Finanzgericht Niedersachsen
v. 30.05.1997, Az.: III 573/96
Grunderwerbsteuerpflicht bei Umwandlung einer Personengesellschaft in eine Kapitalgesellschaft; Grunderwerbsteuer bei Übergang des Eigentums an inländischen Grundstücken
Bibliographie
- Gericht
- FG Niedersachsen
- Datum
- 30.05.1997
- Aktenzeichen
- III 573/96
- Entscheidungsform
- Gerichtsbescheid
- Referenz
- WKRS 1997, 15991
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:FGNI:1997:0530.III573.96.0A
Rechtsgrundlagen
- § 1 Abs. 1 Nr. 3 GrEStG
- § 202 Abs. 1 Nr. 1 UmwG 1995
- § 1 Abs. 1 Nr. 4 GrEStG
Fundstelle
- GmbHR 1997, 1117 (amtl. Leitsatz)
Verfahrensgegenstand
GrESt bei formwechselnder Umwandlung
Grunderwerbsteuer
Der III. Senat des Niedersächsischen Finanzgerichts hat
durch
die Richter am Finanzgericht
am 30. Mai 1997
fürRecht erkannt:
Tenor:
Der Grunderwerbsteuerbescheid vom 5. September 1996 und der Einspruchsbescheid vom 31. Oktober 1996 werden aufgehoben und die Grunderwerbsteuer auf 0 DM festgesetzt. Die Kosten trägt das beklagte Finanzamt. Gegen diese Entscheidung wird die Revision zugelassen.
Tatbestand
Im Rechtsstreit geht es um die Grunderwerbsteuerpflicht beim Formwechsel verschiedener Rechtsträger; hier um die Umwandlung einer Personengesellschaft in eine Kapitalgesellschaft.
Die Kl., eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH), ist durch formwechselnde Umwandlung nach § 1 Abs. 1 Nr. 4, §§ 190 ff. des Umwandlungsgesetzes 1995 (UmwG) aus einer Kommanditgesellschaft, der Firma W. M. KG, aufgrund eines Beschlusses der Gesellschafterversammlung vom 13. Februar 1995 hervorgegangen. Die Eintragung der Kl. in das Handelsregister erfolgte am 6. Juni 1996.
Zum Gesellschaftsvermögen gehörte zu dieser Zeit Grundbesitz mit einem Einheitswert von 157.500 DM (Einheitswert zum 1. Januar 1990). Das Finanzamt sah in dem Formwechsel einen nach§ 1 Abs. 1 Nr. 3 Grunderwerbsteuergesetz (GrEStG) der Grunderwerbsteuer unterliegenden Vorgang, nämlich den Übergang des Eigentums an Grundbesitz von der KG auf die Kl. Es setzte gegen die Kl. mit Bescheid vom ... Grunderwerbsteuer nach einer Bemessungsgrundlage von 350 v.H. des Einheitswerts mit ... DM fest.
Der gegen diesen Steuerbescheid eingelegte Einspruch blieb erfolglos. Mit der anschließenden Klage wird geltend gemacht: Der vorgenommene Formwechsel sei kein grunderwerbsteuerbarer Tatbestand. Es sei nämlich kein Eigentum an Grundstücken in irgendeiner weiseübergegangen. Es handele sich um eine Art der Gesamtrechtsnachfolge, bei der der Rechtsträger seine rechtliche und wirtschaftliche Identität bewahrt habe. Mangels Rechtsträgerwechsels unterliege der Formwechsel nicht der Grunderwerbsteuer.
Die Kl. beantragt,
die Grunderwerbsteuer unter Aufhebung des Grunderwerbsteuerbescheids und des Einspruchsbescheids auf 0 DM herabzusetzen.
Das beklagte Finanzamt beantragt,
das Verfahren ruhen zu lassen.
Das beklagte Finanzamt trägt zur Begründung vor:
In einem gleichgelagerten Fall habe der Bundesfinanzhof in seinem Beschluß vom 4. Dezember 1996 II B 116/96 (BFH/NV 1997, R 87) die Ansicht vertreten, daß bei einer formwechselnden Umwandlung einer Kapitalgesellschaft in eine Personengesellschaft kein Rechtsträgerwechsel anzunehmen sei mit der Folge, daß keine Grunderwerbsteuer entstehe. Nach Auffassung der Verwaltung sei diese Entscheidung nicht auf andere Fälle anzuwenden, sondern vielmehr ein weiteres Verfahren im Ergebnis abzuwarten. Das Finanzamt vertritt dementsprechend gegenüber der Ansicht der Kl. die gegenteilige Auffassung, an der sie festhält.
Wegen der weiteren Einzelheiten, insbesondere auch hinsichtlich des Vorbringens der Beteiligten, wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der Grunderwerbsteuerakte des Finanzamts ... mit dem Aktenzeichen ... Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist begründet. Der angefochtene Grunderwerbsteuerbescheid und die dazu ergangene Einspruchsentscheidung werden aufgehoben.
Nach § 1 Abs. 1 Nr. 3 GrEStG unterliegt der Grunderwerbsteuer der Übergang des Eigentums an inländischen Grundstücken unter der Voraussatzung, daß weder ein den Anspruch aufÜbereignung begründendes Rechtsgeschäft vorausgegangen ist noch es einer Auflassung bedarf. Erfaßt wird dabei der Grundstückswechsel zwischen verschiedenen Rechtsträgern (vgl. BFH-Urteil vom 1. April 1981 II R 87/78, BStBl II 1981, 488). Diese Voraussetzungen sind im Streitfall nicht gegeben.
Es fehlt nämlich an dem erforderlichen Wechsel des Rechtsträgers. Nach § 202 Abs. 1 Nr. 1 UmwG 1995 bewirkt die Eintragung einer nach § 1 Abs. 1 Nr. 4,§§ 190 ff, UmwG 1995 zugelassenen formwechselnden Umwandlung einer Personengesellschaft in eins Kapitalgesellschaft (hier eine KG in eine GmbH) in das Handelsregister folgendes: "Der formwechselnde Rechtsträger besteht in der im Umwandlungsbeschluß bestimmten Rechtsform weiter." Das bedeutet letztendlich, daß der bisherige Rechtsträger als künftiger, fortbestehender Rechtsträger fingiert wird; und das von Gesetzes wegen. Nach dem oben bezeichneten BFH-Beschluß und nach Auslegung dieser Vorschriften bedeutet das, daß bei einer formwechselnden Umwandlung dieser Art letztlich nur ein Rechtsträger beteiligt ist. Es kommt also weder zu einer Gesamtrechtsnachfolge noch zu einer anderweitig gearteten Nachfolge in das Vermögen der früher bestehenden Gesellschaft. Diese formwechselnde Umwandlung, wie sie der zivilrechtlichen Kontinuität des Rechtsträgers entspricht, wird durch das Prinzip der Identität des Rechtsträgers und der Kontinuität seines Vermögens, seiner wirtschaftlichen Identität also, und damit der Diskontinuität seiner Verfassung bestimmt.
Der Senat ist ebenso wie der Bundesfinanzhof in seinem Beschluß vom 4. Dezember 1996 der Ansicht, daß das Grunderwerbsteuerrecht den zivilrechtlichen Vorgaben des Umwandlungsrechts mangels ausdrücklich anderslautender Vorschriften folgen muß. Das bedeutet, daß grunderwerbsteuerrechtlich bei einer formwechselnden Umwandlung der vorliegenden Art kein Rechtsträgerwechsel anzunehmen ist.
Gegen diesen Gerichtsbescheid ist die Revision zuzulassen, weil die Finanzverwaltung eine anderweitige Auffassung vertritt und angeordnet hat, daß der BFH-Beschluß vom 4. Dezember 1996 a.a.O. nicht anzuwenden ist; es bedarf daher einer weiteren Rechtsentwicklung seitens des Bundesfinanzhofs (§§ 90 a Abs. 2 Nr. 1, 115 Abs. 1 und 2 Nr. 1 FGO).
Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO.