Finanzgericht Niedersachsen
Urt. v. 15.05.1997, Az.: XI 258/91

Steuerliche Behandlung von entrichteten Vorfälligkeitsentschädigungen; Umfang der betrieblichen Veranlassung eines Darlehens ; Frage der Minderung des laufenden Gewinns durch Vorfälligkeitsentschädigungen; Zulässigkeit der Einordnung von Vorfälligkeitsentschädigungen als Veräußerungskosten eines Grundstücks; Gesonderte Feststellung von einkommensteuerpflichtigen Einkünften bei Eheleuten; Begriff der Veräusserungskosten

Bibliographie

Gericht
FG Niedersachsen
Datum
15.05.1997
Aktenzeichen
XI 258/91
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 1997, 17983
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:FGNI:1997:0515.XI258.91.0A

Verfahrensgegenstand

Feststellungsbescheid 1985

Amtlicher Leitsatz

Vorfälligkeitsentschädigungen mindern den laufenden Gewinn. Sie sind keine Veräußerungskosten eines Grundstücks (insoweit gegen BFH Urteil vom 23.04.1996 IX R 5/94, BStBl II 1996 595 zu Einkünften aus V + V).

Der XI. Senat des Niedersächsischen Finanzgerichts hat
nach mündlicher Verhandlung
in der Sitzung vom 15.05.1997,
an der mitgewirkt haben:
Vorsitzender Richter am Finanzgericht ...
Richterin am Finanzgericht ...
Richter am Finanzgericht ...
ehrenamtlicher Richter ...
ehrenamtliche Richterin ...
fürRecht erkannt:

Tenor:

Unter Wiederherstellung des Änderungsbescheides vom 07.03.1989 werden der Feststellungsbescheid 1985 vom 12.07.1990 und der Einspruchsbescheid vom 23.05.1991 aufgehoben. Im übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens hat der Beklagte zu 88 v.H. und die Klägerin zu 12 v.H. zu tragen. Das Urteil ist hinsichtlich der Kostenentscheidung vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe der der Klägerin zu erstattenden Kosten abwenden, wenn nicht diese zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand

1

Streitig ist die steuerliche Behandlung von entrichteten Vorfälligkeitsentschädigungen sowie der Umfang der betrieblichen Veranlassung eines Darlehens und damit der mit ihm im Zusammenhang stehenden Zinsen und Kosten.

2

Die Klägerin war gemeinsam mit ihrem am 02.11.1985 verstorbenen Ehemann Gesellschafterin der Firma ... KG. Die KG stellte zum 31.12.1980 ihre werbende Tätigkeit (Einzelhandel mit Lederwaren, Textilien und Schmuck) ein, ohne jedoch die Betriebsaufgabe zu erklären. In den Folgejahren vermietete die (nunmehr) ... GbR die Betriebsgrundstücke im Rahmen eines ruhenden Gewerbebetriebes. Zum 30.09.1985 veräußerte die GbR die Grundstücke und führte die übrigen Gegenstände des Betriebsvermögens in das Privatvermögen der Gesellschafterüber. Der Veräußerungsgewinn wurde dabei mit 16.104.661,00 DM ermittelt und erklärt.

3

In dem die zum Betriebsvermögen gehörenden Grundstücke betreffenden notariellen Vertrag (Angebot vom 23.04.1985, Annahme vom 09.06.1985 - Bl. 124 - 166 Einkommensteuerakte - EStA) verpflichtete sich die Erwerberin, die auf dem Grundbesitz lastenden Verbindlichkeiten nur zum Zweck der Ablösung und unter Aufrechnung mit dem Kaufpreis zu übernehmen. Etwaige Kosten, wie z.B. Vorfälligkeitsentschädigungen, die wegen einer erst späteren Ablösemöglichkeit entstehen könnten, übernahmen die Veräußerer (§ 3 des Angebots - Bl. 156 EStA). Es fielen Vorfälligkeitsentschädigungen in Höhe von 512.905,00 DM an. Sie wurden von der GbR als den laufenden Gewinn mindernde Betriebsausgaben behandelt.

4

1980 hatte die KG bei der ... ein Darlehn in Höhe von 1.000.000,00 DM aufgenommen. Die Valuta gingen am 02.09.1980 auf dem Konto ... der KG bei der Volksbank ein. Am 05.09.1980 wurden von diesem Konto 500.000,00 DM, wie der ... Volksbank mit Schreiben der KG vom 10.06.1980 angekündigt (B. 74 EStA), an die Firma ... GmbH (Konto ... bei der ... Volksbank) überwiesen. Gesellschafter-Geschäftsführer der GmbH war ... der Sohn von ... und .... Mit diesen 500,000,00 DM wurde ein Darlehn abgelöst, für das die Eltern von ... gebürgt hatten. Nach einer vertraglichen Vereinbarung vom 11.03.1981 (Bl. 72 Betriebsprüfungsarbeitsakte BpAA) hat die Klägerin u.a. diesen Betrag ihrem Sohn als privates Darlehn zur Verfügung gestellt. Eine Rückzahlung erfolgte nicht.

5

Die GbR bilanzierte das Darlehn über 1.000.000,00 DM in voller Höhe als Verbindlichkeit und zog Zinsen und Nebenkosten dementsprechend als Betriebsausgaben ab.

6

Im Rahmen einer Außenprüfung beanstandete die Prüferin die Behandlung der Vorfälligkeitsentschädigungen nicht. Die als Darlehn an den Sohn weitergegebene Hälfte des Darlehns über 1.000.000,00 DM erkannte sie indes nicht als Betriebsschuld an und versagte anteilig den Abzug der Zinsen und Kosten als Betriebsausgaben (Einzelheiten vgl. Tz. 12. 3 des Berichts über die in der Zeit vom 14.-22.11.1988 durchgeführte Außenprüfung - Bl. 50 Bilanzakte).

7

Der Beklagte erließ entsprechend der Rechtsauffassung der Prüferin geänderte Feststellungsbescheide. Das von der Klägerin mit dem Ziel, sämtliche Zinsen und Kosten für das aufgenommene Darlehn über 1.000.000,00 DM als Betriebsausgaben anerkannt zu erhalten, betriebene Einspruchsverfahren blieb in diesem Punkt erfolglos. Der Beklagte verböserte zudem nach entsprechender Ankündigung den Feststellungsbescheid, indem er die Vorfälligkeitsentschädigungen nicht mehr im Rahmen des laufenden Gewinns, sondern nur noch als den Veräußerungsgewinn mindernde Veräußerungskosten berücksichtigte. Hiergegen richtet sich die Klage.

8

Zur Begründung trägt die Klägerin vor:

9

Die Vorfälligkeitsentschädigungen minderten den laufenden Gewinn. Die Ursache der aufgenommenen Schulden liege in den bestehenden Mietverhältnissen und der gewerblichen Betätigung begründet, so daß diese Entschädigungszahlungen als Kreditnebenkosten den Finanzierungskosten zuzurechnen seien. Die Finanzverwaltung habe selbst in Abschn. 139 Abs. 13 Einkommensteuerrichtlinien 1987 festgelegt, daß trotz eines zeitlichen Zusammenhangs mit Veräußerungsgeschäften Aufwendungen zur Beendigung von Schuldverhältnissen den laufenden Gewinn minderten. Die vom Beklagten herangezogene Rechtsprechung betreffe lediglich die Einkunftsart Vermietung und Verpachtung und sei auf den vorliegenden Fall nicht anwendbar (Einzelheiten s. Schriftsatz vom 30.04.1997, Bl. 56 Gerichtsakte - GA).

10

Bei dem Darlehn über 1.000.000,00 DM handele es sich um ein betriebliches Darlehn. Es habe der Refinanzierung der im Jahr 1977 in das Betriebsvermögen eingebrachten Grundstücksteile und der in den Vorjahren zu Lasten des Kontokorrent vorgenommenen Tilgung anderer Darlehn, die zweifelsfrei dem Betriebsvermögen zuzuordnen gewesen seien, gedient. Die 500.000,00 DM, die kurzfristig an die ... GmbH überwiesen worden seien, seien in den Jahren 1981 und 1982 aus den Einnahmen der GbR wieder zugeflossen.

11

Die Klägerin beantragt,

unter Änderung des Gewinnfeststellungsbescheids 1985 vom 12.07.1990 i.d. Fassung des Einspruchsbescheids vom 23.05.1991 den laufenden Verlust aus Gewerbebetrieb um 480.647,00 DM zu erhöhen und entsprechend den angesetzten Veräußerungsgewinn ebenfalls um diesen Betrag zu erhöhen.

12

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

13

Der Beklagte ist der Auffassung, daß die Vorfälligkeitsentschädigungen zu den Veräußerungskosten zu zählen seien. Die Rechtsprechung ordne die Vorfälligkeitsentschädigung bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung in einen unmittelbaren sachlichen und wirtschaftlichen Zusammenhang mit der Veräußerung des Grundbesitzes ein. Die Vorfälligkeitsentschädigung diene der besseren Verwertung des Grundstücks, weil es durch diesen Aufwand überhaupt verkäuflich werde. Niemand wolle ein belastetes Grundstück erwerben. Dieser Aufwand sei daher nicht durch die Einkunftsart, sondern durch die Veräußerung veranlaßt.

14

Das bei der ... aufgenommene Darlehn über 1,000.000,00 DM sei nur zur Hälfte als Betriebsschuld anzusehen. Für die 500.000,00 DM, die zu Gunsten der ... GmbH eingesetzt worden seien, fehle es indes an einem tatsächlichen oder wirtschaftlichen Zusammenhang mit dem Betrieb. Die dingliche Absicherung des Kredits auf dem Betriebsgrundstück mache diese Privatschuld nicht zur Betriebsschuld. Die durch die Prüferin vorgenommene anteilige Kürzung von Darlehn, Zinsen und Nebenkosten sei deshalb folgerichtig.

15

Wegen der Einzelheiten des Vortrags der Beteiligten wird auf die bei der Gerichtsakte befindlichen Schriftsätze sowie die Einspruchsentscheidung vom 23.05.1991 (Bl, 167 EStA) verwiesen.

Entscheidungsgründe

16

Die Klage ist im erkannten Umfang begründet. Die Vorfälligkeitsentschädigungen mindern den laufenden Gewinn und nicht den Veräußerungsgewinn (2.). Die im Zusammenhang mit dem Darlehn der ... stehenden Kosten und Zinsen sind hingegen zu Recht um die Hälfte gekürzt worden (3.). Im Ergebnis erweist sich mithin der nach der Außenprüfung ergangene Änderungsbescheid als zutreffend.

17

1.

Für das Streitjahr ist eine gesonderte Feststellung der Einkünfte durchzuführen. Dem steht nicht entgegen, daß der Ehemann der Klägerin im Streitjahr verstorben ist und von ihr allein beerbt wurde. Nach § 180 Abs. 1 Nr. 2a Abgabenordnung (AO) werden die einkommensteuerpflichtigen Einkünfte gesondert festgestellt, wenn an den Einkünften mehrere Personen beteiligt und die Einkünfte einkommensteuerrechtlich diesen Personen zuzurechnen sind. Diese Voraussetzungen sind jedenfalls bis zur Betriebsaufgabe am 30.09.1985 gegeben. Die Ehegatten haben gemeinschaftlich Einkünfte aus Gewerbebetrieb bezogen. Diese Einkünfte sind deshalb gesondert festzustellen.

18

Daß der Ehemann der Klägerin im November 1985 verstorben und von ihr allein beerbt worden ist, macht die Feststellung im vorliegenden Fall nicht entbehrlich. Entscheidend sind die Verhältnisse im Streitjahr. Wenn im Streitjahr die gewerblichen Einkünfte - zeitweise - gemeinschaftlich erzielt worden sind, muß eine gesonderte Feststellung durchgeführt werden (vgl. BFH-Urteil vom 13.12.1985 III R 214/81 BFH/NV 1986, 505; vom 17.05.1995 X R 64/92 Bundessteuerblatt II 1995, 640, 643).

19

2.

Die Vorfälligkeitsentschädigungen mindern den laufenden Gewinn. Sie gehören zu den Kreditnebenkosten und teilen grundsätzlich das Schicksal der übrigen Kreditkosten, denn sie sind eine Folge des Entschlusses, ein Darlehn aufzunehmen. Da es sich bei den Krediten, die vorzeitig abgelöst wurden, mit der sich aus Ziff. 3 ergebenden Einschränkung unstreitig um betriebliche Darlehn handelt, sind die Vorfälligkeitsentschädigungen mit Ausnahme des unter Ziff. 3 behandelten Betrags Betriebsausgaben.

20

Die Vorfälligkeitsentschädigungen sind keine Veräußerungskosten (insoweit gegen BFH-Urteil vom 23.04.1996 IX R 5/94 Bundessteuerblatt II 1996, 595). Veräußerungskosten sind alle Aufwendungen, die in unmittelbarer sachlicher Beziehung zum Veräußerungsgeschäft stehen (BFH-Urteil vom 27.10.1977 IV R 60/74 Bundessteuerblatt II 1978, 100). Hierzu gehören z.B. Aufwendungen wie Notar- und Grundbuchgebühren, Maklerprovisionen oder Verkehrsteuern. Es sind aber auch andere Fälle einer Minderung des Veräußerungsgewinns durch wirtschaftlich eng mit der Veräußerung zusammenhängende Vorgänge denkbar (BFH-Urteil vom 06.05.1982 IV R 56/59 Bundessteuerblatt II 1982, 691). Aufwendungen zur Beendigung von Schuldverhältnissen, die dem laufenden Betrieb des Unternehmens dienten, mindern allerdings den laufenden Gewinn (BFH-Urteil vom 06.05.1982 a.a.O. betr. die Beendigung eines Pachtverhältnisses). Ein nur zeitlicher Zusammenhang mit der Betriebsveräußerung genügt nicht zur Annahme eines den Veräußerungsgewinn beeinflussenden Vorgangs (vgl. zum ganzen BFH-Urteil vom 26.03.1992 IV R 121/90 Bundessteuerblatt II 1992, 1038; ähnlich die Finanzverwaltung R 139 Abs. 12, H 139 Abs. 12 Stichworte "Veräußerungskosten" und "zeitlicher Zusammenhang").

21

Vorfälligkeitsentschädigungen für die Ablösung von Darlehen, die auf einem zu veräußernden Grundstück dinglich abgesichert sind, stehen nicht in unmittelbarem sachlichen Zusammenhang mit der Veräußerung des Grundstücks. Das gilt selbst dann, wenn, wie im Streitfall, der Erwerber das Grundstück im Ergebnis nicht durch Grundschulden oder Hypotheken belastet übernehmen will. Die lastenfreie Übertragung ist zwar nur möglich, wenn der Grundpfandrechts- und Darlehnsgläubiger die Löschung der dinglichen Sicherheit bewilligt. Notwendige Voraussetzung dafür ist jedoch nicht, daß auch der Kredit abgelöst wird. Dies ist, wie auch der Streitfall zeigt, in der Praxis wohl die Regel. Indes wäre es auch möglich, daß der Darlehnsnehmer dem Darlehnsgläubiger eine andere Sicherheit, z.B. die dingliche Absicherung an einem anderen Grundstück, Bürgschaften o.ä., stellt und so die Löschungsbewilligung für die dingliche Belastung an dem zu veräußernden Grundstück erwirkt, ohne den Kredit zu tilgen.

22

Ein wirtschaftlich enger Zusammenhang, der - wie dargelegt -, auch zu Veräußerungskosten führen kann, ist ebenfalls nicht gegeben. Der enge wirtschaftliche Zusammenhang der Ablösung der Kredite besteht nicht mit der Grundstücksveräußerung, sondern mit der Betriebsaufgabe. Hätte die Klägerin den Betrieb fortsetzen und ein gleichwertiges Grundstück erwerben wollen, hätte sie die Kreditmittel weiter benötigt und keinen wirtschaftlichen Grund gehabt, die erhaltenen Darlehen unter Zahlung einer Vorfälligkeitsentschädigung abzulösen und den Erwerb des neuen Grundstücks mit neuen Darlehen teilweise zu finanzieren.

23

Daß die Vorfälligkeitsentschädigungen nicht zu den Veräußerungskosten zählen können, zeigt auch folgendeÜberlegung: Den sachlichen Zusammenhang mit der Veräußerung vermittelt nach Ansicht des Beklagten die Verpflichtung zur lastenfreien Übertragung des Grundstücks, also die Notwendigkeit, eine Löschungsbewilligung der Grundpfandrechtsgläubiger zu erwirken. Diese Löschungsbewilligung erteilt der Gläubiger bei Kündigung des Darlehns aber nicht bereits, wenn die Vorfälligkeitsentschädigungen gezahlt werden, sondern erst dann, wenn auch das abgesicherte Darlehn getilgt wird. Wäre die Rechtsauffassung des Beklagten zutreffend, müßte man auch die Darlehnsrückzahlung im Zusammenhang mit der Veräußerung den Veräußerungskosten zuordnen, weil die Möglichkeit der lastenfreien Übertragung von der Darlehnstilgung genauso abhängt wie von der Zahlung der Vorfälligkeitsentschädigungen. Dies wäre aber ein abwegiges Ergebnis. Da mit der Darlehnssumme betriebliche Ausgaben bestritten worden sind, haben sich diese Ausgaben bereits gewinnmindernd ausgewirkt. Im Rahmen der Veräußerung eines Betriebsgrundstücks würden sie das dann zum zweiten Mal tun. Das kann nicht richtig sein.

24

Daß der Senat die Vorfälligkeitsentschädigungen nicht als Veräußerungskosten ansieht, hat aber nicht zwingend zur Folge, daß sie im Rahmen der Einkunftsart Vermietung und Verpachtung zu Werbungskosten führen würden. Die Unterschiede zwischenÜberschuß- und Gewinneinkünften könnten eine unterschiedliche Behandlung der Vorfälligkeitsentschädigungen rechtfertigen. Die Vorfälligkeitsentschädigigung ist wirtschaftlich gesehen kein Entgelt für Kapitalüberlassung, denn die Darlehnsvaluta stehen dem Darlehnsgeber wieder zur Verfügung. Sie entgilt vielmehr das Risiko, daß der Darlehnsgeber nach Rückzahlung der Valuta diese nicht mehr mit gleichen Gewinnchancen wieder anlegen kann, während seine Refinanzierungskosten sich nicht verändern (vgl. Littmann/Bitz/Hellwig Einkommensteuergesetz, § 9, 173). Bei dieser wirtschaftlichen Betrachtung steht die Zahlung der Vorfälligkeitsentschädigungen mit dem Zeitraum nach Veräußerung des Grundstücks im Zusammenhang. Sie stellen eine Entschädigung für die den Darlehnsgeber nach Kündigung des Vertragsverhältnisses entgehenden Zinseinnahmen dar (BFH-Urteil vom 21.02.1995 VIII R 6/92 BFH/NV 1995, 1010) Da bei der Einkunftsart Vermietung und Verpachtung nach Veräußerung des der Einkunftserzielung dienenden Vermögens keine Werbungskosten mehr zum Abzug gebracht werden können, könnte es, ohne daß diese Frage hier einer Entscheidung bedürfte, gerechtfertigt sein, bei dieser Einkunftsart auch die Vorfälligkeitsentschädigungen nicht steuermindernd zu berücksichtigen. Bei den im Streitfall zu beurteilenden Einkünften aus Gewerbebetrieb ist es jedenfalls anders. Hier werden in ständiger Rechtsprechung Betriebsausgaben auch nach Betriebsaufgabe zum Abzug zugelassen.

25

3.

Die Zinsen und Kosten des Darlehns bei der ... hat der Beklagte zu Recht zur Hälfte nicht als Betriebsausgaben berücksichtigt. Die nach §Abs. 4 EStG für den Betriebsausgabenabzug erforderliche betriebliche Veranlassung von Schuldzinsen ist dann gegeben, wenn die Zinsen für eine Verbindlichkeit geleistet werden, die durch den Betrieb veranlaßt ist und deshalb zum Betriebsvermögen gehört. Ob die Verbindlichkeit zum Betriebsvermögen oder zum Privatvermögen gehört bestimmt sich danach, ob mit den Darlehnsmitteln betrieblich veranlaßte Aufwendungen getätigt werden. Wer Darlehnsmittel nur teilweise für betriebliche Zwecke, teilweise für außerbetriebliche, insbesondere private Zwecke verwendet, darf die Darlehnsverbindlichkeit nur in dem der Verwendung des Darlehns für betriebliche Zwecke entsprechenden Umfang als Betriebsvermögen behandeln (BFH-Beschluß vom 04.07.1990 GrS 2 - 3/88 Bundessteuerblatt II 1990, 817; BFH-Urteil vom 15.11.190 IV R 63/88 Bundessteuerblatt II 1991, 238).

26

Danach ist das Darlehn bei der ... über 1.000.000,00 DM nur in Höhe von 500.000,00 DM betrieblich veranlaßt. In Höhe der weiteren 500.000,00 DM hat es dazu gedient, eine Entnahme, eine privat veranlaßte Minderung des Betriebsvermögens, in dieser Höhe zu finanzieren. Daß ein betrieblicher Grund und nicht die verwandschaftlichen Beziehungen zwischen ... und ... zu der Überweisung der 500.000,00 DM auf das Konto der GmbH geführt hätte, ist weder vorgetragen noch ersichtlich. Eine Entnahme ist keine betrieblich veranlaßte Aufwendung. Daß von vornherein beabsichtigt war, das aufgenommene Darlehn zur Hälfte zur Ablösung der Verbindlichkeiten der ... GmbH zu verwenden, ergibt sich aus dem Schreiben der KG vom 10.06.1980 an die ... Volksbank und bestreitet die Klägerin auch nicht. Hierfür spricht auch der zeitliche Ablauf. Bereits drei Tage nach Eingang der Valuta wurden die 500.000,00 DM weitergeleitet.

27

Die rechtlichen Einwendungen, mit denen die Klägerin den Betriebsausgabenabzug sämtlicher mit dem Darlehn in Verbindung stehender Zinsen und Kosten begehrt, greifen nicht durch. Daß das Kontokorrentkonto, von dem die 500.000,00 DM zugunsten der ... GmbHüberwiesen wurden, durch Einnahmen wieder aufgefüllt worden sei, ist unerheblich. Dies wäre nur dann von Bedeutung, wenn es um die Abzugsfähigkeit der auf dem Kontokorrentkonto angefallenen Zinsen und Kosten ginge. In einem solchen Fall ist davon auszugehen, daß Einnahmen zunächst zum Ausgleich der privat veranlaßten Aufwendungen dienen und damit den Anteil der nicht abzugsfähigen Zinsen und Kosten des Kontokorrentkontos mindern. Im Streitfall geht es indes um die Zinsen und Kosten des Darlehns bei der .... Da diese Darlehnsmittel zur Hälfte zur Finanzierung einer Entnahme dienten, sind auch die Zinsen und Kosten zur Hälfte nicht abzugsfähig. Dieses Ergebnis hätte nur dadurch vermieden werden können, daß betriebliche Einnahmen zur Ablösung des Darlehns bei der ... verwendet worden wären. Das ist jedoch nicht geschehen.

28

Der in der Klagebegründung noch vorgetragene Gesichtspunkt, die Behandlung der Hälfte des Darlehns als private Schuld müsse sich auf die Höhe des Veräußerungsgewinns auswirken, hat der Prozeßbevollmächtigte in der mündlichen Verhandlung fallengelassen.

29

Die Revision wird wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache gem. § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO zugelassen. Der BFH hat sich, soweit erkennbar, bislang nicht zu der Frage geäußert, wie Vorfälligkeitsentschädigungen im Rahmen der Gewinneinkünfte zu berücksichtigen sind.

30

Die Kostenentscheidung beruht auf § 136 Abs. 1 Satz 1 FGO. Der Senat hat dabei berücksichtigt, daß es bei der Zuordnung der Vorfälligkeitsentschädigungen zu den Veräußerungskosten oder dem laufenden Gewinn nur um den halben Steuersatz gegangen ist. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 151 FGO i.V.m.§§ 708 Nr. 10, 711 Zivilprozeßordnung.