise gab es auch in den Zustimmungen der Vorjahre. Ebenso gab es in den Bewilligungsbescheiden der Vorjahre den Hinweis, dass eine Förderung für die nachfolgenden Jahre nicht aus der Zuwendung hergeleitet werden konnte.
Es kann danach keine Rede davon sein, dass hier zu Lasten des Klägers rückwirkend neue Richtlinien eingeführt worden wären. Die neuen Richtlinien gelten grundsätzlich für alle, die im Zeitpunkt der Bewilligung in den Anwendungsbereich der Richtlinie fallen.
Rechtlich ist es daher nicht zu beanstanden, dass das MS unter dem N. 2010 den Beklagten angewiesen hat, als Beurteilungsgrundlage für den vorzeitigen Maßnahmebeginn den Entwurf der Richtlinie in der Fassung vom M. 2010 zugrunde zulegen. Diese sollte für ihn die neue Verwaltungspraxis bilden.
Es gibt entgegen der Überlegung des Klägers keine Anhaltspunkte dafür, dass die Förderpraxis ab 2010 nur für den Kreis der Jugendorganisationen/Jugendverbände geändert werden sollte, die einer im Landtag vertretenen "Mutterpartei" zugeordnet werden können, während für die anderen, also auch den Kläger, die alte Förderpraxis fortbestehen sollte. Das MS hat in der E-Mail vom K. 2009 an den Beklagten und dem Schreiben vom N. 2010 an den Beklagten ausdrücklich klargestellt, dass die Förderung 2010 insgesamt auf eine zuwendungsrechtlich neue Grundlage gestellt werden soll. Dieser Ansatz schließt die differenzierende Betrachtungsweise des Klägers aus.
Es bedarf nach alledem keiner Erörterung, ob der Beklagte zu Recht angenommen hat, dass der Kläger die Förderungsvoraussetzungen des Richtlinienentwurfs vom M. 2010 im Übrigen nicht erfüllt. Auch die vom Kläger angesprochene unzureichende Begründung des Bescheides vom P. 2010 ist unerheblich, weil sich ein solcher Fehler in der Sache nach § 1 Abs. 1 NdsVwVfG; § 46 VwVfG nicht auswirkt.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO in Verbindung mit §§ 708 Nr. 11, 711 Satz 1 und 2 ZPO.