Oberlandesgericht Celle
Beschl. v. 16.05.2014, Az.: 9 W 69/14

Bibliographie

Gericht
OLG Celle
Datum
16.05.2014
Aktenzeichen
9 W 69/14
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2014, 29449
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:OLGCE:2014:0516.9W69.14.0A

Verfahrensgang

vorgehend
AG Walsrode - 14.04.2014

Fundstellen

  • AG 2014, 909-910
  • GmbHR 2014, 1094-1095
  • MDR 2014, 1216-1217
  • ZBB 2014, 344
  • ZIP 2014, 1787-1788

Amtlicher Leitsatz

Für die Eintragung eines Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrags, bei dem herrschendes Unternehmen eine Sparkasse (als rechtsfähige Anstalt öffentlichen Rechts) ist, bedarf es eines Zustimmungsbeschlusses der Träger der Sparkasse.

Tenor:

Die Beschwerde der Antragstellerin und des Notars vom 30. April 2014 (Bl. 131 d. A.) gegen den Beschluss des Amtsgerichts Walsrode - Registergericht - vom 14. April 2014 (Bl. 128 d. A.) wird zurückgewiesen.

Die Antragstellerin und der Notar haben die Kosten des Beschwerdeverfahrens als Gesamtschuldner zu tragen.

Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

Gegenstandswert: 30.000 Euro.

Gründe

Die Beschwerde erweist sich aus den ihr gegenüber zutreffenden Erwägungen der angefochtenen Entscheidung und des Nichtabhilfebeschlusses vom 5. Mai 2014 (Bl. 135 d. A.), denen der Senat beitritt und auf die zur Vermeidung von Wiederholungen verwiesen wird, als unbegründet. Zu Recht hat das Registergericht die Eintragung des geänderten Unternehmensvertrags verweigert, weil die Beschwerdeführer trotz zahlreicher ausführlicher Hinweise weder den erforderlichen Zustimmungsbeschluss der Träger der Kreissparkasse V. als herrschendes Unternehmen vorgelegt haben, noch einen wirksamen Zustimmungsbeschluss der Antragstellerin als beherrschtes Unternehmen nachgewiesen haben. Im Hinblick auf das Beschwerdevorbringen ist Folgendes anzumerken:

1. Entgegen der Auffassung der Beschwerdeführer bedarf es für die Eintragung der Änderung eines Unternehmensvertrags (vgl. Lutter/Hommelhoff, GmbHG, 18. Aufl., Anh. zu § 13, Rn. 86), nicht anders als für dessen erstmaligen Abschluss (Lutter/Hommelhoff, aaO., Rn. 55), eines Zustimmungsbeschlusses der Gesellschafterversammlung des herrschenden Unternehmens (bzw., im hier gegebenen Fall einer Sparkasse, von deren Trägern). Aus der vom Registergericht zutreffend zitierten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (NJW 1989, 295 [BGH 24.10.1988 - II ZB 7/88]; NJW 1992, 1452 [BGH 30.01.1992 - II ZB 15/91]) ergibt sich, dass die Eingehung oder Änderung unternehmensvertraglicher Bindungen nicht allein von den Vertretungsberechtigten des herrschenden Unternehmens (hier den Vorständen der Sparkasse), sondern von dem höchsten Entscheidungsgremium, also den Eigentümern, an deren Stelle bei der Sparkasse deren Träger treten, zu billigen ist.

Der Ansicht der Beschwerdeführer, bei einer Sparkasse als rechtsfähiger Anstalt öffentlichen Rechts (§ 3 NSpG) gelte dieses aus einer entsprechenden Anwendung der Vorschrift des § 293 Abs. 2 AktG hergeleitete Erfordernis nicht, vermag sich der Senat nicht anzuschließen. Die für die analoge Anwendung ausschlaggebenden Besonderheiten und Gefahren für die beteiligten Gesellschaften, ihre Gesellschafter und Gläubiger "werden von der Rechtsform der herrschenden Gesellschaft im Grundsatz nicht beeinflusst" (BGH, NJW 1992, 1452 [BGH 30.01.1992 - II ZB 15/91]). Diese Begründung wird nicht dadurch entkräftet, dass die Träger der Sparkasse, wie die Beschwerde geltend macht, nach § 5 Abs. 2 S. 2 NSpG für deren Verbindlichkeiten - mit Ausnahme von Altverbindlichkeiten - nicht (mehr) haften. Auch Aktionäre einer herrschenden Aktiengesellschafter haften für deren Verbindlichkeiten nicht; maßgeblich für das Zustimmungserfordernis ist vielmehr die Haftung der herrschenden Gesellschaft für die von ihr beherrschte, die es erfordert, Unternehmensverträge der Entscheidung durch die höchsten Gremien beider Unternehmen zu genehmigen. Das gilt, wie das Registergericht unter Hinweis auf eine Entscheidung des LG Aurich (RPfleger 2006, 132) zutreffend angenommen hat, auch - wenn nicht sogar erst recht - dann, wenn das herrschende Unternehmen eine Anstalt öffentlichen Rechts ist. Warum für deren Entscheidungen, die im Verhältnis zwischen den beteiligten Unternehmen keine geringere Tragweite haben, niedrigere Anforderungen gelten sollen, ist weder aufgezeigt noch zu erkennen, zumal eine Sparkasse Aufgaben nicht nur im eigenen, sondern öffentlichen Interesse wahrzunehmen hat (vgl. § 4 NSpG).

Dass die Träger der Sparkasse im Streitfall an die Stelle des "höchsten Entscheidungsgremiums" als beherrschender Gesellschaft treten, ergibt sich daraus, dass sie Aktionären und den Gesellschaftern anderer Unternehmensformen am nächsten kommen, wie daraus zu ersehen ist, dass sie über die Entlastung des Verwaltungsrats zu beschließen haben (§ 23 Abs. 3 S. 5 NSpG) und dass den Trägern - wie den Aktionären - ein abführbarer Gewinn zusteht (§ 24 Abs. 2 NSpG).

2. Letztlich kann diese Frage aber im Ergebnis dahinstehen, weil auch ein wirksamer Zustimmungsbeschluss der Gesellschafterversammlung der Antragstellerin nicht nachgewiesen ist.

Selbst wenn man die fragwürdige Formulierung unter Nr. II des geänderten Unternehmensvertrags vom 11. November 2013 ("Diese Änderung des Beherrschungs- und Ergebnisabführungsvertrages bedarf zu ihrer Wirksamkeit der Zustimmung der Gesellschafterversammlung der GmbH. Da die Sparkasse die alleinige Gesellschafterin der GmbH ist, gilt die Zustimmung mit Abschluss dieser Vertragsänderung als erteilt.") als nach § 48 Abs. 3 GmbHG niedergelegte Willensäußerung der Gesellschafterin der Antragstellerin verstehen wollte und nicht nur, wie ihr Wortlaut nahe legt, als bloße Schlussfolgerung, fehlt es insoweit zumindest an einem Vertretungsnachweis der für die Kreissparkasse V. handelnden Personen, so dass, wie der angefochtene Beschluss zu Recht beanstandet, dem Registergericht eine Prüfung weiterhin verwehrt ist. Für die Sparkasse haben bei dem Beurkundungstermin die Vorstandsvorsitzenden K. und der stellvertretende Vorsitzende K. teilgenommen. Ob es sich bei diesen um den vollständigen gegenwärtigen Vorstand gehandelt hat (nach § 9 Abs. 1 NSpG kann dieser bei entsprechender Satzungsbestimmung auch aus mehr Personen bestehen) ist in Ermangelung der Vorlage einer Satzung und von Bestellungsakten für die Handelnden nebst Glaubhaftmachung, dass diese den aktuellen Stand widerspiegelt, nicht überprüfbar.

3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 84 FamFG, wobei zu berücksichtigen war, dass neben der Antragstellerin erklärtermaßen auch der Notar im eigenen Namen Beschwerde eingelegt hat (Bl. 131 d. A.). Die Wertfestsetzung beruht auf §§ 36 Abs. 2, 105 Abs. 3 GNotKG.

Gründe für die Zulassung der Rechtsbeschwerde (§ 70 FamFG) liegen nicht vor, insbesondere ist die ggf. höchstrichterlich klärungsbedürftige Frage, ob die Träger einer Sparkasse Unternehmensverträgen zwischen der Sparkasse und beherrschten Gesellschaften privaten Rechts zustimmen müssen (oben unter Nr. 1), im konkreten Fall nicht entscheidungserheblich, weil es nach dem unter Nr. 2 Ausgeführten auch an dem Nachweis eines wirksamen Zustimmungsbeschlusses der beherrschten Gesellschaft fehlt.