Finanzgericht Niedersachsen
Urt. v. 22.04.1999, Az.: X 135-137/94

Übertragung von Kommanditanteilen auf eine Kapitalgesellschaft; Anforderungen an einen Verstoß gegen das Verbot rechtsmißbräuchlicher Rechtsgestaltung; Begünstigter Veräußerungsgewinn bei Umwandlung einer Gesellschaft; Voraussetzungen für das Vorliegen einer Steuerumgehung; Wahl einer unangemessenen Gestaltung für die Verwirklichung des Tatbestandes einer begünstigenden Gesetzesvorschrift ; Unangemessenheit von abwegigen rechtlichen Kniffen; Definition des Begriffes "Mißbrauch" in Abgrenzung zum Begriff "Fehlgebrauch"; Entgeltliche Übertragung von GmbH-Anteilen auf eine neu gegründete GmbH zwecks Verrechnung von künftig auszuschüttenden Beteiligungserträgen mit einer ausschüttungsbedingten Teilwertabschreibung ; Möglichkeit der isolierten Betrachtung der Gründung der GmbH, der Übertragung der KG-Anteile und der Veräußerung der GmbH-Anteile

Bibliographie

Gericht
FG Niedersachsen
Datum
22.04.1999
Aktenzeichen
X 135-137/94
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 1999, 19484
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:FGNI:1999:0422.X135.137.94.0A

Verfahrensgegenstand

Gewinnfeststellung 1983

Amtlicher Leitsatz

Missbrauch von rechtlichen Gestaltungsmöglichkeiten gemäß § 42 Abgabenordnung bei Übertragung von Kommanditanteilen auf eine neugegründete Kapitalgesellschaft

Der X. Senat des Niedersächsischen Finanzgerichts hat
nach mündlicher Verhandlung
in der Sitzung vom 22. April 1999,
an der mitgewirkt haben:
Vorsitzender Richter ... am Finanzgericht ...
Richter am Finanzgericht ...
Richter am Finanzgericht ...
ehrenamtlicher Richter ...
ehrenamtlicher Richter ...
für Recht erkannt:

Tenor:

Die Klagen werden auf Kosten der Kläger abgewiesen.

Tatbestand

1

Streitig ist bei der Gewinnfeststellung 1983 für die ... (...), ob die Kläger ihre Kommanditanteile steuerlich wirksam auf eine von ihnen und ihren Ehefrauen beherrschte Kapitalgesellschaft übertragen und nach Zufluß von Gewinn an die GmbH diese GmbH-Anteile verkaufen konnten oder ob die Kläger wegen Verstoßes gegen das Verbot rechtsmißbräuchlicher Rechtsgestaltung (§ 42 Abgabenordnung) steuerlich weiterhin als Mitunternehmer zu behandeln sind.

2

Die ... wurde im Jahre 1977 für die Durchführung eines Bauvorhabens in ... gegründet und firmierte bis zum Jahre 1981 unter der Bezeichnung "...". Nachdem der Gesellschaftszweck in ... nicht verwirklicht werden konnte, wurde die Gesellschaft in "..." umbenannt. An dieser KG waren beteiligt die ... 1.500 DM als Komplementärin und Rechtsanwalt ... als Treuhänder mit 25.000 DM sowie die Kläger ... mit jeweils 7.800 DM und der Kläger ... mit 7.900 DM als Kommanditisten. Die Komplementärin ... ist ausgeschieden und statt dessen sind die ... in 1982 und die ... mit jeweils 500 DM eingetreten. Rechtsanwalt ... hielt die Beteiligung als Treuhänder für ... und .... Dieses Treuhandverhältnis ist beendet worden und die Beteiligung mit jeweils 12.500 DM auf den Beigeladenen und den Beigeladenen ... übergegangen. Die Kläger ... gründeten zusammen mit ihren Ehefrauen am 16. April 1982 die ... (...) in .... Jeder der Gesellschafter war zu 1/6 beteiligt. Zweck dieser GmbH war der Erwerb und die Verwaltung von Beteiligungen aller Art an anderen Gesellschaften sowie die Durchführung allerdamit in Zusammenhang stehenden Geschäfte. Die Beteiligungen der Kläger und ihrer Ehefrauen an der ... hielt treuhänderisch Rechtsanwalt .... Mit notarieller Vereinbarung vom 28. April 1982 übertrugen die Kläger ihre Kommanditanteile ander ... auf die .... In 1983 sind die Beigeladenen ..., ... und ... aus ... der ... mit jeweils 8.333 DM beigetreten. Diese drei Beteiligungen wurden wiederum treuhänderisch von der Firma ... in ... gehalten.

3

Neben der ... gründeten die drei Kläger sowie Rechtsanwalt ... aus ... - zum Teil als Treuhänder - in 1977 die ... (). Diese ... erwarb von der ... in der Gemeinde ... ein Grundstück von 267.746 qm Größe, das mit einem sogenannten Wohnpark bebaut werden sollte. Der Verkauf von Teilflächen dieses Grundstücks begann in 1981. Am 27. Dezember 1982 veräußerte die ... von dem ihr gehörenden Grundbesitz in ... eine Teilfläche (ca. 51.208 qm - heute "...") für 16.000.000 DM an die ..., Einrichtungder ... Körperschaft des öffentlichen Rechts in ... (...). Der erste Entwurf des Kaufvertrages hierfür datiert vom 22. Juni 1982. Auf diesem Grundstück sollte die ... für die ... als Generalunternehmerin ca. 24.000 qm Wohnraum in Mehrfamilienhäusern planen und schlüsselfertig errichten. Der Generalübernehmervertrag, dessen erster Entwurf am 16. Juni 1982 vorlag, wurde am 28. April 1983 zwischen der ... und der ... rechtsverbindlich geschlossen. Danach sollte die ... für ihre Tätigkeit als Generalübernehmerin einen pauschalen Festpreis von 46.239.600 DM erhalten.

4

Mit Schreiben vom 6. Oktober 1983 löste die ... den mit der ... geschlossenen Generalübernehmervertrag auf. Zu den Gründen, die zur Auflösung dieses Vertrages geführt haben, teilten die Beigeladenen ... dem Finanzamt (FA) durch Schriftsatz vom 25. August 1988 folgendesmit: Die ... hätte seinerzeit die Förderung des Bauvorhabens in ... durch den ... minister des Landes ... beantragt. Gegen die Vorschriften über die Bewilligung der Förderungsmittel hätten die drei Kläger ... allerdings in mehrfacher Hinsicht verstoßen, z.B. durch die im Rahmen der Grundstücksveräußerung vereinbarte Architektenbindung, durch die Identität der Gesellschafter bei der ... (Grundstücksveräußerin) und der ... (Generalunternehmerin) sowie durch die nicht ordnungsgemäße Durchführung der nach den Richtlinien des ministeriums vorgeschriebenen Ausschreibung der Bauarbeiten. Die ... und die ... einigten sich am 17. Oktober 1983 dahingehend, daß die ... zur Abgeltung der von der ... bereits geleisteten Arbeiten und der durch die Vertragsauflösung verloren gegangenen Gewinnchancen eine Abfindung (Schadenersatz)von insgesamt 8.625.000 DM zahlen sollte. Diese Abfindung wurde von der ... - nach Anrechnung bereits geleisteter Zahlungen - am 25./26. Oktober 1983 entrichtet.

5

Am 7. Dezember 1983 beschlossen die Gesellschafter der ..., die Gesellschaft nach den §§ 46 ff Umwandlungsgesetz i.V. mit §§ 2,20 Umwandlungssteuergesetz rückwirkend zum 1. Juli 1983 in die ... in ... umzuwandeln. In der Umwandlungsbilanz zum 30. Juni 1983 der ... wurden auf der Aktivseite u.a. stille Reserven aus schwebenden Geschäften von 6.180.000 DM und auf der Passivseite ein Umwandlungsgewinn von 6.180.000 DM ausgewiesen. In der Gewinnfeststellungserklärung 1983 der ... wurde wegen dieser Umwandlung ein nach §§ 16,34 Einkommensteuergesetz begünstigter Veräußerungsgewinn (Umwandlungsgewinn) in Höhe von 6.180.000 DM ausgewiesen, der ausschließlich aus der von der ... bezogenen Schadenersatzleistung (abzüglich bereits früher erhaltener, auf den Schadenersatz angerechneter Leistungen und abzüglich der ... entstandener Kosten) resultierte. Das FA führte die einheitliche und gesonderte Feststellung der Einkünfte für 1983 mit Bescheidvom 1. Oktober 1986 zunächst erklärungsgemäß durch, wobei der Bescheid gemäß § 164 Abs. 1 AO unter dem Vorbehalt der Nachprüfung erging.

6

Inzwischen hatte die ... beim ... Finanzgericht einen Antrag nach § 69 Abs. 3 FGO auf Aussetzung der Vollziehung des Körperschaftsteuerbescheides 1983 gestellt. Dem Antrag lag die Rechtsfrage zugrunde, ob die ... - entgegen der vom Betriebsfinanzamt ... Börse vertretenen Auffassung -in der Umwandlungsbilanz zum 30. Juni 1983 zu Recht einen Aktivposten "stille Reserven aus schwebenden Geschäften" in Höhe von 6.180.000 DM gebildet und zum 31. Dezember 1983 zu Lasten des laufenden Gewinns, der allein aus der Vereinnahmung der Schadenersatzleistung von der ... resultierte, abgeschrieben hatte. Das ... Finanzgericht kam zu dem Ergebnis, daß an der Rechtmäßigkeit des der ... erteilten Körperschaftsteuerbescheides 1983 ernstliche Zweifel im Sinne des § 69 Abs. 3 FGO bestünden. Die Umwandlung der ... in die ... könne als Mißbrauch von Gestaltungsmöglichkeiten des Rechts im Sinne von § 42 AO zu werten sein. Mit der Umwandlung sei bezweckt worden, in rechtsmißbräuchlicher Weise die bereits als laufenden Gewinn erhaltene Abfindungszahlung aus der Auflösung des Vertragsverhältnisses mit der Ärzteversorgung im Nachhinein in einen begünstigten Umwandlungsgewinn umzuqualifizieren.

7

Daraufhin änderte das FA am 19. Mai 1988 den Bescheid über die Feststellung der Einkünfte 1983 nach § 164 Abs. 2 AO und erfaßte den erklärten Veräußerungsgewinn von 6.180.000 DM nunmehr als laufenden Gewinn des Streitjahres. Zur Begründung des Änderungsbescheides teilte das FA mit, die Umwandlung der ... in die ... sei als Mißbrauch rechtlicher Gestaltungsmöglichkeiten im Sinne des § 42 AO zu werten. Die Umwandlung sei offensichtlich nur aus Steuerersparnisgründen erfolgt, was sich u.a. daraus erhelle, daß die ... seit 1984 keinerlei Geschäftstätigkeit ausgeübt habe.

8

Anläßlich einer bei der ... durchgeführten Betriebsprüfung teilte der Prüfer dem FA als dem Betriebsfinanzamt der ... folgendes mit:

9

Der anteilige Gewinn aus der Auflösung des Vertragsverhältnisses mit der Ärzteversorgung, der ursprünglich den Kommanditisten ... zugestanden hätte, sei infolge der Mitte 1982 beurkundeten Übertragung der Kommanditanteile der zugerechnet worden. Die ... habe den Gewinnanteil in 1983 vereinnahmt und auf Festgeldkonten angelegt. In 1984 hätten die Kläger und ihre Ehefrauen in ihrer Funktion als Gesellschafter der ... ihre Anteile am Stammkapital für 1.866.000 DM an die ... in ... veräußert. Die Erwerberin der Gesellschaftsanteile sei von Rechtsanwalt ... aus ... steuerlich beraten worden. Der Kaufpreis habe - nach Abzug eines geringen Gewinns für die ... - dem Barvermögen der ... entsprochen. Dieses Barvermögen sei 1985 an die ... ausgeschüttet worden. Während ihres Bestehens sei die ... ausschließlich an der ... bzw. nach deren Umwandlung an der ... beteiligt gewesen. Eine weitere Geschäftstätigkeit habe die ... nicht entfaltet. Am 18. März 1988 sei die ... im Handelsregister gelöscht worden.

10

Das FA erließ daraufhin am 2. Januar 1989 erneut einen nach § 164 Abs. 2 geänderten Gewinnfeststellungsbescheid 1983. In diesem Bescheid rechnete das FA den bisher der ... zugewiesenen laufenden Gewinnanteil von 1.757.261 DM den in 1982 ausder Gesellschaft ausgeschiedenen Klägern mit jeweils 585.754 DM zu. Als Begründung führte das FA an, die Errichtung der ... und die Übertragung der Kommanditanteile auf diese Gesellschaft seien gemäß § 42 AO steuerlich nicht anzuerkennen. Die GmbH habe während ihres Bestehens keine geschäftliche Tätigkeit ausgeübt. Sie habe die Gewinnanteile an der ... ausschließlich in der Absicht erworben, ihren Gesellschaftern bzw. den nahestehenden Personen ungerechtfertigte Steuervorteile zu verschaffen.

11

Gegen diesen Gewinnfeststellungsbescheid 1983 haben die Kläger nach Durchführung des Vorverfahrens Klage erhoben. Das Gericht hat im Verfahren die Gesellschafter ..., ...,... , ..., die Firma ... sowie die ... und ... beigeladen.

12

Die Kläger tragen vor, bei der Gründung der ... und derÜbertragung der Kommanditanteile auf diese sei nicht gegen das Mißbrauchsverbot des § 42 AO verstoßen worden. Nach § 1 Abs. 3 der Satzung der ... sei Gegenstand des Unternehmens der Erwerb und die Verwaltung von Beteiligungen aller Art an anderen Gesellschaften sowie die Durchführung aller damit im Zusammenhang stehenden Geschäfte gewesen. Dieser Satzungszweck sei erfüllt worden, als die Kläger die von ihnen gehaltenen Kommanditanteile an der ... auf die ... übertragen hätten. Diese Übertragung sei im Zuge einer Neuordnung der Beteiligungsverhältnisse der ... erfolgt. In unmittelbarem zeitlichen Zusammenhang mit dem Eintritt der ... sei die Grundstücks ... als weitere Komplementärin eingetreten. Zum Zeitpunkt des Gesellschafterwechsels sei die ... ohne konkrete wirtschaftliche Tätigkeit gewesen. Nach Vorverhandlungen, die in 1982 begonnen hätten, sei im April 1983 mit der ... ein Generalübernehmervertrag abgeschlossen worden. Dieser Vertrag sei im Herbst 1983 einverständlich vor vollständiger Durchführung wieder aufgehoben worden.

13

Zum Zeitpunkt des Gesellschafterwechsels 1982 sei die der ... zufließende Abfindungszahlung nicht absehbar gewesen. Der ab Ende 1982 durchverhandelte Auftrag mit der ... sei erst ein Jahr nach dem Eintritt der ... zustandegekommen. Außerdem seien für die Gründung und Übertragung der Kommanditanteile auf die ... wirtschaftliche und beachtliche nichtsteuerliche Gründe maßgebend gewesen. Die Architektenkammer ... habe bei den Klägern seit 1981 u.a. wegen ihrer gewerblichen Beteiligung anden Grundstücksgesellschaften ermittelt mit dem Ziel, sie wegen dieser Beteiligungen aus der Liste der freiberuflichen Architekten zu streichen und ihnen lediglich die Eigenschaft als baugewerblicher Architekt zu belassen. Ein baugewerblicher Architekt könne nicht zur Teilnahme an Architektenwettbewerben zugelassen werden. Aus Architektenwettbewerben bezögen sie aber etwa die Hälfte ihrer Aufträge als Architekten.

14

Bei dieser Ausgangslage hätten sie sich aus ihren gewerblichen Beteiligungen lösen müssen. Der erste Schritt hierzu sei die diesem Verfahren zugrundeliegende Übertragung der Kommanditanteile an der ... auf die ... gewesen. Die Beteiligung der Ehefrauen an der ... sei berufsrechtlich erforderlich gewesen, um eine Beherrschung der GmbH durch Architekten zu vermeiden. Die Geschäftsanteile seien zudem von dem Treuhänder bereits bei Gründung gehalten worden, um nach außen keine Architektenbeteiligung an der Gesellschaft kenntlich zu machen. Zweiter Schritt seien die Übertragung ihrer Kommanditanteile an der ... auf die ..., an der die Kläger Geschäftsanteile gehalten hätten, die Übertragung dieser Geschäftsanteile auf einen Treuhänder, das Ausscheiden als Geschäftsführer aus dieser GmbH und die Sitzverlegung der GmbH nach ... gewesen. Im Ergebnis seien die Kläger nach diesen Maßnahmen lediglich noch an zwei GmbH's beteiligt gewesen, und zwar jeweils als treugeberische Minderheitsgesellschafter. Ihnen sei die berufsrechtliche Problematik ihrer Beteiligungen an der ... bereits vor Abschluß des Anteilsübertragungsvertrages mit der ... am 28. April 1982 bewußt gewesen. Genau dies sei der Grund für sie gewesen, ihre per se gewerblichen Kommanditanteile auf eine GmbH zu übertragen, weil die Beteiligung an einer reinen GmbH durch die Architektenkammer grundsätzlich nicht beanstandet werde.

15

Ferner sei auf die zeitliche Abfolge der Vertragsabschlüsse hinzuweisen. Sowohl der Verkauf des Grundbesitzes von der ... an die Ärzteversorgung am 27. Dezember 1982 als auch der erste Entwurf des Kaufvertrages zwischen der ... und der ... am 22. Juni 1982 sowie schließlich der erste Entwurf des Generalübernehmervertrages zwischen der ... und der ... vom 16. Juni 1982 datierten zeitlich nach der Übertragung der Kommanditbeteiligung der Kläger an der ... auf die ... am 28. April 1982. Selbst wenn man nicht erst auf den Zeitpunkt des rechtswirksamen Abschlusses des Generalübernehmervertrages zwischen der ... und der ... am 28. April 1983, also ein Jahr nach Übertragung der Kommanditbeteiligung auf die ..., abstellen wolle, sondern bereits auf den Zeitpunkt der Vertragsverhandlungen und der Vertragsentwürfe, so liege eben auch dieser Zeitraum (Juni bzw. Dezember 1982) nach Übertragung der Kommanditanteile auf die .... Im Zeitpunkt der Übertragungder Kommanditbeteiligung auf die ... seien Gewinne der noch gar nicht absehbar gewesen. Der wahre Wert der damals noch nicht eingezahlten Kommanditanteile sei unter keinem denkbaren Gesichtspunkt höher als 0 DM gewesen, weil kein fremder Dritter bereit gewesen wäre, für die Kommanditbeteiligung an einer Gesellschaft, die zu diesem Zeitpunkt lediglich in Verhandlungen mit der Ärzteversorgung gestanden habe, etwas zu bezahlen.

16

Entgegen der Auffassung des Beklagten sei ein Gestaltungsmißbrauch auch nicht darin zu sehen, daß die Kläger und ihre Ehefrauen Geschäftsanteile an der ... an die ... verkauft hätten. Der Bundesfinanzhof habe in seinem Beschluß vom 10.11.1993 (I S 9/93) ernstliche Zweifel an einer solchen Sichtweise unter Bezugnahme auf seinen Beschluß vom 3. Februar 1993 (Bundessteuerblatt (BStBl) II 1993, 426) zum Ausdruck gebracht. Der BFH habe auch keineswegs entschieden, daß immer dann, wennder Erwerber der Geschäftsanteile "alsbald wieder liquidiert" werde, ein Gestaltungsmißbrauch im Sinne von § 42 AO anzunehmen sei. Vielmehr habe der BFH lediglich darauf hingewiesen, daß in derartigen Fällen § 42 AO "in Betracht" zu ziehen sei. Selbstverständlich müßten in jedem Einzelfall die Tatbestandsvoraussetzungen des § 42 AO im einzelnen festgestellt werden. Dazu gehörten insbesondere die Feststellung der Umgehungsabsicht (BFH, BStBl 1992 II 532; BFH/NV 1993, S. 23, 26 rechte Spalte oben) und zwar der ausschließlichen Umgehungsabsicht (BFH, BStBl II 1992, 468, 488 am Ende).

17

In tatsächlicher Hinsicht sei festzustellen, daß nicht wie in dem vom BFH gebildeten Beispiel der Erwerber der Geschäftsanteile, sondern die ... selbst liquidiert worden sei, dies aber nicht "alsbald", denn die Löschung im Handelsregister sei erfolgt am 18. März 1988, also etwa vier Jahre nach Erwerb der Gesellschaftsanteile der Kläger und deren Ehefrauen durch die .... Auch könne nicht die Rede davon sein, daß die Beteiligungsveräußerung durch die Kläger und ihre Ehefrauen "wirtschaftlich nicht gewollt" gewesen sei. Sie hätten mit dem Verkauf der Geschäftsanteile einen Kaufpreis von insgesamt 1.866.000 DM von der ... erhalten und sich damit endgültig von ihrem unternehmerischen Engagement in der ... getrennt. Das weitere Schicksal der DJK GmbH sei für die Kläger und ihre Ehefrauen nicht mehr von Interesse gewesen. Es habe allein in der Hand der ... gelegen, ob sie mit der ... weitere geschäftliche Aktivitäten entfalten oder aber die Gesellschaft liquidieren wolle.

18

Selbst wenn man die Auffassung vertreten wolle, der Anteilsverkauf an die ... habe den Mißbrauchstatbestand des § 42 AO erfüllt, wäre der vorliegende Rechtsstreit nicht geeignet, dies verbindlich festzustellen. Denn im vorliegenden Verfahren gehe es lediglich um die Frage der Zurechnung der Gewinnanteile an der ..., die jedoch nicht gleichbedeutend sei mit der Behandlung der von der ... erhaltenen Kaufpreise für die Geschäftsanteile an der .... Die Konsequenzen eines gegebenenfalls zu bejahenden Gestaltungsmißbrauchs seien nicht im vorliegenden Verfahren zur Feststellung des Gewinns der ... zu ziehen, sondern in dem Einkommensteuerverfahren der Kläger.

19

Die Kläger beantragen,

den Gewinnfeststellungsbescheid 1983 vom 2. Januar 1989 sowie die Einspruchsentscheidung des Beklagten vom 5. Februar 1990 insoweit aufzuheben, als darin den Klägern jeweils ein Gewinnanteil von ... DM zugerechnet wird.

20

Der Beklagte beantragt,

die Klagen abzuweisen.

21

Der Beklagte trägt vor, die Gründung der ..., die Übertragung der ursprünglich von den Klägern gehaltenen Kommanditanteile auf die ... und die anschließende Veräußerung der Anteile am Stammkapital der ... an die ... seiengemäß § 42 AO rechtsmißbräuchlich gewesen. Die Übertragung der Kommanditanteile auf die GmbH und die anschließende Veräußerung der GmbH-Anteile seien voneinander nicht trennbare Teile eines einheitlichen Planes gewesen, den die Kläger mit dem Ziel verfolgt hätten, die sich seit Anfang 1982 für die ... konkret abzeichnenden Gewinne unversteuert vereinnahmen zu können. Die Kläger hätten mit der Gründung der GmbH und der Übertragung der Kommanditanteile beabsichtigt, die sich abzeichnenden Gewinne aus der Tätigkeit der ... als Generalübernehmerin für die ... auf die...zu verlagern.

22

Ferner hätten die Kläger durch die Beteiligung ihrer Ehefrauen am Stammkapital der GmbH und durch die anschließende Veräußerung der Gesellschaftsanteile zu einem Wert, der - nach Abzug einer Gewinnmarge für den Anteilserwerber -, dem aus den anteiligen -Gewinnen gebildeten Barvermögen des Unternehmens entsprochenhabe, erreichen wollen, daß auch die Vorschrift des § 17 Einkommensteuergesetz über die Erfassung der Gewinne aus der Veräußerung von Kapitalanteilen umgangen würde. Die Kläger hätten wirtschaftlich vernünftige oder sonst beachtliche Gründe für die Errichtung der... unter Beteiligung ihrer Ehefrauen und Übertragung der Kommanditanteile auf die GmbH nicht dargetan. Im April des Jahres 1982 sei bereits absehbar gewesen, daß der ...

23

... ... aus der Realisierung des Wohnparksprojektes in erhebliche Gewinne zufließen würden. Bei wirtschaftlicher Betrachtung sei es geradezu widersinnig, daß die Kläger als Kommanditisten die mit erheblichen Gewinnchancen behafteten Kommanditanteile auf eine Gesellschaft übertrügen, die nicht allein von ihnen beherrscht würde, sondern an der auch Dritte beteiligt seien. Dieses Vorgehen erhalte nur dann einen Sinn, wenn berücksichtigt würde, daß es sich bei diesen Dritten um die Ehefrauen der Kommanditisten gehandelt habe und daß nach den Vorstellungen der Beteiligten durch die Hinzunahme der Ehefrauen die offenkundig schon bei der Übertragung der Kommanditanteile ins Auge gefaßte Umgehung des § 17 Einkommensteuer ermöglicht werden sollte.

24

Auch die Behauptung der Kläger, die Anteilsübertragung sei zur Vermeidung standesrechtlicher Nachteile erfolgt, vermöge nicht zu überzeugen. Die Kläger beriefen sich zum Beweis ihres Vorbringens auf das Urteil des Architektenberufsgerichts Niedersachsen vom 25. April 1988. Soweit sich diese Entscheidung überhaupt mit der gewerblichen Betätigung der Kläger befasse, rüge das Gericht zwar die Tatsache, daß sich die Kläger überhaupt an der Vermarktung des Grundstücks in...beteiligt hätten, nicht jedoch die rechtliche Gestaltung, die die Kläger für ihre Mitwirkung gewählt hätten. Standesrechtlich sei es nach dem Urteil völlig belanglos gewesen, ob die Kläger bei der Vermarktung des Grundstücks als Gesellschafter einer KG oder aber einer GmbH, als Gesellschafter mit wesentlicher Beteiligung oder aber als Minderheitsgesellschafter teilgenommen hätten. Sollten die Kläger tatsächlich bereits Anfang des Jahres 1982 Differenzen mit der Architektenkammer wegen ihrer gewerblichen Betätigung gehabt haben, so sei die Übertragung ihrer Kommanditanteile an der ... auf die ... nicht geeignet und auch nicht bestimmt gewesen, diesen Konflikt beizulegen.

25

Eine isolierte Betrachtung des Eintritts der ... in die ... - bei gleichzeitigem Austritt der Kläger -werde der Tatsache nicht gerecht, daß durch die Übertragung der Kommanditanteile auf die ... lediglich die rechtlichen Voraussetzungen geschaffen worden seien, um die Kommanditanteile - in einer nach Auffassung der Kläger einkommensteuerrechtlich irrelevanten Weise -, an die ... veräußern zu können. Weder hätten die Kläger wirtschaftliche Gründe für dieÜbertragung der Kommanditanteile dargetan, noch lägen Anhaltspunkte dafür vor, daß ein langfristiges Verbleiben der Kommanditbeteiligung im Betriebsvermögen der ... geplant gewesen sei. Der BFH habe durch Urteil vom 23.10.1996 (GmbH-Rundschau 1997 S. 324) entschieden, daß die entgeltliche Übertragung von GmbH-Anteilen auf eine neu gegründete GmbH zwecks Verrechnung von künftig auszuschüttenden Beteiligungserträgen mit einer ausschüttungsbedingten Teilwertabschreibung dann nicht rechtsmißbräuchlich im Sinne des § 42 AO sei, wenn die Anteilsübertragung auf Dauer angelegt sei. Die Grundsätze dieser Entscheidung seien auf den vorliegenden Streitfall analog anzuwenden. Danach könne die Veräußerung der Anteile an der ... nur dann steuerlich unbeanstandet bleiben, wenn die Anteilsübertragung auf die ... (...) auf Dauer angelegt gewesen wäre. Wie bereits in der Einspruchsentscheidung eingehend dargelegt, habe die ... nach dem Erwerb der Anteile lediglich die Ausschüttung des Geldvermögens der ... veranlaßt. Anschließend sei die Gesellschaft im Handelsregister wegen Vermögenslosigkeit gelöscht worden.

26

Nach § 42 AO entstehe beim Mißbrauch von Gestaltungsmöglichkeiten des Rechts der Steueranspruch so, wie er bei einer den wirtschaftlichen Vorgängen angemessenen rechtlichen Gestaltung entstanden wäre. Aus diesem Grunde sei im vorliegenden Fall eine Gesamtschau sämtlicher gesellschaftsrechtlicher Maßnahmen vorzunehmen, die die Kläger ergriffen hätten, um den für die ... entstehenden Gewinn ohne Belastung mit Ertragsteuern vereinnahmen zu können. Diese Gesamtschau ergebe, daß der Gewinn, den die ... im Jahre 1983 aus der Schadenersatzleistung der ... erzielthabe, im Rahmen der Feststellung der Einkünfte den Klägern (undnicht der ...) zuzurechnen sei. Die Rechtshandlungen, die die Kläger vorgenommen hätten, um eine Einkommenbesteuerung ihrer Gewinnanteile zu verhindern, seien steuerlich in ihrer Gesamtheit ein Mißbrauch von Gestaltungsmöglichkeiten und deshalb gemäß § 42 AO insgesamt steuerlich irrelevant.

27

Im übrigen wird auf den Inhalt der Steuer- und Gerichtsakten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

28

Die Klagen konnten keinen Erfolg haben, denn es liegt ein Mißbrauch von Gestaltungsmöglichkeiten des Rechts im Sinne von § 42 AO bei der Gründung der ..., der Übertragung der Kommanditanteile der Kläger auf die ... und der Veräußerung der GmbH-Anteile an die ... zu Liquidationszwecken vor.

29

Nach § 42 Satz 1 AO kann durch Mißbrauch von Gestaltungsmöglichkeiten des Rechts das Steuergesetz nicht umgangen werden. Liegt ein Mißbrauch vor, so entsteht der Steueranspruch so, wie er bei einer den wirtschaftlichen Vorgängen angemessenen rechtlichen Gestaltung entsteht (§ 42 Satz 2 AO). Eine Steuerumgehung im Sinne des § 42 AO liegt nach der Rechtsprechung des BFH vor, wenn eine Gestaltung gewählt wird, die gemessen an dem erstrebten Ziel unangemessen ist, der Steuerminderung dienen soll und durch wirtschaftliche oder sonst beachtliche nichtsteuerliche Gründe nicht zu rechtfertigen ist (statt vieler: BFH-Urteil vom 28. November 1990 X R 109/89, BStBl II 1991, 327, 332; BFH-Urteil vom 15. Oktober 1998 III R 75/97, BStBl II 1999, 119 ff.; Tipke-Kruse Kommentar zur Abgabenordnung und Finanzgerichtsordnung 16. Aufl., § 42 AO Tz. 12 ff.). Dieser Rechtsgrundsatz ist auch dann anwendbar, wenn eine unangemessene Gestaltung für die Verwirklichung des Tatbestandes einer begünstigenden Gesetzesvorschrift gewählt wird (BFH-Urteil vom 31. Juli 1984 IX R 3/79, BStBl II 1985, 33). Eine rechtliche Gestaltung ist unangemessen, wenn der Steuerpflichtige die vom Gesetzgeber vorausgesetzte typische Gestaltung zum Erreichen bestimmter wirtschaftlicher Ziele nicht gebraucht, sondern hierfür einen ungewöhnlichen Weg wählt, auf dem nach den Wertungen des Gesetzgebers das Ziel, Steuern zu sparen, nicht erreichbar sein soll (BFH-Urteil vom 7.7.1998 X VIII R 10/96 Betrieb 1998, S. 2449, 2450). Der Steuerpflichtige kann sich auf die von ihm gewählte zivilrechtliche Gestaltung nicht berufen, wenn verständige Parteien in Anbetracht des wirtschaftlichen Sachverhalts und der wirtschaftlichen Zielsetzung nicht in dieser Weise verfahren wären. Der Mißbrauch kann auch darin bestehen, daß der Steuerpflichtige einen anderen zu einer derartigen unangemessenen Gestaltung veranlaßt und daraus einen ungerechtfertigten Steuervorteil zieht. Entscheidend ist, daß der Steuerpflichtige, dessen Steuerschuld zu beurteilen ist, die vom Gesetzgeber in Übereinstimmung mit der Verkehrsauffassung für typisch gehaltene Gestaltung zum Erreichen bestimmter wirtschaftlicher Ziele nicht gebraucht und hierfür keine beachtlichen außersteuerlichen Gründe vorliegen (BFH-Urteil vom 6. Juni 1991 V R 70/89, BStBl II 1991, 866). Unangemessen ist eine rechtliche Gestaltung, die verständige Beteiligte in Anbetracht des wirtschaftlichen Sachverhalts, insbesondere des erstrebten wirtschaftlichen Ziels als unpassend nicht wählen würden (Tipke-Kruse, § 42 AO Tz. 15).

30

Damit sind die Beteiligten nicht auf ein Schema festgelegt. Unangemessen sind in erster Linie abwegige rechtliche Kniffe und Schliche. Die Rechtsordnung ist darauf ausgerichtet, für alle wirtschaftlichen Vorgänge möglichst einfache Gestaltungsmöglichkeiten zur Verfügung zu stellen. Darum ist in der Regel der einfachste rechtliche Weg zu dem, was wirtschaftlich gewollt ist, die dem wirtschaftlichen Vorgang angemessene Gestaltung. Angemessene Gestaltungen sind einfach, zweckmäßig, übersichtlich. Unangemessene Rechtsgestaltungen sind zumeist umständlich, kompliziert, schwerfällig, unökonomisch, gekünstelt, unnatürlich,absonderlich, zum Teil überflüssig, widersinnig oder undurchsichtig, unvernünftig und unpraktikabel, nicht selten gleichwohl wenig effektiv. Meist sind sie nicht der ehrliche Ausdruck dessen, was wirtschaftlich veranstaltet werden soll. Angemessene Gestaltungen gehen ihr Ziel auf einem geraden Weg an, unangemessene Gestaltungen bewegen sich oft auf aus sich heraus nicht erklärbaren Umwegen (Tipke-Kruse § 42 AO Tz. 15).

31

Das Gesetz spricht von Mißbrauch von Gestaltungsmöglichkeiten des Rechts, nicht von Gestaltungsfehlgebrauch. Mißbrauch ist eine zweckgerichtete (finale) Handlung zum Zweck der Umgehung des Steuergesetzes (Tipke-Kruse, § 42 AO Tz. 18). Die unangemessene rechtliche Gestaltung muß gewählt worden sein, um das Steuergesetz zu umgehen. Es muß mit Umgehungsabsicht gehandelt werden. Die Absicht, das Steuergesetz zu umgehen, ist für jede Steuerart gesondert nach den Wertungen des Gesetzgebers, die den jeweils maßgeblichen steuerrechtlichen Vorschriften zugrundeliegen, zu beurteilen. Die Frage, ob die Umgehungsabsicht mitbestimmend ist, ist weitgehend theoretischer Natur. Ist der Tatbestand des § 42 nämlich im übrigen erfüllt, so läßt sich die Umgehungsabsicht regelmäßig im Wege des Indizienbeweises feststellen. Der Steuerpflichtige muß für von ihm gewählte Gestaltungen eine plausible Erklärung geben können. Kann er das nicht, so spricht das für die Umgehungsabsicht.

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Die Besteuerung knüpft grundsätzlich an die bürgerlich-rechtliche Rechtsform an, die die Steuerpflichtigen zur Ordnung ihrer Rechtsverhältnisse gewählt haben (BFH-Urteil vom 15. Oktober 1998 III R 75/97, BStBl II 1999, 119, 120). Dem Steuerpflichtigen steht es im allgemeinen frei, seine steuerlichen Aktivitäten als Einzelunternehmer, Mitunternehmer oder durch eine Kapitalgesellschaft, an der er beteiligt ist, auszuüben. Für die zuletzt genannte Alternative sieht das Gesetz eine Besteuerung der Gewinne bei der Kapitalgesellschaft und der Einkünfte der Gesellschafter aus der Beteiligung an der Kapitalgesellschaft bei den Gesellschaftern vor.

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Die entgeltliche Übertragung von GmbH-Anteilen auf eine neu gegründete GmbH zwecks Verrechnung von künftig auszuschüttenden Beteiligungserträgen mit einer ausschüttungsbedingten Teilwertabschreibung ist dann nicht rechtsmißbräuchlich im Sinne von § 42 AO, wenn die Anteilsübertragung auf Dauer angelegt ist (BFH-Urteil vom 23.10.1996 I R 55/95, GmbHR 1997, S. 324). Der Verkauf aller Anteile an einer GmbH zwecks Vermeidung einer Besteuerung des Liquidationserlöses ist rechtsmißbräuchlich im Sinne von § 42 AO, wenn die GmbH im Zeitpunkt der Veräußerung ihre geschäftliche Tätigkeit bereits eingestellt hat (BFH-Urteil vom 7.7.1998 VIII R 10/96 Betrieb 1998 S. 2449). Für ausgeschüttete Erträge aus der Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft gilt im System des körperschaftsteuerlichen Anrechnungsverfahrens der Grundsatz, daß sie im Ergebnis nur einmal und zwarnach dem individuellen Steuersatz des Anteileigners besteuert werden sollen. Dies erfordert, daß grundsätzlich alle Beteiligungserträge als einkommensteuerpflichtige Einkünfte des Anteilseigners erfaßt werden. Dementsprechend werden nach § 20 Abs. 1 Nr. 1-3 EStG sämtliche Einnahmen, die einem Gesellschafter aufgrund seiner Beteiligung an einer GmbH zufließen, als Einkünfte aus Kapitalvermögen besteuert. Ausgenommen sind nur die Erlöse aus der Veräußerung im Privatvermögen gehaltener Geschäftsanteile, die keine wesentliche Beteiligung im Sinne des § 17 Abs. 1 Einkommensteuergesetz sind. Zu den steuerpflichtigen Einnahmen aus Kapitalvermögen gehören gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 2 insbesondere die Kapitalerträge, die die Gesellschafter einer GmbH nach deren Auflösung erhalten (Liquitationsraten).

34

Das Gericht und die Finanzbehörde müssen unter Mitwirkung des Steuerpflichtigen den Sachverhalt soweit aufklären, daß entschieden werden kann, ob § 42 AO zutrifft. Läßt sich das trotzder Ausschöpfung aller Aufklärungsmöglichkeiten nicht erweisen, so kann § 42 AO nicht angewendet werden. Die objektive Beweislast dazu hat nämlich die Finanzbehörde. In der Regel kommt es jedoch nicht zur Anwendung der Beweislastregel: Der Steuerpflichtige muß nämlich bei der Aufklärung, ob der Gestaltung vernünftige wirtschaftliche Gründe zugrunde liegen, mitwirken. Versagt er sich oder kann er keine vernünftigen Gründe nennen, so kann im Wege der Beweiswürdigung geschlossen werden, daß solche Gründe nicht vorliegen (Tipke-Kruse, § 42 AO Tz. 21).

35

Im Streitfall liegt nach Überzeugung des Senats bei der Gründung der ..., der Übertragung der Kommanditanteile der und der Veräußerung der ... -Anteile an die ... zu Liquidationszwecken ein Mißbrauch von rechtlichen Gestaltungsmöglichkeiten im Sinne von § 42 AO vor. Die Kläger habe eine Gestaltung gewählt, die gemessen an dem erstrebten Ziel,unangemessen ist. Für die Gründung der ..., die Übertragung der Kommanditanteile und die Veräußerung der GmbH-Anteile an die ... sind keine sinnvollen wirtschaftlichen Gründe ersichtlich. Eine isolierte Betrachtung der Gründung der GmbH der Übertragung der KG-Anteile und der Veräußerung der GmbH-Anteile kann nicht vorgenommen werden, denn die Kläger haben nach Überzeugung des Senats diese ungewöhnliche rechtliche Gestaltung nur gewählt, um die in der ... entstehenden Gewinne ohne Belastung mit Ertragsteuern zu vereinnahmen.

36

Für die Gründung der ... und die Übertragung der Kommanditanteile auf diese Gesellschaft sind keine sinnvollen wirtschaftlichen Gründe ersichtlich. Nach den Feststellungen des Senats zeichnete sich bereits 1981 ab, daß die ... im Zusammenhang mit der Bebauung des Wohnparks ... erhebliche Gewinne machen würde. Die Verhandlungen dieser Kommanditgesellschaft und der ... mit verschiedenen Interessentennicht nur der ... - waren, wie auch der Beigeladene ... geschildert hat, soweit gediehen, daß mit der alsbaldigen Vermarktung der Grundstücke und deren Bebauung zu rechnen war. Der Verkauf von Teilflächen hatte schon 1981 begonnen. Der Erstentwurf des Generalübernehmervertrages zwischen der ... mit der ... lag bereits am 16. Juni 1982 vor. Auch der Erstentwurf des Kaufvertrages zwischen der ... und der ... ... datiert vom 22. Juni 1982.

37

Unter diesen Umständen war es wirtschaftlich sinnvoll und angemessen, daß die Kläger ihre Kommanditanteile an der ... ... selbst behielten, damit die zu erwartenden Gewinnanteile ihnen unmittelbar zuflossen. Statt dessen haben die Kläger zusammen mit ihren Ehefrauen die ... gegründet, an der sie jeweils zu 1/6 beteiligt waren, so daß keiner der Beteiligtendie Gesellschaft beherrschen konnte. Alleiniger Zweck der Gesellschaft war der Erwerb und die Verwaltung von Beteiligungen. Die GmbH hat sofort nach ihrer Gründung im April 1982 die Kommanditanteile der Kläger übernommen. Diese Kommanditanteile sind die einzigen Beteiligungen der GmbH geblieben. Sie hat keine weitere gewerbliche Tätigkeit entfaltet und ist schließlich 1988 im Handelsregister gelöscht worden. Es ist wirtschaftlich nicht sinnvoll, Gewinnanteile an eine GmbH zu übertragen, die von den drei Klägern noch nicht einmal beherrscht werden kann. Nach den Feststellungen des Senats waren die Kommanditanteile bei Übertragung auf die GmbH schon gewinnträchtig, denn bei der Vermarktung des Wohnparks ... (... und ...) durch die Kläger und die Beigeladenen zeichneten sich seit 1981 erhebliche Gewinne ab.

38

Die Gründung der GmbH, die Übertragung der Kommanditanteile und die Veräußerung der GmbH-Anteile waren auch durch wirtschaftliche oder sonstige beachtliche nichtsteuerliche Gründe nicht zu rechtfertigen. Insbesondere sind die von den Klägern angeführten standesrechtlichen Gesichtspunkte keine solche beachtliche nicht steuerliche Gründe. Nach dem Schreiben der Architektenkammer Niedersachsen vom 30.9.1992 sind die Ermittlungen wegen berufswidriger Beteiligung an baugewerblichen Gesellschaften bereits in der ersten Jahreshälfte 1982 aufgenommen worden. Die berufspolitische und berufliche Erörterung der Abgrenzung von freischaffender und baugewerblicher Tätigkeit eines Architekten reicht nach dem Schreiben der Architektenkammer aber bereits in die 70er Jahre zurück. Erstmals schriftlich hat die Architektenkammer mit Schreiben vom 20.9.1983 bei den Klägern wegen ihrer Gesellschaftsbeteiligung angefragt.

39

Grundsätzlich darf ein freischaffender Architekt und seine Ehefrau nicht an Grundstücksgeschäften beteiligt sein, es sei denn, es wird ein Grundstück aus dem Privatvermögen verkauft. Wie sichaus der Befragung des Klägers, den Schilderungen des Beigeladenen und aus den Steuerakten ergibt, war den Klägern und hier insbesondere dem Kläger ... spätestens seit 1977 bekannt, daß sie durch ihre gewerblichen Beteiligungen an Grundstücksgesellschaften ihre Zulassung als freischaffende Architekten gefährdeten. Die Kläger haben hieraus aber keinerlei Konsequenzen gezogen, sondern haben vielmehr neue gewerbliche Gesellschaften gegründet und sich an ihnen beteiligt, wie sich aus dem Schreiben der ... vom 20. September 1983, der Antragsschrift vom 5. März 1985 und dem Urteil des Architektenberufsgerichts Niedersachsen vom 25. April 1988 ergibt. Am 10. März 1982 wurde noch die ... Architektenplanungsgesellschaft mbH und am 16. April 1981 die ..., ... gegründet.

40

Das Gericht konnte nicht feststellen, daß die ... bereits seit 1981 gegen die Kläger ermittelt und insoweit auch telefonische Kontakte des Klägers ... mit der ... bestanden haben. Nach dem Schreiben der ... vom 30.9.1992 sind die Ermittlungen gegen die Kläger in der ersten Jahreshälfte 1982 aufgenommen worden. Mit Schriftsatz vom 20. September 1983 hat die ... bei den Klägern wegen ihrer Gesellschaftsbeteiligungen angefragt. Solchen Anfragen gehen nach den Feststellungen des Senats keineswegs jahrelange Ermittlungen der Architektenkammer voraus, wie die Kläger behaupten. Es stand auch nicht erst seit Anfang 1982 fest, wie die Kläger behaupten, daß das gesamte Grundstück in ... nicht an einen einzigen Käufer zu veräußern ist. Wie der Beigeladene ausführlich geschildert hat, war allen Beteiligten seit 1980 klar, daß eine Veräußerung des Gesamtgrundstücks an einen Interessenten nichtgelingen wird. Seit 1981 haben dann die einzelnen Grundstücksveräußerungen begonnen. Hinzu kommt, worauf das FA zu Recht hinweist, daß die Gründung der ... und die Übertragung der Kommanditanteile keine geeignete Maßnahme war, um berufsrechtliche Konflikte mit der Architektenkammer Niedersachsenzu vermeiden. Die Kläger blieben auch als Minderheitsgesellschafter an einer GmbH mittelbar an der Vermarktung des Grundstücks in Empelde beteiligt. Nach den Feststellungen des Senats lagen danach zum Zeitpunkt der Gründung der ... und der Übertragung der Kommanditanteile im April 1982 keine beachtlichen berufsrechtlichen Gründe vor.

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Auch die Veräußerung der GmbH-Anteile für 1.866.000 DM an die ... sind nicht durch wirtschaftlich sinnvolle oder sonstige beachtliche nicht steuerliche Gründe zu rechtfertigen. Nach Zufluß des Gewinns aus der ... in 1983 war es wirtschaftlich sinnvoll, diesen Gewinn an die ...-Gesellschafter auszuschütten und anschließend die GmbH zu liquidieren, da die GmbH ihren Zweck, das Halten der Beteiligung an der ..., erfüllt hatte. Nach den Feststellungen des Gerichts hat die ... keine weitere Gesellschaftstätigkeit entfaltet. Statt dessen haben die Kläger und ihre Ehefrauen den zugeflossenen Gewinn bei der GmbH auf Festgeldkonten stehenlassen. 1984 haben sie dann ihre GmbH-Anteile an die ... veräußert. Die ... erwarb die GmbH-Anteile nach den Feststellungen des Senats nicht als Daueranlage und nicht mit der Absicht der weiteren gewerblichen Tätigkeit der GmbH. Vielmehr ist das Barvermögen der ... 1985 an die ... ausgeschüttet worden und eine ausschüttungsbedingte Teilwertabschreibung vorgenommen worden. Anschließend ist die ... ohne weitere geschäftliche Betätigung liquidiert worden.

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Die Kläger haben keine überzeugenden Gründe vortragen können, warum sie den zugeflossenen Gewinn aus der ... andie GmbH 1983 nicht ausgeschüttet haben, sondern die GmbH-Anteile in 1984 an die ... veräußert und diese 1985 die Ausschüttung des Gewinns vorgenommen hat. Nach den Feststellungen des Senats erfolgte die Veräußerung der ...-Anteile an die ... zum Zwecke der Liquidation der GmbH.

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Die Gründung der GmbH, die Übertragung der Kommanditanteile auf die GmbH und die Veräußerung der GmbH-Anteile an die ... sollte nach Überzeugung des Senats der Steuerminderung dienen. Durch die Rechtsgestaltung wollten die Kläger erreichen, daß der Gewinn aus der Beteiligung an der ... nicht bei ihnen, sondern bei der ... und der ... zu versteuern ist. Wie der Beigeladene schriftlich ausführlich und glaubhaft geschildert hat, ist den Kommanditisten der ... wegen der zu erwartenden hohen Gewinne von Rechtsanwalt ... und anderen Beratern geraten worden, ihre Geschäftsanteile an nahestehende Kapitalgesellschaften zu veräußern, um auf diese Weise die zu erwartenden Gewinne aus den Grundstücksgeschäften einkommensteuerlich zumindest zu begünstigten Veräußerungsgewinnen zu qualifizieren. Schon die Gründung der ... sollte nach den Vorstellungen der Kläger und ihres Beraters der Steuerminderung dienen. Die Kläger haben zusammen mit ihren Ehefrauen die GmbH gegründet, an der keiner wesentlich beteiligt war und deren Geschäftsanteile im privaten Vermögen gehalten wurden. Dadurch wurde eine etwaige Anwendung des § 17 Einkommensteuergesetz vermieden. Den in 1983 angefallenen Gewinn aus der Beteiligung an der ... hat die ... zwar versteuert und entsprechende Steuerrückstellungen gebildet, aber die GmbH hat das zugeflossene Geld auf Festgeldkonten angelegt und nicht an ihre Gesellschafter ausgeschüttet. Vielmehr sind mit Vertrag vom 12. März 1984 die ...-Anteile von 51.000 DM zum Preis von 1.866.000 DM an die ... u.

44

... verkauft worden. Da die Kläger und ihre Ehefrauen an der jeweils nicht wesentlich beteiligt waren, ist ihnen der Veräußerungsgewinn steuerfrei zugeflossen. Dieser angefallene Veräußerungsgewinn entspricht betragsmäßig fast den Gewinnanteilen an der ... KG in 1983. Durch diese aufgezeigte Rechtsgestaltung ist es den Klägern nach ihren Vorstellungen gelungen, daß sie und ihre Ehefrauen diese Gewinnanteile an der ... aus 1983 steuerfrei erhalten.

45

Nach alledem muß nach Überzeugung des Senats in der Gründung der GmbH, der Übertragung der Kommanditanteile auf die GmbH und der Veräußerung der GmbH-Anteile an die ... ein Mißbrauch von rechtlichen Gestaltungsmöglichkeiten gemäß § 42 AO gesehen werden. Liegt ein Mißbrauch vor, so entsteht der Steueranspruch gemäß § 42 Satz 2 AO so, wie er bei einer den wirtschaftlichen Vorgängen angemessenen rechtlichen Gestaltung entsteht. Danach sind die Kläger für das Streitjahr 1983 weiterhin steuerlich als Mitunternehmer der ... anzusehen. Die Kläger müssen ihre Einkünfte aus Gewerbebetrieb aus der Beteiligung an der ... ... gemäß § 15 Einkommensteuergesetz der Einkommensteuer unterwerfen.

46

Die Konsequenzen des vorliegenden Gestaltungsmißbrauchs waren im Verfahren zur Feststellung des Gewinns der ... zu ziehen und nicht beim Verfahren der Einkommenbesteuerung der Kläger. Nach Ansicht des Senats liegen Einkünfte aus Gewerbebetrieb gemäß § 15 Einkommensteuergesetz und nicht solche aus Kapitalvermögen gemäß § 20 Abs. 1 Einkommensteuergesetz vor. Durch die Gesamtbetrachtung der Rechtsgestaltung - Gründung der, Übertragung der KG-Anteile und Veräußerung der GmbH- Anteile - sind die drei Kläger steuerlich weiterhin als Mitunternehmer der ... in 1983 anzusehen. Den Klägern allein und nicht etwa auch ihren Ehefrauen ist der Gewinnanteil an der ... zuzurechnen. Die vorgenommene Gesamtbetrachtung der Rechtsgestaltung konnte nur im Verfahren zur Feststellung des Gewinns der ... getroffen werden. Hinzu kommt die Besonderheit, daß ursprünglich im Verfahren die Umwandlung der ... auf die ... und damit die Tarifbegünstigung des Umwandlungsgewinns strittig war. Insoweit war das gesamte Gewinnfeststellungsverfahren der ... für 1983 zu überprüfen. Nach alledem haben die Kläger Einkünfte aus Gewerbebetrieb gemäß § 15 EStG im Jahre 1983 und die Einkommensteuerfestsetzungen der Kläger für 1983 sind gemäß § 175 Abs. 1 Nr. 1 AO zu ändern.

47

Die Kosten des Verfahrens einschließlich des Revisionsverfahrens haben gemäß § 135 Abs. 1 FGO die Kläger zu tragen, da sie unterlegen sind (BFH-Beschluß vom 21. Oktober 1986 - VII E 8/86 -BFH/NV 1987, S. 319).

48

Die Revision ist nicht zugelassen worden.