Oberlandesgericht Oldenburg
Beschl. v. 26.10.1995, Az.: 8 W 109/95

Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Frist zur Einlegung des Einspruchs gegen zugestellte Vollstreckungsbescheide; Fehlende Kenntnisnahme von einer Ersatzzustellung; Bloße Behauptung, bei Öffnen des Briefkastens keinen Benachrichtigungsschein über die Niederlegung bei der Post vorgefunden zu haben

Bibliographie

Gericht
OLG Oldenburg
Datum
26.10.1995
Aktenzeichen
8 W 109/95
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 1995, 29093
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:OLGOL:1995:1026.8W109.95.0A

Amtlicher Leitsatz

Im Falle einer Ersatzzustellung genügt als Entschuldigung nicht die bloße Behauptung, bei Öffnen des Briefkastens keinen Benachrichtigungsschein über die Niederlegung bei der Post vorgefunden zu haben.

Gründe

1

Den Beklagten durfte wegen der unstreitigen Versäumung der Frist zur Einlegung des Einspruchs gegen die am 31. Dezember 1994 zugestellten Vollstreckungsbescheide vom 1. und 4. Februar 1994 die beantragte Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nicht bewilligt werden, weil nicht festgestellt werden kann, dass der Beklagte zu 1) ohne Verschulden verhindert war, die zweiwöchige Notfrist gemäß § 700 Abs. 1 in Verb. mit § 339 Abs. 1 ZPO einzuhalten (§ 233 ZPO). Als gesetzlicher Vertreter der Beklagten zu 2) muss sich diese gemäß § 51 Abs. 2 ZPO das Verschulden des Beklagten zu 1) zurechnen lassen.

2

Dass der Beklagte zu 1) von einer in den Briefkasten eingelegten Benachrichtigung unverschuldet keine Kenntnis erhalten hat, haben die Beklagten schon nicht hinreichend dargetan. Der bloße Vortrag, von der Zustellung keine Kenntnis erlangt und insbesondere bei Leerung des Briefkastens keinen Niederlegungszettel vorgefunden zu haben, reicht nicht (ebenso BGH, VersR1984, 81/82; VersR 1986, 787).

3

Durch den Inhalt der Zustellungsurkunden ist bewiesen, dass der zustellende Postbedienstete am 31. Dezember 1994 nach seinem vergeblichen Zustellungsversuch die Vollstreckungsbescheide vom 1. und 4. Februar 1994 beim örtlichen Postamt Osnabrück 1 niedergelegt und - wie bei gewöhnlichen Briefen üblich - eine schriftliche Benachrichtigung über die vorzunehmende Niederlegung bei der Post in den zur Wohnung der Beklagten gehörenden Hausbriefkasten eingelegt hat. Dass es sich bei der betreffenden Anschrift "L...weg .., O..." auch um die Wohnung der Beklagten zu 2) im Sinne der §§ 181, 182ZPO handelt, hat das Landgericht zutreffend ausgeführt; - diese Feststellung wird von den Beklagten mit der Beschwerde auch nicht mehr angegriffen.

4

Dass der Beklagte zu 1) und sein Bekannter B. bei Durchsicht der Post am 31.Dezember 1994 keinen Benachrichtigungsschein über die Niederlegung eines Schriftstückes bemerkt und dies auch an Eides statt versichert haben, widerlegt für sich den urkundlich erbrachten Beweis über die Benachrichtigung der vorzunehmenden Niederlegung bei der Post nicht. Es handelt sich nicht um ungewöhnlichen Umstände im Sinne der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes(vgl. BGH, VersR 1984, 81/82; VersR 1986, 787), wenn der Benachrichtigungsschein dem Empfänger und der ihn begleitenden Person nach Öffnung des Briefkastens nicht auffallen. Dies gilt umso mehr, wenn dabei Reklame-Wurfsendungen aussortiert und fortgeworfen werden. Der Beklagte zu 1) kann die Unaufmerksamkeit nicht etwa auf ein mögliches Fehlverhalten seines Bekannten B. abwälzen, das ihn nichts angehe. Unabhängig davon, ob B. insoweit sein Vertreter ist (wie die Beklagten zu meinen scheinen) oder nicht, ist für die Frage der Zustellung maßgebend, ob die schriftliche Benachrichtigung über die vorzunehmende Niederlegung in den Empfangsbereich des Beklagten zu 1) gelangt ist (BGH, VersR 1986, 787). Schon daraus ergibt sich, - von ungewöhnlichen, hier nicht vorliegenden Umständen abgesehen -, Dass der Beklagte zu 1) die Benachrichtigung erhalten hat und von ihr Kenntnis nehmen konnte. Soweit er sich hinsichtlich des "Reklamestapels" auf die Angaben seines Bekannten B. verlassen hat, liegt im Übrigen das Verschulden des Beklagten zu 1) in einem solchen Vertrauensbeweis. Da der Beklagte zu 1) nicht behauptet, Dass er seine Post vorher schon häufiger durch B. habe sortieren lassen und Dass er sich dabei von der absoluten Zuverlässigkeit Bs habe überzeugen können, durfte er auf die bloße Erklärung Bs, der andere Stapel sei nur Reklame, nicht vertrauen. Er hätte diesen Stapel selbst noch einmal durchsehen müssen.