Verwaltungsgericht Stade
Beschl. v. 12.01.2004, Az.: 2 B 2261/03
Gerichtlicher Prüfungsumfang im Eilrechtsschutzverfahren; Voraussetzungen zur Erteilung von Visa für Staatsangehörige von Nicht EU-Staaten; Prostitution als Erwerbstätigkeit
Bibliographie
- Gericht
- VG Stade
- Datum
- 12.01.2004
- Aktenzeichen
- 2 B 2261/03
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2004, 10711
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:VGSTADE:2004:0112.2B2261.03.0A
Rechtsgrundlagen
- § 3 Abs. 1 AuslG
- § 3 Abs. 3 AuslG
- § 1 Abs. 1 Nr. 2 DVAuslG
- § 8 Abs.2 S. 3 AuslG
Verfahrensgegenstand
Ausweisung
Entscheidungsgründe
Der Antrag, die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs der Antragstellerin gegen den Bescheid des Antragsgegners vom 03. Dezember 2003 wiederherzustellen, hat keinen Erfolg.
Gemäß § 80 Abs. 5 VwGO kann das Gericht auf Antrag die aufschiebende Wirkung eines Rechtsbehelfs anordnen oder wieder herstellen, wenn das Interesse des Antragstellers am vorläufigen Aufschub der Vollziehbarkeit eines ihn belastenden Verwaltungsaktes gegenüber dem öffentlichen Interesse oder dem Interesse des Begünstigten an der sofortigen Vollzieh- bzw. Ausnutzbarkeit des Verwaltungsaktes überwiegt. Ein überwiegendes Interesse des Antragstellers ist indessen zu verneinen, wenn die im Eilrechtsschutzverfahren allein gebotene summarische Überprüfung der Sach- und Rechtslage ergibt, dass der eingelegte Rechtsbehelf offensichtlich unbegründet ist und deshalb aller Voraussicht nach ohne Erfolg bleiben wird. In diesem Fall steht dem Antragsteller kein schutzwürdiges Interesse daran zu, die Vollziehung eines rechtmäßigen Bescheides bis zur Hauptsacheentscheidung über seinen offensichtlich unbegründeten Rechtsbehelf zu verzögern. Ergibt die summarische Überprüfung der Sach- und Rechtslage, dass die Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs offen sind, ist die Aufrechterhaltung der sofortigen Vollziehbarkeit nur dann gerechtfertigt, wenn aus der Abwägung der widerstreitenden Interessen folgt, dass das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsaktes das Interesse des Widerspruchsführers an dem vorläufigen Aufschub der Vollziehung überwiegt
Die im hier anhängigen Eilrechtsschutzverfahren allein anzustellende summarische Überprüfung der Erfolgsaussichten des Widerspruchs der Antragstellerin gegen die Ausweisungsverfügung des Antragsgegners ergibt, dass der Rechtsbehelf aller Voraussicht nach keinen Erfolg haben wird. Der angefochtene Bescheid ist rechtmäßig und verletzt die Antragstellerin nicht in ihren Rechten, sodass ihr bis zu einer Entscheidung in der Hauptsache von Vollstreckungsmaßnahmen verschont zu bleiben, gegenüber dem öffentlichen Interesse an der Herstellung rechtmäßiger Zustände zurücktreten muss.
Polnische Staatsangehörige sind von der für nicht EU-Staaten grundsätzlich geltenden Visumpflicht des § 3 Absätze 1 und 3 AuslG gemäß § 1 Abs. 1 DVAuslG i.V.m. Anlage 1 befreit, soweit ihr Aufenthalt nicht länger als drei Monate dauert und sie gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 2 DVAuslG keine Erwerbstätigkeit ( § 12 DVAuslG) aufnehmen. Zu den hiernach nicht erlaubten Erwerbstätigkeiten gehört auch die Prostitution (VG Hamburg, Urt. v. 19. Mai 2003 -10 VG 984/2003, Juris MRWE114490300), deren Ausübung auch eine auf Gründe der Generalprävention gestützte Ausweisung rechtfertigen kann.
Die Sachverhaltsfeststellungen des Antragsgegners im vorliegenden Fall rechtfertigen die Ausweisung der Antragstellerin aus der Bundesrepublik Deutschland. Die Antragstellerin wurde ausweislich des Polizeiprotokolls vom 5. Dezember 2003 in Nordholz in Räumlichkeiten angetroffen, in denen - von den Beteiligten unbestritten - gewerbsmäßige Prostitution ausgeübt wird. Zu diesem Zeitpunkt war die Antragstellerin so gekleidet, dass der Schluss, sie gehe ebenfalls der Prostitution nach, gerechtfertigt ist. Ein halbseidenes knappes Top und ein String Tanga werden üblicherweise nicht bei der Hausarbeit getragen. Die Behauptung der Antragstellerin, sie habe lediglich eine Freundin besucht, muss unter diesen Umständen als bloße Schutzbehauptung angesehen werden. Ihre nachträgliche Behauptung, sie sei mit Rock und Bluse bekleidet gewesen, ist offensichtlich falsch. Nach den Gesamtumständen musste der Antragsgegner davon ausgehen, dass auch die Antragstellerin der Prostitution nachging.
Die Befristung der Ausweisung auf drei Jahre rechtfertigt von sich aus ebenfalls nicht die Aussetzung der Vollziehung mit der Folge, dass die Antragstellerin das Bundesgebiet zunächst nicht verlassen müsste. Das Gesetz geht grundsätzlich davon aus, dass eine Ausweisung aus dem Bundesgebiet unbefristet erfolgt. Auf Antrag ist allerdings in der Regel eine Befristung auszusprechen (§ 8 Abs. 2 Satz 3 AuslG). Die Klärung der Frage, ob im vorliegenden Fall auch eine kürzere als die ausgesprochene Dreijahresfrist ausreichend sein könnte, kann indes dem Hauptsacheverfahren vorbehalten bleiben, welches die anwaltlich vertretene Antragstellerin ohne Schwierigkeiten auch von ihrer Heimat aus betreiben kann. Es sind keine Gründe vorgetragen oder ersichtlich, die es gebieten würden, der Antragstellerin bis dahin den Aufenthalt im Bundesgebiet zu gestatten. Unter diesen Umständen ist die auch auf Gründe der Generalprävention gestützte Anordnung der sofortigen Vollziehung der Ausweisungsverfügung nicht zu beanstanden.