Oberlandesgericht Celle
Urt. v. 29.10.2008, Az.: 9 U 68/08
Bibliographie
- Gericht
- OLG Celle
- Datum
- 29.10.2008
- Aktenzeichen
- 9 U 68/08
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2008, 42460
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:OLGCE:2008:1029.9U68.08.0A
Verfahrensgang
- vorgehend
- LG Hannover - 12.02.2008 - AZ: 32 O 34/07
Fundstellen
- GWR 2009, 272
- NZG 2009, 1075-1076
- OLGReport Gerichtsort 2009, 398-399
- WM 2009, 1328-1330
In dem Rechtsstreit
...
hat der 9. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Celle durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht ... und die Richter am Oberlandesgericht ... und ... aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 1. Oktober 2008 für Recht erkannt:
Tenor:
- 1.
Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Landgerichts Hannover vom 12. Februar 2008 abgeändert und die Klage abgewiesen. Die Anschlussberufung wird zurückgewiesen.
- 2.
Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits.
- 3.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 115 % des zu vollstreckenden Betrages abwenden, sofern der Beklagte nicht zuvor
Sicherheit in Höhe von 115 % des jeweils vollstreckbaren Betrages erbracht hat.
- 4.
Die Revision wird nicht zugelassen.
- 5.
Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird auf 153 387,56 € festgesetzt.
Tatbestand:
I.
Die Parteien streiten über eine Einlageforderung der Insolvenzschuldnerin gegen den Beklagten als ihren stillen Gesellschafter.
Der Kläger ist Insolvenzverwalter über das Vermögen der Dr. R. KG. Der Beklagte hat sich mit Beitrittserklärung vom 16.10.1992 und durch Zeichnungsschein vom 08.02.1994 als atypischer stiller Gesellschafter an der Insolvenzschuldnerin mit insgesamt 300 000,00 DM (153 387,56 €) beteiligt. Die Insolvenzschuldnerin wurde Ende 1991 gegründet. Nach § 6 Abs. 5 des Gesellschaftsvertrages sind Einlagen zum 01.01. des Beitrittsjahres zu erbringen; bei Nichtzahlung oder verspäteter Zahlung ist der Gesellschafter zur Zahlung eines Ausgleichs an die Gesellschaftskasse in Höhe von 10 % p.a. verpflichtet. Nach § 6 Abs. 8 ist eine Aufrechnung durch den Gesellschafter oder ein Zurückbehaltungsrecht des Gesellschafters gegenüber der Einzahlungsverpflichtung ausgeschlossen. Nach § 4 Abs. 6 haben atypisch stille Gesellschafter dieselben Rechte und Pflichten wie Kommanditisten.
Der Kläger nimmt den Beklagten gem. § 171 Abs. 1 HGB in Anspruch und verweist auf seine Berechtigung gem. § 171 Abs. 2 HGB. Wegen des weitergehenden erstinstanzlichen Parteivortrags und der erstinstanzlichen Entscheidungsgründe wird auf das angefochtene Urteil Bezug genommen. Mit seiner Berufung begehrt der Beklagte die Abweisung der Klage; der Kläger verfolgt mit der Anschlussberufung das teilweise abgewiesene Zinsbegehren weiter.
Der Beklagte vertritt die Auffassung, § 171 HGB sei im Falle einer atypischen stillen Gesellschaft nicht anzuwenden. Die Einlage des stillen Gesellschafters könne zwar gesellschaftsrechtlich als Teil der Eigenkapitalgrundlage angesehen werden, wenn dem stillen Gesellschafter intern die Stellung eines Kommanditisten eingeräumt werde. Dabei handele es sich aber nur um eine Erfüllung eines internen Schuldverhältnisses, die keine Haftung gegenüber dem Gläubiger der Gesellschaft begründe. Der stille Gesellschafter habe in diesem Fall nur im Innenverhältnis die Rechte und Pflichten eines Kommanditisten. Gegenüber Dritten werde mangels Eintragung in das Handelsregister kein Vertrauenstatbestand gesetzt.
Aus der Bilanzfeststellung ergebe sich ein Anerkenntnis der Leistung der Einlage. Richtig sei zwar, dass die Bilanzfeststellung Dritten gegenüber keine Bindungswirkung entfalte. Etwas anderes gelte aber im Innenverhältnis.
Das Landgericht habe gegen § 139 ZPO verstoßen, indem es für den Beklagten überraschend nicht darauf hingewiesen habe, dass es auf die Werthaltigkeit der Moratoriumsforderungen für die Beurteilung der Verrechnungswirksamkeit ankommen solle. Dasselbe gelte für die vom Landgericht vertretene Ansicht, der Kaufvertrag über die Moratoriumsforderung sei nach §§ 134, 138 BGB nichtig. Nicht einmal der Kläger sei auf die Möglichkeit eines Scheingeschäfts eingegangen.
Wenn das Landgericht seiner Hinweispflicht nachgekommen wäre, hätte der Beklagte zur Frage der Werthaltigkeit näher vorgetragen.
Der Nennwert der Moratoriumsforderungen, die die Insolvenzschuldnerin für 40 Mio. DM erworben habe, habe sich auf insgesamt 70 Mio. DM belaufen. Mit einer Vereinbarung vom 19.01.1993 habe die Insolvenzschuldnerin von den erworbenen zweitrangigen Moratoriumsforderungen Forderungen im Nennbetrag von 10 Mio. DM an die F. & Co. abgetreten und dafür 6,5 Mio. DM erhalten. Die Insolvenzschuldnerin habe insgesamt zweitrangige Moratoriumsforderungen im Nennwert von 30 Mio. DM erworben; der anteilige Kaufpreis dafür habe 15 Mio. DM betragen. Aus dem Bestand dieser Forderung sei 1/3 veräußert worden, sodass der anteilige Buchwert 5 Mio. DM betragen habe. Damit habe sich der Gewinn aus diesem Geschäft für die Insolvenzschuldnerin auf 1,5 Mio. DM belaufen. Die Insolvenzschuldnerin habe im Rahmen der gleichen Vereinbarung an G. und Partner einen Teilbetrag in Höhe von 377 169,05 DM abgetreten, so dass sich der Gewinn entsprechend auf 1 311 415,47 DM vermindert habe. Die Differenz erkläre sich aus zugunsten der Insolvenzschuldnerin rückbelasteten Zinsen.
Mit Vereinbarung vom 14./18.10.1995 habe die Insolvenzschuldnerin an die Hotel M. 10 Mio. DM erstrangige und 7,5 Mio. DM zweitrangige Moratoriumsforderungen übertragen gegen Verrechnung mit Verbindlichkeiten der Insolvenzschuldnerin gegenüber der Hotel M. Bei der Abtretung dieser Moratoriumsforderungen habe sich zugunsten der Insolvenzschuldnerin ein Gewinn von 3 750 000,00 DM ergeben.
Aus beiden Transaktionen zusammen habe sich für die Insolvenzschuldnerin ein Gewinn von 5 061 415,47 DM ergeben. Insgesamt habe die Insolvenzschuldnerin aus der Verwertung von Moratoriumsforderungen einen Gewinn in Höhe von rund 11,8 Mio. DM erzielt.
Verkannt habe das Landgericht die Beweislast bezüglich der Haftung analog § 171 Abs. 2 HGB. Den Gesellschafter treffe die Beweislast nur im Zusammenhang mit der Erbringung der Pflichteinlage. Bezüglich der Haftsumme habe der Insolvenzverwalter jedoch darzulegen und zu beweisen, dass die Gläubigerforderungen bestehen, für die der Gesellschafter haften solle. Da der Kläger selbst die zur Tabelle angemeldeten Gesellschafterforderungen bestritten habe, müsse er deren Begründetheit gegenüber der Gesellschaft näher darlegen. Der in Anspruch genommene Gesellschafter dürfe nicht aufgrund der behaupteten Einziehungsbefugnis nach § 171 Abs. 2 HGB schlechter gestellt sein als bei einer direkten Inanspruchnahme durch Gläubiger außerhalb der Insolvenz. Bestrittene Insolvenzforderungen dürften ohne Feststellung zugunsten der Gläubiger nicht berücksichtigt werden, da anderenfalls die akzessorische Haftung des Gesellschafters leichter durchzusetzen sei als die die Haftung auslösende Gläubigerforderung gegenüber der Gesellschaft. Zu berücksichtigen seien derzeit lediglich die uneingeschränkt festgestellten Forderungen in Höhe von 21 219,24 €.
Der Kläger verstoße gegen § 242 BGB, wenn er mittlerweile mehr als 5 Mio. Euro Einlageforderungen gegen diverse Gesellschafter geltend mache, obwohl lediglich 21 219,24 € Gläubigerforderungen bzw. 412 009,57 € nachrangiger Gläubigerforderungen festgestellt worden seien. Insoweit bestehe ein eklatantes Missverhältnis. Bei der Beurteilung der Treuwidrigkeit sei auch zu berücksichtigen, dass Rückforderungsansprüche der Gesellschafter nur problematisch durchzusetzen seien, weil der Kläger die Kosten der von ihm rechtshängig gemachten Verfahren über einen Prozessfinanzierer finanzieren lasse und dem Prozessfinanzierer 45 % der durchgesetzten Forderung zustünden.
Der Anspruch auf Erbringung der Einlage sei gem. §§ 195, 199 BGB wegen Ablaufs der dreijährigen Verjährungsfrist verjährt. Das Verjährungsanpassungsgesetz habe lediglich im Kapitalgesellschaftsrecht eine einheitliche Verjährungsfrist von 10 Jahren eingeführt. Im Personengesellschaftsrecht gelte die dreijährige Verjährungsfrist. Eine Analogie zu § 197 BGB oder zu den geänderten Bestimmungen im Kapitalgesellschaftsrecht sei mangels einer planwidrigen Regelungslücke nicht gerechtfertigt. Im Personengesellschaftsrecht gebe es unter Gläubigerschutzgesichtspunkten keinen Anlass, von der kurzen Verjährung abzusehen, da die Gesellschafter Dritten gegenüber unmittelbar nach § 128 HGB bzw. § 171 HGB haften. Die persönliche Haftung bilde das Gegengewicht zu den Regelungen über die Kapitalaufbringung und Kapitalerhaltung im Kapitalgesellschaftsrecht. Auch wenn die Einlageverpflichtung des atypischen stillen Gesellschafters keine Haftung im Außenverhältnis begründe, sei eine Analogie zu der 10-jährigen Verjährungsfrist im Kapitalgesellschaftsrecht nicht begründet. Gesellschaftsgläubiger hätten mangels Publizität kein schutzwürdiges Vertrauen auf die Beachtung der Kapitalerhaltungsgrundsätze. Der Rechtsgedanke der §§ 9 Abs. 2, 19 Abs. 6, 31 Abs. 5 GmbHG dürfe auf die Einlageverpflichtung des stillen Gesellschafters nicht übertragen werden.
Der Beklagte beantragt,
das angefochtene Urteil abzuändern und die Klage abzuweisen sowie die Anschlussberufung zurückzuweisen.
Der Kläger beantragt,
- 1.
die Berufung zurückzuweisen und für den Fall einer Maßnahme nach § 711 ZPO anzuordnen, dass die Sicherheitsleistung auch durch eine schriftliche, unbefristete, unwiderrufliche, unbedingte und selbstschuldnerische Bürgschaft eines im Inland zum Geschäftsbetrieb befugten Kreditinstituts geleistet werden darf,
- 2.
im Wege der Anschlussberufung dem Kläger 10 % Zinsen seit dem 01.01.2004 auf die Klagesumme zuzusprechen.
Der Kläger verteidigt das angefochtene Urteil und meint, der stille Gesellschafter werde vermögensrechtlich einem Kommanditisten gleichgestellt, weshalb er auch den Gläubigern gegenüber in gleicher Weise wie ein Kommanditist zur Einzahlung der restlichen Einlage verpflichtet sei; sein Gesellschaftsanteil sei nicht als Fremdkapital, sondern als Eigenkapital zu behandeln. Die gezeichneten Gesellschaftsanteile des Beklagten und der anderen stillen Gesellschafter seien dem Betrag nach so hoch gewesen, dass sie den einzigen Kommanditanteil der Gesellschaft in Höhe von 153 387,56 € bei weitem überstiegen. Der wesentliche Kapitalzufluss sei daher nicht durch Einlageleistungen von Kommanditisten, sondern durch Einlagen der ihnen gleichgestellten atypischen stillen Gesellschafter erfolgt. Die Kapitalausstattung der Insolvenzschuldnerin habe also wesentlich auf den atypischen stillen Beteiligungen beruht.
Die Bilanzen seien nicht geeignet, den Beweis der Erfüllung der Einlagepflicht zu führen. Dies gelte insbesondere auch deshalb, weil die zuerst erstellten Bilanzen der Insolvenzschuldnerin für die Zeit seit 1992 falsch und deswegen im Jahre 2003 zu korrigieren gewesen seien. Das Testat der Abschlussprüfer sei nach deren eigenen Angaben nur auf der Grundlage von Stichproben erteilt worden.
Die Wertlosigkeit der Moratoriumsforderungen ergebe sich daraus, dass unter der Leitung der Rechtsanwälte H. ein Vertragsgeflecht geschaffen worden sei, das Forderungen nur vorgetäuscht und verschleiert habe. Der Beklagte habe die inhaltliche Richtigkeit der Feststellungen im Ermittlungsbericht des Finanzamtes L. vom 16.05.2001 nicht einmal ansatzweise in Frage gestellt. In diesem Bericht sei auf Seite 27 festgestellt worden, dass die Zession der Forderungen gegen die Hotel M.S. KG lediglich vermeintlich der Abgeltung eines Ausgleichsanspruchs gedient habe. Tatsächliche Vermögenszuflüsse aus Veräußerungen der erworbenen Moratoriumsforderungen hätten nicht stattgefunden. Die Zuflüsse hätten nur auf dem Papier bestanden und ausschließlich dem Zweck gedient, Schein-Buchgewinne vorzutäuschen. Die Abtretungsempfängerin der Vereinbarung vom 19.01.1993 sei ein Unternehmen, das dreimal unter Leitung der Rechtsanwälte H. umfirmiert habe und das als bloße Verlustzuweisungsgesellschaft über keine Liquidität verfügt habe. Die steuerrechtlich notwendige langfristige Gewinnerzielungsabsicht sei durch Einführung eines neuen Schuldners und spätere Buchgewinne nur vorgetäuscht worden. Gleichartig verhalte es sich mit der Vereinbarung vom 15./18.10.1995.
Das Landgericht habe die Darlegungs- und Beweislast nicht verkannt. Es obliege dem beklagten Gesellschafter, darzulegen und zu beweisen, dass die Haftsumme zur Befriedigung der Gesellschaftsgläubiger nicht benötigt werde. Der Kläger handele nicht arglistig, wenn er alle Gesellschafter auf Zahlung der ausstehenden Einlage in Anspruch nehme. Eine sukzessive Inanspruchnahme scheide wegen der drohenden Verjährung aus § 159 HGB aus.
Die allgemeine Verjährungsfrist des § 195 BGB, Art. 229 § 6 Abs. 4 Satz 1 EGBGB sei auf den Anspruch der Insolvenzschuldnerin nicht anzuwenden. Der Anspruch ergebe sich aus § 161 Abs. 1 i.V.m. §§ 128, 129 HGB, § 171 Abs. 1 und Abs. 2 HGB, weshalb die Verjährungsfrist nach § 159 Abs. 1 und 2 i.V.m. § 131 Abs. 1 Nr. 3 HGB fünf Jahre betrage. Selbst vom Standpunkt des Beklagten aus, wonach der Einlageanspruch lediglich das Innenverhältnis zwischen Gesellschaft und Gesellschafter betreffe, sei die Verjährung nicht eingetreten. Die spezialgesetzliche Verlängerung der Verjährungsfristen für Kapitalgesellschaften durch das Verjährungsanpassungsgesetz vom 09.12.2004 beruhe nicht auf einer bewussten Nichtregelung für Personenhandelsgesellschaften. Eine Gleichbehandlung von Personengesellschaften und Kapitalgesellschaften sei im Handelsrecht geboten. Sowohl bei den Kapitalgesellschaften als auch bei den Personenhandelsgesellschaften gehe es um den Erhalt der Haftungsgrundlage der Gesellschaften. § 171 HGB stelle eine Regelung primär im Interesse Dritter dar, weshalb das subjektive Anknüpfungssystem der §§ 195 und 199 BGB, das den Gläubigern eine reale Chance zur Forderungsdurchsetzung eröffne, den Gesellschaftsgläubigern nicht zugute komme. Gesellschaftsgläubiger könnten bei Anwendung der regelmäßigen Verjährungsfrist nicht auf die noch ausstehenden Einlagen zum Gesellschaftsvermögen zugreifen.
Der Zinsanspruch in Höhe von 10 % seit dem 01.01.2004 ergebe sich aus § 6 Abs. 5 des Gesellschaftsvertrages, der einen speziellen Ausgleichsanspruch normiert habe. Der Anspruch bestehe verzugsunabhängig.
Wegen des weitergehenden Vorbringens der Parteien wird auf die zwischen ihnen gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.
Gründe
II.
Die Berufung ist zulässig und begründet. Der vom Landgericht ausgeurteilte Anspruch besteht nicht, weil die vertraglich begründete Einlageforderung verjährt ist und weil einen stillen Gesellschafter keine Außenhaftung trifft, und zwar unabhängig von der Ausgestaltung seiner vertraglichen Stellung gegenüber dem Unternehmer; die Anschlussberufung bleibt daher erfolglos.
1. Anspruch aus der Einlagenverpflichtung gem. § 6 Abs. 4 des Gesellschaftsvertrages
a) Der Anspruch scheitert nicht schon am Einwand der Erfüllung. Die Erfüllung kann nicht durch die Bilanzfeststellung bewiesen werden. Der Beklagte macht insoweit auch nicht einen Beweis geltend, sondern ein materielles Rechtsgeschäft, das sich aus der Bilanzfeststellung der Gesellschafter ergeben soll.
Es ist zwar denkbar, in der Bilanzfeststellung zugleich einen deklaratorischen Feststellungsvertrag zwischen KG und stillem Gesellschafter zu sehen (vgl. dazu MünchKommBGB/Hüffer, 5. Aufl., § 781 Rdnr. 25; MünchKommHGB/Priester, 2. Aufl., § 120 Rdnr. 56 f.). Ein Feststellungsvertrag müsste aber mit dem Beklagten persönlich geschlossen worden sein (zur Zuständigkeit aller Gesellschafter für die Feststellung der Bilanz als Rechnungslegungsangelegenheit s. auch MünchKommHGB/Priester § 120 Rdn. 54 und 64, zugleich kritisch zum Einstimmigkeitserfordernis gem. BGH NJW 1999, 571, 572). Dazu ist nichts vorgetragen worden. Aus dem Protokoll für die Bilanzfeststellung des Jahres 1994 ergibt sich, dass die Gesellschafter ganz überwiegend durch eine Person vertreten waren. Näherer Sachvortrag zur Vertretung des Beklagten und zur Vertretungsmacht zwecks Feststellung der Einlageforderung fehlt.
b) Die vom Landgericht angenommene Aufrechnung scheitert am Aufrechnungsverbot gem. § 6 Abs. 8 des Gesellschaftsvertrages. Das Verbot zielt darauf ab, der Gesellschaft den Einlagebetrag in bar zuzuführen. Deshalb ist irrelevant, ob statt einer einseitig gestaltenden Aufrechnung eine vertragliche Verrechnung stattgefunden hat. Unstreitig hat der Beklagte die Einlageforderung nicht in bar erfüllt. Daher sind alle Überlegungen zur Werthaltigkeit der Gegenforderungen irrelevant.
c) Die vertragliche Einlagenverpflichtung ist gem. §§ 195, 199 BGB verjährt. Eine Sonderverjährung kommt nicht in Betracht (vgl. MünchKommHGB/ K. Schmidt, 2. Aufl., § 105 Rdnr. 182). Eine Analogie zu den Sonderverjährungsregelungen des Kapitalgesellschaftsrechts, wie sie durch das Verjährungsanpassungsgesetz eingeführt worden sind, ist nicht zulässig; es fehlt an einer richterrechtlich zu schließenden Regelungslücke. Dem Gesetzgeber war der grundlegende Unterschied zwischen Personengesellschaften und Kapitalgesellschaften bekannt, als er in Korrektur der 2001 geschaffenen Regelverjährungsregelung nachträglich die Sonderverjährungsregelung begründete. Regelungsbedarf bestand auch nur für Kapitalgesellschaften, bei denen der Aushöhlung des Haftkapitals durch Bereitstellung faktisch realisierbarer Ansprüche begegnet werden muss.
Die subjektiven Voraussetzungen der Verjährungseinrede sind gegeben. Die Verjährung war schon vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens zum 1.1.2005 eingetreten. Der persönlich haftende Gesellschafter der Insolvenzschuldnerin kannte den Gesellschaftsvertrag mit dem Beklagten und damit die Grundlage des Anspruchs.
2. Anspruch aus § 171 Abs. 1 und 2 HGB
Die Gleichstellung des stillen Gesellschafters mit einem Kommanditisten in Form einer sog. "InnenKG" hat keinerlei Bedeutung für das Außenverhältnis. Auch bei der atypischen stillen Gesellschaft, die eine steuerrechtlich bedeutsame Unternehmerstellung des stillen Gesellschafters begründen soll, besteht keine Außenhaftung des Stillen (MünchKommHGB/K.Schmidt § 230 Rdnr. 13). Durch gesellschaftsvertragliche Vereinbarung kann aus einer atypischen stillen Gesellschaft keine Handelsgesellschaft gemacht werden (MünchKommHGB/K.Schmidt § 230 Rdnr. 10). § 171 HGB ist nicht anwendbar. Für eine analoge Anwendung des § 171 HGB besteht kein Raum, weil Gläubiger des Unternehmers bezüglich der stillen Gesellschafter nicht durch die Bezeichnung der Gesellschaftsform des Unternehmers in Verbindung mit einer Handelsregistereintragung auf die Existenz von weiteren Gesellschaftern hingewiesen werden, die schutzwürdiges Vertrauen in die Kreditwürdigkeit der Gesellschaft erzeugen könnten.
Die Schlussfolgerung, die der Kläger aus den Entscheidungen BGH NJW 1981, 2251 [BGH 09.02.1981 - II ZR 38/79] und BGH NJW 1985, 1079 [BGH 17.12.1984 - II ZR 36/84] ziehen will, sind nicht gerechtfertigt.
Im Fall BGH NJW 1981, 2251 [BGH 09.02.1981 - II ZR 38/79] waren die Stillen gleichzeitig Kommanditisten. Anders als im Fall BGH NJW 1985, 1079 [BGH 17.12.1984 - II ZR 36/84] (2. Revisionsentscheidung zu BGHZ 84, 379 = NJW 1982, 2821) ist im Streitfall nicht erkennbar, dass die Stillen die Mehrheit der Stimmberechtigung besitzen; dazu fehlt substantiierter Sachvortrag. Es besteht sogar ein Vorrang des persönlich haftenden Gesellschafters bei der Beiratsbildung (§ 9 Abs. 2 S. 3 GesV), bei der Liquidation (§ 17 Abs. 2 GesV) und durch Zuteilung eines Vorweggewinns (§ 7 Abs. 2 GesV). Darauf kommt es indes für die Entscheidung des Rechtsstreits nicht an.
Die Entscheidung BGH NJW 1985, 1079 [BGH 17.12.1984 - II ZR 36/84] betraf nicht die Anwendung des § 171 HGB, sondern die Einforderung der Einlage durch die KG als Unternehmerin vom beklagten stillen Gesellschafter und damit das Innenverhältnis zu ihm unter Überwindung seines Einwands, er sei als stiller Gesellschafter ohne Teilnahme am Verlust der Gesellschaft nach Kündigung seiner Beteiligung nicht mehr zur Einlage verpflichtet. Die dortige Qualifizierung der stillen Einlage als Eigenkapital (dazu auch MünchKommHGB/K.Schmidt § 230 Rdnr. 92) betraf nur die Einforderung unabhängig von § 236 Abs. 2 HGB; sie erfolgt nach den für Kommanditisten geltenden Regeln für eine rückständige Einlage (MünchKommHGB/K. Schmidt, § 236 Rdnr. 41). Der stille Gesellschafter kann als "Innen-Kommanditist" bis zur Höhe seines Kapitalanteils und seiner rückständigen Einlage auf Deckung des Verlustes in Anspruch genommen werden, dies aber nur im Innenverhältnis.
Die Entscheidung über die Kosten folgt aus § 91 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.