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  • ab 03.06.1998 (aktuelle Fassung)

Abschnitt 1 GFAbVGB - 1. Anwendungsbereich

Bibliographie

Titel
Vorläufige Grundsätze für die Durchführung von Gesetzesfolgenabschätzungen
Redaktionelle Abkürzung
GFAbVGB,NI
Normtyp
Verwaltungsvorschrift
Normgeber
Niedersachsen
Gliederungs-Nr.
20210000000003

1.1
Rechtliche Grundlagen

1.1.1
Artikel 68 der Niedersächsischen Verfassung (im folgenden: NV) bestimmt, daß bei der Einbringung eines Gesetzentwurfs die Kosten und Mindereinnahmen darzulegen sind, die für das Land, für die Gemeinden, für die Landkreise und für betroffene andere Träger öffentlicher Verwaltung in absehbarer Zeit zu erwarten sind. Entsprechend verlangt § 10 LHO, daß die LReg ihren Gesetzesvorlagen einschließlich der Staatsverträge einen Überblick über die Auswirkungen auf die Haushalts- und Finanzwirtschaft des Landes, der Gemeinden (Gemeindeverbände) und des Bundes beifügt.

1.1.2
Der LT hat in seinem Beschluß vom 18.6.1997 (Drs. 13/3022) zusätzlich u.a. gefordert, bei der Prüfung eines Gesetzesvorhabens müßten im Rahmen einer Gesetzesfolgenabschätzung (im folgenden: GFA) die zu erwartenden Personal- und Sachkosten vollständig und nachvollziehbar geschätzt und die sonstigen Auswirkungen auf die Landes- und Kommunalverwaltung sowie auf andere Träger der öffentlichen Verwaltung dargestellt werden.

1.1.3
Die kommunalen Körperschaften haben gemäß Artikel 57 Abs. 4 NV Anspruch darauf, daß das Land den Aufwand bei der Erfüllung staatlicher Aufgaben nach Weisung abdeckt, wie der StGH in seinen Entscheidungen vom 15.8.1995 und 25.11.1997 bekräftigt hat. Eine GFA muß daher auch die Frage der finanziellen Belastung kommunaler Körperschaften im übertragenen Wirkungskreis so beantworten, daß Artikel 57 Abs. 4 NV genügt wird. Dies stellt Anforderungen an die Genauigkeit der Feststellungen, damit neben einer GFA weitere Erhebungen im Hinblick auf Artikel 57 Abs. 4 NV im Zeitpunkt des Erlasses einer Rechtsvorschrift entbehrlich werden.

1.2
Inhalt von Gesetzesfolgenabschätzungen

Durch GFA i.S. der Entschließung des LT vom 18.6.1997 sollen die Wirksamkeit der Regelungen geprüft und Alternativen untersucht, der Aufwand bei der Durchführung von Rechtsvorschriften durch Träger öffentlicher Verwaltung als Ressourcenverbrauch ermittelt, Zweckausgaben dargestellt und Veränderungen der Einnahmen und Ausgaben erfaßt werden, die im Zusammenhang mit den jeweiligen Rechtsvorschriften stehen.

Die gewählte Methodik muß Gewißheit bieten, daß alle maßgeblichen Kosten erfaßt werden, sowie für einzelne Leistungen der Ressourcenverbrauch substantiiert ermittelt und bewertbar gemacht wird. Die Ergebnisse müssen nachvollziehbar und überprüfbar dargestellt werden; zur Vergleichbarkeit sollen einheitliche Rechengrößen verwendet werden.

Adressaten der Ergebnisse der GFA sind unmittelbar die in den Entscheidungsprozeß eingebundenen Institutionen: LT, LReg, betroffene Ministerien, ggf. in der Anhörung beteiligte Institutionen. Ihnen sind die wesentlichen Ergebnisse der GFA, teilweise auch die Ermittlungen im einzelnen darzulegen oder zugänglich zu machen. Mittelbar ist aber auch die Öffentlichkeit Adressat der GFA, deren Erwartungen bei der Begründung von Rechtsetzungsinitiativen auf der Grundlage einer GFA um so fundierter entsprochen werden kann.

1.3
Anwendungsbereiche, Methodik

1.3.1
Grundsätzlich ist für alle Gesetz- oder Verordnungsentwürfe der LReg oder einzelner Ministerien eine GFA durchzuführen. Bei Novellierungen gilt dies für die Neuregelung. Kleinere Novellierungen führen damit nicht zu einer GFA der gesamten Norm. Bei Änderungen der Zuständigkeit innerhalb der Landesverwaltung sind mithin nur die Kostenfolgen der Änderungen bindend einzubeziehen. Abweichendes gilt jedoch, wenn etwa die Zuständigkeit kommunaler Stellen geändert wird und damit die Prüfung im Hinblick auf Artikel 57 Abs. 4 NV so auszugestalten ist, daß die Erstattungsleistungen an die kommunalen Körperschaften zutreffend bemessen werden können.

Die Beschränkung auf den neu-regelnden Teil muß nicht strikt gehandhabt werden; der Umfang einer GFA kann auch darüber hinausgehen. Wenn etwa zugleich mit der Novellierung eine Erfolgskontrolle des in einem Regelungszusammenhang stehenden Gesetzesteils verbunden werden soll, muß die GFA einen solchen Regelungszusammenhang ganz umfassen.

1.3.2
Eine Durchsicht der in den Jahren 1994 bis 1997 im Nds. GVBl. veröffentlichten Rechtsvorschriften hat allerdings ergeben, daß nicht für alle Normen eine Vollzugskostenabschätzung durchführbar oder durchzuführen sein dürfte.

Die Gesetz- und Verordnungsregelungen des Landes unterscheiden sich in ihrem Regelungsansatz und in ihren Auswirkungen auf Behörden und sonstige öffentliche Einrichtungen so sehr, daß der Rahmen für eine GFA, insbesondere den Teil der Finanzfolgenabschätzung betreffend, für den jeweiligen Fall konkret bestimmt werden muß. Dabei ist zu bewerten, welches Interesse der Gesetz- oder Verordnungsgeber haben muß, bestimmte Aussagen zur Wirksamkeit und den Finanzfolgen zu erhalten. Die große Vielgestaltigkeit gesetzgeberischer Regelungen nötigt dazu, den Umfang der Finanzfolgenabschätzung nach den Erkenntnisinteressen des Gesetz- oder Verordnungsgebers jeweils konkret zu beurteilen.

Es können zwar Kriterien genannt werden, nach denen eine Finanzfolgenabschätzung nicht in Betracht kommen dürfte, ein abschließender Katalog einzubeziehender oder auszuschließender Vorschriften läßt sich jedoch nicht aufstellen. Ein nicht abschließender Kriterienkatalog ist als Anhang abgedruckt.

1.3.3
Es besteht lediglich eine Bindung, die Ziele einer GFA i.S. des Beschlusses des LT vom 18.6.1997 einzuhalten, wie sie oben in Nr. 1.2 dargelegt sind. Die Methodik kann daher ggf. flexibel angewandt werden, weil die Regelungsgegenstände sehr unterschiedlich sind und somit die Untersuchungsrichtung und -tiefe sehr unterschiedlich sein können. Die dargestellte und generell empfohlene Vorgehensweise stellt ein in einem Pilotprojekt bewährtes Verfahren dar, dem soweit wie möglich gefolgt werden soll, damit sich auf der Grundlage dieses Beispiels eine allgemeine Konzeption für GFA entwickeln kann. Wenn eine genügende Aussagefähigkeit mit einer anderen Methodik, etwa im Rahmen weiterer Erfahrungen mit Kosten-Leistungs-Rechnungen, erreicht und auch die Vergleichbarkeit der Ergebnisse gesichert und begründet werden kann, sind andere Erhebungswege zulässig.

1.4
Bestandteile und Form der Gesetzesfolgenabschätzung

In Niedersachsen soll eine einheitliche GFA erst im Zeitpunkt des Referentenentwurfs vorgenommen werden. In eine solche einheitliche GFA sind eine ex ante-Analyse der Wirksamkeit und Kostenfolgen der Regelungen einzubeziehen und die Auswirkungen von ernsthaft in Erwägung zu ziehenden Regelungsalternativen darzulegen.

Die GFA besteht daher grundsätzlich aus zwei Teilen:

  • einer Wirksamkeitsprüfung und
  • einer Finanzfolgenabschätzung.

Die GFA soll bei der Abstimmung zwischen den beteiligten Ministerien und der StK noch vor einer eventuellen Vorlage bei der LReg zur Verfügung stehen.

Die GFA mit ihren jeweiligen Komponenten ist neben der Texterarbeitung des Gesetzes oder der Verordnung gesondert durchzuführen und schriftlich zu fixieren. Die wesentlichen Ergebnisse sind bei einer nachfolgenden Befassung durch die LReg in die allgemeine Begründung der Kabinettsvorlage aufzunehmen (vgl. Nr. 7).

1.5
Einbeziehung von Verordnungsermächtigungen

Regelungsbereiche werden oftmals erst durch ein abgestuftes Zusammenwirken gesetzlicher Normierungen mit Verordnungsregelungen insgesamt geordnet. Bei einer GFA der gesetzlichen Regelungen können die Auswirkungen davon abgeleiteter Verordnungsregelungen grundsätzlich nicht bereits berechnet werden, weil die Einzelheiten späterer Verordnungen noch offen sind, auch wenn Inhalt, Zweck und Ausmaß der Ermächtigung im Gesetz bestimmt sein müssen (Artikel 43 Abs. 1 NV). Für die später zu erlassenden Verordnungen sind ggf. dann GFA durchzuführen. Gleichwohl kann es nicht in Betracht kommen, die formelle Trennung in Gesetz und Verordnung zum Anlaß zu nehmen, die späteren (oftmals unausweichlichen) Finanzfolgen auf Grund der Verordnungen gänzlich auszublenden. Hier wird es aber genügen, die Verordnungsregelungen darzustellen, die für eine wirksame Regelung des Bereiches noch vorgenommen werden müssen und darauf beruhende Kostenfolgen soweit wie möglich zu beschreiben (vgl. Nr. 2.6). Der Gesetzgeber soll überblicken können, welche Kostenfolgen er insgesamt auslöst.