Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen
Beschl. v. 01.07.2015, Az.: L 7/14 AS 7/14 B

Bibliographie

Gericht
LSG Niedersachsen-Bremen
Datum
01.07.2015
Aktenzeichen
L 7/14 AS 7/14 B
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2015, 22301
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:LSGNIHB:2015:0701.L7.14AS7.14B.0A

Verfahrensgang

vorgehend
SG Braunschweig - 14.02.2014 - AZ: S 58 SF 166/13 E

Tenor:

Die Beschwerde des Beschwerdeführers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Braunschweig vom 14. Februar 2014 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Gründe

I.

Die Beteiligten streiten über die Höhe der Rechtsanwaltsvergütung in einem Prozesskostenhilfeverfahren.

Der Beschwerdeführer wurde mit Beschluss des Sozialgerichts Braunschweig (SG) vom 24. Januar 2013 im Klageverfahren zum dortigen Aktenzeichen S 21 AS 4846/09 den dortigen Klägern zu 2., 5., 6. und 7. mit Wirkung ab dem 23. Januar 2013 als Prozessbevollmächtigter beigeordnet. In dem am 8. Dezember 2009 anhängig gemachten Klageverfahren stritten die dortigen Beteiligten im Rahmen von Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) über die mit Bescheid vom 30. Juli 2009 erfolgte Ablehnung eines auf den Zeitraum Mai bis Oktober 2007 bezogenen Überprüfungsantrags. Das Verfahren endete durch einen in der 54-minütigen mündlichen Verhandlung vor dem SG am 24. Januar 2013 unter Einbeziehung eines weiteren Verfahrens zum Aktenzeichen S 21 AS 2736/11 geschlossenen gerichtlichen Vergleich gemäß § 101 SGG mit dem Inhalt einer Nachzahlung des Beklagten in Höhe von EUR 770,00 an alle dortigen Kläger, in Höhe weiterer EUR 50,00 nur an den dortigen Kläger zu 1. und in Höhe von EUR 180,00 nur an die dortige Klägerin zu 3. Der gerichtliche Vergleich beinhaltete weiterhin die Vereinbarung einer Kostentragung des dortigen Beklagten mit einer zu erstattenden Schwellengebühr zzgl. zwei Erhöhungsgebühren zzgl. EUR 170,00 Vergleichsgebühr zzgl. Auslagenpauschale und Mehrwertsteuer, die vom dortigen Beklagten in der Folgezeit durch Zahlung von insgesamt EUR 683,06 erfüllt wurde.

Mit am 25. Februar 2013 eingegangenem Schreiben vom 16. Februar 2013 beantragte der Beschwerdeführer beim SG die Erstattung der Gebühren und Auslagen für seine Tätigkeit im Klageverfahren. Abgerechnet wurden dabei eine Verfahrensgebühr nach Nr. 3103 Vergütungsverzeichnis zum Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (VV RVG), einschließlich Erhöhung nach Nr. 1008 VV RVG, in Höhe von insgesamt EUR 220,00, eine Terminsgebühr nach Nr. 3106 VV RVG in Höhe von EUR 380,00, eine Einigungsgebühr nach Nr. 1006 VV RVG in Höhe von EUR 220,00 sowie die Pauschale nach Nr. 7002 VV RVG in Höhe von EUR 20,00, Tagegeld nach Nr. 7005 VV RVG in Höhe von EUR 20,00 und 19% Umsatzsteuer nach Nr. 7008 VV RVG in Höhe von EUR 163,40.

Unter dem 15. April 2013 setzte der zuständige Urkundsbeamte der Geschäftsstelle beim SG die dem Beschwerdeführer aus der Staatskasse zu gewährende Vergütung auf EUR 653,79 fest unter Ansetzung einer Verfahrensgebühr in Höhe von EUR 20,00 zzgl. einer Erhöhung um EUR 18,00, einer Terminsgebühr in Höhe von EUR 300,00, einer Einigungs- und Erledigungsgebühr in Höhe von EUR 190,00, einer Pauschale in Höhe von EUR 20,00, Abwesenheitsgeld in Höhe von EUR 1,40 und Umsatzsteuer in Höhe von EUR 104,39. Die Verfahrensgebühr könne unter Berücksichtigung der Kriterien des § 14 RVG und der erst ab dem Tag vor der mündlichen Verhandlung erfolgten Prozesskostenhilfebewilligung nur auf die Mindestgebühr festgesetzt werden. Zudem seien am Terminstag insgesamt 25 Verfahren der Bedarfsgemeinschaft verhandelt worden, weshalb Synergieeffekte zu berücksichtigen seien. Für die Terminsgebühr seien bei einer Dauer von 54 Minuten EUR 300,00 festsetzungsfähig. Die Einigungs- und Erledigungsgebühr sei mit der Mittelgebühr anzusetzen. Die Gebühr nach Nr. 7005 VV RVG sei auf alle 25 Verfahren zu verteilen. Eine Vergütung aus der Staatskasse erfolge nicht, weil die bereits im Wege der Kostenerstattung durch den Beklagten im Klageverfahren zum Aktenzeichen S 21 AS 4846/09 gezahlte Vergütung in Höhe von EUR 683,06 anzurechnen sei.

Hiergegen legte der Beschwerdeführer eine am 2. Mai 2013 beim SG eingegangene Erinnerung ein. Nach dem Beschluss des Bundesgerichtshofs (BGH) vom 20. Januar 2011 zum Aktenzeichen V ZB 216/10 könne bei der Gebührenfestsetzung von der verbindlichen Bestimmung des Rechtsanwalts nur abgewichen werden, wenn der zur Erstattung verpflichtete Dritte die Unbilligkeit vorgetragen habe. Die Landeskasse sei jedoch vor der Erstattungsfestsetzung der Billigkeit der angesetzten Gebühren nicht entgegen getreten. Der Beschwerdeführer habe zudem vor dem Termin die Sach- und Rechtslage geprüft, auch zur Terminsvorbereitung. Die Gebühren seien in der beantragten Höhe zu übernehmen.

Das SG hat die Erinnerung mit Beschluss vom 14. Februar 2014 zurückgewiesen. Die nur auf die Tätigkeiten ab Beiordnung bezogene Verfahrensgebühr sei zutreffend festgesetzt. Eine etwaige Festsetzung auf eine doppelte Mindestgebühr könne dahinstehen, weil jedenfalls die Terminsgebühr zu hoch festgesetzt sei. Selbst bei Angemessenheit einer Mittelgebühr, was bei 26 Terminen an einem Tag und der Erörterung von zwei Verfahren in 54 Minuten kaum der Fall sei, reduziere sich diese Gebühr um EUR 200,00. Auf den Umstand einer auf EUR 60,00 festzusetzenden Abwesenheitspauschale nach der Stufe 3 komme es daher ebenfalls nicht an.

Gegen den am 22. Februar 2014 zugestellten Beschluss richtet sich die am 7. März 2014 eingegangene Beschwerde. Unter Berücksichtigung des Beschlusses des BGH vom 20. Januar 2011 zum Aktenzeichen V ZB 216/10 könne von der verbindlichen Gebührenbestimmung des Rechtsanwalts nicht abgewichen werden, weil vor der Festsetzung von der Landeskasse keine Einwendungen substantiiert worden seien.

Das SG hat unter dem 12. Mai 2014 mitgeteilt, der Beschwerde nicht abzuhelfen. Der vom Beschwerdeführer zitierte Beschluss des BGH sei in einem zivilprozessualen Verfahren ergangen und daher im sozialgerichtlichen Verfahren, in dem gemäß § 103 SGG der Amtsermittlungsgrundsatz gelte und nicht der Beibringungsgrundsatz, nicht heranzuziehen.

Der Beschwerdegegner hat keine Stellungnahme eingereicht.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte sowie die Beiakte zum Aktenzeichen S 21 AS 4846/09 Bezug genommen, die vorgelegen haben und Gegenstand der Entscheidungsfindung gewesen sind.

II.

Die aufgrund eines Beschwerdewerts von mehr als EUR 200,00 nach § 1 Abs. 3 iVm § 56 Abs. 2 Satz 1 iVm § 33 Abs. 3 Satz 1 RVG statthafte und fristgemäße Beschwerde gegen die Festsetzung der Rechtsanwaltsgebühren ist unbegründet. Der Beschwerdeführer hat keinen über die bereits erfolgte Vergütungsfestsetzung hinausgehenden Anspruch.

1. Nach §§ 3, 14 RVG bestimmt der Rechtsanwalt Rahmengebühren im Einzelfall unter Berücksichtigung aller Umstände, vor allem des Umfangs und der Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit, der Bedeutung der Angelegenheit, der Einkommens- und der Vermögensverhältnisse des Auftraggebers sowie ggf. eines besonderen Haftungsrisikos nach billigem Ermessen, wobei das geringere Gewicht eines Bemessungsmerkmals das überwiegende Gewicht eines anderen Merkmals kompensieren kann und Ausgangspunkt bei der Bemessung einer Rahmengebühr grundsätzlich die so genannte Mittelgebühr ist, d.h. die Hälfte von Höchst- zzgl. Mindestgebühr als Mitte des gesetzlichen Gebührenrahmens (vgl. Bundessozialgericht, Urteil vom 1. Juli 2009 - B 4 AS 21/09 R -; Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 24. April 2006 - L 4 B 4/05 KR SF -; Mayer in Gerold/Schmidt, Kommentar zum Rechtsanwaltsvergütungsgesetz, 21. Aufl. 2013, § 14 Rn 15 ff.). Bei von einem Dritten zu ersetzenden Gebühren ist gemäß § 14 Abs. 1 Satz 4 RVG die vom Rechtsanwalt getroffene Bestimmung nicht verbindlich und entsprechend zu korrigieren, wenn sie unbillig ist. Dies ist der Fall, wenn die geltend gemachten Gebühren die Toleranzgrenze von circa 20% zur tatsächlich objektiv angemessenen Gebührenhöhe überschreiten (vgl. Bundessozialgericht, Urteil vom 1. Juli 2009 - B 4 AS 21/09 R). Für die vom Beschwerdeführer angenommene grundsätzliche Beschränkung der sozialgerichtlichen Prüfungs- und ggf. Korrekturkompetenz im Rahmen von Vergütungsfestsetzungsverfahren für im Wege der Prozesskostenhilfe beigeordnete Rechtsanwälte auf Fälle, in denen der zur Erstattung verpflichtete Dritte die Unbilligkeit als Einwendung vorgetragen hat, ist eine gesetzliche Grundlage nicht ersichtlich. Soweit der BGH in seinem vom Beschwerdeführer zitierten Beschluss vom 20. Januar 2011 zum Aktenzeichen V ZB 216/10§ 14 Abs. 1 Satz 4 RVG die Regelung entnimmt, dass dem Dritten im Rahmen des Erstattungsverfahrens die Darlegungs- und Beweislast dafür obliege, dass es an der Billigkeit fehle, ist diese Entscheidung in einem zivilgerichtlichen Verfahren ergangen. Die Auslegung entspricht damit dem in zivilgerichtlichen Verfahren grundsätzlich geltenden Beibringungs- bzw. Dispositionsgrundsatz, nach dem die dortigen Parteien durch ihr Vorbringen den vom jeweiligen Gericht zu bewertenden Streitstoff bestimmen und ggf. auch beschränken können, und damit der konsequenten Übertragung des im materiellen Recht geltenden Grundsatzes der Privatautonomie auf den Zivilprozess (vgl. Musielak in Musielak/Voit, ZPO, 12. Aufl. 2015, Einleitung Rn 35 ff.). Im sozialgerichtlichen Verfahren nach dem Sozialgerichtsgesetz (SGG). gilt jedoch demgegenüber gemäß § 103 SGG der Untersuchungs- bzw. Amtsermittlungsgrundsatz, nach dem der Sachverhalt von Amts wegen erforscht wird ohne Bindung an das Vorbringen und die etwaigen Beweisanträge der Beteiligten, weshalb nicht wie im Zivilprozess ein formeller Wahrheitsbegriff maßgeblich ist, sondern ebenso wie für die anderen verwaltungsgerichtlichen Verfahren das Prinzip der materiellen Wahrheit (vgl. Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Aufl. 2014, Vor § 60 SGG Rn 4 ff. und Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Aufl. 2014, § 103 Rn 1 ff.). Nach diesen maßgeblichen Verfahrensgrundsätzen hat sich auch das Vergütungsfestsetzungsverfahren für im Wege der Prozesskostenhilfe in sozialgerichtlichen Verfahren beigeordnete Rechtsanwälte zu richten. Hieran ändert auch § 1 Abs. 4 RVG nichts, weil sich der insoweit normierte Vorrang nur auf Verfahrensvorschriften des RVG über Erinnerung und Beschwerde bezieht, nicht aber auf im SGG gesetzlich normierte Verfahrensgrundsätze. Es kann vor diesem Hintergrund dahinstehen, dass sich der vom Beschwerdeführer zitierte Beschluss des BGH zudem auch nur auf die Situation eines Kostenfestsetzungsverfahrens gegen den zur Kostenerstattung verpflichteten Verfahrensgegner in der Hauptsache bezieht und nicht auf die abweichende Situation des Vergütungsfestsetzungsverfahrens bzgl. aus der Staatskasse zu zahlenden Vergütungen für im Wege der Prozesskostenhilfe beigeordnete Rechtsanwälte. Entsprechend verhält sich der Beschluss des BGH auch nicht zu einer etwaigen Rügeobliegenheit der Staatskasse, die jedenfalls zweifelhaft sein dürfte, weil die Staatskasse gerade nicht Partei eines zivilgerichtlichen Verfahrens ist.

2. Unter Berücksichtigung der ausgeführten Kriterien ist die vom Beschwerdeführer erfolgte Gebührenansetzung unbillig und zu korrigieren. Die maßgeblichen Gebührenbemessungskriterien rechtfertigen keine die im Vergütungsfestsetzungsbeschluss vom 15. April 2013 festgesetzte Summe in Höhe von EUR 653,79 übersteigende Gesamtvergütungsfestsetzung.

Für die Verfahrensgebühr nach Nr. 3103 VV RVG rechtfertigt eine Gesamtbetrachtung lediglich den erfolgten Ansatz einer Mindestgebühr. Wesentlich für diese Beurteilung ist, dass für den maßgeblichen Zeitraum der ausdrücklichen Bewilligung der Prozesskostenhilfe ab dem 23. Januar 2013 bei einer vergleichsweisen Verfahrensbeendigung bereits in der mündlichen Verhandlung am 24. Januar 2013 relevante anwaltliche Tätigkeiten nicht ersichtlich sind. Allein der Vortrag einer vor dem Termin erfolgten Prüfung der Sach- und Rechtslage genügt bereits deshalb nicht, weil durch diese pauschale und nicht spezifizierte Zeitangabe Tätigkeiten im Zeitraum ab dem 23. Januar 2013 nicht einmal konkret vorgetragen werden. Etwaige anwaltliche Tätigkeiten im Zeitraum vor der erfolgten Prozesskostenhilfebewilligung, insbesondere im Rahmen der Klagerhebung und nachfolgender Schriftsätze, sind für die Bemessung der Verfahrensgebühr nicht heranzuziehen, weil sich der Vergütungsanspruch eines beigeordneten Rechtsanwalts nach dem Bewilligungs- und Beiordnungsbeschluss bestimmt. Gebührenansprüche können in dem Umfang sowie in der Höhe geltend gemacht werden, wie sie ab dem Zeitpunkt der Wirksamkeit der Beiordnung entstehen, wobei der im Bewilligungs- und Beiordnungsbeschluss ausdrücklich festgesetzte Zeitpunkt maßgeblich ist, unabhängig davon, ob ggf. die Bewilligung und Beiordnung bereits zu einem früheren Zeitpunkt hätte erfolgen können oder im Einzelfall sogar müssen (vgl. Müller-Rabe in Gerold/Schmidt, Kommentar zum Rechtsanwaltsvergütungsgesetz, 21. Aufl. 2013, § 48 Rn 88, 95; Hartmann, Kostengesetze, 44. Aufl. 2014, § 48 RVG Rn 15, 89). Eine Rückwirkung der Bewilligung scheidet in diesem Fall aus (vgl. Hartmann, Kostengesetze, 44. Aufl. 2014, § 48 RVG Rn 15). Es kann vor diesem Hintergrund dahinstehen, dass auch der konkrete Inhalt und Umfang der vorgetragenen Prüfung weder substantiiert noch belegt ist. Dahinstehen kann schließlich, ob und ggf. in welchem Umfang die bloße Wiederholung einer bereits erfolgten Prüftätigkeit als eine bei der Gebührenbemessung zu berücksichtigende Tätigkeit beurteilt werden kann. Die weiteren Bemessungskriterien können bei einer nicht ersichtlichen Tätigkeit - unabhängig von ihrer etwaigen Einstufung - zu keiner abweichenden Gebührenbemessung führen. Eine höhere Gebühr ergibt sich auch nicht unter Berücksichtigung der so genannten Toleranzgrenze, weil die vom Beschwerdeführer bestimmte Gebühr die angemessene Gebührenhöhe um weit mehr als 20% übersteigt.

Die Erhöhungsgebühr gemäß Nr. 1008 VV RVG errechnet sich daher bei insgesamt vier zu berücksichtigenden Auftraggebern des Beschwerdeführers mit EUR 18,00 aus der Mindestgebühr.

Für die weiter angesetzte Terminsgebühr nach Nr. 3106 VV RVG rechtfertigt eine Gesamtbetrachtung keinen höheren Ansatz, als die Mittelgebühr. Diese beträgt nach Nr. 3106 VV RVG in der bis zum 31. Juli 2013 geltenden Fassung vor Inkrafttreten des 2. Kostenrechtmodernisierungsgesetzes vom 23. Juli 2013 (BGBl. I S. 2586) zum 1. August 2013 EUR 200,00. Irgendwelche Anhaltspunkte für eine überdurchschnittlich festzusetzende Gebühr sind weder substantiiert vorgetragen noch aus den Umständen zu ersehen. Die Dauer des Termins wird mit der Mittelgebühr hinreichend abgebildet, insbesondere unter Berücksichtigung der erfolgten Einbeziehung des weiteren Parallelverfahrens in die Terminserörterung. Eine überdurchschnittliche Schwierigkeit ist nicht einmal vorgetragen und auch aus den Umständen nicht zu ersehen. Die Bedeutung der Angelegenheit wird jedenfalls durch die unterdurchschnittlichen Einkommens- und Vermögensverhältnisse der Kläger im Verfahren zum Aktenzeichen S 21 AS 4846/09 kompensiert. Eine höhere Gebühr ergibt sich auch insoweit nicht unter Berücksichtigung der so genannten Toleranzgrenze, weil die vom Beschwerdeführer bestimmte Gebühr die angemessene Gebührenhöhe um mehr als 20% übersteigt.

Auch für die Einigungsgebühr nach Nr. 1006 VV RVG rechtfertigt eine Gesamtbetrachtung keinen höheren Ansatz, als die Mittelgebühr in Höhe von EUR 190,00, weil irgendwelche Anhaltspunkte für überdurchschnittlich festzusetzende Gebühren auch insoweit weder substantiiert vorgetragen noch aus den Umständen zu ersehen sind. Eine hierüber hinausgehende Gebührenansetzung kommt auch nicht unter Berücksichtigung der so genannten Toleranzgrenze von 20% in Betracht. Zwar liegt die vom Beschwerdeführer bestimmte Gebühr von EUR 220,00 noch innerhalb dieser Grenze. Diese kommt jedoch nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (vgl. Urteil vom 26. Februar 1992 - 9a RVs 3/90) grundsätzlich nicht zur Anwendung, sofern tatsächlich die Mittelgebühr angemessen ist. Die beiden im Rahmen der Gebührenermittlung heranzuziehenden Anhaltspunkte der Mittelgebühr und des Toleranzrahmens sind danach nicht in der Weise miteinander zu kombinieren, dass in jedem Durchschnittsfall eine bis zu 20%ige Überschreitung der Mittelgebühr im Rahmen der Billigkeit bliebe. Vielmehr soll bei einem Durchschnittsverfahren der Gebührenbetrag durch die Mittelgebühr abgebildet werden, während der weitere Gedanke eines Spielraums nur in den Fällen eingreifen soll, in denen mit der vorrangigen Mittelgebühr-Methode kein fester Betrag ermittelt werden kann. Dieser Auffassung schließt sich der Senat aus eigener Überzeugung an, weil anderenfalls der Toleranzrahmen de facto in jedem Durchschnittsfall zur grundsätzlichen Erhöhung der angemessenen Mittelgebühr führen würde.

Unter weiterer Berücksichtigung der unstreitigen Kostenpauschale gemäß Nr. 7002 VV RVG in Höhe von EUR 20,00 errechnet sich damit eine Gesamtvergütung in Höhe von netto EUR 448,00 (EUR 20,00 zzgl. EUR 18,00 zzgl. EUR 200,00 zzgl. EUR 190,00 zzgl. EUR 20,00) bzw. von brutto EUR 533,12 einschließlich der auf EUR 448,00 berechneten Umsatzsteuer gemäß Nr. 7008 VV RVG in Höhe von EUR 85,12.

Aufgrund der im Vergütungsbesetzungsbeschluss vom 15. April 2013 bereits festgesetzten Gesamtgebührenhöhe von EUR 653,79 kann dahinstehen, ob das Tage- und Abwesenheitsgeld unter Berücksichtigung der Vorbemerkung 7 Abs. 3 Satz 1 VV RVG auf - durch den Beschwerdeführer unwidersprochen gebliebene - 25 Verfahrenstermine am 24. Januar 2013 zu verteilen oder - entsprechend der Bestimmung des Beschwerdeführers - gesondert für einen Termin anzusetzen ist. Gemäß Nr. 7005 VV RVG in der bis zum 31. Juli 2013 geltenden Fassung errechnet sich unter Berücksichtigung der weiteren Umsatzsteuer gemäß Nr. 7008 VV RVG im ersten Fall selbst bei Ansetzung einer Gesamtabwesenheit von mehr als 8 Stunden lediglich eine anteilige Summe von maximal EUR 2,86, im zweiten Fall eine Gesamtsumme von EUR 23,80. Die Gesamtvergütung bleibt damit in jedem Fall deutlich unterhalb der bereits festgesetzten Gesamtgebührenhöhe.

An einer Kürzung der im Vergütungsbesetzungsbeschluss vom 15. April 2013 bereits festgesetzten Gesamtgebührenhöhe von EUR 653,79 ist der Senat durch das auch im Beschwerdeverfahren nach § 56 RVG geltende Verbot der reformatio in peius (Verböserungsverbot) gehindert (vgl. Müller-Rabe in Gerold/Schmidt, Kommentar zum Rechtsanwaltsvergütungsgesetz, 21. Aufl. 2013, § 56 Rn 29; Pukall in Mayer/Kroiß, RVG, 5. Auflage 2012, § 56 Rn 29).

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 56 Abs. 2 Satz 3 RVG.

Der Beschluss ist unanfechtbar (§ 33 Abs. 4 Satz 3 RVG).