Verwaltungsgericht Hannover
Urt. v. 10.12.2019, Az.: 4 A 3726/19
Baudenkmal; Darlegungslast; Veräußerungsbemühungen; wirtschaftliche Unzumutbarkeit
Bibliographie
- Gericht
- VG Hannover
- Datum
- 10.12.2019
- Aktenzeichen
- 4 A 3726/19
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2019, 69562
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Rechtsgrundlagen
Amtlicher Leitsatz
Leitsatz
Die Darlegungs- und Beweislast für das Vorliegen der wirtschaftlichen Unzumutbarkeit des Erhaltes eine Baudenkmals liegt beim Eigentümer. Diese erstreckt sich auf den Nachweis des Eigentümers, dass er sich erfolglos um die Veräußerung des Denkmals zu einem angemessenen Preis bemüht hat.
Vermag ein Eigentümer keine ernsthaften Bemühungen zur Veräußerung eines Baudenkmals nachzuweisen, ist grundsätzlich von der Zumutbarkeit der Erhaltung des Denkmals auszugehen.
Tenor:
Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Die Entscheidung ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Vollstreckungsschuldnerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Vollstreckungsgläubigerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrags leistet.
Tatbestand:
Die Klägerin begehrt die Erteilung einer denkmalrechtlichen Abbruchgenehmigung für einen Industriegebäudekomplex.
Die Klägerin ist Eigentümerin der Grundstücke mit der postalischen Anschrift C. in Hannover, D. (Gemarkung D., Flur 1, Flurstücke 29/6, 29/8). Es handelt sich um ein weitläufiges, ehemaliges Werksgrundstück der E.. Die Produktion auf dem Grundstück ist 1998 eingestellt worden.
Bei der Klägerin handelt es sich um eine Projektentwicklungsgesellschaft, die das seither nicht genutzte Grundstück 2005 erwarb und auf dem 23 Hektar großen Gelände die Errichtung von rund 1.800 Wohneinheiten realisieren will.
Das Grundstück ist nur noch im Süden mit stark baufälligen, verlassenen Fabrikgebäuden bebaut, die als Einzeldenkmäler unter Denkmalschutz stehen (Gebäude Nr. 44 und Nr. 51) und bereits Gegenstand zahlreicher Rechtsstreitigkeiten sind. Nach denkmalfachlicher Einschätzung stellen die Gebäude als Teil einer Denkmalgruppe ein eindrucksvolles Zeugnis der Industriegeschichte des Stadtbezirks F. -D. dar. Die Gebäude haben sich im Laufe der letzten Jahre zur Sehenswürdigkeit entwickelt und ziehen zahlreiche Personen an, die auch in die Gebäude eindringen und sich dadurch in Gefahr begeben.
Seit 2000 werden Untersuchungen und Überlegungen hinsichtlich einer möglichen Nachnutzung der Gebäude durchgeführt. Die Klägerin hat bislang nach eigenen Angaben 3 Millionen Euro in die Entkernung des Gebäudekomplexes investiert.
Eine Untersuchung aus dem Jahre 2000 (G.) stellte eine Belastung im Mauerwerk mit N-Nitrosaminen aus der Gummi-/Reifenproduktion und –Lagerung fest. Das Gutachten hält sensible Nutzungen, insbesondere Wohn- und Büronutzung für nicht möglich, weil diese mit einem unverhältnismäßigen Aufwand verbunden wären, unsensible Nutzungen hingegen für denkbar.
Eine weitere Untersuchung vom 12.03.2013 (H.) kam zu dem Ergebnis, dass mit einer Ausnahme in allen entnommenen Proben N-Nitrosamine in deutlicher Höhe nachgewiesen werden konnten. Die Konzentration hat gegenüber der Untersuchung aus dem Jahr 2000 in allen untersuchten Bereichen deutlich abgenommen (ca. 50-95%). Ein Versuchsaufbau mit drei unterschiedlich gestalteten Musterräumen (Unabgedichtet / Aktivkohletapete / Valutect-Isolierfolie) ist durchgeführt worden. Getestet werden sollte die Eignung der Valutect-Isolierfolie. Der gemessene Belastungswert mit N-Nitrosaminen lag bei 0,033 – 0,035 Mikrogramm/m³. Es wurde ein negativer Versuchsausgang konstatiert.
Die Risikobewertung des Fraunhofer Instituts vom Januar/Juli 2014 verweist darauf, dass N-Nitrosamine stark krebserregend seien. Ein unbedenklicher Schwellenwert könne nicht abgeleitet werden. Sofern aber durch technische Maßnahmen sichergestellt werden könne, dass die Raumluftkonzentration der betrachteten N-Nitrosamine dauerhaft die Nachweisgrenze von 3 ng/m³ (0,003 Mikrogramm/m³) nicht überschreite, sei davon auszugehen, dass diese keinen relevanten Beitrag zum Krebsrisiko leisteten. Der mit Valutect-Folie ausgestattete Testraum habe eine um ein Zehnfaches höhere Konzentration aufgewiesen (0,033-0,035 Mikrogramm/m³).
Die von H. am 19.07.2018 vorgelegte Untersuchung der Belastung der Fensterlaibungen auf N-Nitrosamine kam zu dem Ergebnis, dass keine der 10 Bausubstanzproben den Bestimmungswert von >0,3 Mikrogramm/kg N-Nitrosamine aufwies. Diese Befunde deuteten nicht darauf hin, dass nach einer Komplettentkernung der Gebäude mit Ausbau und Schutz der verbleibenden Außenwände durch Versiegelung und/oder hinterlüfteter Vorsatzschale noch ein Risiko bestünde, dass N-Nitrosamine bei geöffneten Fenstern in das Gebäude gelangen könnten.
Eine von der Klägerin in Auftrag gegebene Variantenuntersuchung der I. Ingenieursgesellschaft mbH vom September 2018 stellte die Aufwendungen für eine Haus-in-Haus-Lösung, einen Retro-Neubau und einen Neubau gegenüber. Bei der Haus-in-Haus-Lösung ließen sich hiernach 6.825qm Nutzfläche gegenüber 8.450qm bei einem Neubau realisieren. Die Kosten würden sich auf 16.359.045,- Euro belaufen ohne Berücksichtigung der Altlasten gegenüber 14.917.980 Euro für den Neubau.
Am 21.11.2018 fand eine gemeinsame Besprechung der Beteiligten zur Erörterung eines Abbruchantrages statt. In dem hierüber verfassten Protokoll findet sich der Vermerk, dass Konsens darüber bestehe, dass eine Nutzung mit Aufenthaltsräumen nicht möglich sei. Die Beklagte brachte eine Nutzung als Parkhaus ins Gespräch. Mit Mail vom 17.01.2019 stellte die Klägerin der Beklagten Planungsdetails zu der erörterten gemischten Parkhaus-/Wohnbaunutzung vor, welche am 31.01.2019 erneut besprochen worden ist. Am 12.03.2019 teilte die Beklagte mit, derzeit keine Fördermittel ausweisen zu können.
Am 13.03.2019 wandten sich Herr J. und Herr K. im Namen ihrer Projektentwicklungsgesellschaft L. GBS GmbH & Co. KG schriftlich an die Beklagte und teilten mit, dass sie nach einer Erörterung mit Fachleuten die Belastung mit N-Nitrosaminen nicht für ein unüberwindbares Hindernis hielten. Aus ihrer Sicht gebe es technische Lösungen für eine Sanierung der Gebäude, die eine Wohnnutzung zuließen. Sie hätten Interesse, die Gebäude zu erwerben. Sie verwiesen auf ihre Homepage und die dort aufgeführten Erfahrungen bei der Sanierung von altlastenbehafteten Denkmalimmobilien. Sie legten weiterhin Abschriften des E-Mailverkehrs mit der Assistenz der Geschäftsführerin der Klägerin vor. Aus diesem geht hervor, dass Herr K. mehrfach versucht hat, Kontakt zu der Klägerin aufzunehmen. In der vorgelegten E-Mail nahm er Bezug auf eine der Presse entnommene Äußerung, dass die Eigentümerin bereit wäre, das Gebäude zu einem symbolischen Kaufpreis zu veräußern und teilte unter Verweis auf das bisherige Portfolio der Gesellschaft ein Kaufinteresse mit. Die Klägerin ließ mitteilen, dass sie unaufgefordert auf das Angebot zurückkommen werde, ohne sich in der Folgezeit weiter zu melden.
Am 03.04.2019 stellte die Klägerin den Antrag auf Erteilung einer denkmalrechtlichen Genehmigung zum Abbruch des Gebäudekomplexes bei der Beklagten.
Sie begründet den Antrag damit, dass die Grenzen der Erhaltungspflicht für das Denkmal erreicht seien. Eine wirtschaftliche Nutzung sei ausgeschlossen. Die Gebäude seien aufgrund der Belastung mit N-Nitrosaminen und des schlechten baulichen Zustands für den dauerhaften Aufenthalt von Personen ungeeignet. Eine Haus-in-Haus-Lösung sei zu aufwendig und löse das Problem der aus der Fassade ausströmenden N-Nitrosamine nicht, die durch geöffnete Fenster in den Innenbereich gelangen würden. Eine Versiegelung sei technisch nicht möglich. Eine Prüfung der Nutzung als Parkhaus mit Wohnnutzung im neu zu errichtenden Dachgeschoss ergab, dass diese unwirtschaftlich sei und ein Defizit in Höhe von rund 14.900.000,- Euro ergebe. Sie legte hierzu eine Wirtschaftlichkeitsberechnung vor.
Mit Schreiben vom 22.05.2019 hörte die Beklagte die Klägerin zur in Aussicht genommenen Ablehnung des Antrages an und bot ein Gespräch an, um Lösungsansätze für den Erhalt und die Nutzung des Baudenkmals zu erörtern. Die Klägerin ging hierauf auch nach Fristverlängerung nicht ein.
Mit Bescheid vom 22.07.2019 lehnte die Beklagte den Antrag ab.
Sie begründete die Entscheidung im Wesentlichen damit, dass die Voraussetzungen für die wirtschaftliche Unzumutbarkeit des Erhalts der Gebäude nicht dargetan seien.
Die vorgelegte Wirtschaftlichkeitsberechnung für eine kombinierte Wohn- und Parkhausnutzung sei nicht nachvollziehbar. Insbesondere sei bei der Feststellung der schlechten Vermarktbarkeit von Parkflächen in dem Gebäude nicht berücksichtigt, dass die noch aufzustellenden Bebauungspläne für die geplante Wasserstadt entsprechende Festsetzungen für notwendige Einstellplätze schaffen kann. Außerdem gehe die Wirtschaftlichkeitsberechnung von einer fortgesetzten N-Nitrosaminbelastung aus, anstatt Maßnahmen für den Ausschluss der Schadstoffbelastung zu untersuchen. Weiterhin sei die wirtschaftliche Einheit des Grundstückes nicht berücksichtigt worden, denn es sei zu prüfen, ob der Erhalt des Gebäudes mit den Erträgen der übrigen Grundstücksteile finanziert werden könne. Außerdem seien in der Berechnung die Kosten, die infolge der mangelhaften Denkmalunterhaltung entstanden seien, nicht abgesondert worden. Steuerliche Abschreibungsmöglichkeiten seien nicht berücksichtigt worden.
Die Wirtschaftlichkeit einer Haus-in-Haus-Lösung sei im Hinblick auf die neusten Erkenntnisse bezüglich der signifikant abnehmenden N-Nitrosaminbelastung und der damit verbundenen Möglichkeit für dauerhafte Aufenthaltszwecke nicht abschließend widerlegt. Eine vollständige Entkernung der Gebäude sei nicht geprüft worden. Auch die Möglichkeit der Archivnutzung sei nicht untersucht worden.
Es sei nicht dargetan, weshalb ein Verkauf des Grundstückes unzumutbar sei. Mit Herrn J. und Herrn K. gebe es Kaufinteressenten, die den Erhalt des Baudenkmales anstrebten und an die die Klägerin nicht herangetreten sei. Diese hätten erklärt, dass sie davon überzeugt seien, dass eine Sanierung des Bauwerkes wirtschaftlich möglich sei.
Gegen diese Entscheidung hat die Klägerin am 15.08.2019 Klage erhoben.
Sie wiederholt und vertieft die Antragsbegründung. Eine Nutzung zu Aufenthaltszwecken sei nicht gefahrlos möglich. Eine Haus-in-Haus-Lösung sei nur mit unverhältnismäßigem Aufwand umsetzbar und könne eine Gefährdung durch N-Nitrosamine gleichwohl nicht ausschließen. Abdichtungsversuche mit Valutect-Folien seien bei den Versuchen an den eigens errichteten Testräumen 2013 gescheitert. Die Verwendung von Aktivkohletapete scheide aus, da diese zu oft erneuert werden müsse. Ob die Belastung durch Verflüchtigung weiter kontinuierlich zurückgehen werde, sei spekulativ. Auch die Beklagte habe dies bei den vorherigen Besprechungen zugestanden. Der Nachweis der Unwirtschaftlichkeit sei im Hinblick auf eine Nutzung zu Aufenthaltszwecken somit entbehrlich und die vereinfachte Wirtschaftlichkeitsberechnung in Abstimmung mit der Beklagten vorgelegt worden. Die Parkhausnutzung sei auf Veranlassung der Beklagten zugrunde gelegt worden. Die Wirtschaftlichkeitsberechnung diesbezüglich sei nicht zu beanstanden. Insbesondere seien Parkplätze an diesem Standort unattraktiv, da Kfz-Besitzer Parkplätze in der Nähe ihrer Wohnungen und Häuser bevorzugten.
Ein ernstzunehmendes Kaufangebot gebe es für das Gebäude nicht. Das Interesse sei allgemein gehalten und beschränke sich lediglich auf den Kauf zu einem symbolischen Kaufpreis. Ein Kaufinteresse sei rechtlich auch nicht erheblich, die Klägerin sei nicht verpflichtet, ihr Eigentum zu verschenken. Die Klägerin bemühe sich derzeit im Rahmen einer Ausschreibung um den Zuschlag für eine Nutzung als Archiv durch die Beklagte. Dass hier bislang keine Fortschritte erzielt worden seien, belege die Unwirtschaftlichkeit der Sanierung.
Die Klägerin beantragt,
den Bescheid vom 22.07.2019 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, den Antrag auf denkmalrechtliche Genehmigung für den Abbruch der Gebäude 44 und 51 auf dem Grundstück C. vom 03.04.2019 positiv zu bescheiden.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie verteidigt den angegriffenen Bescheid. Die wirtschaftliche Unzumutbarkeit des Erhalts sei nicht dargetan. Die Klägerin trage dafür die Darlegungs- und Beweislast. Hierbei müsse eine Variationsbreite von zumindest zwei Nutzungsmöglichkeiten untersucht werden. Dies sei nicht erfolgt. Die Klägerin habe keinerlei Verkaufsbemühungen unternommen. Die vorgelegte Wirtschaftlichkeitsberechnung leide an zahlreichen Mängeln, da sie steuerliche Ersparnisse und öffentliche Zuwendungen nicht berücksichtige. Auch werde eine Vermietung und die damit verbundene Möglichkeit der Abschreibung nicht geprüft. Der baufällige Zustand gehe auch darauf zurück, dass die Klägerin als Eigentümerin keinerlei Unterhaltungsmaßnahmen unternommen habe. Zumindest das Baufeld zwischen Wasserturm und den Gebäuden bilde eine wirtschaftliche Einheit mit der Denkmalgruppe und hätte ebenfalls in die Berechnung eingestellt werden müssen.
Einen Konsens darüber, dass Nutzungen zu Aufenthaltszwecken grundsätzlich ausgeschlossen seien, habe es nie gegeben. Auch der FB Gesundheit habe lediglich festgehalten, dass eine solche ausgeschlossen sei, solange die Altlasten nicht beseitigt sind. Die Untersuchungen an den Fensterleibungen zeigten, dass eine Haus-in-Haus-Lösung durchaus technisch machbar sei und Gefahren durch N-Nitrosamine ausschließen könnte.
Soweit die Klägerin vortrage, sie bewerbe sich im Rahmen einer Ausschreibung um den Zuschlag für eine Büro- und Archivnutzung, sei dies höchstens insoweit relevant, als dass auch diese Nutzungsmöglichkeit in der Wirtschaftlichkeitsberechnung nicht untersucht worden sei.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und des beigezogenen Verwaltungsvorgangs Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Klage ist unbegründet.
Die Klägerin hat keinen Anspruch auf die Erteilung einer Abrissgenehmigung nach § 10 Abs. 1 Nr. 1 Var. 1 NDSchG. Die Ablehnung des Antrags mit Bescheid vom 22.07.2019 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 5 VwGO).
Rechtsgrundlage für die denkmalrechtliche Abrissgenehmigung ist § 10 Abs. 1 Nr. 1 NDSchG. Danach bedarf derjenige, der ein Kulturdenkmal verändern will, der Genehmigung der Denkmalbehörde. Kulturdenkmale sind nach § 3 Abs. 1 NDSchG Baudenkmale, Bodendenkmale, bewegliche Denkmale und Denkmale der Erdgeschichte.
Bei den streitgegenständlichen Gebäuden Nr. 44 und 51 handelt es sich unstreitig um Kulturdenkmäler, und zwar Baudenkmäler i.S.v. § 3 Abs. 1, 2 NDSchG, an deren Erhaltung wegen ihrer geschichtlichen, künstlerischen, wissenschaftlichen oder städtebaulichen Bedeutung ein öffentliches Interesse besteht. Die beiden Bauwerke sind als Einzeldenkmale innerhalb einer geschützten Gruppe baulicher Anlagen, zu denen weiterhin das ehemalige Verwaltungsgebäude der E. gehört, in die Denkmalliste des Landesamtes für Denkmalpflege eingetragen. Gemeinsam mit dem ebenfalls unter Denkmalschutz stehenden, etwa 100 Meter entfernten Wasserturm zeugen die Gebäude eindrucksvoll von der Industriegeschichte der Stadt.
Hieran haben auch in Anbetracht des baufälligen Zustandes weder die Beteiligten, noch das Gericht selbst Zweifel. Zu ihrer Beseitigung bedürfen die Gebäude deshalb gemäß § 10 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 3 Satz 1 NDSchG einer Genehmigung der Denkmalschutzbehörde i.S.v. § 19 Abs. 1 Satz 1 NDSchG.
Die Klägerin hat jedoch keinen Anspruch auf die Erteilung dieser Genehmigung. Die Beklagte hat als zuständige Denkmalschutzbehörde den Antrag zu Recht versagt, weil der Genehmigung § 10 Abs. 3 Satz 1 NDSchG entgegensteht.
Nach § 10 Abs. 3 NDSchG ist die denkmalrechtliche Genehmigung zu versagen, soweit die Maßnahme gegen dieses Gesetz verstoßen würde. Nach § 6 Abs. 1 NDSchG ist der Eigentümer eines Denkmals dazu verpflichtet, das Denkmal instandzuhalten, zu pflegen und, wenn nötig, instandzusetzen, nach § 6 Abs. 2 NDSchG darf er das Denkmal nicht zerstören, gefährden oder so verändern, dass sein Denkmalwert beeinträchtigt wird. Grenzen dieser Erhaltungspflicht bestehen nach § 7 Abs. 1 NDSchG, soweit die Erhaltung den Verpflichteten (Eigentümer) wirtschaftlich unzumutbar belastet. In diesem Sinne ist ein Eingriff in ein Kulturdenkmal nach § 7 Abs. 2 Nr. 3 NDSchG unter anderem zu genehmigen, soweit die unveränderte Erhaltung den Verpflichteten unzumutbar belastet. Gemäß § 7 Abs. 3 Satz 1 NDSchG ist eine wirtschaftliche Belastung insbesondere dann unzumutbar, soweit die Kosten der Erhaltung und Bewirtschaftung nicht durch die Erträge oder den Gebrauchswert des Kulturdenkmals aufgewogen werden können.
Bei der Beurteilung, wann die infolge der Beibehaltung des denkmalgeschützten Bestandes geminderten Gewinnerwartungen die Schwelle zur Unzumutbarkeit im Sinne des § 7 Abs. 3 NDSchG überschreiten, ist auch und gerade Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG zu berücksichtigen. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG, Beschluss vom 02.03.1999 – 1 BvL 7/91 -, BVerfGE 100, 226) können Eigentümer denkmalgeschützter Gebäude nur in eingeschränktem Umfang erwarten, dass die Erträgnisse ihnen zur Grundlage einer selbstbestimmten Lebensführung dienen können. Die gesteigerte Sozialbindung, denen solche Bauwerke unterliegen, führt zu einer Einschränkung der Gewinnerwartung, deren Enttäuschung erst zu einer dem Eigentümer günstigen Anwendung des § 7 Abs. 2 Nr. 3, Abs. 3 Sätze 1 und 2 NDSchG führen kann. Diese Einschränkung darf allerdings nicht so weit gehen, dass das Denkmal bloßes Zuschussobjekt ist oder überhaupt keine Nutzungsmöglichkeit mehr besteht, welche als – noch – wirtschaftlich sinnvoll angesehen werden kann.
Zu beachten ist, dass die für die Bewertung der wirtschaftlichen Unzumutbarkeit maßgebliche Privatnützigkeit des Eigentums auch die Verfügungsbefugnis des Eigentümers umfasst (BVerfG, Beschluss vom 26.06.2002 - 1 BvR 558/91, 1428/91 - BVerfGE 105, 252 <277>). Daher wird die Privatnützigkeit des Eigentums erst dann nahezu vollständig beseitigt, wenn auch für einen dem Denkmalschutz aufgeschlossenen Eigentümer eines Baudenkmals die Möglichkeit einer Veräußerung praktisch entfällt, weil sich die Verfügungsbefugnis nicht oder nur unzumutbar, etwa gegen einen allein symbolischen Kaufpreis, ins Werk setzen lässt. Anderenfalls verbleibt einem Eigentümer auch in tatsächlicher Hinsicht die Veräußerungsbefugnis, die elementarer Bestandteil der Handlungsfreiheit im Bereich der Eigentumsordnung ist (BVerfG, Beschluss vom 19.06.1969 - 1 BvR 353/67 - BVerfGE 26, 215 <222>; BVerwG, Beschluss vom 28.07.2016 – 4 B 12/16 -, Rn. 7, juris). Verpflichtet, sein Eigentum aus der Hand zu geben, ist der Eigentümer nicht (BVerwG, Beschluss vom 28.07.2016 – 4 B 12/16 –, Rn. 8, juris). Der Gesetzgeber muss bei der Bestimmung von Inhalt und Schranken des Eigentums im Sinne von Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG die schutzwürdigen Interessen des Eigentümers und die Belange des Gemeinwohls in einen gerechten Ausgleich und ein ausgewogenes Verhältnis bringen (BVerfG, Beschluss vom 14.01.2004 - 2 BvR 564/95 - BVerfGE 110, 1 <28>). Diese Anforderungen werden auch gewahrt, wenn die praktische Möglichkeit eines Verkaufs die Zumutbarkeit der Erhaltungspflicht begründet, obwohl eine objektbezogene Wirtschaftlichkeitsberechnung zu einem negativen Ergebnis gelangt. Die Denkmalpflege ist eine Gemeinwohlaufgabe von hohem Rang, die zu einer gesteigerten Sozialbindung des Eigentums an dem Denkmal führt (BVerfG, Beschluss vom 02.03.1999 - 1 BvL 7/91 - BVerfGE 100, 226 <242>). Besteht die Möglichkeit, das jeweilige Baudenkmal zu veräußern, kann der Eigentümer von seiner grundrechtlich von Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG geschützten Veräußerungsbefugnis Gebrauch machen. Zugleich dient es den Zielen des Denkmalschutzes, von einem Abriss eines Gebäudes abzusehen, wenn ein Erwerber - etwa aufgrund anderer wirtschaftlicher Einschätzungen, höherer Risikobereitschaft oder eines besonderen Affektionsinteresses - bereit ist, auch bei negativer Wirtschaftlichkeitsberechnung ein Denkmal zu erhalten (BVerwG, Beschluss vom 28.07.2016 - 4 B 12/16 -, Rn. 10, juris; OVG Koblenz, Urteil vom 17.06.2015 - 8 A 11062/14 - 8 A 11062/14 –, Rn. 42, juris; OVG Magdeburg, Urteil vom 18.02.2015 - 2 L 175/13 - Rn. 92, juris; OVG Münster, Urteil vom 13.09.2013 - 10 A 1069/12 – Rn. 43, juris).
Die Darlegungs- und Beweislast für das Vorliegen einer wirtschaftlichen Unzumutbarkeit liegt beim Eigentümer. Welche Möglichkeiten sich bieten, ein Denkmal überhaupt zu nutzen, und wie die Wirtschaftlichkeit dieser Möglichkeiten einzuschätzen ist, sind Umstände, die im Lebensbereich des Eigentümers wurzeln und zu deren Klärung der Eigentümer deshalb regelmäßig ohne unzumutbare Schwierigkeiten im Stande ist. Zudem ist es gerade wegen der Privatnützigkeit des Eigentums Sache des Eigentümers, ein Nutzungskonzept für das Denkmal zu entwickeln und auf seine Realisierbarkeit zu prüfen, und sich nicht ein solches Konzept von der Denkmalbehörde vorgeben zu lassen (BVerwG, Beschluss vom 28.07.2016 – 4 B 12/16 –, Rn. 7, juris; BVerwG, Beschluss vom 17.11.2009 – 7 B 25/09 –, Rn. 12, juris). Erst wenn der Eigentümer seiner Darlegungslast nachgekommen ist, wäre es an der unteren Denkmalschutzbehörde, darzutun, dass trotz des Scheiterns nachgewiesener Verwertungsbemühungen doch die Chance und Aussicht besteht, dass insgesamt ein wirtschaftlich auskömmlicher, angesichts der gesteigerten Sozialpflichtigkeit des Denkmals noch hinreichender Ertrag zu erwarten ist (Nds. OVG, Urteil vom 13.03.2002 – 1 L 4339/00 –, Rn. 30, juris). Diese Darlegungs- und Beweislast erstreckt sich auch auf den Nachweis des Eigentümers, dass er sich erfolglos um die Veräußerung des Denkmals zu einem angemessenen Preis bemüht hat. Vermag der Eigentümer des Denkmals hingegen keine ernsthaften Bemühungen zur Veräußerung eines Baudenkmals nachzuweisen, kann er sich nicht auf die Unzumutbarkeit der Erhaltung oder Nutzung berufen (OVG Münster, Urteil vom 13.09.2013 – 10 A 1069/12 –, Rn. 47, juris). Es ist dann grundsätzlich von der Zumutbarkeit der Erhaltung des Denkmals auszugehen (VGH Mannheim, Urteil vom 22.11.2019 – 1 S 2984/18 –, Rn. 88, juris).
Welche Darlegungen für das Bestehen einer Verkaufsmöglichkeit gefordert sind, lässt sich nicht allgemein bestimmen. Von Bedeutung kann etwa sein, ob das Ergebnis der Wirtschaftlichkeitsberechnung so eindeutig ist, dass Verkaufsversuche und ein Erhalt des Denkmals auch unter Berücksichtigung von Affektionsinteressen möglicher Käufer von vornherein hoffnungslos erscheinen (BVerwG, Beschluss vom 28.07.2016 – 4 B 12/16 –, Rn. 10, juris; VGH Mannheim, Urteil vom 22.11.2019 – 1 S 2984/18 –, Rn. 90, juris; vgl. auch Guckelberger, NVwZ 2016, 17 <23 f.>; Hartleb/Wurster, in: Hoppenberg/de Witt, Handbuch des öffentlichen Baurechts, Stand Oktober 2015, D Rn. 269: "Indizwirkung" der Wirtschaftlichkeitsberechnung). Das Niedersächsische Oberverwaltungsgericht betont, dass es sich bei der Unverkäuflichkeit um eine Negativtatsache handelt, sodass der Darlegungs- und Beweispflichtige all die Anstrengungen nachzuweisen hat, die er unternommen hat, um das Baudenkmal einer sich rechnenden Nutzung zuzuführen, und hält es beispielsweise für möglich, der Darlegungslast durch fruchtlose Beauftragung eines Maklers oder Schaltung von Zeitungsannoncen nachzukommen (Nds. OVG, Urteil vom 13.03.2002 – 1 L 4339/00 –, Rn. 30, juris). Teils geht die obergerichtliche Rechtsprechung davon aus, dass die Unverkäuflichkeit des Denkmals zu einem angemessenen Preis entweder durch eine an Tatsachen orientierte fachliche Stellungnahme oder in sonstiger geeigneter Form zu belegen sei, um der Denkmalbehörde die Feststellung zu ermöglichen, ob das Denkmal tatsächlich unverkäuflich ist oder ob seine Veräußerung allein an den nicht angemessenen Preisvorstellungen des Eigentümers gescheitert ist, der letztlich auf die lukrativere Verwendung des Grundstücks ohne das Denkmal spekuliert. Bei der Bewertung der Angemessenheit der Preisvorstellungen sind sämtliche Umstände des Einzelfalles zu berücksichtigen. In der Regel wird in die Bewertung einzustellen sein, auf welchem Wege - insbesondere zu welchem Preis - der Eigentümer das Eigentum seinerseits erlangt hat, ob ihm die Denkmaleigenschaft und die eventuell bestehende Sanierungsbedürftigkeit des Objektes bekannt war, ob seit dem Eigentumsübergang eine Verschlechterung des Zustandes des Denkmals durch eine (pflichtwidrige) Vernachlässigung der denkmalpflegerisch notwendigen Erhaltungsmaßnahmen eingetreten ist und zu welchem Preis es der Eigentümer auf dem Immobilienmarkt (auch im Verhältnis zum Bodenwert) angeboten hat. Daneben wird auch zu fordern sein, dass die wirtschaftliche Unverkäuflichkeit des Denkmals etwa durch eine an Fakten orientierte fachliche Stellungnahme, etwa durch Vorlage eines Wertgutachtens unter getrennter Bewertung des Bodenwertes und des Wertes der Bausubstanz sowie des Marktumfeldes, zu belegen ist (OVG Münster, Urteil vom 13.09.2013 – 10 A 1069/12 –, Rn. 49, juris; OVG Koblenz, Urteil vom 02.12.2009 - 1 A 10547/09 -, Rn. 57, juris).
Unter Beachtung dieser Anforderungen kann sich die Klägerin nicht auf die Unzumutbarkeit der Erhaltung des Baudenkmales berufen, weil sie nicht dargelegt hat, dass das Baudenkmal nicht für mehr als nur einen symbolischen Preis veräußert werden kann. Hierbei kann dahinstehen, welcher konkrete Nachweis für die Unverkäuflichkeit des Grundstückes zu fordern und ausreichend wäre. Die Klägerin hat vorliegend überhaupt keine angemessenen Verkaufserwägungen oder gar -bemühungen dargelegt oder erkennen lassen. Die Klägerin hat sich lediglich auf den Standpunkt gestellt, dass die Beklagte im Ablehnungsbescheid die allgemeine Möglichkeit der Veräußerung nicht auf die unverbindliche Äußerung Dritter stützen könne und behauptet, die erklärte Kaufbereitschaft der L. GBS GmbH & Co. KG könne nicht als seriös und realistisch betrachtet werden. Sie sei lediglich in der Öffentlichkeit und gegenüber der Beklagten erklärt, aber nicht unmittelbar an die Klägerin herangetragen worden. Weiter hat die Klägerin behauptet, es gebe kein konkretes Kaufangebot oder Angaben zu den Details, wie einen möglichen Kaufpreis, den Zeitpunkt oder Gewährleistungsrechte. Es werde auch bestritten, dass die Interessenten in Kenntnis aller Gutachten, Belastungen und Investitionskosten noch zu einem Kauf bereit wären.
Mit dieser Auffassung vermag die Klägerin nicht durchzudringen, denn sie entspricht nicht den gesetzlichen Vorgaben, nach denen sie die Darlegungs- und Beweislast für die Unverkäuflichkeit der Gebäude trägt. Ungeachtet der Frage, ob aus dem bekundeten Kaufinteresse im konkreten Fall ein angemessenes Kaufangebot resultieren wird, zeigt es doch, dass Verkaufsbemühungen auch unter Berücksichtigung von Affektionsinteressen nicht von vornherein aussichtslos erscheinen und damit nicht entbehrlich sind.
Es sind jedoch keine eigenen Bemühungen der Klägerin erkennbar, Käufer für das Grundstück zu finden. Ein möglicher, von der Klägerin als angemessen empfundener Kaufpreis ist nicht ermittelt oder substantiiert unter Berücksichtigung der relevanten Umstände dieses Einzelfalls dargelegt. Ein Wertgutachten liegt nicht vor. Insoweit vermag dahinzustehen, ob das Kaufinteresse der L. GBS GmbH & Co KG als seriös zu bewerten ist. Es obliegt vielmehr - wie gezeigt - der Klägerin nachzuweisen, dass es ihr trotz ernstzunehmender Verkaufsbemühungen nicht geglückt ist, ein seriöses Kaufeingebot einzuholen. Dies kann ihr bereits deshalb nicht gelingen, weil sie entgegen ihrer dokumentierten Ankündigung gegenüber der L. GBS GmbH & Co. KG nicht an diese herangetreten ist, um die Ernsthaftigkeit des Kaufinteresses zu prüfen. Angesichts des auf dem Internetauftritt der Interessentin dokumentierten Portfolios an realisierten Sanierungsprojekten wäre ein solcher Schritt für einen Denkmaleigentümer mit ernstzunehmender Verkaufsbereitschaft nicht nur zumutbar, sondern auch naheliegend und zwingend geboten gewesen.
Es ist auch nicht ersichtlich, dass es der Klägerin unzumutbar wäre, Verkaufsbemühungen aufzunehmen. Die Rechtsprechung erkennt zwar unter bestimmten Bedingungen an, dass eine Veräußerung für den Eigentümer unzumutbar sein kann, etwa wenn das Grundstück den wesentlichen Teil des Vermögens des Pflichtigen bildet, das Eigentum von dem Eigentümer selbst bewohnt wird, das Grundstück ein zur Sicherstellung des Lebensunterhaltes des Eigentümers betriebenes Unternehmen beherbergt oder die Veräußerung einen „Fremdkörper“ auf einem Betriebsgelände verursachen würde (vgl. Kleine-Tebbe/Martin/Guntau, NDSchG, § 7 Nr. 2.6.2.3.). Keine dieser Fallgruppen ist jedoch einschlägig. Das Grundstück ist für die Klägerin vielmehr reines Investitionsobjekt.
Aus diesen Gründen kann dahingestellt bleiben, ob die Klägerin im Übrigen mit den vorgelegten Unterlagen die wirtschaftliche Unzumutbarkeit der Erhaltung des Denkmals dargelegt hat, ob von einer wirtschaftlichen Einheit mit dem Baufeld zwischen Wasserturm und den Gebäuden auszugehen ist, das ebenfalls in die Wirtschaftlichkeitsberechnung eingestellt werden müsste oder ob der baufällige Zustand auch auf unterlassene Unterhaltungsmaßnahmen der Klägerin zurückzuführen ist.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO in Verbindung mit § 708 Nr. 11 und § 711 Satz 1 und 2 ZPO.