Finanzgericht Niedersachsen
Urt. v. 14.04.2010, Az.: 8 K 398/08
Nachweis einer Vermietungsabsicht bei einem sanierungsbedürftigen, leerstehenden Gebäude i.R.d. Geltendmachung eines Überschusses der Werbungskosten über die Einnahmen für ein Objekt
Bibliographie
- Gericht
- FG Niedersachsen
- Datum
- 14.04.2010
- Aktenzeichen
- 8 K 398/08
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2010, 34717
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:FGNI:2010:0414.8K398.08.0A
Verfahrensgang
- nachfolgend
- BFH - 26.10.2010 - AZ: IX B 84/10
Rechtsgrundlagen
- § 9 Abs. 1 S. 1 EStG
- § 21 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 EStG
Fundstelle
- DWW 2011, 116-117
Feststellungsbescheid 2004
Nachweis der Vermietungsabsicht bei sanierungsbedürftigem, leerstehenden Gebäude
Tatbestand
Streitig ist, ob und ggf. in welcher Höhe die Klägerin einen Überschuss der Werbungskosten über die Einnahmen für das Objekt in X. geltend machen kann.
Mit not. Kaufvertrag vom 14.November 2001 erwarb die Klägerin das Grundstück in X. zu einen Kaufpreis von ... DM. Das Grundstück war mit einer ehemaligen Bundeswehrkaserne bebaut und an verschiedene Mieter vermietet, u.a. auch an eine Tanzschule und an einen Schlagzeuger zu Übungszwecken. Da das Gebäude zu Schulungszwecken vermietet werden sollte, wurden noch im Jahr 2002 alle Mietverhältnisse beendet. Bereits im Jahr 2002 zeichnete sich ab, dass zunächst keine Vermietung möglich war. Zwar hatte ein Bildungswerk signalisiert, dass es an einer weiteren Anmietung des Gebäudes interessiert sei. Es gab aber zu erkennen, dass dies nur bei Beibehaltung des bisherigen geringen Mietzinses in Betracht kam. Da in jedem Falle eine umfangreiche Sanierung des Gebäudes vor einer Vermietung vorgenommen werden musste, war eine Fortschreibung der bisher erzielten Mieten für die Klägerin indiskutabel. Um die Jahreswende 2002 auf 2003 ereignete sich ein Wasserschaden. Instandsetzungs- oder Reparaturarbeiten hat die Klägerin bis heute nicht durchgeführt.
Mit der Feststellungserklärung für das Streitjahr machte die Klägerin für das Objekt in X. neben der normalen AfA für das Gebäude die AfaA auf den Restbuchwert geltend. Insgesamt ergab sich ein Werbungskostenüberschuss von ... EUR. Mit Feststellungsbescheid vom ... lehnte der Beklagte die Feststellung der Vermietungseinkünfte für das Objekt in X. ab, weil weder die Vermietungsabsicht noch der Verbrauch des Gebäudes nachgewiesen sei.
Die Klägerin legte Einspruch ein. Sie führte aus, dass es eines Nachweises für den technischen und wirtschaftlichen Verbrauch des Gebäudes nicht bedürfe. Aufgrund ihrer Sachkunde könnten die Gesellschafter der Klägerin dies selbst beurteilen. Bereits mit der Feststellungserklärung habe die Klägerin dargelegt, welche Schäden entstanden seien. Die Vermietungsabsicht sei ausreichend nachgewiesen worden. Im Januar 2004 habe die MaklerinB. erfolglos versucht, das Gebäude zu vermieten. Die Klägerin habe ein Schreiben einer weiteren Immobilienmaklerin vorgelegt, nach dem eine kurzfristige Vermarktung aufgrund der momentanen Marktlage sehr schwierig sei. Mit Umbau- und Sanierungsarbeiten könne erst begonnen werden, wenn ein Mieter für das Gebäude gefunden sei. Zwischenzeitlich habe die Klägerin für das Gebäude auch eine Wohnanlage geplant. Auch diese Planungen hätten nicht zum Erfolg geführt.
Den Einspruch wies der Beklagte als unbegründet zurück. Der Beklagte legte im Einzelnen dar, dass eine Absicht, auch weiterhin Vermietungseinkünfte bei einem leerstehenden Gebäude zu erzielen, nur dann angenommen werden könnte, wenn der Steuerpflichtige die Ernsthaftigkeit und Nachhaltigkeit seiner Vermietungsbemühungen nachweise. Daran fehle es im vorliegenden Fall. Wegen der bestehenden Mängel des Gebäudes fehle es schon an der objektiven Vermietbarkeit des Gebäudes. Im Übrigen werde, wie eine Internet Abfrage zeige, das Gebäude seit geraumer Zeit von der Immobilienmaklerin zum Verkauf angeboten. Auch die Umplanung des Gebäudes zu einer Wohnanlage deute darauf hin, dass gar keine ernsthafte Vermietungsabsicht bestehe, sondern der Verkauf des Grundstücks beabsichtigt sei. Eine AfaA wegen des Wasserschadens komme im Streitjahr schon deswegen nicht in Betracht, weil dieser Schaden vor dem Streitjahr eingetreten sei. Da auch nach diesem Schaden keinerlei Instandsetzungsarbeiten durchgeführt worden seien, bestätige dies die Annahme, dass keine ernsthaften Vermietungsbemühungen unternommen würden.
Hiergegen richtet sich die vorliegende Klage. Die Klägerin wiederholt im Wesentlichen das Vorbringen des Vorverfahrens. Sie weist unter Beweisantritt darauf hin, dass die Immobilienmaklerin H. bereits Ende 2003 einen Exklusivauftrag zur Vermietung des Gebäudes gehabt habe. Durch diesen Exklusivauftrag habe verhindert werden sollen, dass sich andere Makler mit der Vermarktung des Gebäudes befassten. Insgesamt habe sie ihre Vermietungsabsicht nicht aufgegeben. Seit 2009 führe sie mit der Schulbehörde der Stadt X. Gespräche über die Vermietung des Gebäudes. Im September 2009 habe sie der Stadt X. ein Exposé für die Vermietung als Schulgebäude überreicht. Bislang sei man allerdings mit der Stadt X. noch zu keinem Ergebnis gekommen. Instandsetzungsarbeiten sollten erst erfolgen, wenn ein Mietvertrag abgeschlossen würde. Vorher mit den Sanierungsarbeiten zu beginnen, sei nicht zumutbar, da sich die Bauarbeiten an den Wünschen des potentiellen Mieters orientieren müssten. Zurzeit sei das Grundstück lediglich mit einem Bretterzaun gesichert. Entgegen der Auffassung des Beklagten sei auch die AfaA für den Wasserschaden zu berücksichtigen. Zwar sei dieser Schaden bereits im Vorjahr entstanden, die Wertminderung habe sich bezifferbar jedoch erst im Streitjahr herausgestellt.
Der Beklagte hält im Wesentlichen an seiner Rechtsauffassung des Vorverfahrens fest. Der einmalige Kontakt mit der Maklerin im Jahr 2004 reiche für die Feststellung ernsthafter und nachhaltiger Vermietungsbemühungen nicht aus. Soweit im Jahr 2009 erneut Kontakt zu der Stadt wegen der Vermietung des Gebäudes aufgenommen worden sei, berühre dies die Streitjahre nicht, zumal das Gebäude sich in keinem vermietbaren Zustand befunden habe.
Der Senat hat eine schriftliche Aussage des Betriebsleiters der Stadt X. eingeholt. Insoweit wird Bezug genommen auf die Äußerung von Herrn ... vom 7.4.2010.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist nicht begründet.
Der Beklagte hat zu Recht für die Klägerin keine vorab entstandenen Werbungskosten bei den Vermietungseinkünften gemäߧ 21 EStG für das Grundstück in X. festgestellt, denn eine Absicht der Klägerin, noch im Streitjahr mit diesem Gebäude Vermietungseinkünfte zu erzielen, ist nicht feststellbar.
Nach § 9 Abs. 1 Satz 1 EStG sind Werbungskosten Aufwendungen zur Erwerbung, Sicherung und Erhaltung der Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung. Sie sind nach § 9 Abs. 1 Satz 2 EStG bei der Einkunftsart Vermietung und Verpachtung abzuziehen, wenn sie bei ihr erwachsen und das heißt, durch sie veranlasst sind (ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. BFH-Urteil vom 15. Januar 2008 IX R 45/07, BFHE 220, 264, BStBl II 2008, 572). Fallen solche Aufwendungen schon an, bevor mit dem Aufwand zusammenhängende Einnahmen erzielt werden, können sie als vorab entstandene Werbungskosten berücksichtigt werden, wenn ein ausreichend bestimmter wirtschaftlicher Zusammenhang zwischen den Aufwendungen und der Einkunftsart besteht, in deren Rahmen der Abzug begehrt wird (Beschluss des Großen Senats des BFH vom 4. Juli 1990 GrS 1/89, BFHE 160, 466, BStBl II 1990, 830; BFH-Urteil vom 11. Januar 2005 IX R 15/03, BFHE 209, 77,).
Aufwendungen für ein leer stehendes Gebäude können als vorab entstandene Werbungskosten abziehbar sein, wenn der Steuerpflichtige sich endgültig entschlossen hat, daraus durch Vermieten Einkünfte nach § 21 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG zu erzielen und diese Entscheidung später nicht wieder aufgegeben hat. Dieser endgültige Entschluss zu vermieten - die Einkünfteerzielungsabsicht - muss sich anhand ernsthafter und nachhaltiger Vermietungsbemühungen des Steuerpflichtigen belegen lassen, wobei es sich dabei um Beweisanzeichen handelt, deren Feststellung und Würdigung im Wesentlichen dem FG als Tatsacheninstanz obliegt (grundlegend zum Vorstehenden BFH-Urteil vom 28. Oktober 2008 IX R 1/07, BFHE 223, 186). Zeigt sich aufgrund bislang vergeblicher Vermietungsbemühungen, dass für das Objekt, so wie es baulich gestaltet ist, kein Markt besteht und die Immobilie deshalb nicht vermietbar ist, so muss der Steuerpflichtige zielgerichtet darauf hinwirken, unter Umständen auch durch bauliche Umgestaltungen einen vermietbaren Zustand des Objekts zu erreichen. Bleibt er untätig und nimmt den Leerstand auch künftig hin, spricht dieses Verhalten gegen den endgültigen Entschluss zu vermieten oder - sollte er bei seinen bisherigen, vergeblichen Vermietungsbemühungen mit Einkünfteerzielungsabsicht gehandelt haben - für deren Aufgabe ( vgl. Urteil des BFH vom 25.6.2009 IX R 54/08, BStBl II 2010,124 ). Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze war im Streitjahr keine Einkünfteerzielungsabsicht für das Grundstück in X. feststellbar.
Bereits im Jahr 2001 hatte die Klägerin erkannt, dass das Gebäude in dem herunter gewirtschafteten Zustand, in dem es sich befand, nicht mehr vermietbar war - vgl. Schreiben des Herrn A. vom 18.10.2001 an das Bildungswerk . Außerdem war den Gesellschaftern, wie der Gesellschafter A. in der mündlichen Verhandlung dargelegt hat, durch die Gespräche und Verhandlungen mit den potentiellen Mietern schon 2002 klar, dass die ehemaligen Vertragspartner nicht bereit waren, das Gebäude nach einer vorzunehmenden Sanierung zu auch für die Klägerin akzeptablen, wirtschaftlich sinnvollen Bedingungen anzumieten. Durch den Eintritt des Wasserschadens zum Jahreswechsel 2002/2003 -- der ggf. im Veranlagungsjahr 2003 hätte geltend gemacht werden müssen, da er spätestens am 29.1.2003 bekannt war und die fachkundigen Gesellschafter der Klägerin auch die Höhe des Schadens kannten -- hat sich die Situation für die Klägerin noch verschärft, denn durch diesen Schaden wären noch höhere Sanierungsaufwendungen erforderlich geworden. Angesichts des herunter gekommenen Zustands des Gebäudes hätte es schon im Streitjahr bei einer tatsächlich bestehenden Vermietungsabsicht über das normale Maß hinausgehender Bemühungen bedürft, um überhaupt eine Vermietbarkeit des Gebäudes darzustellen. Zwar hat die Klägerin vorgetragen, schon im Jahr 2003 der Immobilienmaklerin H. einen Exklusivvertrag zur Vermietung des Gebäudes erteilt zu haben. Auch wenn die Klägerin einen solchen Auftrag erteilt hat - dem entsprechenden Beweisantrag war nicht nachzugehen, weil der Senat zugunsten der Klägerin davon ausgeht, dass der Vortrag der Klägerin insoweit zutreffend ist - , ist es jedoch in der Folgezeit tatsächlich offenbar zu keiner Vermittlung von Mietinteressenten durch die Maklerin gekommen. Ob die Immobilienmaklerin H. das Grundstück tatsächlich jemals zur Vermietung angeboten hat, kann der Senat nicht feststellen. Die Klägerin hat insoweit keinerlei Nachweise vorgelegt und sich wohl nicht darum gekümmert, ob und in welcher Weise die Immobilienmaklerin H. sich um Mietinteressenten bemüht hat. Wie die Internet-Recherche des Finanzamts ergeben hat, hat die Immobilienmaklerin H. das Grundstück nur zum Kauf, nicht aber zur Vermietung angeboten. Mit Recht weist der Beklagte darauf hin, dass der einmalige Kontakt mit der Maklerfirma B. am 12.1.2004 nicht geeignet ist, ernsthafte und nachhaltige Vermietungsbemühungen der Klägerin nachzuweisen, denn insoweit ist nicht ersichtlich, wem diese Firma das Gebäude zur Anmietung angeboten hat. Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass der Gesellschafter A. in der mündlichen Verhandlung ausdrücklich darauf hingewiesen hat, dass die Klägerin den Exklusivauftrag an die Immobilienmaklerin H. auch deswegen erteilt habe, um sich nicht mit anderen Maklern wie der Firma B. befassen zu müssen, die von sich aus bezüglich der Vermarktung des Gebäudes tätig werden wollten. Gegen die Vermietungsabsicht spricht auch, dass die Klägerin versucht hat, das Gebäude in Wohnungen umzuplanen. Nicht selten werden solche Wohnanlagen in Eigentumswohnungen aufgeteilt und sodann veräußert. Danach ist der Senat davon überzeugt, dass die Klägerin im Streitjahr 2004 nicht mehr ernsthaft die Absicht hatte, das Grundstück zu vermieten.
Nachdem die Stadt X. die Zusammenführung von zwei Gymnasien an dem Standort ins Auge gefasst hat, hat zwar hat die Klägerin im Jahr 2009 der Stadt X. ein Expose' überreicht, indem sie das Grundstück als Schulgebäude zur Anmietung angeboten hat. Diese Tatsache rechtfertigt jedoch keine andere Beurteilung der Vermietungsabsicht im Streitjahr. Abgesehen davon, das nach der schriftlichen Äußerung des Betriebsleiters der GGS X. insoweit noch kein Ergebnis vorliegt, waren die Verkaufsbemühungen der Immobilienmaklerin H. vergeblich gewesen und außerdem stand fest, dass eine Umplanung des Gebäudes in Wohnungen durch die Stadt X. nicht genehmigt werden würde. Daher geht der Senat davon aus, dass die Klägerin nicht im Streitjahr, sondern erst wesentlich später ihre Absicht geändert und nunmehr nicht nur den Verkauf, sondern infolge der geänderten Sachlage auch eine Vermietung des Grundstücks ins Auge gefasst hat.
Danach waren aber für das Jahr 2004 keine Vermietungseinkünfte der Klägerin für das Grundstück in X. einheitlich und gesondert festzustellen. Die Klage war abzuweisen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO.