Finanzgericht Niedersachsen
Urt. v. 26.04.1999, Az.: VIII 118/93

Einordnung der Einkünfte eines Elektrotechnikers als solche aus Gewerbebetrieb; Umfang der Darlegung eigener praktischer Arbeiten zum Nachweis der für den Ingenieur typischen Fachkenntnisse; Nachweis der Fachkenntnisse auch anhand eigener praktischer Tätigkeiten

Bibliographie

Gericht
FG Niedersachsen
Datum
26.04.1999
Aktenzeichen
VIII 118/93
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 1999, 19485
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:FGNI:1999:0426.VIII118.93.0A

Fundstellen

  • SteuerBriefe 1999, 1475
  • ZFK 2000, 57-58

Verfahrensgegenstand

Gewerbesteuermessbetrag 1989

Amtlicher Leitsatz

  1. 1.

    Einordnung der Einkünfte eines Elektrotechnikers als solche aus Gewerbebetrieb

  2. 2.

    Umfang der Darlegung eigener praktischer Arbeiten zum Nachweis der für den Ingenieur typischen Fachkenntnisse

Der VIII. Senat des Niedersächsischen Finanzgerichts hat
ohne mündliche Verhandlung
in der Sitzung vom 26. April 1999,
an der mitgewirkt haben:
Vorsitzender Richter ... am Finanzgericht ...
Richterin am Finanzgericht ...
Richterin am Finanzgericht ...
ehrenamtlicher Richter ... Dipl.-Kfm.
ehrenamtliche Richterin Sparkassenangestellte ...
für Recht erkannt:

Tenor:

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten.

Tatbestand

1

Streitig ist, ob der Kläger eine dem Ingenieur ähnliche, freiberufliche Tätigkeit ausübt.

2

Der Kläger arbeitete nach beendeter Lehre zum Elektroinstallateur im Jahr 1968 zunächst als Geselle und besuchte in den Jahren 1975 bis 1977 die Technikerschule mit Fachrichtung Elektronik/Schwerpunkt Informationselektronik, die er als staatlich geprüfter Elektrotechniker mit der Fachhochschulreife abschloss. In der nachfolgenden Zeit arbeitete der Kläger im Ausland überwiegend für ein Ingenieurbüro für Mess- und Regeltechnik (...) in den Bereichen Einbau von Elektronikund Montageüberwachung bei der Erstellung von Werksanlagen.

3

Zum 1. Juni 1989 schloss der Kläger mit der Firma K und S (KS) einen Vertrag über eine Tätigkeit als "freier Mitarbeiter für Elektro-, Mess- und Regelplanung" zur Durchführung von "Planungsarbeiten". Nach den Vertragsbedingungen konnte die KS den Kläger im eigenen Unternehmen oder direkt bei den Firmenkunden einsetzen. Der Kläger hatte die Arbeiten nach den Angaben der Projektleitung, die auch die zur Ausführung der Aufträge notwendigen Angaben und Richtlinien machte, durchzuführen.

4

Mit der Gewerbesteuererklärung für das Streitjahr erklärte der Kläger seine Einkünfte bis zum 30. Mai 1989 als gewerblich, danach als freiberuflich.

5

Das beklagte Finanzamt (FA) behandelte die Einkünfte des Klägers wie in den Vorjahren als Einkünfte aus Gewerbebetrieb und erließ am 2. März 1992 einen Bescheid über den einheitlichen Gewerbesteuermessbetrag in Höhe von 1.490 DM, der am 9. März 1992 von der Gemeinde abgesandt wurde.

6

Mit der Klage begehrt der Kläger nach erfolglosem Einspruchsverfahren die Aufhebung des Gewerbesteuermessbescheides. Seiner Ansicht nach sei seine Tätigkeit seit dem 1. Juni 1989 der eines Ingenieurs ähnlich und damit eine selbständige Tätigkeit im Sinne von § 18 Abs. 1 Nr. 1 Einkommensteuergesetz (EStG).

7

Hierzu trägt er vor, er habe nach seiner Ausbildung zum Techniker der Fachrichtung Elektronik/Informationselektronik durch die anschließende praktische Tätigkeit und den Besuch eines Informatikkurses bei der Volkshochschule, sowie der Lehrgänge "S15 Systemkurs Simatic S5", "S16 Bedienen und Fehlersuche Simatic S5" und "Konfigurationslehrgang Prozessleitsystem Fischer + Porter", die einem Ingenieur vergleichbaren theoretischen Kenntnisse erworben. Daneben habe er die erforderlichen Fachkenntnisse auch durch seine praktische Tätigkeit erworben. Er sei z. B. als Angestellter mit der Erstellung der Planungsdokumentation eines Nachrichtensystems für die zivile Selbstverteidigung Libyens und der Durchführung wissenschaftlicher Berechnungen von Leistungsstärken und Leistungserfordernissen von Aggregaten befasst gewesen, habe die Überprüfung einer Nachrichtenanlage auf Planungskonformität vorgenommen und sei für die Ausbildung und Einweisung von Bedienungspersonal an Elektroanlagen und Geräten einer Zementfabrik zuständig gewesen. Weiterhin habe er in der Planung und Entwicklung von Geräten und Anlagen der Unterhaltungs- und Informationselektronik mitgearbeitet und sei beratend bei der Erstellung von Elektroanlagen für verschiedene Bauvorhaben tätig gewesen.

8

Nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) könne der Nachweis der Fachkenntnisse auch anhand eigener praktischer Tätigkeiten geführt werden. Die genannten Tätigkeiten seien gleichwertig zur Ingenieurstätigkeit. Der BFH habe hierzu in dem Urteil vom 12. Oktober 1989 IV R 118-119/87 (BStBl II 1990, 64)entschieden, dass bei der beruflichen Tätigkeit nicht alle Bereiche des Katalogberufes erfüllt sein müssten. Es sei nicht schädlich, wenn durch die Tätigkeit einzelne Bereiche nicht abgedeckt würden, da die Bereiche gleichrangig nebeneinander stünden.

9

Die Gleichwertigkeit seiner Tätigkeit mit der eines Ingenieurs ergebe sich auch aus den abgeschlossenen Werkverträgen. Die Vielseitigkeit der in seiner langjährigen Berufstätigkeit ausgeführten Arbeiten lasse eine so nachhaltige, umfassende und offenkundige wissenschaftliche oder theoretische Vorbildung erkennen, dass sich ein Nachweis erübrige. Ohne die Kenntnisse eines Elektroingenieurs habe er seine Aufträge nicht fachgerecht ausführen können. Seine Tätigkeit, welche die technische Spezifikation der erforderlichen Ausrüstung und Installation, die Materialbeschaffung, die Ausarbeitung technischer Lösungsvorschläge, die Anfertigung von Zeichnungen und die Kostenkontrolle umfasse, sei so anspruchsvoll und umfassend, dassseine Kenntnisse zwangsläufig in der Tiefe und Breite das Wissen eines Kernbereichs eines Fachstudiums umfassen. Dieses sei auch schon an der Bezeichnung der Aufträge ersichtlich, die zeigten, dass die Durchführung nur jemand erledigen könne, der die mathematisch-technischen, d. h. wissenschaftlichen Kenntnisse besitze. Zum Nachweis werde auf die Ablichtung des Auftrages mit Beschreibung der Ingenieurleistungen (Projekt: FCC - LPG - RECOVERY [FCC]) verwiesen. Im übrigen sei er auch aufgrund des im Jahr 1998 mit der H GmbH abgeschlossenen Rahmenvertrages zur Erbringung von Ingenieurleistungen verpflichtet. Auch dieses belege seine Fachkenntnisse. Anhand der Rechnungen sei ersichtlich, dass er im Streitjahr überwiegend in der Elektrofertigung im Bereich Entwicklung,Planung und Qualitätskontrolle tätig gewesen sei. Die Übernahme von Bauleitung und Überprüfung von Montagearbeiten, könne nicht schädlich sein, da diese Tätigkeiten oder eine Spezialisierung auf ein bestimmtes Arbeitsgebiet bei Diplom- Ingenieuren oder Architekten auch nicht die Anerkennung einer freiberuflichen Tätigkeit ausschließe. Dieser Auffassung stehe das BFH-Urteil vom 16. Oktober 1997 IV R 19/97 (BStBl II 1998, 139) nicht entgegen, da der dort entschiedene Sachverhalt in keiner Weise mit seinem Fall vergleichbar sei.

10

Im übrigen sei seine Tätigkeit auch mit der eines Systemanalytikers vergleichbar. Dieses sei anhand der vorgelegten, von ihm erarbeiteten Anfrage für ein Prozessleitsystem (Projekt: CAT - LPG - RECOVERY - PROJEKT [PLS]), die er im Auftrag der KS entworfen habe, ersichtlich. Er habe an einem ähnlichen Projektin der Weise mitgearbeitet, dass er die Planung in Form eines Pflichtenheftes erstellt habe und mit der Bestellung der dafür erforderlichen Komponenten beauftragt gewesen sei. Später sei er mit der Bauaufsicht, der Qualitätskontrolle und der Inbetriebnahme beschäftigt gewesen, zu der auch die Berechnung und Auslegung von Transmittern gehört habe.

11

Der Kläger ist ferner der Meinung, dass seine Tätigkeit schon deswegen als der eines Katalogberufs ähnlichen Tätigkeit gleichgestellt werden müsse, weil die Finanzverwaltung per Erlass verschiedentlich die Tätigkeit von Personen als freiberuflich anerkenne, obwohl diese Personen weder eine dem Hochschulstudium vergleichbare Ausbildung noch die durch die Berufstätigkeit erlangten Kenntnisse nachzuweisen hätten. Hierzu werde beispielhaft auf die Verfügungen der Oberfinanzdirektion Kiel (OFD) vom 18. Dezember 1985 (selbständig tätige Krankenschwestern und Krankenpfleger) und der OFD Hannover vom 14. Oktober 1987 (Haus aufgabenhilfe als selbständige Tätigkeit) verwiesen. Für den Fall, dass seine Tätigkeit nicht als der einer freiberuflichen Tätigkeit ähnlich beurteilt werde, stelle sich die Frage nach der Gleichmäßigkeit der Besteuerung.

12

Der Kläger beantragt,

den Gewerbesteuermessbescheid aufzuheben.

13

Das Finanzamt beantragt,

die Klage abzuweisen.

14

Das FA ist der Auffassung, der Kläger übe keine freiberufliche Tätigkeit aus.

15

Er sei kein Ingenieur im Sinne des § 18 EStG, da er nicht berechtigt sei, die Berufsbezeichnung "Ingenieur" zu führen. Als staatlich geprüfter Techniker der Fachrichtung Elektronik fehle ihm die nach § 1 Niedersächsisches Ingenieurgesetz vom 30. März 1971 erforderliche Ausbildung und staatliche Verleihung. Für den Beruf des Ingenieurs sei ein Hochschul- oder Fachhochschulstudium erforderlich, das der Kläger jedoch nicht vorweisen könne. Seine Ausbildung sei mehr praktisch geprägt, und mit Beendigung der Ausbildung zum Techniker habe er erst die Eingangsvoraussetzungen für den Besuch der Fachhochschule erfüllt.

16

Er übe auch keine dem Ingenieur ähnliche Tätigkeit aus. Eine dem Ingenieur ähnliche Tätigkeit müsse dem typischen Berufsbild des Ingenieurs unter Berücksichtigung des Gesamtbildes in allen typischen und wichtigen Merkmalen entsprechen. Der ähnliche Beruf müsse in Ausbildung und Tätigkeit dem eines Ingenieurs vergleichbar sein. Da der Kläger nach eigenem Bekunden auf dem Gebiet der Planung von Elektroanlagen tätig sei, könne die Tätigkeit des Klägers auf der Grundlage entsprechender staatlicher Vorschriften, z. B. der Diplomprüfungsordnung für den Studiengang elektrische Anlagen und Automatisierungstechnik an der Fachhochschule Braunschweig/Wolfenbüttel vergleichend beurteilt werden. Der Kläger habe nicht nachgewiesen, dass er über die dort geforderten Kenntnisse (Mess-, Regelungs-, Umrichter technik, Leistungselektronik, Betriebswirtschaftslehre, Hochspannungstechnik, usw.) verfüge.

17

Eine entsprechende Qualifikation durch eine systematische theoretische Fortbildung und den Erwerb der erforderlichen Kenntnisse nach Abschluss der Ausbildung habe der Kläger nicht dargelegt. Er habe lediglich seine praktischen Tätigkeiten aufgeführt; dieses sei jedoch nicht ausreichend. Zwar könne der Nachweis der Kenntnisse auch anhand praktischer Tätigkeiten erbracht werden. Hierfür habe der Kläger jedoch nicht nachgewiesen oder schlüssig dargelegt, dass für seine Tätigkeit Kenntnisse erforderlich seien, die umfassender und gründlicher als die Kenntnisse eines Technikers seien. Die mit der Tätigkeiteines Ingenieurs vergleichbare Tätigkeit dürfe nicht nur einen kleinen Teilbereich des Ingenieurberufs umfassen und müsse zudem den wesentlichen Teil seiner Berufstätigkeit ausmachen. Aus den beigefügten Nachweisen gehe dieses jedoch nicht hervor. Selbst wenn sein Beruf gelegentlich ingenieurmäßige Kenntnisse erfordere, sei dieser gelegentliche Einsatz nach der Rechtsprechung des BFH nicht ausreichend. Der Kläger hat mit Schriftsatz vom 29. März 1999 und der Beklagte mit Schriftsatz vom 15. April 1999 auf mündliche Verhandlung verzichtet. Der Kläger hat den Verzicht mit Schriftsatz vom 21. April 1999 widerrufen und zum Nachweis der Ausübung einer einem Freiberufler ähnlichen Tätigkeit zwei Zeugen benannt.

18

Wegen des Vorbringens der Beteiligten im Einzelnen wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der Steuerakte (Steuernummer: ...) Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

19

Die Klage ist unbegründet.

20

Der Bescheid über den Gewerbesteuermessbetrag für 1989 ist rechtmäßig. Der Kläger hat Einkünfte aus Gewerbebetrieb erzielt und ist somit gewerbesteuerpflichtig gemäß § 2 Abs. 1 Gewerbesteuergesetz (GewStG). Hiernach unterliegt der Gewerbesteuer jeder im Inland stehende Gewerbebetrieb. Gewerbebetrieb ist jede selbständige nachhaltige Betätigung, die mit der Absicht, Gewinn zu erzielen, unternommen wird und sich als Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr darstellt, wenn die Betätigung nicht als Ausübung eines freien Berufes oder als eine andere selbständige Arbeit anzusehen ist, §§ 2 Abs. 2 Satz 2 GewStG, 15 Abs. 2 Satz 2 EStG.

21

Der Kläger erzielt keine Einkünfte aus freiberuflicher Tätigkeit. Zu diesen Einkünften gehören nach § 18 Abs. 1 Nr. 1 EStG die im Gesetz abschließend genannten Katalogberufe oder Berufe, die diesen Katalogberufen ähnlich sind.

22

Die Tätigkeit des Klägers gehört nicht zu den Katalogberufen. Von den in § 18 Abs. 1 EStG aufgeführten Berufen kommt nur die Tätigkeit als Ingenieur in Betracht. Der Kläger ist nicht Ingenieur, da er die nach § 1 des Niedersächsischen Ingenieurgesetzes (Nieders. GVBl 1971, S. 137) erforderliche Ausbildung nicht hat und ihm die Berechtigung zum Führen der Berufsbezeichnung "Ingenieur" fehlt. Dieses ist jedoch Voraussetzung für die Ausübung des Katalogberufes Ingenieur (Urteil des BFH vom 20. April 1989 V R 130/84, BFH/NV 1990, 232).

23

Die Tätigkeit des Klägers war im Streitjahr jedoch auch nicht der Tätigkeit eines Ingenieurs ähnlich. Ein Beruf ist einem Katalogberuf ähnlich, wenn er in wesentlichen Punkten mit diesemverglichen werden kann. Dazu gehört die Vergleichbarkeit der Ausbildung und die Vergleichbarkeit der beruflichen Tätigkeit.Dieses gilt auch für einen dem Katalogberuf des Ingenieurs ähnlichen Beruf (ständige Rechtsprechung vgl. Urteil des BFH vom 21. März 1996 XI R 82/94, BStBl II 1996, 518 m.w.N.).

24

Für den Nachweis einer ingenieurähnlichen Tätigkeit trägt der Kläger nach den allgemeinen Beweisregeln die objektive Beweislast.

25

Der Senat hält die Vergleichbarkeit in der Ausbildung für nicht gegeben. Der Kläger hat weder nachgewiesen noch hinreichend dargelegt, dass er bis zum Streitjahr einen Kenntnisstand erworben hat, der dem eines Ingenieurs vergleichbar ist. Der Kläger hat zum einen nicht dargelegt, dass er die notwendigen Fachkenntnisse außerhalb einer höheren Schule im Selbststudium erworben hat. Hierzu bedarf es einer substantiierten Darlegung der Art und Weise des Studiums. Die bloße Behauptung der Ausbildungsmaßnahmen ist nicht ausreichend (vgl. Urteil des BFH vom 5. Oktober 1989 IV R 154/86, BStBl II 1990, 73). Bereits deshalb kann der lediglich behauptete Besuch eines Imformatikkurses bei der Volkshochschule und der Lehrgänge "S15 Systemkurs Simatic S5", "S16 Bedienen und Fehlersuche Simatic S5" und "Konfigurationslehrgang Prozessleitsystem Fischer + Porter" nicht als ausreichender Nachweis angesehen werden. Abgesehen davon ist bei diesen Kursen bereits aufgrund der Kursbezeichnung davon auszugehen, dass es sich hierbei um fachlich begrenzte, punktuell auf Einzelbereiche abzielende Veranstaltungen handelte, die nicht die Kenntnisse eines ausgebildeten Ingenieurs vermitteln sollten. Derartige Veranstaltungen genügen den Voraussetzungen an einen Nachweis der für eine Ingenieurstätigkeit erforderlichen Kenntnisse nicht (vgl. Urteil des BFH vom 9. Juli 1992 IV R 116/90, BStBl II 1993, 100).

26

Der Kläger hat den Erwerb der ingenieurähnlichen Kenntnisse auch nicht durch seine praktische Arbeit nachgewiesen. Für diese Form des Nachweises ist erforderlich, dass die Tätigkeit des Klägers besonders anspruchsvoll ist und sowohl der Tiefe als auch der Breite nach zumindest das Wissen eines Kernbereichs eines Fachstudiums voraussetzt. Soll nämlich von der Art der ausgübten Tätigkeit auf den Kenntnisstand und die Qualifikation des Berufsausübenden geschlossen werden, so muss sich die Tätigkeit an der allgemeinen Aufgabenbeschreibung des Vergleichsberufs messen lassen. Die derart qualifizierte Tätigkeit muss zugleich den Schwerpunkt der Arbeit des Steuerpflichtigen bilden, da nur so gewährleistet ist, dass die Notwendigkeit theoretischer Kenntnisse die Tätigkeit des Steuerpflichtigen in ähnlicher Weise prägt, wie dies bei dem Katalogberuf im Regelfall gegebenist (ständige Rechtsprechung vgl. Urteile des BFH vom 16. Oktober 1997 IV R 19/97, BStBl II 1998, 139; vom 5. Oktober 1989 IV R 154/86, BStBl II 1990, 73). Da diese Voraussetzung allgemein für sämtliche Katalogberufe gilt, kann der Kläger mit seinem Argument, die Entscheidung des BFH vom 16. Oktober 1997 IV R 19/97 (BStBl II 1998, 139) betreffe einen anderen Sach verhalt, nicht durchdringen. Auch das Urteil des BFH vom 12. Oktober 1989 IV R 118-119/87 (BStBl II 1990, 64) steht dieser Auffassung nicht entgegen. Danach ist die Spezialisierungauf einen Teilbereich lediglich dann unschädlich, wenn der Steuerpflichtige vorab durch eine bereite fachliche Tätigkeit den Erwerb der notwendigen theoretischen Kenntnisse bereits vor der Spezialisierung nachgewiesen hat. Eben über diese Eingangsvoraussetzung - Erwerb der Kenntnisse durch Ausübung einer Tätigkeit, die selbst bei Anlegung eines strengen Maßstabes besonders anspruchsvoll ist und eine gewisse fachliche Breite aufweist (vgl. Urteil des BFH vom 12. Oktober 1989, a.a.O.) - hat der Senat im vorliegenden Fall zu befinden.

27

Aufgabe des Ingenieurs ist es, auf der Grundlage natur- und technikwissenschaftlicher Erkenntnisse und unter Berücksichtigung wirtschaftlicher Belange technische Werke zu planen,zu konstruieren und zu überwachen (Urteil des BFH vom 7. Dezember 1989 IV R 115/87, BStBl II 1990, 337). Graduierte Ingenieure werden hierzu in der Regel in sechs Semestern anwendungsbezogen an Fachhochschulen oder Gesamthochschulen ausgebildet (vgl. Meyers Enzyklopädisches Lexikon, Stichwort "Ingenieur"). Unter Berücksichtigung der vorgenannten Aus führungen des BFH im Hinblick auf die Anforderungen der ausgeübten Tätigkeit an den Vergleichsberuf ist der Senat der Auffassung, dass die Prüfung, ob die vom Kläger ausgeübte Tätigkeit den Anforderungen des Vergleichsberufs "Ingenieur" entspricht, anhand der Prüfungsordnung einer Fachhochschule wie z. B. der Diplomprüfungsordnung der Fachhochschule Braunschweig/Wolfenbüttel für die Studiengänge Elektrische Anlagen- und Automatisierungstechnik, Nachrichtentechnik und Technische Informatik (Prüfungsordnung) beurteilt werden kann. Der Kläger hat trotz Aufforderung nicht ausreichend substantiiert dargelegt, dass er durch seine praktische Tätigkeit die Kenntnisse erworben hat, die denen eines Ingenieurs entsprechen, der einen der o. g. Studiengänge erfolgreich abgeschlossen hat. Zwar hat er vorgetragen, er sei mit der Erstellung einer Planungsdokumentation eines Nachrichtensystems, der Durchführung wissenschaftlicher Berechnungen als auch mit der Planung und Entwicklung von Geräten betraut gewesen, jedoch hat er weder die Projekte und die Einzelheiten der von ihm durchgeführten Arbeiten konkret benannt, noch hat er Unterlagen vorgelegt, anhand derer die Tätigkeit des Klägers vom Senat gegebenenfalls durch Beauftragung eines Sachverständigen beurteilt werden kann.Es handelt sich lediglich um nicht überprüfbare Behauptungen, die zum Nachweis unzureichend sind (vgl. Urteil des BFH vom 5. Oktober 1989 IV R 154/86, BStBl II 1990, 73).

28

Auch die vom Kläger vorgelegten Unterlagen vermögen den Nachweis nicht zu erbringen. Die Rechnungen sind auf Stundenlohnbasis pauschal über "Planungsarbeiten", "Entwicklung von Prüfgeräten" und "Qualitätskontrolle in der Elektrofertigung" ausgestellt, ohne dass aus diesen hervorgeht, welches einzelne Projekt geplant oder welches Gerät entwickelt wurde. Auch ist nicht erkennbar, wie die Planung oder Entwicklung im Einzelnen erfolgte und in welcher Art und Weise der Kläger daran beteiligt war. Bei den berechneten Arbeiten für die "Qualitätskontrolle" ist aufgrund der Bezeichnung schon fraglich, ob diese Arbeit an sich zum Nachweis der ingenieurähnlichen Tätigkeit überhaupt geeignet wäre.

29

Entsprechend verhält es sich mit den vom Kläger vorgelegten Ablichtungen der Projekte FCC und PLS. Es ist zum einen nicht erkennbar, dass es sich hierbei um zusammenhängende Aufträge handelt, die zur ausschließlichen Bearbeitung an den Kläger vergeben wurden. Des weiteren sind diese Unterlagen nicht geeignet, eine dem Ingenieur ähnliche Tätigkeit zu belegen. Von der Arbeit eines Technikers grenzt sich die Arbeit eines Ingenieurs insbesondere durch die Tätigkeit auf wissenschaftlicher Grundlage ab, wie dieses auch in § 10 der Prüfungsordnung zum Ausdruck kommt. Danach ist nicht nur die Beschreibung der Aufgabe und ihre Abgrenzung gefordert, sondern auch die "Erarbeitung theoretischer Voraussetzungen für die Bearbeitung der Aufgabe, insbesondere die Auswahl der geeigneten Methoden unter Einbeziehung und Auswertung der einschlägigen Literatur" (§ 10 Abs. 1 Nr. 2 der Prüfungsordnung). Auch wenn die Projekte ausschließlich vom Kläger bearbeitet worden sein sollten, lassen die vorgelegten Unterlagen nicht, wie im Gegensatz z. B. bei einem Gutachten, erkennen, welche eigenen konkreten Überlegungen des Klägers, z. B. in Form von mathematisch-technischen Berechnungen o. ä. den Projekten zugrunde lagen, die im Ergebnis zu dieser spezifischen Auftragsbeschreibung geführt haben. Auch ist nicht nachvollziehbar anhand welcher Kriterien die Qualität der im Anschluss abgegebenen Angebote verglichen werden sollte, wenn - wie bei dem Projekt PLS unter Punkt 2.2 erkennbar - mehrere Lösungsvorschläge möglich sein konnten. Der Kläger hat zudem auch nicht dargelegt, dass nicht der Auftraggeber KS, sondern er persönlich und damit eigenverantwortlich diese Vergleiche vorzunehmen hatte. Diese Vorüberlegungen oder ähnliche Nachweise,die den Umfang der theoretischen Kenntnisse des Klägers belegen, hätte der Kläger darlegen bzw. beibringen müssen. Da auch Techniker und Handwerker Angebote erstellen können, ist die Vorlage der Angebote allein nicht ausreichend.

30

Die vorgelegte "Spezifikation für Ingenieurleistungen..." aus dem Jahr 1998 zusammen mit dem in 1998 geschlossenen Rahmenvertrag mit der H GmbH führt zu keiner anderen Beurteilung, da diese aus einem späteren Zeitraum stammen und keinen Hinweis auf die Kenntnisse des Klägers im Streitjahr geben.

31

Da der Kläger nicht nachgewiesen hat, dass er über die theoretischen Kenntnisse eines Ingenieurs verfügt, kann auch sein Argument, seine Tätigkeit sei der eines Systemsoftwareentwicklers vergleichbar, der Klage nicht zum Erfolg verhelfen, denn auch hierfür wäre der Nachweis der theoretischen Kenntnisse eines Ingenieurs erforderlich.

32

Selbst wenn die vorgelegten Projektunterlagen eine derart qualifizierte Arbeit des Klägers belegten, könnte der Senat infolge der geringen Anzahl dieser Arbeiten nicht davon ausgehen, dass diese Tätigkeit den wesentlichen Teil der Berufstätigkeit des Klägers ausgemacht hat. Dieses gilt um so mehr, als er nach der Gewerbesteuererklärung nach eigener Einschätzung bis Mai 1989 gewerblich tätig war.

33

Das Gericht konnte die Entscheidung ohne Vernehmung der vom Kläger benannten Zeugen treffen. Die Benennung dieser Zeugen ist als bloße Beweisanregung des Klägers zu werten, da dieser kein konkretes Beweisthema angeführt hat (vgl. Tipke/Kruse, FGO, § 81 Tz. 39). Aufgrund der Unbestimmtheit des Antrages ist nicht erkennbar, über welche Tatsachen Beweis erhoben werden soll und inwieweit die Vernehmung der Zeugen eine weitere Sachaufklärung zur Folge hätte.

34

Da die Beurteilung der dem Katalogberuf ähnlichen Tätigkeitimmer an den Voraussetzungen des jeweiligen Katalogberufes zu erfolgen hat (vgl. Schmidt/Seeger, EStG, § 18 Rz. 126 m.w.N.), kann der Kläger sich nicht darauf berufen, dass für andere Berufe wie den der selbständig tätigen Krankenschwester, eine bestimmte Ausbildung, z. B. ein Hochschulstudium, nicht erforderlich ist. Der Senat sieht hierin keine mit Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz (GG) unverträgliche Ungleichbehandlung. Der Senat hat ohne mündliche Verhandlung entschieden. Die Beteiligten haben zunächst einvernehmlich auf mündliche Verhandlung verzichtet. Deswegen hat der Vorsitzende am 21. April 1999 den zunächst anberaumten Termin zur mündlichen Verhandlung aufgehoben und die Beteiligten hierüber telefonisch informiert. Die Anberaumung eines neuen Termins zur mündlichen Verhandlung hielt der Senat nicht für erforderlich. Der Widerruf des Verzichts aufmündliche Verhandlung durch den Kläger am 22. April 1999 war unbeachtlich. Der Verzicht auf mündliche Verhandlung kann als Prozesserklärung grundsätzlich nicht widerrufen werden (vgl. Gräber, FGO, § 90 Rz. 13 m.w.N.). Ein Ausnahmetatbestand, wie er in der wesentlichen Änderung der Prozesslage nach Abgabe der Einverständniserklärung gesehen wird, liegt nicht vor, zumal der Kläger keinen Beweisantrag sondern nur einen Beweisermittlungsantrag gestellt hat (s. o.). Nach Abgabe der Einverständniserklärung am 29. März 1999 hatte sich die Prozesslage bis zur mündlichen Verhandlung nicht geändert.

35

Die Kostenentscheidung folgt aus §'135 Abs.'1 Finanzgerichtsordnung (FGO).

36

Die Revision wird nicht zugelassen, weil die Voraussetzungen des § 115 Abs. 2 FGO nicht vorliegen.