Oberlandesgericht Celle
Beschl. v. 02.05.2014, Az.: 15 UF 99/13
Angemessenheit der Teilungskosten; Zulässigkeit der rein prozentualen Bemessung; Umfang der Überprüfung der angesetzten Teilungskosten durch das Gericht
Bibliographie
- Gericht
- OLG Celle
- Datum
- 02.05.2014
- Aktenzeichen
- 15 UF 99/13
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2014, 18610
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:OLGCE:2014:0502.15UF99.13.0A
Verfahrensgang
- vorgehend
- AG Gifhorn - 06.03.2013 - AZ: 16 F 697/12 S
Rechtsgrundlage
- VersAusglG § 13
Fundstelle
- FamRZ 2014, 1849
Amtlicher Leitsatz
1. Die Überprüfung der Angemessenheit der Teilungskosten orientiert sich an den tatsächlich anfallenden - hier durch den Versorgungsträger näher erläuterten - Teilungskosten und nicht an einem Idealfall. Eine ineffiziente Bearbeitung ist hinzunehmen, solange sich nicht hieraus Anhaltspunkte für eine unangemessene Benachteiligung der Versorgungsberechtigten ergeben.
2. Sieht die Teilungsordnung eine prozentuale Bemessung der Teilungskosten nach dem Ehezeitanteil des Anrechts vor, ohne einen Höchstbetrag festzulegen, hat dies nur dann die Unangemessenheit der Teilungskosten zur Folge, wenn diese im konkreten Einzelfall zu einer unangemessenen Reduzierung des Anrechts führen.
Tenor:
I. Auf die Beschwerde der V. AG wird der Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Gifhorn vom 06.03.2013 - 16 F 697/12 S - im Ausspruch zum Versorgungsausgleich (Nr. II. des Tenors) teilweise geändert und im 3. Absatz wie folgt neu gefasst:
"Im Wege der internen Teilung wird zu Lasten des Anrechts des Ehemannes bei dem Versorgungsträger V. AG (Personalnummer ...) aus der Grundversorgung zu Gunsten der Ehefrau ein Anrecht in Höhe von 36.794,73 € nach Maßgabe der Versorgungsordnung vom 29.09.1995 (VO III) in Verbindung mit der Teilungsordnung (Stand vom 31.03.2010), bezogen auf den 31.07.2012, übertragen."
II. Die im Beschwerdeverfahren anfallenden Gerichtskosten tragen der Antragsteller und die Antragsgegnerin je zur Hälfte. Jeder Beteiligte trägt seine Aufwendungen im Beschwerdeverfahren selbst.
III. Der Verfahrenswert für das Beschwerdeverfahren wird auf 1.000 € festgesetzt.
Gründe
I.
Das Amtsgericht hat die am 14.02.1990 geschlossene Ehe des Antragstellers mit der Antragsgegnerin auf den am 06.08.2012 zustellten Scheidungsantrag durch den angefochtenen Beschluss geschieden und den Versorgungsausgleich durchgeführt. Außerdem hat es einen Antrag der Antragsgegnerin auf Auskunft zum Zugewinnausgleich zurückgewiesen. Die Ehescheidung ist seit dem 25.06.2013 rechtskräftig.
Im Versorgungsausgleich hat das Amtsgericht die beiderseitigen Anrechte in der gesetzlichen Rentenversicherung ausgeglichen. Außerdem hat es die insgesamt drei Anrechte des Antragstellers auf betriebliche Altersversorgung bei der V. AG (Grundversorgung, Zusatzversorgung I, Ausgleichsrente) im Wege der internen Teilung ausgeglichen. Bei dem Ausgleich der Grundversorgung hat es die von der V. AG geltend gemachten Teilungskosten von 1.501,83 € (2% des Ehezeitanteils des Anrechts) nicht akzeptiert und den Ausgleichswert unter Berücksichtigung von Teilungskosten in Höhe von 500,00 € bestimmt.
Hiergegen wendet sich die V. AG mit ihrer Beschwerde. Sie hat die Teilungskosten auf Aufforderung des Senats näher erläutert.
Die Beschwerde der Antragsgegnerin gegen die Entscheidung zum Zugewinnausgleich hat der Senat durch Beschluss vom 05.02.2014 zurückgewiesen, nachdem das Verfahren zum Versorgungsausgleich abgetrennt worden war.
II.
Die Beschwerde der V. AG ist zulässig und hat in der Sache Erfolg.
Die von der V. AG geltend gemachten Teilungskosten in Höhe von 1.501,83 € sind angemessen im Sinne von § 13 VersAusglG.
1.
Nach dieser Vorschrift kann der Versorgungsträger die bei der internen Teilung entstehenden Kosten geltend machen. Der mit der internen Teilung entstehende organisatorische Mehraufwand des Versorgungsträgers soll ausgeglichen werden, damit die interne Teilung für den Versorgungsträger kostenneutral erfolgen kann (BT-Drs. 16/10144, S. 43+57).
Während die Kosten für die Ermittlung des Ehezeitanteils nicht erfasst werden (BT-Drs. 16/10144, S. 57), sind nicht nur die Kosten der Aufnahme eines zusätzlichen Berechtigten in das Versorgungssystem, sondern auch die im Rahmen der laufenden Kontoverwaltung entstehenden Kosten zu berücksichtigen (BGH FamRZ 2012, 610 Rn. 40 f.).
Die Angemessenheit der Teilungskosten hat das Gericht von Amts wegen zu überprüfen (§ 26 FamFG), wobei der Gesetzgeber offen gelassen hat, nach welchen Kriterien sich die Angemessenheit im Einzelnen bestimmt (BT-Drs. 16/11903, S. 53).
2.
Gegen eine Pauschalierung der Teilungskosten bestehen keine grundsätzlichen Bedenken. Werden diese allerdings prozentual anhand des Kapitalwertes des auszugleichenden Anrechts ermittelt, ist eine Begrenzung durch einen Höchstbetrag erforderlich, weil der Kapitalwert keinen Bezug zu dem durch die interne Teilung verursachten Verwaltungsaufwand aufweist und Teilungskosten dann nicht mehr als angemessen anzusehen sind, wenn das Anrecht in einer Weise geschmälert würde, die außer Verhältnis zu dem tatsächlichen Aufwand des Versorgungsträgers stünde (BGH FamRZ 2012, 610 Rn. 50).
Die Wahl der Pauschalierungsmethode bleibt dabei dem Versorgungsträger überlassen, damit dieser die insbesondere im Bereich der betrieblichen Altersversorgung bestehenden Unterschiede hinsichtlich der Betriebsgröße, der Finanzierungsform, der Art des Anrechts, des Erfordernisses von versicherungsmathematischen Berechnungen durch Dritte und der Komplexität der Zusagen berücksichtigen kann (BGH FamRZ 2012, 1546 Rn. 25; 2012, 942 Rn. 24).
Verbleiben dem Gericht Zweifel an der Angemessenheit der Teilungskosten - insbesondere, wenn sie einen Betrag von 500 € überschreiten - besteht im Rahmen des Amtsermittlungsgrundsatzes die Verpflichtung, den Versorgungsträger gemäß § 220 Abs. 4 S. 2 FamFG zur Erläuterung der Kostenkalkulation und der Ermittlung der pauschalierten Teilungskosten erläutern zu lassen (BGH FamRZ 2012, 610 Rn. 52 f.; 2012, 1546 Rn. 26).
3.
Der Senat hat die V. AG mit Beschluss vom 27.12.2013 zur näheren Erläuterung der in der Beschwerdebegründung dargelegten Kalkulation anhand eines Musterfalls aufgefordert. Dem ist die V. AG nachgekommen.
Die V. AG hat insbesondere die Annahme einer Anwartschaftsphase von 20 Jahren und einer Leistungsphase von 18 Jahren, die Besonderheiten der internen Teilung auch bei Konzernehen und das Erfordernis der eigenständigen Verwaltung der aus der internen Teilung resultierenden Anrechte näher erläutert. Insbesondere ist nachvollziehbar, dass es sich insoweit um eine gesonderte Personengruppe handelt, weil sich die Anrechte aufgrund der internen Teilung auf eine Alterssicherung beschränken und damit über ein anderes Leistungsspektrum als die Anrechte auf betriebliche Altersversorgung für aktive Mitarbeiter verfügen. Ebenfalls sind die einzelnen Arbeitsschritte bei Erstanlage, bei der laufenden Verwaltung in der Anwartschaftsphase, beim Eintritt des Leistungsfalls und der laufenden Verwaltung in der Leistungsphase dargelegt worden.
Auch wenn damit letzte Detailfragen nicht abschließend beantwortet worden sind, die Prognosegrundlagen auch abweichend beurteilt werden könnten, gewisse Prognoseunsicherheiten nicht zu vermeiden sind und insbesondere der zeitliche Aufwand der einzelnen Arbeitsschritte auch im Vergleich mit anderen Großkonzernen als eher hoch anzusehen ist, vermag dies die Angemessenheit in der Gesamtbetrachtung nicht zu erschüttern.
Bei der Angemessenheitsprüfung orientiert sich der anzulegende Maßstab nicht an einem Idealfall, also einem geringen Arbeitsaufwand unter Zugrundelegung einer optimalen EDV-Unterstützung. Denn es sind die tatsächlichen Kosten des Versorgungsträgers auszugleichen und nicht diejenigen für einen unternehmensunabhängigen Modellfall.
Solange nicht eine ganz erhebliche Überschreitung der abstrakt zu erwartenden Kosten aufgrund einer ineffizienten Bearbeitung der durch die interne Teilung entstehenden Versorgungsanrechte erfolgt, steht dies im Ermessen des Versorgungsträgers im Rahmen seiner unternehmerischen Strategieentscheidungen. Auch unrationelle Arbeitsprozesse des Versorgungsträgers unterliegen insoweit nicht der gerichtlichen Kontrolle, als nicht hieraus Anhaltspunkte für eine unangemessene Benachteiligung der Versorgungsberechtigten erwachsen.
Solche sind nicht ersichtlich. Insbesondere ist nachvollziehbar, dass die V. AG trotz einer Vielzahl von durchgeführten internen Teilungen in der neuen Personengruppe wegen teilweise ungeklärter Rechtsfragen, die noch nicht durch die Rechtsprechung entschieden worden sind und zu erwartender künftiger Fragestellungen noch keine endgültigen Programmierungen erfolgt sind und die Arbeitsabläufe noch nicht endgültig entwickelt sind.
Festzustellen ist allerdings, dass die Erwartung des Gesetzgebers, dass in großen, stark standardisierten Versorgungssystemen eher geringe Teilungskosten anfallen (BT-Drs. 16/10144, S, 125), bei der V. AG nicht eingetreten ist. Dies mag zwar zumindest teilweise seinen Grund in der Komplexität des Versorgungssystems und der nicht versicherungsförmigen Finanzierung haben, doch dürften hier in der Zukunft weitere Optimierungen der Arbeitsabläufe und Rationalisierungen mit dem Ergebnis von Kostenreduzierungen zu erwarten sein.
Ob unter diesem Aspekt die von der V. AG beabsichtigte Änderung der Teilungsordnung und Erhöhung der Teilungskosten auf 3% des Ehezeitanteils mit einer Obergrenze in Höhe von 3% des zweifachen jährlichen Beitragsbemessungsgrenze nach §§ 159 f. SGB VI - für das Jahr 2012 ergäbe sich ein Höchstbetrag von 4.032 € - gerade in den Fällen gehobener Ausgleichswerte angemessen im Sinne von § 13 VersAusglG sein wird, erscheint daher zumindest zweifelhaft, braucht an dieser Stelle aber nicht entschieden zu werden.
4.
Bedenken gegen die konkret geltend gemachten Teilungskosten ergeben sich auch nicht aus dem Umstand, dass die Teilungsordnung der V. AG die von der Rechtsprechung geforderte (BGH FamRZ 2012, 610 Rn. 50) Begrenzung einer prozentualen Bemessung der Teilungskosten durch einen Höchstbetrag nicht enthält.
Nach Nr. 6 Abs. 2 der Teilungsordnung berechnen sich die Teilungskosten mit 2% des ehezeitlichen versicherungsmathematischen Barwertes. Ein Höchstbetrag für die Teilungskosten ist in der Teilungsordnung nicht vorgesehen.
Darauf kommt es vorliegend jedoch nicht an, weil keine abstrakte Kontrolle der Teilungsordnung stattfindet, sondern lediglich zu überprüfen ist, ob die im konkreten Einzelfall geltend gemachten Teilungskosten angemessen sind. Das ist allein daran zu bemessen, ob das Anrecht eine Schmälerung erfährt, die außer Verhältnis zu dem tatsächlichen Aufwand des Versorgungsträgers steht (BGH FamRZ 2012, 610 Rn. 50).
Aufgrund der von der V. AG vorgenommenen Berechnung eines Musterfalles anhand einer Mischkalkulation ergeben sich durchschnittliche Kosten der internen Teilung in Höhe von rund 1.255 €. Die hier konkret geltend gemachten Kosten von 1.501,83 € überschreiten zwar diesen Betrag, doch führt dies nicht zu einer unangemessenen Reduzierung des Anrechts.
Denn der zulässigen Pauschalierung ist immanent, dass bei Anrechten mit geringen Ehezeitanteilen die tatsächlichen Teilungskosten höher liegen, als sie sich aus der prozentualen Pauschalierung ergeben, andererseits bei höherwertigen Anrechten niedriger sind, als sie geltend gemacht werden. Dies entspricht dem Wesen der Mischkalkulation. Die geschiedenen Eheleute profitieren hiervon auch bei dem Ausgleich der Anrechte auf Zusatzversorgung I und Ausgleichsrente, bei denen Teilungskosten von lediglich 81,39 € und 43,98 € berechnet worden sind. Die Grenze der unangemessenen Schmälerung des Anrechts auf Grundversorgung ist angesichts der hier gegebenen Diskrepanz von rund 20% unzweifelhaft nicht erreicht.
5.
Danach ist dem Ausgleich des vom Antragsteller erworbenen Anrechts auf Grundversorgung der in der Auskunft der V. AG vom 21.09.2012 vorgeschlagene Ausgleichswert von 36.794,73 € zugrunde zu legen. Der Ausgleich hatte daher im Wege der internen Teilung durch Übertragung eines Anrechts in dieser Höhe zu erfolgen.
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 150 Abs. 1, Abs. 3 FamFG. Die Festsetzung des Verfahrenswertes folgt §§ 50 Abs. 1, 40 Abs. 1 FamGKG.