Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen
Beschl. v. 27.07.2015, Az.: L 13 AS 205/15 B ER

Schwellenwert für die Zulässigkeit einer Beschwerde; Bestimmung des Zeitraums eines Verpflichtungsausspruchs; Glaubhaftmachung von Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund; Vertragswidrige Vorenthaltung von Teilen des Mietzinses; Anspruch auf Arbeitslosengeld II; Leistungen für Unterkunft und Heizung im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes im sozialgerichtlichen Verfahren; Ermittlung des Beschwerdewerts; Vorliegen eines Anordnungsgrundes

Bibliographie

Gericht
LSG Niedersachsen-Bremen
Datum
27.07.2015
Aktenzeichen
L 13 AS 205/15 B ER
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2015, 25483
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:LSGNIHB:2015:0727.L13AS205.15B.ER.0A

Verfahrensgang

vorgehend
SG Oldenburg - AZ: S 48 AS 171/15 ER

Redaktioneller Leitsatz

1. Die Bestimmung auch kürzerer Zeiträume eines Verpflichtungsausspruchs steht im Ermessen des Gerichts.

2. Ein Anordnungsanspruch ist glaubhaft gemacht, wenn das Gericht aufgrund einer vorläufigen, summarischen Prüfung zu der Überzeugung gelangt, dass eine überwiegende Wahrscheinlichkeit dafür spricht, dass dem Antragsteller ein Rechtsanspruch auf die begehrte Leistung zusteht und deshalb der Antragsteller in einem Hauptsacheverfahren mit dem gleichen Begehren voraussichtlich Erfolg haben würde.

3. Ein Anordnungsgrund ist glaubhaft gemacht, wenn eine überwiegende Wahrscheinlichkeit dafür spricht, dass eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile für den Antragsteller ohne die Möglichkeit weiteren Zuwartens erforderlich ist.

4. Vor dem Hintergrund der Bedeutung der Wohnung als Lebensmittelpunkt vertritt der Senat die Auffassung, dass bereits die vertragswidrige Vorenthaltung von Teilen des Mietzinses gegenüber dem Vermieter für einen Leistungsberechtigten einen wesentlichen Nachteil darstellen kann, der zum Erlass einer einstweiligen Anordnung berechtigen kann, dies jedenfalls dann, wenn die Möglichkeit einer daraus zu einem späteren Zeitpunkt resultierenden Wohnungskündigung mit der weiteren Folge des Wohnungsverlustes nicht unwahrscheinlich ist.

Tenor:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Kosten sind nicht zu erstatten.

Gründe

I.

Es ist bereits fraglich, ob die am 30. Juni 2015 eingelegte Beschwerde der Antragsteller gegen den Beschluss des Sozialgerichts (SG) Oldenburg vom 25. Juni 2015 zulässig ist, §§ 172, 173 Sozialgerichtsgesetz (SGG).

Erforderlich für die Zulässigkeit der Beschwerde ist, dass die mit ihr nach § 172 SGG geltend gemachte Beschwer der Antragsteller den Schwellenwert für eine zulassungsfreie Berufung nach § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG - dieser Wert beträgt 750 EUR - erreicht, wie sich aus § 172 Abs. 3 Nr. 1 SGG ergibt. Die Antragsteller begehren mit ihrer Beschwerde, dem Bewilligungsbescheid des Antragsgegners vom 15. April 2015 folgend, zwar Leistungen vom Zeitpunkt des Eingangs der Antragsschrift beim SG am 22. Mai 2015 bis einschließlich 30. April 2016 und überschreiten damit, bei einer monatlichen Differenz i. H. v. 71,33 EUR in Gegenüberstellung des von ihnen begehrten Zahlbetrages gegenüber den vom Antragsgegner gewährten Leistungen, in einer Betrachtung des gesamten Zeitraums den Beschwerdewert. Gleichwohl ist überlegenswert, ob gemäß der Eigenart eines gerichtlichen Eilverfahrens - als stets allein dem Zweck der einstweiligen Regelung eines streitigen Rechtsverhältnisses dienendes Verfahren und dementsprechend stets vorübergehender Natur - anzunehmen ist, dass der Regelungsgegenstand im Hinblick auf laufende Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) in dieser Verfahrensart stets auf einen Zeitraum von maximal sechs Monaten in die Zukunft begrenzt anzunehmen ist (vgl. auch Binder in Lüdtke (Hrsg.), SGG, 4. Aufl. 2012, § 86b Rn. 37, 54). Die Bestimmung auch kürzerer Zeiträume eines Verpflichtungsausspruchs steht dabei jeweils im Ermessen des Gerichts (vgl. Keller, in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Aufl. 2014, § 86 b, Rn. 35b).

Der Senat lässt diese Frage im Ergebnis dahinstehen, denn die Beschwerde erweist sich jedenfalls als unbegründet.

II.

Unter Berücksichtigung der gesetzlichen Voraussetzungen hat das SG Oldenburg zu Recht den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung abgelehnt. Hinsichtlich der Darstellung des Sachverhalts nimmt der Senat zunächst zur Vermeidung von Wiederholungen auf die Ausführungen des SG Oldenburg in seinem angefochtenen Beschluss Bezug.

a) Der Erlass einer einstweiligen Anordnung ist zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis gem. § 86 b Abs. 2 S. 2 SGG zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Voraussetzung für den Erlass einer Regelungsanordnung ist stets, dass sowohl ein Anordnungsanspruch (d. h. der durch die Anordnung zu sichernde, in der Sache gegebene und im Hauptsacheverfahren geltend gemachte materielle Leistungsanspruch) als auch ein Anordnungsgrund (d. h. die Eilbedürftigkeit der Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile, vgl. Keller, in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Aufl. 2014, § 86 b, Rn. 27 f.; m. a. W. der Grund, weshalb die Anordnung so dringlich ist, dass dieser Anspruch vorläufig bis zur Entscheidung in der Hauptsache gesichert werden muss) glaubhaft gemacht werden (vgl. § 86 b Abs. 2 S. 4 SGG i. V. mit § 920 Abs. 2 Zivilprozessordnung -ZPO-). Ein Anordnungsanspruch ist dabei glaubhaft gemacht, wenn das Gericht aufgrund einer vorläufigen, summarischen Prüfung zu der Überzeugung gelangt, dass eine überwiegende Wahrscheinlichkeit dafür spricht, dass dem Antragsteller ein Rechtsanspruch auf die begehrte Leistung zusteht und deshalb der Antragsteller in einem Hauptsacheverfahren mit dem gleichen Begehren voraussichtlich Erfolg haben würde. Ein Anordnungsgrund ist glaubhaft gemacht, wenn eine überwiegende Wahrscheinlichkeit dafür spricht, dass eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile für den Antragsteller ohne die Möglichkeit weiteren Zuwartens erforderlich ist.

Ausgehend von diesen Grundsätzen ist es den Antragstellern nicht gelungen, das Vorliegen eines Anordnungsgrundes für die begehrten Leistungen i.S. von § 86 b Abs. 2 S. 2 SGG glaubhaft zu machen.

b) Auch der Senat ist - dies in Bezug auf den Anordnungsanspruch - zwar der Auffassung, dass jedenfalls im Eilverfahren zur Ermittlung der angemessenen Leistungen für die Unterkunft auf die Tabelle zu § 12 Wohngeldgesetz (WoGG) zurückgegriffen werden kann, wenn es nicht ohne weiteres möglich ist, unter Zugrundelegung eines schlüssigen Konzepts im Sinne der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) zur Ermittlung des Mietniveaus für eine angemessene Wohnung eine angemessene Bruttokaltmiete zu bestimmen. Zwar führt dieser Rückgriff nicht stets zu einem geeigneten Maßstab zur Bestimmung der angemessenen Leistung der Unterkunftskosten im Sinne des § 22 SGB II; er beinhaltet jedoch eine Angemessenheitsgrenze nach oben. Aus diesem Grund ist auch die rechte Spalte in der Tabelle zu § 12 Wohngeldgesetz zu Grunde zu legen und diese durch einen angemessenen Zuschlag von 10 % zu den Tabellenwerten zu erhöhen, sodass mögliche Unbilligkeiten der Pauschalierung ausgeglichen werden (vgl. BSG, Urteil vom 12. Dezember 2013 - B 4 AS 87/12 R - juris Rn. 25, 28; Urteil vom 26. Mai 2011 - B 14 AS 132/10 R - juris Rn. 29; vgl. auch Senat, Beschluss vom 31. Juli 2013 - L 13 AS 193/13 B ER -, Beschluss vom 28. Mai 2014 - L 13 AS 132/14 B ER - und Beschluss vom 24. Juni 2015 - L 13 AS 113/15 B ER).

c) Darüber hinaus vertritt der Senat - dies in Bezug auf den Anordnungsgrund und in Abweichung zur Rechtsmeinung des SG und den dort angegebenen Beschlüssen verschiedener Landessozialgerichte (LSG; zum Streitstand auch LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 28. Januar 2015 - L 11 AS 261/14 B -, juris Rn. 12) die Auffassung, dass ein bestehendes Risiko einer vermieterseitigen Kündigung des Mietverhältnisses aufgrund von Zahlungsrückständen durchaus Anlass zum Erlass einer einstweiligen Anordnung geben kann. Diese Kündigung muss zudem keineswegs bereits in der Weise unmittelbar bevorstehen, dass der Vermieter aufgrund der Rückstände bereits über ein Kündigungsrecht verfügt. In Eilverfahren über laufende Leistungen für Unterkunft dürfen keine überhöhten Anforderungen an den Anordnungsgrund gestellt werden (so auch 11. Senat des erkennenden Gerichts, aaO., juris Rn. 13).

Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG, Kammerbeschluss vom 12. Mai 2005 - 1 BvR 569/05 - NVwZ 2005, 927 - juris Rn. 23 ff., m. w. Nachw.; vgl. auch BVerfG, Kammerbeschluss vom 22. November 2002 - 1 BvR 1586/02 -; BVerfG, Nichtannahmebeschluss vom 1. Februar 2010 - 1 BvR 20/10 -) verlangt die Gewährleistung effektiven Rechtsschutzes die vorläufige Befriedigung von Leistungsansprüchen im Rahmen eines Eilverfahrens dann, wenn ohne diese dem Betroffenen eine erhebliche, über Randbereiche hinausgehende Verletzung in seinen Rechten droht, die durch die Entscheidung in der Hauptsache nicht mehr beseitigt werden kann. Die Möglichkeit des Erlasses einer einstweiligen Anordnung hat vor dem Hintergrund des Art. 19 Abs. 4 Grundgesetz m. a. W. die Aufgabe, in solchen Fällen effektiven Rechtsschutz zu gewährleisten, in denen eine Entscheidung im grundsätzlich vorrangigen Verfahren der Hauptsache aufgrund des Zeitablaufs zu schweren und unzumutbaren, nicht anders abwendbaren Nachteilen führen würde, zu deren nachträglicher Beseitigung die Entscheidung in der Hauptsache nicht mehr in der Lage wäre (vgl. BVerfG, Kammerbeschluss vom 22. November 2002 - 1 BvR 1586/02 - juris Rn. 7). Dies bedeutet zugleich, dass auch im Bereich des SGB II ein Anordnungsgrund fehlen kann, wenn keine ernsthafte Gefährdung für die endgültige Rechtsverwirklichung und -durchsetzung besteht, wenn also dem Antragsteller auch mit einer späteren Realisierung seines Rechts geholfen ist. Im Ausgangspunkt zu fordern ist demnach eine existentielle Notlage (LSG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 12. August 2010 - L 5 AS 135/10 B ER - juris Rn. 21), die freilich immer dann naheliegt, wenn das Existenzminimum des Leistungsberechtigten durch die tatsächlich gewährten Leistungen unter Berücksichtigung seiner realen Selbsthilfemöglichkeiten nicht gesichert ist.

Im Kern gilt dies auch für den Anordnungsgrund hinsichtlich der Kosten der Unterkunft (LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 13. Mai 2015 - L 6 AS 369/15 B ER -, juris Rn. 31 - 33, unter Hinweis auf die im Januar 2015 erklärte Aufgabe der dort bislang vertretenen Senatsrechtsprechung, dass ein Anordnungsgrund regelmäßig erst mit der Erhebung der Räumungsklage anzunehmen sei). Nicht allein ausreichend ist jedoch der Hinweis darauf, dass im Bereich der Existenzsicherung jede oberhalb einer etwaigen Bagatellgrenze liegende Bedarfsunterdeckung den Kernbereich des nach Art. 1 Abs. 1, Art. 20 Abs. 1 Grundgesetz (GG) verfassungsrechtlich geschützten Grundrechts auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums verletze (so 11. Senat des erkennenden Gerichts, Beschluss vom 28. Januar 2015 - aaO., juris Rdn. 13), denn dies berücksichtigt einerseits nicht die u. U. gegebene Verfügbarkeit leistungsrechtlich geschützter Einkommens- und Vermögenspositionen, und andererseits ist in Bezug auf die Leistungen für Unterkunft und Heizung auch zu berücksichtigen, dass mit diesen der Erhalt der Wohnung des Leistungsberechtigten gesichert werden soll und die Gefährdung dieses Wohnungserhalts demnach erkennbar und nachvollziehbar sein muss.

Wie das LSG Nordrhein-Westfalen (aaO.) zutreffend ausgeführt hat - und der erkennende Senat schließt sich dem an - können schon zu einem früheren Zeitpunkt als demjenigen der Kündigung wesentliche Nachteile zu befürchten sein, die ein Zuwarten bis zur Entscheidung in der Hauptsache unzumutbar erscheinen lassen. Zu berücksichtigen ist einerseits die andauernde Beeinträchtigung, die bereits dadurch entstehen kann, dass dem Leistungsberechtigten die Möglichkeit zur Zahlung der Kosten der Unterkunft als Teil der ein menschenwürdiges Existenzminimum sichernden Leistung fehlt und der Leistungsberechtigte die hierdurch drohenden Konsequenzen vor Augen haben muss, nämlich die Gefährdung der Wohnung als Lebensmittelpunkt unter Beeinträchtigung des Grundrechts aus Art. 13 GG. Vor allem aber steht die tatsächliche Gefährdung des Erhalts dieser Wohnung als Lebensmittelpunkt im Zentrum der Betrachtung, die sich, und zwar aufgrund der vom LSG Nordrhein-Westfalen aaO. geschilderten zivilprozessualen Eigenarten trotz Geltung der §§ 543 Abs. 2 S. 2, 569 Abs. 3 Nr. 2 Bürgerliches Gesetzbuch, nicht mit letzter Sicherheit nach Erhebung der Räumungsklage noch abwenden lässt.

Vor dem Hintergrund der Bedeutung der Wohnung als Lebensmittelpunkt vertritt der Senat die Auffassung, dass bereits die vertragswidrige Vorenthaltung von Teilen des Mietzinses gegenüber dem Vermieter für einen Leistungsberechtigten einen wesentlichen Nachteil darstellen kann, der zum Erlass einer einstweiligen Anordnung berechtigen kann, dies jedenfalls dann, wenn die Möglichkeit einer daraus zu einem späteren Zeitpunkt resultierenden Wohnungskündigung mit der weiteren Folge des Wohnungsverlustes nicht unwahrscheinlich ist. Bei der Anmietung einer Wohnung auf dem allgemeinen Markt genügt regelmäßig bereits die fortlaufende Nichtzahlung eines Teils der Miete, um einen entsprechenden Nachteil anzunehmen, denn dies führt im weiteren Verlauf zu erheblichen Mietrückständen und letztlich zur vermieterseitigen fristlosen Kündigung der Wohnung. Eine grundlegend andere Situation besteht hingegen regelmäßig bei Verwandtenmietverhältnissen, bei denen die Beendigung des Mietverhältnisses und der Verlust der Wohnung bei einer teilweisen Nichtzahlung des Mietzinses aufgrund finanziellen Unvermögens regelmäßig als sehr unwahrscheinlich anzusehen ist, so dass dort das Bestehen eines Anordnungsgrundes in der Regel ausscheidet und die Annahme des Gegenteils einer besonders sorgfältigen Begründung bedarf.

Daher erscheint es dem Senat zur Gewährung effektiven Rechtsschutzes - ebenso wie dem LSG Nordrhein-Westfalen, aaO., juris Rn. 33 - geboten, den wesentlichen Nachteil als Anordnungsgrund stets unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, unabhängig von einem etwa pauschal angenommenen erforderlichen Verfahrensstand eines vermieterseitigen Räumungsbegehrens, zu beurteilen.

c) Im konkreten Einzelfall der Antragsteller droht eine fortwährende Nichtzahlung eines Teils der Miete bereits nicht, jedenfalls ist Derartiges von den Antragstellern nicht hinreichend dargelegt worden. Denn bislang haben sie es über einen Zeitraum von nahezu fünf Jahren verstanden, auch ohne gerichtliche Hilfe einen Mietrückstand nicht eintreten zu lassen, worauf der Antragsgegner mit Recht hingewiesen hat. Bereits dies legt das Vorhandensein entsprechender zusätzlicher Möglichkeiten der Selbsthilfe, ggf. auch durch Unterstützung von Verwandten oder sonstigen nahestehenden Personen, nahe. Eine konkrete Notlage ist insoweit nicht dargelegt. Insoweit wäre konkret vorzutragen gewesen, wie die Mietzahlungen bislang sichergestellt worden sind und aus welchen Gründen dies nun nicht mehr möglich ist.

Außerdem verfügen die Antragsteller wegen der Erwerbseinkünfte des Antragstellers zu 1. i. H. v. 200 EUR über einen leistungsrechtlich geschützten Einkommensanteil i. H. v. insgesamt 120 EUR in Anwendung des Freibetrages nach § 11b Abs. 2 Satz 1 SGB II, der bei Erwerbstätigen an die Stelle der Freibeträge nach § 11b Abs. 1 Nrn. 3 bis 5 SGB II tritt, sowie des § 11 Abs. 3 SGB II. Es handelt sich insoweit jedenfalls bei dem Anteil nach § 11 Abs. 3 SGB II i. H. v. 20 EUR um bereite Mittel, die tatsächlich zum Bestreiten des Lebensunterhalts zur Verfügung stehen und die über das Existenzminimum hinausgehen, das im Rahmen des gerichtlichen Eilrechtsschutzes gesichert werden soll (vgl. 15. Senat des erkennenden Gerichts, Beschluss vom 3. Dezember 2014 - L 15 AS 229/14 B ER -). Derartige Einkommensfreibeträge sind für die Sicherstellung des Existenzminimums regelmäßig einzusetzen. Dieser Einsatz ist einer Inanspruchnahme gerichtlichen Eilrechtsschutzes vorrangig. Hinsichtlich des Anteils i. H. des Grundfreibetrages von 100 EUR gilt dies zwar nicht ohne Weiteres, jedoch stehen auch diese Mittel den Antragstellern tatsächlich zur Verfügung, soweit Ausgaben in entsprechender Höhe nicht entstehen; insoweit fehlt es dem Senat jedoch an entsprechenden Erkenntnissen. Daher wird die vorliegende Entscheidung auf die ggf. bestehende Möglichkeit des Einsatzes auch eines Teilbetrages des Grundfreibetrages nicht gestützt.

Eine die Sicherstellung des soziokulturellen Existenzminimums gefährdende Notlage der Antragsteller vermag der Senat in Abwägung aller Umstände des Einzelfalles nicht festzustellen.

Vorrangig vor dem Eilrechtsschutz wäre im Übrigen auch der Verbrauch von sog. "Schonvermögen" nach § 12 Abs. 2 Nr. 1, 1a SGB II, vgl. Senatsbeschlüsse vom 6. Februar 2014 - L 13 AS 35/14 B ER - und vom 1. November 2011 - L 13 AS 287/11 B ER - sowie den Beschluss des 15. Senats des erkennenden Gerichts vom 4. Juli 2014 - L 15 AS 229/14 B ER - sowie Binder aaO., § 86b Rn. 37 m. w. N.).

Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.

Dieser Beschluss ist nicht anfechtbar (§ 177 SGG).