Finanzgericht Niedersachsen
Urt. v. 22.04.2010, Az.: 11 K 85/08
Vermittlungsgebühren für die Vermittlung einer fondsgebundenen Lebensversicherung als vorweggenommene Werbungskosten
Bibliographie
- Gericht
- FG Niedersachsen
- Datum
- 22.04.2010
- Aktenzeichen
- 11 K 85/08
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2010, 15818
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:FGNI:2010:0422.11K85.08.0A
Verfahrensgang
- nachfolgend
- BFH - 28.10.2010 - AZ: VIII B 90/10
Rechtsgrundlagen
- § 2 Abs. 2 Nr. 2 EStG
- § 9 Abs. 1 S. 1 EStG
- § 20 Abs. 1 Nr. 6 EStG
Fundstellen
- EFG 2010, 1200-1202
- StX 2010, 775
- VP 2010, 109
- WISO-SteuerBrief 2010, 5
Vermittlungsgebühren für die Vermittlung einer fondsgebundenen Lebensversicherung sind keine vorweggenommenen Werbungskosten
Tatbestand
Streitig ist, ob der Kläger Beträge für im Streitjahr gezahlte Vermittlungsgebühren als Werbungskosten bei den Einkünften aus Kapitalvermögen ansetzen kann.
Der Kläger beantragte am 11. Dezember 2005 den Abschluss einer fondsgebundenen Lebens- und Rentenversicherung bei der A Lebensversicherung. Am 4. Januar 2006 stellte der Versicherer einen Versicherungsschein über diese Versicherung aus. Danach hatte der Kläger einen Gesamtbeitrag zur Haupt- und Zusatzversicherung in Höhe von 209,83 EUR pro Monat für die ersten 60. Monate und ab dem 61. Monat 632,50 EUR pro Monat zu zahlen. Die Ansparphase und Beitragszahlungsdauer sollte 35 Jahre betragen. Als Versicherungsbeginn war der 1. Februar 2006 vereinbart. Der Beitrag war monatlich zu zahlen.
Ebenfalls am 11. Dezember 2005 schloss der Kläger eine Vermittlungsgebührenvereinbarung mit der B AG. Danach hatte der Kläger monatlich eine Vermittlungsgebühr von 452,67 EUR über 60 Monate zu zahlen. Die Summe der 60 Monatsraten betrug 27.160,20 EUR. Die Vermittlungsgebühr war nach der Vereinbarung für die Vermittlung der fond gebundenen Lebens- und Rentenversicherung zu zahlen. Im Streitjahr hatte der Kläger einen Betrag von 4.979,37 EUR an Vermittlungsgebühren an die B AG und 2.308,13 EUR an Beiträgen an den Versicherer gezahlt, so dass er insgesamt 7.287,50 EUR an Aufwendungen im Streitjahr hatte.
Der Kläger erklärte in seiner Einkommensteuererklärung für das Streitjahr im Abschnitt Sonderausgaben u.a. Beiträge für diese fondsgebundene Renten- und Lebensversicherung in Höhe von 8.025 EUR. Der Beklagte erließ daraufhin am 7. Juni 2007 den Einkommensteuerbescheid 2006. Die erklärten Beiträge zur Lebensversicherung wurden in Höhe von 88% als Vorsorgeaufwendungen bei den Sonderausgaben berücksichtigt. Sie wirkten sich jedoch als Teil der insgesamt verbliebenen Vorsorgeaufwendungen in Höhe von 13.336 EUR nur in Höhe von 1.500 EUR als Sonderausgaben steuerlich aus.
Mit dem gegen den Einkommensteuerbescheid eingelegten Einspruch bat er um Überprüfung des Einkommensteuerbescheides. Zur Begründung führte er an, dass er nicht mit der geringen Steuererstattung einverstanden sei, insbesondere seien seine Beträge für die fondsgebundene Lebens- und Rentenversicherung steuerlich nicht berücksichtig worden. Mit Einspruchsbescheid vom 8. Februar 2008 wurde der Einspruch als unbegründet zurückgewiesen. Dagegen erhob der Kläger Klage.
Er trägt vor, es handele sich bei den Aufwendungen für die Vermittlungsgebühr um Werbungskosten im Zusammenhang mit der abgeschlossenen Lebensversicherung. Die Rechtsprechung des BFH, wonach Vermittlungsgebühren keine Werbungskosten seien, sei zu der früheren Rechtslage ergangen, die für bis zum 31. Dezember 2004 abgeschlossene Lebensversicherungen gegolten habe. Die Rechtslage habe sich jedoch seit dem geändert, der Gesetzgeber habe für Lebensversicherungen bereits mit Wirkung ab 1. Januar 2005 festgelegt, dass es keine steuerfreie Sphäre in Form der Vermögenssubstanz mehr gebe. Anders als bis zum 31. Dezember 2007 bei anderen Kapitaleinkünften, wie etwa bei Rentenpapieren und Aktien, würden damit alle Erträge besteuert, gleichgültig wodurch die Versicherungsgesellschaft sie erzielt habe. Anders als nach früherem Recht, gebe es keine Steuerfreiheit bei zwölfjähriger Laufzeit der Lebensversicherung mehr. Deshalb seien die Aufwendungen für die Vermittlungsgebühren als Werbungskosten zu berücksichtigen.
Der Kläger beantragt,
den Einkommensteuerbescheid 2006 vom 7. Juni 2007 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 8. Februar 2008 zu ändern und die Einkommensteuer unter Berücksichtigung der gezahlten Vermittlungsgebühren in Höhe von 4.979,37 EUR als Werbungskosten bei den Einkünften aus Kapitalvermögen festzusetzen.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Der Beklagte trägt vor, bei den Vermittlungsgebühren handele es sich um Anschaffungsnebenkosten, die nicht als Werbungskosten abzugsfähig seien.
Entscheidungsgründe
I.
Die Klage ist unbegründet.
Der Einkommensteuerbescheid 2006 vom 7. Juni 2007 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 8. Februar 2008 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Die Vermittlungsgebühren in Höhe von 4.979,37 EUR können nicht als Werbungskosten bei den Einkünften aus Kapitalvermögen berücksichtigt werden.
1.
Den Begriff der Einkünfte definiert § 2 Abs. 2 Einkommensteuergesetz (EStG) je nach Einkunftsart als Gewinn oder als Überschuss der Einnahmen über die Werbungskosten. Zu den Überschusseinkünften gehören danach die Einkünfte aus Kapitalvermögen gem. § 20 EStG. Nach § 20 Abs. 1 Nr. 6 EStG in der Fassung des Alterseinkünftegesetzes (AltEinkG) vom 5. Juli 2004 (BGBl. I 2004, 1427) gehört zu den Einkünften aus Kapitalvermögen der Unterschiedsbetrag zwischen der Versicherungsleistung und der Summe der auf sie entrichteten Beiträge (Erträge) bei u.a. fondsgebundenen Lebensversicherungen. Diese Regelung gilt nur für nach dem 31. Dezember 2004 abgeschlossene Verträge.
Im Rahmen dieser Einkunftsquelle sind Werbungskosten gemäß § 9 Abs. 1 Satz 1 EStG Aufwendungen zur Erwerbung, Sicherung und Erhaltung der Einnahmen. Nach Satz 2 dieser Vorschrift sind sie bei der Einkunftsart abzuziehen, bei der sie erwachsen sind. Werbungskosten i.S.d. § 9 Abs. 1 Satz 1 EStG sind dabei alle Aufwendungen die durch die Erzielung steuerpflichtiger und im Rahmen der Überschusseinkünfte zu erfassender Einnahmen veranlasst sind, d.h. zu einer dieser Einkunftsarten in einem steuerrechtlich anzuerkennen Zurechnungszusammenhang stehen. Ausschlaggebend dafür, ob ein solcher Zusammenhang besteht, ist zum einen die wertende Beurteilung des die betreffenden Aufwendungen auslösenden Moments, zum anderen die Zuweisung dieses maßgebenden Grundes zur einkommensteuerrechtlich relevanten Erwerbssphäre.
2.
Bei Anwendung dieser Grundsätze sind die von dem Kläger gezahlten Vermittlungsgebühren an die B AG keine (vorweggenommenen) Werbungskosten. Es handelt sich dabei um Aufwendungen, die der Vermögenssphäre und nicht der Erwerbssphäre zuzuordnen sind. Sie dienen dem Erwerb einer Anlage d.h. eines nicht steuerbaren Tatbestandes nach § 20 Abs. 1 Nr. 6 EStG. Sie gehören daher zu den Anschaffungsnebenkosten und sind somit keine Werbungskosten (BFH-Urt. v. 27. Juni 1989 VIII R 30/88, BStBl. II 1989, 934 m.w.Nachw.; so bereits schon BFH-Urt. v. 9. Oktober 1979 VIII R 67/77, BStBl. II 1980, 116 u. BFH-Urt. v. 25. Januar 1957 VI 52/55 U, BStBl. III 1957, 75; FG Köln Urt. v. 20. Januar 2010 7 K 3371/08, [...], Nichtzulassungsbeschwerde eingelegt Az. VIII B 44/10; Weber-Grellet in Schmidt, EStG, 28. Auflage 2009, § 20 Rz. 253 "Anschaffungskosten"; von Beckerath in Kirchhoff, EStG, 8. Auflage 2008, § Rz. 480 "AK und Veräußerungskosten"; Schlotter in Littmann/Bitz/Pust, EStG (Loseblatt), § 20 Rz. 1405; a.A. Loritz, DStR 2005, 3, 7). Auch ein Ansatz für Absetzung für Abnutzung (AfA) kommt nicht in Betracht, da Kapitalforderungen keinem laufenden Wertverzehr unterliegen (BFH-Urt. v. 9. Oktober 1979 VIII R 67/77, BStBl. II 1980, 116).
Deshalb sind die Vermittlungsgebühren auch als Teil der entrichteten Beiträge erst später zu berücksichtigen. Gem. § 20 Abs. 1 Nr. 6 EStG unterliegt der Besteuerung der Unterschiedsbetrag zwischen der Versicherungsleistung und der Summe der auf sie entrichteten Beiträge (Erträge). Die Vermittlungsgebühren sind dabei keine Werbungskosten, sondern gehören zu den entrichteten Beiträgen i.S.d. § 20 Abs. 1 Nr. 6 EStG. Sie sind im Zeitpunkt der Besteuerung der Leistung aus der fondgebundenen Lebensversicherung als Vermögensstamm von den Leistungen des Versicherers abzuziehen. Dies gilt nicht nur für Vermittlungsprovisionen die an die Versicherung selbst gezahlt werden, sondern auch für die Vermittlungsprovision die ein Versicherungsnehmer aufgrund eines gesonderten Vertrages unmittelbar an einen Dritten als Versicherungsvermittler erbringt. Sie erhöhen die Summe der entrichteten Beiträge im Sinne des§ 20 Abs. 1 Nr. 6 EStG und führen somit dazu, dass sich im Zeitpunkt der Leistung aus der fondgebundenen Lebensversicherung der zu versteuernde Betrag verringert. (BMF - Schreiben v. 22. Dezember 2005 - IV C 1-S 2252 - 343/05, BStBl. I 2006, 92 Rz. 56; ebenso Weber-Grellet in Schmidt, EStG, 28. Aufl. 2009, § 20 Rz. 113, der alle Zahlungen im Zusammenhang mit dem Versicherungsvertrag zu den entrichteten Beiträgen zählt, und Goverts/Knoll, DStR 2006, 589, 592).
3.
Durch die Gesetzesänderung aufgrund des AltEinkG hat sich insoweit auch keine Änderung zur früheren Rechtslage ergeben. Es handelt sich weiterhin nach § 2 Abs. 2 Nr. 2 EStG um Überschusseinkünfte, bei denen bei der Besteuerung in den einzelnen Veranlagungszeiträumen die Veränderungen des Vermögensstamms unberücksichtigt bleibt. Zu dieser Vermögenssphäre aber gehören auch weiterhin die Anschaffungsnebenkosten (ebenso FG München Urt. v. 14. März 2008 10 K 539/08, EFG 2008, 1376; FG Köln Urt. v. 20. Januar 2010 7 K 3371/08, [...], Nichtzulassungsbeschwerde eingelegt Az. VIII B 44/10).
4.
Soweit der Kläger es als entscheidungserheblich ansieht, dass die Vermittlungsprovision im Streitfall nicht vom Versicherer, sondern von einem Dritten erhoben worden sei, ist dem nicht zuzustimmen. Ob Vermittlungsprovisionen vom Versicherer selber bzw. von einem Dritten erhoben werden, ist für die Frage, ob die Vermögenssphäre betroffen ist, nicht erheblich. Hier wie dort werden sie aufgewandt, um eine Anlage zu erwerben (s.o.).
II.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 Finanzgerichtsordnung (FGO).