Oberlandesgericht Oldenburg
Urt. v. 26.10.1995, Az.: 1 U 85/95

Sittenwidrigkeit von Werbung wegen Verstoßes gegen die Handwerksordnung; Vorliegen eines handwerksrechtlichen Nebenbetriebes

Bibliographie

Gericht
OLG Oldenburg
Datum
26.10.1995
Aktenzeichen
1 U 85/95
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 1995, 28978
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:OLGOL:1995:1026.1U85.95.0A

Amtlicher Leitsatz

Ein handwerklicher Nebenbetrieb ist nur bei Eigenständigkeit anzunehmen

Gründe

1

Die Klägerin hat gegen die Beklagte Anspruch auf Unterlassung der beanstandeten Werbung nach § 1 UWG. Die Beklagte handelt sittenwidrig im Sinne von § 1 UWG, weil sie entgegen den Vorschriften der Handwerksordnung ein Handwerk ausübt. Dadurch, dass sie keinen Handwerksmeister beschäftigt, verschafft sie sich einen ungerechtfertigten Vorsprung gegenüber ihren rechtstreuen Mitbewerbern, denn sie erspart auf diese Weise die höheren Personalkosten für einen derart qualifizierten Mitarbeiter. Unter diesem Gesichtspunkt erscheint der Verstoß gegen die für sich genommenen wettbewerbsneutralen Vorschriften der Handwerksordnung im vorliegenden Fall sittenwidrig im Sinne von § 1 UWG.

2

Dass die Beklagte gegen Vorschriften der Handwerksordnung verstößt, ergibt sich bereits aus der Darstellung der tatsächlichen Verhältnisse im Betrieb der Beklagten im Verhältnis zum Betrieb der GmbH durch den Inhaber der Beklagten. Danach ist davon auszugehen, dass der Betrieb der GmbH und der Betrieb der Beklagten in Wirklichkeit eine Einheit bilden, die nur zum Zwecke der Umgehung der Vorschriften der Handwerksordnung nach außen hin rechtlich in zwei Betriebe aufgeteilt worden sind.

3

Bereits aus dem Begriff "Betrieb" ergibt sich, dass ein handwerksrechtlicher Nebenbetrieb im Sinne von § 3 Abs. 1 Handwerksordnung nur anzunehmen ist, wenn eine Eigenständigkeit gewahrt ist, es sich also nicht nur um eine unselbstständige Filiale oder Abteilung eines Unternehmens handelt. Kriterium für diese Eigenständigkeit eines Betriebes sind die fachlichen Leistungen, die sich bei Haupt- und Nebenbetrieb in einer Weise unterscheiden müssen, dass die Unterhaltung verschiedener Betriebe aus wirtschaftlicher und technischer Sicht gerechtfertigt ist (vgl. Musielak-Detterbeck, Das Recht des Handwerks, 3. Aufl., § 3 RdNr. 13 m.w.N.). Dabei lassen sich handwerkliche Tätigkeiten, die ein und demselben Handwerk angehören, grundsätzlich nicht in einen Haupt- und Nebenbetrieb aufspalten, (vgl. Musielak-Detterbeck, a.a.O.).