Verwaltungsgericht Stade
Beschl. v. 30.01.2004, Az.: 1 B 2059/03

Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung eines Widerspruchs gegen die Genehmigung einer Biogasanlage; Verletzung subjektiv-öffentlicher Rechte des Nachbarn; Nachbarschutz aus dem Schutzgebot des § 5 Abs. 1 Nr. 1 Bundesimmissionsschutzgesetz (BImSchG); Anwendbarkeit der Irrelevanzregelung der Geruchsimmissions-Richtlinie (GIRL) im Fall des Zusammenhangs der Anlage mit bestehenden betrieblichen Anlagen ; Begründete Abweichung von den maßgeblichen Immissionswerten als Ergebnis einer intensiven Einzelprüfung ; Erheblichkeit immissionsrechtlicher Belästigungen unter dem Gesichtpunkt des Gebotes der Rücksichtnahme

Bibliographie

Gericht
VG Stade
Datum
30.01.2004
Aktenzeichen
1 B 2059/03
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2004, 10730
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:VGSTADE:2004:0130.1B2059.03.0A

Verfahrensgegenstand

Nachbarschutz gegen Biogasanlage als Nebeneinrichtung eines Schweinemastbetriebes

Redaktioneller Leitsatz

  1. 1.

    Die summarische Überprüfung im Verfahren vorläufigen Rechtsschutzes beschränkt sich auf die Verletzung subjektiver Rechte des Antragstellers.

  2. 2.

    Einem Zusammenhang der zu errichtenden Biogasanlage mit bestehenden betrieblichen Anlagen steht eine unterschiedliche Zweckrichtung nicht entgegen. Der wirtschaftliche Zusammenhang wird auch nicht dadurch unterbrochen, dass die Biogasanlage durch eine eigens zu diesem Zweck gegründete GmbH betrieben werden soll.

  3. 3.

    Die Irrelevanzregelung der Geruchsimmissions-Richtlinie (GIRL) findet auch im Fall des Zusammenhangs der Anlage mit bestehenden betrieblichen Anlagen Anwendung. Danach soll die Genehmigung für eine Anlage auch bei Überschreitung der Immissionswerte der GIRL nicht wegen der Geruchsimmissionen versagt werden, wenn der von der zu beurteilenden Anlage zu erwartende Immissionsbeitrag (Kenngröße der zu erwartenden Zusatzbelastung) auf keiner Beurteilungsfläche den Wert 0,02 überschreitet.

  4. 4.

    Ob Belästigungen im Sinne des Immissionsschutzrechts erheblich sind, richtet sich nach der konkreten Schutzwürdigkeit und Schutzbedürftigkeit der betroffenen Rechtsgüter, die sich ihrerseits nach der bebauungsrechtlichen Prägung der Situation und nach den tatsächlichen und planerischen Vorbelastungen bestimmen.

Gründe

1

I.

Die Antragstellerin begehrt die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung ihres Widerspruchs gegen die dem Beigeladenen von dem Antragsgegner erteilte Genehmigung zur Errichtung und zum Betrieb einer Anlage zur zeitweiligen Lagerung und biologischen Behandlung von nicht besonders überwachungsbedürftigen Abfällen (Biogasanlage).

2

Die Antragstellerin ist Eigentümerin von in E. gelegenen Grundstücken (Flurstücke 26/1 und 26/2 der Flur 4 der Gemarkung F.) mit der postalischen Anschrift ...G...., auf denen sich eine ehemalige, derzeit ungenutzte Hofstelle befindet. Die Antragstellerin beabsichtigt, das dort noch stehende baufällige niedersächsische Bauernhaus durch einen Neubau zu ersetzen und ihren Wohnsitz dorthin zu verlegen. Die Grundstücke befinden sich westlich von dem Betriebsgelände des Beigeladenen auf der anderen Straßenseite der K 84.

3

Der Beigeladene beantragte am 23. Mai 2003 die Erteilung einer immissionsschutzrechtlichen Genehmigung für die Errichtung einer Biogasanlage. Diese soll im Außenbereich von H. in einem Abstand von etwa 150 m von dem landwirtschaftlichen Betrieb des Beigeladenen errichtet werden. Auf dem Betriebsgelände befinden sich neben drei zu dem Betrieb gehörenden Wohngebäuden fünf Schweineställe, eine Maschinenhalle sowie ein Hühnerstall. Inmitten des Betriebsgeländes ist eine Güllegrube vorhanden. Die geplante Biogasanlage befindet sich von dem Hofgelände aus in südöstlicher Richtung. Zwischen dem landwirtschaftlichen Betrieb und der geplanten Anlage befindet sich in einer Entfernung von etwa 120 m von der Anlage ein Blockheizkraftwerk, das die Firma I. vorrangig für die Nutzung von Deponiegas betreibt. Das in der geplanten Biogasanlage bei der Vergärung entstehende Methangas soll über eine 145 m lange Leitung in das Blockheizkraftwerk verbracht werden, wo es in Strom und Wärme umgewandelt werden soll. Die für die Vergärung notwendige Prozesswärme wird über einen parallel zu der Gasdruckleitung verlaufenden Warmwasserkreislauf in die Biogasanlage zurückgeführt. Parallel zu diesen Leitungen soll eine weitere Druckleitung gebaut werden, die bis zu der auf dem Betriebsgelände befindlichen Güllegrube weitergeführt wird. Zur Vermeidung von Straßentransporten sollen etwa 2.000 cbm Gülle aus den Schweineställen des Betriebes des Beigeladenen zur Biogasanlage gepumpt werden. Weitere 1.700 t Altfette und Kofermente sollen in geschlossenen Tankzügen angeliefert werden. Darüber hinaus sollen in der Biogasanlage 350 t in offenen Containern angelieferter Hühnertrockenkot vergoren und danach als Wirtschaftsdünger verwertet werden. In südlicher Richtung neben dem Betriebsgelände des Beigeladenen befindet sich ein weiterer landwirtschaftlicher Betrieb (J.). Dort werden 40 Mastbullen in einem Bullenmaststall, 15 bis 20 Mastkälber in einem Kälberstall und je etwa 90 Schweine in drei Schweinemastställen gehalten. In etwa 450 m Entfernung befindet sich in südöstlicher Richtung eine Mülldeponie. In im Wesentlichen nördlicher und nordwestlicher Richtung von dem Betrieb des Beigeladenen aus schließt sich die Wohnbebauung H. an.

4

Die Antragstellerin hatte sich bereits am 30. September 2003 an den Antragsgegner gewandt, weil sie wegen der Nähe durch Geruchsimmissionen beeinträchtigt werde. Am 13. November 2003 hat sie gegenüber dem Antragsgegner durch Schreiben ihres Prozessbevollmächtigten Widerspruch eingelegt, den dieser mit weiterem Schreiben vom 21. November begründet hat.. Dabei hat er im Wesentlichen geltend gemacht, dass der Abstand zu den landwirtschaftlichen Betrieben des Beigeladenen und dessen Nachbarn K. nur wenige Meter und zu der geplanten Biogasanlage in südöstlicher Richtung nur 400 m betrage. Es sei eine erhebliche Erhöhung der bereits vorhandenen Geruchsbelästigung zu erwarten. Der Antragsgegner sei zu Unrecht von einer eigenständigen Anlage ausgegangen, die hier genehmigt würde. Die Anlage stehe in unmittelbarem Zusammenhang mit dem Schweinemastbetrieb des Beigeladenen, weil sie der Verwertung der Gülle zu dienen bestimmt sei. Daher werde auch eine Druckleitung für die Gülle gebaut, die die Verbindung der beiden in unmittelbarer Nachbarschaft betriebenen Anlagen verdeutliche. Die Irrelevanzregelung der GIRL könne daher keine Anwendung finden, weil diese bei einer Erweiterung einer bestehenden Anlage nicht angewendet werden dürfe. Für die Errichtung der Biogasanlage könne insoweit nichts anderes gelten als wenn ein weiterer Schweinestall errichtet würde. Anderenfalls könnte man durch willkürliche Teilungen der Betriebe, deren Teilanlagen die Irrelevanzgrenze nicht überschreiten, die ohnehin vorhandene geruchliche Vorbelastung immer weiter erhöhen. Der Zusammenhang mit dem landwirtschaftlichen Betrieb liege auf der Hand, denn nur deshalb sei die Biogasanlage nicht weiter zur Deponie verlagert worden, was ohne weiteres möglich gewesen wäre. Von der Anlage ausgehende Immissionen wären dann im Wohnbereich L. vermieden worden.

5

Im Rahmen der Beteiligung der Träger öffentlicher Interessen gab auch die Stadt M. eine Stellungnahme am 22. September 2003 ab, mit der sie geltend machte, dass sie der Anlage nur zustimmen könne, wenn sie um etwa 100 m weiter nach Südosten verschoben würde, um den erforderlichen Abstand von 300 m zu gewährleisten. Bei dem geplanten geringen Abstand von 200 m seien Beeinträchtigungen für die Wohngebiete zu befürchten. Die Stadt werde ihr Einvernehmen gemäß § 36 BBauG nicht erteilen. Im Rahmen einer dazu erfolgten Anhörung erklärte der Beigeladene, eine Standortverlegung sei für ihn nicht tragbar, weil die Wirtschaftlichkeit der Anlage durch die erhöhten Leitungskosten nicht mehr gegeben wäre. Er halte an dem geplanten Standort fest. Nachdem die Stadt M. dazu angehört worden war, ersetzte der Antragsgegner durch Bescheid vom 07. Oktober 2003 für dieses Verfahren das gemeindliche Einvernehmen unter Anordnung des Sofortvollzuges. Von den sich aus der TA-Luft ergebenden Abstandsvorschriften könne abgewichen werden, soweit sich aus Gutachten ergebe, dass der von der zu beurteilenden Anlage zu erwartende Immissionsbeitrag auf keiner Beurteilungsfläche den Wert 0,02 überschreite. Danach sei hier ein Abweichen möglich gewesen.

6

Mit Bescheid vom 09. Oktober 2003 erteilte der Antragsgegner sodann die beantragte immissionsschutzrechtliche Genehmigung. Bestandteil dieser Genehmigung ist das von dem Beigeladenen eingereichte Gutachten des Sachverständigen Professor Dr. N. vom 21. Mai 2003. Dieser stellt in seinem Gutachten zunächst fest, dass die geruchliche Vorbelastung bei dem überwiegenden Teil der Immissionsorte bereits durch die Geruchsimmissionen aus der Tierhaltung des Betriebes des Beigeladenen, des Nachbarbetriebes Peters und des Blockheizkraftwerkes der Firma I. deutlich höher als der in Niedersachsen für ein landwirtschaftlich geprägtes Dorfgebiet maximal zulässige Immissionsgrenzwert ist. Die Genehmigung des Vorhabens sei daher nur zulässig, wenn die durch das Vorhaben bedingte Zusatzbelastung für Geruch kleiner als 2 % der Jahresstundenwahrnehmungshäufigkeit (bei einer Immissionskonzentration von einer Geruchseinheit je Kubikmeter Luft) sein wird. Der Gutachter hat dabei zu Grunde gelegt, dass die einzige nennenswerte Emissionsquelle in der Annahmehalle durch die Anlieferung des Hühnerkotes entstehe, sodass Geruchsemissionen nur während der Öffnung der Hallentore bei der Anlieferung auftreten. Diese Situation werde lediglich alle 9 bis 10 Tage für jeweils 10 Minuten entstehen. Da Hühnertrockenkot wegen des mangelnden Wassergehaltes selbst eine relativ geruchsarme Transportform von Exkrementen darstelle, sei die Emissionsquelle insgesamt als vernachlässigbar gering einzuschätzen. Die Anlage sei daher im Sinne der damit verbundenen Geruchsemissionen genehmigungsfähig.

7

Der Antragsgegner hat dem Bescheid vom 09. Oktober 2003 u.a. auch wegen des Immissionsschutzes Nebenbestimmungen beigefügt. Die Nebenbestimmung Nr. 11 schreibt bezüglich der Lärmimmissionen vor, dass tagsüber 60 dB(A) und nachts 45 dB(A) am Immissionsort (Bebauung Ortschaft F.) einzuhalten sind. Die Nebenbestimmungen Nr. 12 und 13 sichern insoweit eine Überprüfung im Echtbetrieb zu. Hinsichtlich der Geruchsimmissionen wurde die Prognose des Professors Dr. O. vom 21. Mai 2003 nach der Nebenbestimmung Nr. 14 zum Gegenstand der Genehmigung gemacht. Auch insoweit wird die Einhaltung bzw. Überprüfung der Werte durch die Nebenbestimmung Nr. 15 zugesichert. Hinsichtlich der bei der Anlieferung des Trockenkotes entstehenden Geruchsemissionen schreibt die Nebenbestimmung Nr. 21 vor, dass zur Vermeidung von Durchzugsluft die Tore in der Anlieferungshalle elektrisch so zu koppeln sind, dass nur das Tor auf der West- oder auf der Ostseite geöffnet werden kann, wenn das jeweils andere geschlossen ist. Darüber hinaus ist vorgeschrieben, dass in diesem Bereich zum Ausschluss von Geruchsquellen und Staubentwicklung der Bereich mit einer wirkungsvollen, an der Entstehungsstelle ansetzenden Absaugung zu versehen und neben der abzusaugenden Pendelluft aus den abgedeckelten Tanks der Anlage dem Biofilter zuzuführen ist. Zur Begründung des Bescheides wird ausgeführt, dass nach den Aussagen des Gutachters sichergestellt sei, dass die Geruchsimissionen das zumutbare Maß nicht übersteigen werden. Auch die in der TA-Luft enthaltenen Abstandsregelungen seien insoweit eingehalten, als nach diesen Regelungen ein Unterschreiten des 300 m-Abstandes zulässig sei, wenn die Emissionen durch primärseitige Maßnahmen gemindert werden können oder das geruchsbeladene Abgas in einer Abgasreinigung behandelt wird und durch Gutachten die mögliche Verringerung des Abstandes nachgewiesen werde. Dies sei hier der Fall.

8

Dieser Bescheid wurde für sofort vollziehbar erklärt. Die Anordnung des Sofortvollzuges sei erforderlich, damit der Beigeladene noch die Einspeisevergütung nach dem Energieeinspeisegesetz erhalten könne, was den Abschluss noch im Jahre 2003 notwendig mache. Pro Jahr würde die Mindestvergütung für Strom aus Biomasse um 1 % gesenkt, was nachvollziehbar zu finanziellen und wirtschaftlichen Belastungen für den Beigeladenen führe, wenn die Fertigstellung der Anlage sich verzögere.

9

Die Antragstellerin hat mit Schriftsatz vom 03. November 2003 um die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes nachgesucht. Sie hält den Bescheid des Antragsgegners für rechtswidrig. Sie wiederholt ihr Vorbringen und meint ferner, die Anordnung des Sofortvollzuges sei unzureichend. Eine Abwägung unter Einbeziehung der Belange der durch die Anlage beeinträchtigten Nachbarn sei überhaupt nicht vorgenommen worden. Es seien vielmehr einseitig die Interessen des Beigeladenen in den Vordergrund gerückt worden, wobei das Interesse nicht einmal abgefragt und festgestellt wurde. Soweit auf die wirtschaftlichen Belange des Beigeladenen Rücksicht genommen worden sei, habe sich dies zwischenzeitlich dadurch erledigt, dass die Anlage tatsächlich nicht mehr im Jahre 2003 in Betrieb genommen worden sei. Im Übrigen werde die Mindestvergütung für die Dauer von 20 Jahren ohne Berücksichtigung des Inbetriebnahmejahres gezahlt, die allmähliche Absenkung der Mindestvergütung sei vom Gesetzgeber aus öffentlichem Interesse gewollt.

10

Die Antragstellerin beantragt,

die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs vom 13. November 2003 gegen den Bescheid des Antragsgegners vom 09. Oktober 2003 wiederherzustellen und dem Antragsgegner aufzugeben, die von dem Beigeladenen begonnenen Arbeiten zur Errichtung einer Biogasanlage sofort stillzulegen.

11

Der Antragsgegner beantragt,

den Antrag abzuweisen.

12

Der angefochtene Bescheid sei rechtlich nicht zu beanstanden. In dem angefochtenen Bescheid sei die Lage hinsichtlich der Geruchsimmissionen im Anschluss an das Gutachten des Prof. Dr. P. hinreichend gewürdigt. Bei dem Grundstück der Antragstellerin werde keine unzumutbare Mehrbelastung entstehen. Auch das Niedersächsische Landesamt für Ökologie habe bestätigt, dass gegen das Gutachten des Prof. Dr. P. keine Einwendungen ersichtlich seien, soweit der Betrieb ordentlich geführt werde. Hinsichtlich der Begründung zum Sofortvollzug habe der Antragsgegner seinerzeit berücksichtigt, dass auf Grund der gesetzlichen Regelungen zu erwarten war, dass dem Beigeladenen wirtschaftliche Nachteile entstehen würden, wenn die Anlage im Jahre 2003 nicht realisiert werden könne (§ 5 Abs. 2 EEG). Auch wenn sich dies erledigt habe, sei die Anordnung des Sofortvollzuges rechtmäßig gewesen. Außerdem müsse berücksichtigt werden, dass eine Beeinträchtigung der Antragstellerin unter Verwertung der gutachtlichen Äußerung so unwahrscheinlich ist, dass deswegen eine weitere Verzögerung nicht hingenommen werden könne.

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Der Beigeladene beantragt ebenfalls,

den Antrag abzulehnen.

14

Die Antragstellerin könne keine Verletzung drittschützender Normen geltend machen. Eine Verletzung von Rechten der Antragstellerin sei im Übrigen durch die Verwirklichung der Genehmigung nicht zu erwarten, weil die vorgeschriebenen Grenzwerte nach dem Geruchsgutachten nicht annähernd erreicht würden.

15

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Streitakte und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Antragsgegners Bezug genommen.

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II.

Der nach § 80a Abs. 3 i.V.m. § 80 Abs. 5 VwGO statthafte Antrag, die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs gegen die immissionsschutzrechtliche Genehmigung vom 09. Oktober 2003 anzuordnen, bleibt ohne Erfolg. Das Vorbringen der Antragstellerin, die angegriffene Genehmigung sei rechtswidrig und verletze sie in ihren Rechten, greift nicht durch.

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Im Verfahren vorläufigen Rechtsschutzes ist lediglich eine summarische Beurteilung vorzunehmen. Dabei ist in einem von einem Nachbarn eingeleiteten Rechtsbehelfsverfahren - wie hier - nicht umfassend die Rechtmäßigkeit der angefochtenen Genehmigung zu überprüfen. Gegenstand der gerichtlichen Überprüfung ist vielmehr lediglich die Frage, ob der das Verfahren betreibende Nachbar in eigenen subjektiven Rechten im Sinne des § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO verletzt ist. Eine allgemeine Rechtsmäßigkeitskontrolle der Genehmigung findet nicht statt. Erscheint nach summarischer Beurteilung der Erfolg des eingelegten Rechtsbehelfs offen, hat das Gericht das gesetzlich generell angenommene und das individuell konkret bestehende Sofortvollzugsinteresse einerseits und das individuelle Interesse an einem Aufschub der Vollziehung andererseits gegeneinander abzuwägen. Die aufschiebende Wirkung ist anzuordnen, wenn das Suspensionsinteresse überwiegt. Bei der Gewichtung sind insbesondere auch die Erfolgsaussichten des eingelegten Rechtsbehelfs zu berücksichtigen.

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Im vorliegenden Fall wird der Widerspruch der Antragstellerin voraussichtlich ohne Erfolg bleiben, weil die Antragstellerin keine hinreichenden Gründe darlegt, die - bei überschlägiger Prüfung im Eilverfahren - aufzeigen, dass die angegriffene Genehmigung sie in eigenen Rechten verletzt.

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Das Vorhaben des Beigeladenen erweist sich nicht als nachbarrechtsverletzend unter dem Gesichtspunkt der unzumutbaren Geruchsbelästigung. Nachbarschutz kann die Antragstellerin insoweit aus dem Schutzgebot des § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG herleiten, wonach schädliche Umwelteinwirkungen, die nach Art, Ausmaß oder Dauer geeignet sind, Gefahren, erhebliche Nachteile oder erhebliche Belästigungen für die Nachbarschaft herbeizuführen, zu vermeiden sind. Diese Vorschrift ist hier anzuwenden, denn bei der von dem Beigeladenen beabsichtigten Anlage handelt es sich um eine genehmigungspflichtige Anlage nach der 4. Verordnung zur Durchführung des Bundes-Immissionsschutz-Gesetzes (Verordnung über genehmigungsbedürftige Anlagen - 4. BImSchV in der Fassung vom 14. März 1997 - BGBl.. I S. 504 -, zuletzt geändert am 06. Mai 2002 - BGBl.. I S. 1566 -). In dem Anhang Nr. 8 zu der 4. BImSchV, in dem die Verwertung und Beseitigung von Abfällen und sonstigen Stoffen geregelt sind, sind unter Ziffer 8.6 Spalte 2 Buchst. b) Anlagen zur biologischen Behandlung von nicht besonders überwachungsbedürftigen Abfällen genannt, auf die die Vorschriften des

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Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetzes Anwendung finden, mit einer Durchsatzleistung von 10 t bis weniger als 50 t Abfällen je Tag. Ausgenommen sind, was hier nicht in Betracht kommt, insoweit Anlagen, die durch die Nr. 8.5 oder 8.7 erfasst werden. In Ziffer 8.12 Spalte 2 Buchst. b) werden darüber hinaus Anlagen zur zeitweiligen Lagerung von nicht besonders überwachungsbedürftigen Abfällen, auf die die Vorschriften des

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Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetzes Anwendung finden, mit einer Aufnahmekapazität von 10 t oder mehr je Tag oder einer Gesamtlagerkapazität von 100 t oder mehr, ausgenommen die zeitweilige Lagerung - bis zum Einsammeln - auf dem Gelände der Entstehung der Abfälle, genannt. Da beide genannten Ziffern sich in Spalte 2 der Anlage befinden, ist gemäß § 2 Abs. 1 Ziffer 2 der 4. BImSchV das vereinfachte Verfahren gemäß § 19 BImSchG durchzuführen. Danach ist der Antragsgegner gemäß Verordnung über die Regelung von Zuständigkeiten im Gewerbe- und Arbeitsschutzrecht sowie in anderen Rechtsgebieten vom 14. August 2003 (Nds. GVBl. S. 313) zuständig.

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Die Genehmigung ist gemäß § 6 BImSchG zu erteilen, wenn sichergestellt ist, dass die sich aus § 5 BImSchG und einer auf Grund des § 7 BImSchG erlassenen Rechtsverordnung ergebenden Pflichten erfüllt werden und andere öffentlich-rechtliche Vorschriften und Belange des Arbeitsschutzes der Einrichtung und dem Betrieb der Anlage nicht entgegenstehen. Somit ergibt sich, dass dem Beigeladenen bei Vorliegen der Voraussetzungen ein Anspruch auf Erteilung der Genehmigung zusteht. Die Antragstellerin kann hingegen aus der nachbarschützenden Norm des § 5 BImSchG verlangen, dass erhebliche Nachteile und erhebliche Belästigungen durch die Errichtung und den Betrieb der Anlage vermieden werden.

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Der Antragsgegner hat zur Ermittlung der Prognose der zusätzlichen Belastung der Nachbarn durch Geruchsimmissionen durch von der Anlage ausgehende Emissionen die Verwaltungsvorschrift zur Feststellung und Beurteilung von Geruchsimmissionen herangezogen (Gemeinsamer Runderlass des MU, des FAS, des ML und des MW vom 14.11.2000 - Nds. MBl. S. 224 -). Dieser Erlass erklärt die Geruchsimmissions-Richtlinie (GIRL i.d.F. vom 13.05.1998) und die dazu ergangene Begründungen und Auslegungshinweise i.d.F. Niedersachsen nach dem Stand November 2000, die als Anlage zu dem genannten Erlass (S. 230 ff.) abgedruckt sind, als für die Beurteilung der Geruchssituation für sämtliche im Anhang der Verordnung über genehmigungsbedürftige Anlagen (4. BImSchV) aufgeführte Anlagenarten in Niedersachsen für anwendbar. Dabei wurde in dem Einführungserlass ausdrücklich darauf hingewiesen, dass im Einzelfall eine begründete Abweichung von den Immissionswerten als Ergebnis einer intensiven Einzelprüfung nicht ausgeschlossen werden darf. Nach Ziffer 3.3 der GIRL soll die Genehmigung für eine Anlage auch bei Überschreitung der Immissionswerte der GIRL nicht wegen der Geruchsimmissionen versagt werden, wenn der von der zu beurteilenden Anlage zu erwartende Immissionsbeitrag (Kenngröße der zu erwartenden Zusatzbelastung) auf keiner Beurteilungsfläche den Wert 0,02 überschreitet. Bei Einhaltung dieses Wertes ist davon auszugehen, dass die Anlage die belästigende Wirkung der vorhandenen Belastung nicht relevant erhöht (Irrelevanz der zu erwartenden Zusatzbelastung).

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Die Antragstellerin macht im Wesentlichen geltend, diese Regelung sei auf den vorliegenden Fall schon deshalb nicht anwendbar, weil die genehmigte Anlage mit den bestehenden betrieblichen Anlagen in einem Zusammenhang gemäß § 1 Abs. 2 Nr.2 der 4.BImSchV stehe. In einem derartigen Fall sei die Irrelevanzregelung der GIRL nicht anwendbar. § 1 Abs. 2 Nr.2 der 4.BImSchV bestimmt, dass das Genehmigungserfordernis sich auf alle vorgesehenen Nebeneinrichtungen, die mit den Anlagenteilen und Verfahrensschritten nach Nr. 1 in einem räumlichen und betriebstechnischen Zusammenhang stehen und für das Entstehen erheblicher Nachteile oder erheblicher Belästigungen von Bedeutung sein können, erstreckt. Der Auffassung der Antragstellerin, dass es sich bei der Biogasanlage um eine mit den bestehenden betrieblichen Anlagen in Zusammenhang stehende im Sinne der 4.BImSchV handelt, dürfte zu folgen sein. Der Antragsgegner stützt seine entgegenstehende Auffassung im Wesentlichen auf die unterschiedliche Zweckrichtung des Schweinemastbetriebes und der Biogasanlage. Wie sich aus der in Nr. 1 des § 1 Abs.2 der 4.BImSchV getroffenen Regelung ergibt, die Anlagenteile behandelt, müssen jedoch Nebeneinrichtungen nicht zwangsläufig dem gleichen Zweck dienen. Dies folgt auch aus § 1 Abs. 4, wonach es lediglich einer Genehmigung bedarf, wenn zu einer Anlage Nebeneinrichtungen gehören, die je gesondert genehmigungsbedürftig sind. Zwischen dem Schweinemastbetrieb und der Biogasanlage besteht vorliegend zweifellos ein Funktionszusammenhang, selbst wenn beide Anlagen auch für sich allein denkbar wären. Die Biogasanlage dient jedenfalls auch der Weiterverwertung der in dem Schweinemastbetrieb und in dem Hühnerstall anfallenden Gülle. Auch in einem Fall, in dem ein Produkt nach dem Verlassen der Hauptanlage eine weitere Bearbeitung erfährt, besteht der Funktionszusammenhang fort (vgl. OVG Lüneburg, Urteil vom 20.03.1996 - 7 L 2552/95 - GewArch 1996, 346). Im vorliegenden Fall wird der Zusammenhang besonders deutlich, weil die Gülle über ein Rohrleitungsnetz, das im Bereich des gleichen Betriebes verläuft, in die Biogasanlage verbracht wird. Damit ist auch die weitere tatbestandliche Voraussetzung des räumlichen Zusammenhangs offensichtlich gegeben. An diesem Zusammenhang ändert sich auch nichts dadurch, dass zwischenzeitlich die Biogasanlage nicht mehr von dem Beigeladenen persönlich, sondern durch die eigens im April 2003 gebildete AGRAR-Gas GmbH & Co.KG betrieben werden soll. Zwar ist grundsätzlich von einer einheitlichen Anlage nur auszugehen, wenn die Anlagen auf einem einheitlichen Betriebsgelände von einer natürlichen oder juristischen Person betrieben werden (vgl. Feldhaus, Bundesimmissionsschutzrecht, Anm. 22 zu § 1 der 4.BImSchV). Im vorliegenden Fall ist aber der Beigeladene persönlich als alleiniger Gesellschafter der Verwaltungskomplementär GmbH. Kommanditisten sind er und seine Ehefrau. In einem solchen Fall kann die juristische Konstruktion nicht zu einer Unterbrechung des tatsächlichen und wirtschaftlichen Zusammenhangs führen (vgl. dazu auch Ziffer 3.3 der Erläuterungen zur GIRL, dritter Absatz, Nds. MBL. S. 232).

25

Die Tatsache, dass es sich um eine im Zusammenhang stehende Anlage handelt, führt jedoch noch nicht dazu, dass die dem Beigeladenen erteilte Genehmigung deshalb fehlerhaft wäre, weil die GIRL nicht anwendbar ist. Zunächst ist dazu festzustellen, dass es sich bei der GIRL nicht um eine Norm im technischen Sinne handelt, vielmehr ist sie eine Verwaltungsvorschrift, die für das Verwaltungsverfahren in den Fällen, in denen eine Entscheidung auf Grund von Normen und VDI-Richtlinien nicht eindeutig herbeigeführt werden kann, Anhaltspunkte für die Bewertung zumutbarer Belastung bietet. Eine schematische Anwendung der Überprüfung der Immissionssituation sollte nicht erfolgen (vgl. den Einführungserlass, Nds. MBl. 2000, 224). Gleichwohl ist festzustellen, dass bei der Abfassung der GIRL und den dazu ergangenen Erläuterungen, die in den Bereich der im Verwaltungsverfahren im Interesse eines einheitlichen Vollzuges zu beachtenden Regelungen einbezogen wurden, auch ein Fall wie der vorliegende erörtert und in die Überlegungen einbezogen wurde. In den Erläuterungen heißt es zu der in Ziffer 3.3 enthaltenen Irrelevanzklausel, dass diese sich auf die von der gesamten Anlage ausgehende Zusatzbelastung bezieht. Daher sei auch der Fall unwahrscheinlich, dass sich viele ...Irrelevanzfälle... zu einer nicht mehr irrelevanten Geruchssituation addieren. Unter ...Anlage... sei nicht die Einzelquelle zu verstehen, auch nicht der ...gesamte Industriebetrieb... sondern bei genehmigungsbedürftigen Anlagen die Definition gemäß 4.BImSchV, nach der eine Anlage mehrere Quellen umfassen könne. Im Falle der Änderung einer bestehenden Anlage werde für die Zusatzbelastung die Änderung betrachtet.

26

Die Kammer geht mit dem Gutachten des Prof. Dr. O. vom 21. Mai 2003 davon aus, dass das angegriffene Vorhaben des Beigeladenen nur zu einer so geringen Verschlechterung der Immissionssituation auf dem Grundstück der Antragstellerin führt, dass diese kaum wahrnehmbar sein wird. Der Gutachter hat mit Hilfe mathematischer Modelle (Ausbreitungsberechnung) unter Berücksichtigung repräsentativer Winddaten berechnet, mit welchen Immissionshäufigkeiten an 11 verschiedenen Immissionsorten in der Umgebung der geplanten Anlage zu rechnen ist. Die Ausbreitungsberechnung unterscheidet ausdrücklich nach Vor-, Zusatz- und Gesamtbelastung durch Gerüche aus dem Tierhaltungsbetrieb des Beigeladenen und seines Nachbarn, sowie aus dem Blockheizkraftwerk der Firma Q.. In Anwendung des Ausbreitungsmodells der GIRL steigt die Wahrnehmungshäufigkeit in Prozent der Jahresstunden bei einer Geruchseinheit pro Kubikmeter bei dem Immissionsort 11, der sich bei dem geplanten Wohnhaus der Antragstellerin befindet, von 18,4 auf 19,0 bei einem angenommenen, von der Annahmehalle ausgehenden Emissionsmassenstrom in Höhe von 0,8 MGE/h bzw. auf 19,6 bei einem angenommenen Emissionsmassenstrom in Höhe von 1,3 MGE/h. Das Gutachten kommt zu dem Ergebnis, dass das Vorhaben nach Punkt 3.3 der GIRL zulässig ist, weil die durch das Vorhaben bedingte Zusatzbelastung kleiner als 2 % der Jahresstunden-Wahrnehmungshäufigkeit sein wird. Soweit die Antragstellerin betroffen ist, geht die Prognose von einer Schwankungsbreite von 0,4 bis 1,2 % je nach angenommenem Emissionsmassenstrom aus. Dieser Wert liegt deutlich unter dem zugelassenen Wert, sodass von einer äußerst geringen Wahrnehmungsmöglichkeit der Zusatzbelastung ausgegangen werden muss. Die Kammer folgt diesen Feststellungen des Gutachters sowohl vom methodischen Ansatz her als auch vom Ergebnis. Dabei war insbesondere zu berücksichtigen, dass im vorliegenden Fall eher von einem geringeren von der Anlage ausgehenden Emissionsmassenstrom ausgegangen werden kann. Dies ergibt sich daraus, dass der Antragsgegner der Genehmigung hinsichtlich der Geruchsemissionen eine Nebenbestimmung beigefügt hat, die eine Absaugung der Luft im Bereich der Anlieferung vorschreibt. Dadurch, dass der Beigeladene den wesentlichen Teil der Anlieferung der durchschnittlichen Durchsatzmenge von 11,5 t pro Tag über eine Rohrleitung aus dem bereits vorhandenen Güllelager pumpt, wird die zurzeit vorhandene Vorbelastung teilweise sogar verringert, weil Überland-Transporte mit den entsprechenden Ladevorgängen, die sich in der näheren Umgebung des Grundstückes der Antragstellerin vollziehen, minimiert werden. Die neue Hauptemissionsquelle ist daher tatsächlich in der Annahmehalle bei der Lieferung des Hühnertrockenkotes anzunehmen. Insoweit hat der Antragsgegner der Genehmigung ebenfalls drittschützende Auflagen beigegeben, die geeignet sind, die Emissionen weitgehend herabzusenken. Der Gutachter stellt bezüglich dieser Emissionen bereits fest, dass der Hühnertrockenkot selbst wegen des mangelnden Wassergehaltes eine relativ geruchsarme Transportform von Exkrementen darstellt und dass der Zeitanteil potenzieller Geruchsemissionen aus der Annahmehalle mit weniger als 10 Stunden pro Jahr sehr klein ist. Die Emissionsquelle sei daher als vernachlässigbar gering einzuschätzen. Dieser Annahme folgt die Kammer ebenfalls, zumal die Leistungs- und Kapazitätsmerkmale in der angefochtenen Genehmigung festgeschrieben sind.

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Auch unter Berücksichtigung der Lage der vorbelastenden Einrichtungen im Verhältnis zu der nunmehr genehmigten Anlage leuchten die Ergebnisse des Gutachtens durchaus ein. Die zusätzliche, als relativ gering einzuschätzende Geruchsemissionsquelle befindet sich in südöstlicher Richtung, also nicht in der Hauptwindrichtung, in einer Entfernung von mehr als 100 m von den bisherigen Hauptemissionsquellen und von dem Grundstück der Antragstellerin 300 m entfernt. Es erscheint daher plausibel, dass die neue Emissionsquelle die bisherigen wesentlich dichter an den Immissionsorten befindlichen Quellen kaum wesentlich zu erhöhen oder zu überlagern vermag.

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Im Falle des die Antragstellerin betreffenden Immissionsortes muss im Übrigen berücksichtigt werden, dass es sich dabei um Grundstücke handelt, auf denen Gebäude stehen, die ebenfalls landwirtschaftlich genutzt worden waren. Hinsichtlich des Gebotes der Rücksichtnahme sind die Anforderungen wesentlich von den jeweiligen Umständen abhängig zu machen (BVerwGE 52,122,126 [BVerwG 25.02.1977 - IV C 22/75] = BRS 32 Nr. 155). Ob Belästigungen im Sinne des Immissionsschutzrechts erheblich sind, richtet sich nach der konkreten Schutzwürdigkeit und Schutzbedürftigkeit der betroffenen Rechtsgüter, die sich ihrerseits nach der bebauungsrechtlichen Prägung der Situation und nach den tatsächlichen und planerischen Vorbelastungen bestimmen (BVerwG v.14.01.1993. BRS 55 Nr.175 = DVBl,1993, 652). Zwar macht die Antragstellerin geltend, sie möchte auf ihren Grundstücken ein allein der Wohnnutzung dienendes Wohnhaus errichten. Tatsächlich hat aber bislang eine baurechtliche ...Entprivilegierung... nicht stattgefunden, sodass es zweifelhaft erscheint, ob die Antragstellerin, die mit ihren Grundstücken aus der zuvor bestehenden ...Gemeinschaft... der tierhaltenden Betriebe ausgeschert ist, für sich den Schutz in Anspruch nehmen kann, der bezogen auf ein genehmigtes Wohnhaus zu gewähren ist. Diese Frage muss hier jedoch noch nicht abschließend entschieden werden, weil die Zusatzbelastung, wie bereits dargestellt, ohnehin zumutbar erscheint.

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Nach allem ist daher festzustellen, dass dem Beigeladenen jedenfalls nach summarischer Prüfung ein Anspruch auf Erteilung der beantragten Genehmigung zustand, soweit Rechte der Antragstellerin betroffen sind. Angesichts dieser Lage kam es nicht mehr entscheidend darauf an, ob die formell nicht zu beanstandende Begründung für die Anordnung des Sofortvollzuges inhaltlich zu bemängeln wäre. Vielmehr steht im Rahmen dieser vorläufigen Prüfung fest, dass die Rechte der Antragstellerin gegenüber dem Anspruch des Beigeladenen auf Durchsetzung seines Genehmigungsanspruches bei der Abwägung weniger gewichtig sind, sodass der Antrag ohne Erfolg bleiben muss.

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Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 1, 162 Abs. 3 VwGO. Die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen sind erstattungsfähig, weil dieser einen eigenen Antrag gestellt hat (vgl. § 154 Abs. 3 VwGO).