Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen
Urt. v. 15.07.2015, Az.: L 2 R 158/15

Abtretung von Rentenansprüchen; Ausgleich zwischen Versichertem und Abtretungsgläubiger; Qualifizierung einer Erklärung als Verwaltungsakt; Rechtmäßigkeit der Erstattung überzahlter Sozialleistungen von einem Abtretungsgläubiger; Feststellung der abgetretenen Sozialleistung gegenüber dem Abtretungsempfänger durch Verwaltungsakt

Bibliographie

Gericht
LSG Niedersachsen-Bremen
Datum
15.07.2015
Aktenzeichen
L 2 R 158/15
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2015, 25479
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:LSGNIHB:2015:0715.L2R158.15.0A

Verfahrensgang

vorgehend
SG Hannover - AZ: S 14 R 1145/12

Redaktioneller Leitsatz

1. § 53 Abs. 6 SGB I bringt klar zum Ausdruck, dass bereits im Ausgangspunkt nur Fallgestaltungen erfasst werden sollen, in denen auch gegenüber dem Leistungsberechtigten "Geldleistungen zu Unrecht erbracht worden sind".

2. Die ausdrücklich angeordnete Rechtsfolge einer gesamtschuldnerischen Haftung einerseits des Leistungsberechtigten und andererseits des neuen Gläubigers kommt nur dann in Betracht und macht nur dann Sinn, wenn die Leistungen gegenüber beiden zu Unrecht erbracht worden ist.

3. Der Gesetzgeber hat klar zum Ausdruck gebracht, dass § 53 Abs. 6 SGB I nur dann zur Anwendung gelangen soll, wenn gegenüber dem Leistungsberechtigten nach Maßgabe des § 50 SGB X ein Erstattungsanspruch besteht.

4. Ob die Erklärung einer Behörde als Verwaltungsakt zu qualifizieren ist, richtet sich danach, wie der Empfänger diese Erklärung bei verständiger Würdigung nach den Umständen des Einzelfalles zu deuten hatte.

5. Maßgeblich ist, ob eine solche verständige Würdigung zu dem Ergebnis führt, dass die Behörde mit der fraglichen Erklärung eine endgültige Entscheidung zur Regelung eines Einzelfalls, die auf unmittelbare Rechtswirkung nach außen gerichtet ist, treffen wollte.

Tenor:

Die Berufung wird zurückgewiesen.

Die Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Die klagende Bausparkasse wendet sich gegen einen Rückforderungsbescheid des beklagten Rentenversicherungsträgers über 20.459,84 EUR.

Die Beklagte gewährt der Versicherten I. einerseits eine Witwenrente und andererseits eine Altersrente.

Die Klägerin gewährte der Versicherten im Mai 2000 im Zuge der Immobilienfinanzierung ein durch Grundschulden abgesichertes Darlehen über 100.000 DM; zur Absicherung der Rückzahlungsansprüche der Klägerin trat die Versicherte in diesem Vertrag insbesondere "den jeweiligen pfändbaren Teil" u.a. ihrer Rentenansprüche gegenüber der BfA (d.h. gegenüber der Rechtsvorgängerin der Beklagten) ab. Weitere Darlehen hatte die Versicherte bei der (im Grundbuch vorrangig abgesicherten) Kreissparkasse J. aufgenommen.

Im Januar 2002 schlossen die Klägerin und die Versicherte einen weiteren Darlehensvertrag über 15.000,00 EUR, der ebenfalls eine entsprechende Abtretungserklärung beinhaltete.

Mit Schreiben vom 6. Februar 2008 wandte sich die Klägerin an die Beklagte und bat unter Vorlage des Darlehensvertrages über 100.000,00 DM und unter Hinweis auf die dort enthaltene Abtretungserklärung um Überweisung des pfändbaren Teils der Renteneinkünfte der Klägerin; wobei sich ausweislich des damaligen Schreibens die Gesamtforderung der Klägerin gegenüber der Versicherten seinerzeit auf 53.400,00 EUR belief.

Mit Schreiben vom 28. Juli 2008 (ohne Rechtsbehelfsbelehrung) teilte die Beklagte der Versicherten mit, dass sich bei Zusammenrechnung einerseits ihrer Witwenrenten- und andererseits ihrer Altersrentenbezüge ein monatlicher Gesamtbetrag von 1.576,64 EUR ergebe. Hiervon ausgehend ergebe sich monatlich ein pfändbarer Betrag in Höhe von 409,40 EUR, der aufgrund der Abtretungserklärung an die Klägerin ausgezahlt werde. Die Klägerin erhielt eine Durchschrift dieses Schreibens.

Im Zuge der Rentenanpassung zum 1. Juli 2009 nahm die Beklagte entsprechend mit Schreiben vom 3. Juni 2009 gegenüber der Versicherten und der Klägerin eine Neuberechnung vor, wonach sich ab Juli 2009 der pfändbare Betrag auf 444,40 EUR belief. Entsprechend erfolgte mit Schreiben vom 17. Dezember 2010 eine Neuberechnung mit Wirkung vom 1. Januar 2011, wonach sich der pfändbare Betrag auf 437,40 EUR berechnete. Mit Schreiben vom 1. Juni 2011 wurde dieser Betrag mit Wirkung zum 1. Juli 2011 auf monatlich 469,78 EUR ermittelt.

Die genannten pfändbaren Beträge überwies die Beklagte jeweils an die Klägerin; im Übrigen wurden die Rentenleistungen an die Versicherte ausgezahlt.

Bis Mai 2011 wurden die Schulden der Versicherten bei der Klägerin im Zuge dieser aufgrund der Abtretung erfolgten Zahlungen aus ihren Rentenansprüchen auf 47.152,01 EUR zurückgeführt (vgl. Schriftsatz der Klägerin vom 13. Dezember 2012). Von Seiten der Kreissparkasse J. wurde im Zuge einer Ablösung des von Seiten der Klägerin gewährten Darlehens eine Zahlung in Höhe von 49.692,01 EUR mit Wirkung zum 2. Mai 2011 (vgl. Anlage K4 zum o.g. Schriftsatz) bewirkt. Die Klägerin gab daraufhin die Grundpfandrechte zugunsten der Kreissparkasse frei. Im Dezember 2011 wurde im Rahmen einer von der Kreissparkasse betriebenen Zwangsvollstreckung des Hausgrundstücks der Versicherten der Teilungsplan aufgestellt; mit Schreiben vom 2. Dezember 2011 machte die Kreissparkasse gegenüber der Klägerin einen Erstattungsanspruch bezüglich eines "zu viel gezahlten Ablösebetrags" geltend (vgl. Anlage B3 zum Schriftsatz vom 14. Juli 2015).

Von einer Benachrichtigung der Beklagten über die (jedenfalls vorläufige) Tilgung ihrer Forderungen sah die Klägerin zunächst ab. Dementsprechend erfolgten zunächst weitere Zahlungen der Beklagten an die Klägerin in Höhe des seinerzeit von der Beklagten angenommenen pfändbaren Teils der Renteneinkünfte der Versicherten. Es ergab sich auf diesem Wege eine Überzahlung zugunsten der Klägerin in Höhe von 4.222,64 EUR (vgl. Schriftsatz vom 13. Dezember 2012).

Die Versicherte ihrerseits wandte sich im Juli 2011 an die Beklagte und rügte, dass seit April 2008 bei der "juristischen Person K." rechtsfehlerhaft Pfändungen vorgenommen worden seien, was der "latent natürlichen Person K." 2010 aufgefallen sei. Die Versicherte legte diversen Schriftverkehr u.a. auch an ausländische Botschaften betreffend eine "Erklärung zum veränderten Personenstand" vor, wonach sie sich als "Staatsangehörige des Deutschen Reiches" unter "Selbstverwaltung" gestellt habe. Ferner machte die Versicherte unter Berufung auf § 839 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) Schadensersatzansprüche geltend. U.a. rügte sie eine aus ihrer Sicht unzulässige Zusammenrechnung der beiden Renteneinkünfte bei der Ermittlung des jeweils pfändbaren Teils ihrer Renteneinkünfte.

Erst im Januar 2012 teilte die Klägerin der Beklagten, welcher weitere Pfändungs- und Abtretungsersuchen von Gläubigern der Versicherten vorlagen, mit, dass die "Pfändung ihre Erledigung" gefunden habe. Nähere Einzelheiten wurden nicht erläutert. Insbesondere wies die Klägerin die Beklagte nicht auf den nach Tilgung ihrer Darlehensforderung noch eingegangenen Abtretungsbetrag hin. Stattdessen wandte sich die Klägerin bezüglich eines nach ihren Berechnungen im Ergebnis überzahlten Betrages in Höhe von 3.746,29 EUR an die Versicherte, die mit Schreiben vom 2. Februar 2012 um Überweisung dieses Betrages auf das Konto einer Frau L. bat; dieser Bitte entsprach die Klägerin.

Nach weiteren Prüfungen teilte die Beklagte der Versicherten mit Schreiben vom 4. Juni 2012 mit, dass sie nunmehr zu der Einschätzung gelangt sei, dass bei der Ermittlung des seinerzeit an die Klägerin abgetretenen pfändbaren Teilbetrages der Rentenbezüge richtigerweise keine Zusammenrechnung der Altersrenten- und der Witwenrentenbezüge vorzunehmen gewesen sei. Aufgrund der zunächst fehlerhaft vorgenommenen Berechnung sei im Zeitraum April 2008 bis Februar 2012 eine Überzahlung zugunsten der Klägerin in Höhe von 20.459,84 EUR erfolgt. Von dieser Summe werde zunächst ein Teilbetrag in Höhe von 12.744,00 EUR an die Versicherte ausgezahlt; hinsichtlich des Restbetrages seien noch weitere Prüfungen erforderlich.

Mit weiterem Schreiben vom 8. Juni 2012 wandte sich die Beklagte an die Klägerin und hörte diese betreffend einen in Betracht kommenden auf § 53 Abs. 6 Sozialgesetzbuch Erstes Buch (SGB I) zu stützenden Rückforderungsbescheid über den Betrag von 20.459,84 EUR an.

Nach Durchführung der angekündigten weiteren Prüfungen teilte die Beklagte der Versicherten mit, dass sie aus dem Restbetrag von 7.715,84 EUR auf eine vorrangige Forderung der M. Landesfinanzdirektion Zahlungen in Höhe von 1.263,63 EUR erbracht habe. Der verbleibende Betrag von 6.452,21 EUR werde an die Versicherte ausgezahlt (vgl. Schreiben vom 20. Juni 2012).

Mit Bescheid vom 17. Juli 2012 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 15. November 2012 forderte die Beklagte die Klägerin gestützt auf § 53 Abs. 6 SGB I zur Rückerstattung des aus ihrer Sicht überzahlten Betrages von 20.459,84 EUR auf.

Mit der am 13. Dezember 2012 erhobenen Klage hat die Klägerin geltend gemacht, dass die anfängliche Berechnung des pfändbaren und damit an sie abzuführenden Betrages durch die Beklagte die sachlich zutreffende gewesen sei. Ohnehin lägen nicht die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 53 Abs. 6 SGB I vor. Zumindest könne sie sich auf Vertrauensschutz berufen, zumal sie in der Annahme der Rechtswirksamkeit der von der Beklagten bewirkten Zahlungen die Grundpfandrechte freigegeben habe.

Mit Urteil vom 25. Februar 2015, der Beklagten zugestellt am 10. März 2015, hat das Sozialgericht antragsgemäß den Bescheid vom 17. Juli 2012 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 15. November 2012 aufgehoben. Zur Begründung hat es auf das Fehlen der tatbestandlichen Voraussetzungen des § 53 Abs. 6 SGB I abgestellt. Diese Norm könne nur bei Störungen im Valutaverhältnis herangezogen werden.

Mit der am 8. April 2015 eingelegten Berufung macht die Beklagte geltend, dass die jeweilige Festsetzung der Rentenbeträge zutreffend erfolgt sei; fehlerhaft sei lediglich die Ermittlung des an die Klägerin abzuführenden pfändbaren Teilbetrages gewesen. Die von ihr herangezogene Ermächtigungsnorm des § 53 Abs. 6 SGB I erfasse alle Fallgestaltungen, in denen bei einer Übertragung zu Unrecht Geldleistungen erbracht worden seien.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Hannover vom 25. Februar 2015 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und auf den Inhalt der beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Berufung hat keinen Erfolg. Zutreffend hat das Sozialgericht die angefochtenen Bescheide der Beklagten als rechtswidrig und die Klägerin in ihren Rechten beeinträchtigend eingestuft und daher aufgehoben.

1. Es fehlt bereits an der erforderlichen Ermächtigungsgrundlage für den Erlass des Rückforderungsbescheides gegenüber der Klägerin.

a) Nach § 53 Abs. 6 SGB I sind, soweit bei einer Übertragung oder Verpfändung Geldleistungen zu Unrecht erbracht worden sind, sowohl der Leistungsberechtigte als auch der neue Gläubiger als Gesamtschuldner dem Leistungsträger zur Erstattung des entsprechenden Betrages verpflichtet. Bereits der Wortlaut dieser Norm bringt klar zum Ausdruck, dass bereits im Ausgangspunkt nur Fallgestaltungen erfasst werden sollen, in denen auch gegenüber dem Leistungsberechtigten "Geldleistungen zu Unrecht erbracht worden sind". Die ausdrücklich angeordnete Rechtsfolge einer gesamtschuldnerischen Haftung einerseits des Leistungsberechtigten und andererseits des neuen Gläubigers kommt nur dann in Betracht und macht nur dann Sinn, wenn die Leistungen gegenüber beiden zu Unrecht erbracht worden ist.

Dieses Auslegungsergebnis wird durch die teleologische und historische Auslegung dieser Norm bestätigt: Die von der Beklagten herangezogene Vorschrift des § 53 Abs. 6 SGB I ist mit dem Gesetz zur Vereinfachung der Verwaltungsverfahren im Sozialrecht (Verwaltungsvereinfachungsgesetz) vom 21. März 2005 (BGBl. I, 818) eingeführt worden. Dafür waren ausweislich S. 25 der Gesetzesbegründung (BT-Drs 15/4228) folgende Erwägungen maßgeblich: Zu Unrecht erbrachte Sozialleistungen, die nicht an den Leistungsberechtigten, sondern aufgrund einer Abtretung, Verpfändung oder Pfändung an einen neuen Gläubiger erbracht werden, können nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung (vgl. BSG B 5 RJ 26/01 R vom 30. Januar 2002) vom neuen Gläubiger grundsätzlich nicht, auch nicht durch Verwaltungsakt, zurückgefordert werden; der Leistungsberechtigte selbst ist in diesen Fällen häufig nicht leistungsfähig. Wie im Steuerrecht (§ 37 Abs. 2 Abgabenordnung) soll deshalb entsprechend einer Forderung der Verbände in diesen Fällen der Abtretung, Verpfändung oder Pfändung von Sozialleistungen dem Leistungsträger ein Zugriffsrecht zwecks Rückforderung der im Rahmen einer solchen Maßnahme zu Unrecht erbrachten Sozialleistung durch Verwaltungsakt sowohl gegenüber dem Leistungsberechtigten als auch dem neuen Gläubiger eingeräumt werden. Die Rechtsgrundlage für die Erstattung durch den Leistungsberechtigten bleibt - wie bisher - § 50 SGB X.

Damit hat der Gesetzgeber klar zum Ausdruck gebracht, dass § 53 Abs. 6 SGB I nur dann zur Anwendung gelangen soll, wenn gegenüber dem Leistungsberechtigten nach Maßgabe des § 50 SGB X ein Erstattungsanspruch besteht. In solchen Fallgestaltungen soll § 53 Abs. 6 SGB I in Konstellationen, in denen der zur erstattende Betrag nicht an den Versicherten, sondern an einen Abtretungsgläubiger ausgezahlt worden ist, die Durchsetzbarkeit der Erstattungsforderungen erleichtern, in dem neben der ohnehin bestehenden Haftung des (in der Praxis allerdings vielfach finanziell nicht leistungsfähigen) Versicherten eine gesamtschuldnerische Mithaftung des sog. neuen Gläubiger als des tatsächlichen Empfängers der zu Unrecht erbrachten Leistungen angeordnet worden ist.

Für sonstige Fallgestaltungen und insbesondere für Fälle eines eventuellen Ausgleichs zwischen Versichertem und Abtretungsgläubiger enthält § 53 Abs. 6 SGB I hingegen keine Regelungen.

Eine von § 53 Abs. 6 SGB I erfasste Fallgestaltung liegt im vorliegenden Zusammenhang augenscheinlich nicht vor. Die Beklagte hat gegenüber der Versicherten überhaupt keine Rückforderung geltend gemacht, vielmehr ihr gegenüber weitere Auszahlungsansprüche zuerkannt und befriedigt.

b) Auch der Tatbestand des § 50 Abs. 3 Satz 1 SGB X ist nicht erfüllt. Danach ist die zu erstattende Leistung durch schriftlichen Verwaltungsakt festzusetzen.

§ 50 Abs. 3 SGB X ermächtigt zwar zu einem - das Zahlungsgebot und die Anspruchsfestsetzung umfassenden Leistungsbescheid, aber nur unter der Voraussetzung, dass die Leistung dem Leistungsträger zu erstatten ist (BSG, Urteil vom 30. Januar 2002 - B 5 RJ 26/01 R -, SozR 3-1300 § 50 Nr 25, SozR 3-1200 § 53 Nr 10, Rn. 15).

Diese Vorschrift bezieht sich auf die Tatbestände des § 50 Abs. 1 oder Abs. 2 SGB X, von denen jedoch keiner im vorliegenden Zusammenhang erfüllt ist.

(1) Die Beklagte hat bereits keine Aufhebung eines Verwaltungsaktes im Sinne des § 50 Abs. 1 SGB X ausgesprochen.

Aus Sicht des Senates sind allerdings die Schreiben der Beklagten vom 28. Juli 2008, 3. Juni 2009, 17. Dezember 2010 und vom 1. Juni 2011 von Rechts wegen jeweils als Verwaltungsakte im Sinne des § 31 SGB X zu qualifizieren.

Gemäß § 31 Satz 1 SGB X ist ein Verwaltungsakt jede Verfügung, Entscheidung und andere hoheitliche Maßnahme, die eine Behörde zur Regelung eines Einzelfalls auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts trifft und die auf unmittelbare Rechtswirkung nach außen gerichtet ist.

Ob die Erklärung einer Behörde als Verwaltungsakt zu qualifizieren ist, richtet sich danach, wie der Empfänger diese Erklärung bei verständiger Würdigung nach den Umständen des Einzelfalles zu deuten hatte. Maßgeblich ist, ob eine solche verständige Würdigung zu dem Ergebnis führt, dass die Behörde mit der fraglichen Erklärung eine endgültige Entscheidung zur Regelung eines Einzelfalls, die auf unmittelbare Rechtswirkung nach außen gerichtet ist, treffen wollte (BSG, Urteil vom 30. September 1996 - 10 RKg 20/95 -, juris).

Diese Voraussetzungen sind bei o.g. Erklärungen vom 28. Juli 2008, 3. Juni 2009, 17. Dezember 2010 und vom 1. Juni 2011 erfüllt. Denn mit diesen wurde jeweils geregelt, zu welchen Anteilen der der Versicherten jeweils zuerkannte Rentenzahlbetrag jeweils ihr persönlich und jeweils an die Klägerin als Abrechnungsgläubigerin auszuzahlen war. Aus der Sicht eines verständigen Empfängers brachten die genannten Schreiben zum Ausdruck, dass die Beklagte in Anwendung der gesetzlichen Vorgaben zu dem Ergebnis gelangt war, dass der jeweils zugunsten der Abtretungsgläubigerin ausgewiesene Betrag an diese und nur der verbleibende Restbetrag an die Versicherte persönlich auszuzahlen war. Dabei brachten die Schreiben hinreichend klar und deutlich zum Ausdruck, dass die Beklagte im Ergebnis diesbezüglich jeweils eine verbindliche Entscheidung treffen wollte.

Zur Regelung eines Einzelfalles mit unmittelbarer Rechtswirkung nach außen hat sie mithin in Anwendung der öffentlich-rechtlichen Vorgaben des § 53 Abs. 3 SGB I die Auszahlungsansprüche einerseits der Versicherten und andererseits der Abtretungsgläubigerin der Höhe nach konkretisiert und verbindlich festgestellt. Es handelte sich um eine hoheitliche Maßnahme, also eine einseitige behördliche Handlung, die nur dem Sozialleistungsträger, nicht aber ihren Adressaten, dem Sozialleistungsempfänger, in dieser Form ihrer Art nach zusteht (vgl. zu diesen Kriterien: BSG, Beschluss vom 31. August 2011 - GS 2/10 -, BSGE 109, 81). Im Ergebnis durfte ein verständiger Empfänger die genannten Schreiben als verbindliche Feststellung (vgl. zu diesem Kriterium BSG, Urteil vom 11. März 2014 - B 11 AL 19/12 R -, SozR 4-4300 § 421g Nr 5) der dort jeweils ausgewiesenen Auszahlungsansprüche verstehen.

Auch unter Berücksichtigung der zu vergleichbaren Fallgestaltungen ergangenen höchstrichterlichen Rechtsprechung sieht der Senat keinen Raum, die genannten Erklärung der Beklagten anders als eine verbindliche Feststellung der Höhe der einerseits der Versicherten persönlich und andererseits der Klägerin als Abrechnungsgläubigerin auszuzahlenden Anteile an den Rentenzahlungen im vorstehend erläuterten Sinne zu interpretieren. Das BSG misst Mitteilungen der Rentenversicherungsträger, wonach etwa die Rente aus der deutschen Rentenversicherung nicht in der grundsätzlich festgestellten Höhe, sondern nur um eine ausländische Leistung gemindert zu zahlen ist (BSG, Urteil vom 11. Mai 2011 - B 5 R 8/10 R -, BSGE 108, 152-158, SozR 4-5050 § 31 Nr 1, SozR 4-6050 Art 44 Nr 1), oder Mitteilungen über das Ausmaß einer sog. Abschmelzung eines Auffüllbetrags (BSG, Urteil vom 20. Juli 2005 - B 13 RJ 17/04 R -, SozR 4-2600 § 315a Nr 2) einen Regelungsgehalt im Sinne des § 31 SGB X bei. Es ist nichts dafür ersichtlich, weshalb die Berechnung der genauen Höhe der einerseits der Versicherten persönlich und andererseits der Klägerin als Abrechnungsgläubigerin auszuzahlenden Anteile an den Rentenzahlungen hiervon abweichend einen Regelungscharakter vermissen lassen sollte.

Ohnehin wird in der höchstrichterlichen Rechtsprechung bezogen auf eine Abtretung von Sozialleistungen ausdrücklich hervorgehoben, dass der Sozialleistungsträger jedenfalls im Verhältnis zum Sozialleistungsberechtigten (Versicherten) die Höhe des diesem (noch) auszuzahlenden Betrags durch Verwaltungsakt zu regeln hat (BSG, U.v. 24. Oktober 2013 - B 13 R 31/12 R -, juris mwN). Lediglich die weitere Frage, ob die abgetretene Sozialleistung im Verhältnis zum Abtretungsempfänger (hier im Verhältnis zur klagenden Bank) durch VA zuzuerkennen ist, ist bislang nicht abschließend geklärt worden (verneinend BSGE 70, 37, 40 [BSG 27.11.1991 - 4 RA 80/90] = SozR 3-1200 § 53 Nr 2 S 10; vgl aber BSGE 61, 100, 102 f [BSG 17.12.1986 - 11a RA 6/86] = SozR 1200 § 54 Nr 11 S 28 f; offengelassen im Urteil des BSG vom 23.5.1995 - SozR 3-1200 § 53 Nr 7 S 39 und in BSGE 76, 184, 186 [BSG 29.06.1995 - 11 RAr 109/94] = SozR 3-1200 § 53 Nr 8 S 48 sowie im Urteil vom 24. Oktober 2013 - B 13 R 31/12 R -, juris)

Aus Sicht des erkennenden Senats bleibt aber unter Berücksichtigung der erläuterten rechtlichen Vorgaben im Ergebnis kein Raum, diesbezüglich zwischen der Versicherten und dem Abrechnungsgläubiger zu differenzieren. Dies kommt letztlich schon deshalb nicht in Betracht, weil die Aufteilung einer Rentenzahlung auf zwei in Betracht kommende Berechtigte im Ergebnis nur eine Regelung (mit zwei Adressaten) beinhaltet. Wenn eine Entscheidung eine hoheitliche Regelung eines Einzelfalls im Sinne des § 31 SGB X beinhaltet, dann wird dadurch die Entscheidung als solche qualifiziert; diese rechtliche Einordnung derselben Entscheidung kann nicht danach variieren, an welchen der von derselben Entscheidung Betroffenen jeweils die Mitteilung über diese Entscheidung erfolgt.

Für die Einordnung der genannten Erklärungen im Sinne von hoheitlichen Regelungen sowohl gegenüber der Versicherten als auch gegenüber der Abtretungsgläubigerin spricht überdies, dass die Beklagte damit zugleich der Sache nach eine Entscheidung über eine Zusammenrechnung der beiden Renteneinkünfte der Versicherten gemäß § 850e Nr. 2a ZPO getroffen hatte. Sinn und Zweck der §§ 53, 54 SGB 1 iVm § 850e Nr 2a ZPO und § 400 BGB gebieten, dem Träger der Sozialleistung bei der Abtretung von Ansprüchen des Versicherten die Befugnis zur Zusammenrechnung der Sozialleistungen einzuräumen, wie sie bei der Pfändung dem Vollstreckungsgericht zusteht (BSG, Urteil vom 09. April 1987 - 5b RJ 4/86 -, SozR 1200 § 53 Nr 7 = BSGE 61, 274 [BSG 09.04.1987 - 5b RJ 4/86]; vgl. dort allerdings auch zu dem - nach Auffassung des BSG nicht aus dem Gesetzeswortlaut abzuleitenden - Ansatz, dass der Leistungsempfänger in die Zusammenrechnung der abgetretenen Sozialleistungen eingewilligt habe; vgl. ergänzend auch zur entsprechenden Entscheidungsbefugnis eines Prozessgerichts in Zivilstreitigkeiten an Stelle des im Gesetzeswortlauf des § 850e Nr. 2 und 2a ZPO aufgeführten Vollstreckungsgerichts: BGH, U.v. 19. Mai 2009 - IX ZR 37/06 -, juris). Aus der Sicht eines verständigen Empfängers hatte die Beklagte mit den genannten Erklärungen von dieser Befugnis im Sinne der Anordnung der Zusammenrechnung Gebrauch gemacht.

Die damit in den genannten Erklärungen vom 28. Juli 2008, 3. Juni 2009, 17. Dezember 2010 und vom 1. Juni 2011 zum Ausdruck gebrachten Verwaltungsakte hat die Beklagte in der Folgezeit nicht aufgehoben, so dass deren zugunsten der Klägerin fortbestehende Bindungswirkung weiterhin der Geltendmachung des festgesetzten Rückforderungsbetrages entgegensteht.

(2) Die Beklagte hat mithin auch keine Leistungen ohne Verwaltungsakt "zu Unrecht" im Sinne des § 50 Abs. 2 SGB X erbracht. Wie im Einzelnen bereits erläutert, erfolgten die Zahlungen der Beklagten an die klagende Bank vielmehr aufgrund von Verwaltungsakten. Da die Beklagte bereits von einer Aufhebung ihrer abgesehen hat, kommt eine inhaltliche Überprüfung dieser Entscheidungen im vorliegenden Verfahren von vornherein nicht in Betracht; vielmehr ist deren fortbestehenden Bindungswirkung Rechnung zu tragen.

2. Ergänzend weist der Senat darauf hin, dass für die Beklagte auch dann nichts gewonnen wäre, wenn ihre genannten Erklärungen vom 28. Juli 2008, 3. Juni 2009, 17. Dezember 2010 und vom 1. Juni 2011 - entgegen der vorstehend erläuterten Rechtsauffassung des Senates - nicht als Verwaltungsakte einzuordnen wären.

Unter einer solchen Annahme hätten sich die Beklagte und die Klägerin in keinem öffentlich-rechtlichen Verhältnis der Unter-Überordnung, sondern der Gleichordnung gegenübergestanden (vgl BSG Urteil vom 22. Februar 1990 - 4 RA 19/89 - HV-INFO 1992, 1278 mwN). Daraus folgt jedoch, dass die Beklagte der Klägerin gegenüber auch hinsichtlich der Rückforderung überzahlter Beträge nicht durch Verwaltungsakt tätig werden durfte. Denn was für die Auszahlung des Erstattungsbetrags an die Klägerin gilt, gilt insoweit sinngemäß auch für die Rückforderung (BSG, Urteil vom 30. Januar 2002 - B 5 RJ 26/01 R -, SozR 3-1300 § 50 Nr 25).

3. Ebenfalls nur ergänzend ist anzumerken, dass auch die materiell-rechtlichen Voraussetzungen eines Erstattungsanspruchs nicht ersichtlich sind. Der im öffentlichen Recht auch ohne ausdrückliche Normierung seit langem anerkannte öffentlich-rechtliche Erstattungsanspruch, der aus allgemeinen Grundsätzen des Verwaltungsrechts, insbesondere aus dem Prinzip der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung hergeleitet wird, setzt voraus, dass im Rahmen eines öffentlichen Rechtsverhältnisses Leistungen ohne rechtlichen Grund erbracht oder sonstige rechtsgrundlose Vermögensverschiebungen vorgenommen worden sind. Seine Anspruchsvoraussetzungen und Rechtsfolgen entsprechen, soweit sie nicht spezialgesetzlich geregelt sind, denen des zivilrechtlichen Bereicherungsanspruchs nach den §§ 812 ff BGB. Es scheidet insoweit allerdings ein Rückgriff auf die zivilrechtlichen Normen aus, soweit der vom öffentlichen Recht selbstständig entwickelte Erstattungsanspruch abweichende Wertungen beinhaltet. Dies gilt namentlich für die Nichtanwendbarkeit der bereicherungsrechtlichen Vorschriften, denen öffentlich-rechtliche Wertungszusammenhänge entgegenstehen (BSG, Urteil vom 12. Juli 2012 - B 3 KR 18/11 R -, BSGE 111, 200 = SozR 4-5562 § 8 Nr 4 mwN).

Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zu § 812 BGB ist unter einer Leistung die bewusste und zweckgerichtete Mehrung fremden Vermögens zu verstehen. Für die Bestimmung der Leistungsverhältnisse, in denen die bereicherungsrechtliche Rückabwicklung vorzunehmen ist, verbietet sich bei Vorgängen, an denen mehr als zwei Personen beteiligt sind, jede schematische Lösung. Vielmehr sind in erster Linie die Besonderheiten des einzelnen Falles für die sachgerechte bereicherungsrechtliche Abwicklung zu beachten. Entscheidend ist, welchen Zweck die Beteiligten nach ihrem zum Ausdruck gekommenen Willen verfolgt haben. Danach richtet sich auch die einer Zuwendung gegebene Zweckbestimmung, die wiederum für das Leistungsverhältnis maßgebend ist, innerhalb dessen der bereicherungsrechtliche Ausgleich zu suchen ist. Das Erfordernis der Zweckgerichtetheit drückt hierbei aus, dass die Leistung in Bezug auf ein bestimmtes Rechtsverhältnis in der Regel zur Erfüllung einer (nicht notwendig eigenen) Verbindlichkeit erfolgt (vgl. BGH, Urteil vom 12. Oktober 2006 - III ZR 299/05 -, juris mwN).

Nach dem Willen der Beteiligten stellten sich die Zahlungen, die die Beklagte aufgrund der in den Kreditverträgen erfolgten und ihr gemäß § 409 BGB angezeigten Abtretungen an die klagende Bank vornahm, als Leistungen der Versicherten dar, die damit aus ihrem Vermögen (in Form der Rentenforderung) als Kreditschuldnerin die ihr gegenüber der klagenden Bank obliegenden Zahlungsverpflichtungen aus den Kreditverträgen erfüllen wollte.

Dementsprechend wären eventuelle rechtsgrundlose Leistungen nach § 812 BGB und entsprechend im Anwendungsbereich des öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruchs im Verhältnis zwischen der Versicherten und der klagenden Bank rückabzuwickeln und nicht im Verhältnis zwischen der Bank und der Beklagten. Auf diesem Wege ist zugleich eine sachgerechte Berücksichtigung der berechtigten Interessen der klagenden Bank gewährleistet.

Ohnehin ist festzuhalten, dass die Versicherte die Abführung der betroffenen Teilbeträge aus den ihr zustehenden Rentenzahlungen über Jahre hinweg akzeptiert hat, solange die klagende Bank Kreditgläubigerin war und die Versicherte damit die Hoffnung jedenfalls auf ein Hinauszögern von Zwangsvollstreckungsmaßnahmen hinsichtlich des von ihr bewohnten Hauses verbunden hat. Wenn sie erst nach dem Wechsel auf Seiten der Kreditgläubigerin (und nach Erkenntnis der Fruchtlosigkeit weiterer Bemühungen zur Verhinderung einer Zwangsversteigerung) im Nachhinein versucht hat, die eine Reduzierung ihrer Kreditverbindlichkeiten bewirkenden Zahlungen rückgängig zu machen, dann stellte sich dies als ein unzulässiges "Venire contra factum proprium" und zugleich als Versuch der sittenwidrigen Schädigung der klagenden Bank im Sinne des § 826 BGB dar, woran mitzuwirken der Beklagten als öffentlich-rechtlicher Körperschaft verwehrt war.

Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass der Versicherten auch nach der Teilabführung ihrer Rente an die klagende Banks stets der unpfändbare Betrag im Sinne einer Berechnung gemäß § 850e Nr. 2a SGB VI verblieben ist (wobei sich der Gesetzgeber bei der Festsetzung der Pfändungsfreibeträge von der Einschätzung hat leiten lassen, dass mit diesen Beträgen der notwendige Lebensunterhalt einschließlich der Unterkunftskosten bestritten werden kann; die Unterkunftskosten hat die Versicherte aber jedenfalls hinsichtlich der an die Klägerin abgetretenen Beträge nicht aus dem ihr in Höhe des pfändungsfreien Betrages belassenen Teil der Sozialleistungen im Sinne einer Berechnung gemäß § 850e Nr. 2a SGB VI, sondern aus den darüber hinausgehenden Einkünften bestritten, mit denen die Finanzierung des von ihr bewohnten Wohnhauses über mehrere Jahre hinweg im Ergebnis aufrechterhalten wurde).

Die Kostenentscheidung folgt aus § 197a Sozialgerichtsgesetz (SGG) i.V.m. § 154 Abs. 2 VwGO. Gründe, die Revision zuzulassen (§ 160 Abs. 2 SGG), sind nicht gegeben.