Verwaltungsgericht Hannover
Beschl. v. 29.10.2019, Az.: 12 B 3169/19

allgemeines Wohngebiet; angemessen; Bauaufsichtsverfügung; Bauordnungsrecht; Bauplanungsrecht; Belästigungen; Frist; Hundehaltung; Kleintierhaltung; Nutzungsuntersagung; sofort; Sofortvollzug; unzumutbar; Wohnnutzung; Zwangsgeldandrohung

Bibliographie

Gericht
VG Hannover
Datum
29.10.2019
Aktenzeichen
12 B 3169/19
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2019, 69538
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Tenor:

Die aufschiebende Wirkung der Klage 12 A 6347/18 wird angeordnet, soweit sich die Antragsteller gegen die in der Bauaufsichtsverfügung des Antragsgegners vom 19.02.2018 enthaltenen Zwangsgeldandrohung wenden.

Im Übrigen wird der Antrag abgelehnt.

Die Antragsteller tragen die Kosten des Verfahrens.

Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 2.500,00 € festgesetzt.

Gründe

I.

Die Antragsteller bewohnen das Grundstück A-Straße in A-Stadt, Flurstück 40/15 der Flur 5 der Gemarkung E.. Das Grundstück liegt im Geltungsbereich des Bebauungsplans Nr. 2 „F.“, der für das Grundstück ein allgemeines Wohngebiet festsetzt.

Die Antragsteller halten auf dem Grundstück nach ihren Angaben sechs Hunde. Steuerlich angemeldet hatten sie im März 2017 insgesamt sieben Hunde.

Im Juni und Oktober 2016 beschwerten sich zunächst drei Nachbarn bei der Gemeinde über die Hundehaltung auf dem Grundstück der Antragsteller. Die Gemeinde leitete die Beschwerden im März 2017 an den Antragsgegner weiter. Im Juli 2017 beschwerten sich sodann vier Nachbarn der Antragsteller beim Antragsgegner. Die Nachbarn gaben an, durch das Bellen der Hunde einer ständigen Lärmbelästigung ausgesetzt zu sein.

Mit Schreiben vom 10.05.2017 forderte der Antragsgegner die Antragsteller erstmals zur Stellungnahme zu den Beschwerden auf. Da die Antragsteller nicht reagierten, forderte der Antragsgegner die Antragsteller mit Schreiben vom 19.07.2017 nochmals zur Stellungnahme auf und wies dabei bereits auf eine mögliche Unzulässigkeit der ausgeübten Hundehaltung hin.

Mit E-Mail vom 10.08.2017 listeten die Antragsteller die gehaltenen Hunderassen (Mischlinge der Rassen Podenco, Collie, Ratero und Terrier) auf und legten ein Tages-protokoll vor, aus dem sich die Auslaufzeiten ergeben sollten. Nach Angaben der Antragsteller werden die Hunde im Haus gehalten.

Am 25.01.2018 fand mit einem Mitarbeiter des Antragsgegners ein Ortstermin statt. Zu diesem Zeitpunkt hielten sich sechs Hunde auf dem Grundstück auf.

Mit Bescheid vom 19.02.2018 untersagte der Antragsgegner den Antragstellern ab sofort die Nutzung des Wohngebäudes und des Grundstücks zur Haltung von mehr als zwei Hunden und ordnete die sofortige Vollziehung an. Für den Fall des nicht oder nur teilweisen Nachkommens der Verfügung drohte der Antragsgegner den Antragstellern ein Zwangsgeld in Höhe von 1.000,00 € an. Zur Begründung führte der Antragsgegner aus, die Hundehaltung sei bauordnungsrechtlich zu untersagen, da durch die Haltung von mindestens sechs Hunden unzumutbare Belästigungen entstünden. Als unzumutbar seien Belästigungen anzusehen, die nach der in der Bevölkerung vorherrschenden Auffassung nicht hinzunehmen seien. Eine Hundehaltung von mehr als zwei Tieren könne nach der Rechtsprechung in einem allgemeinen Wohngebiet wegen der damit verbundenen unzumutbaren Lärmbelästigungen unzulässig sein. Die Haltung von sechs oder sieben größeren Hunden sei auf keinen Fall so möglich, dass die Lebensäußerungen der Tiere den Nachbarn verborgen blieben. An der sofortigen Vollziehung bestehe ein öffentliches Interesse, da die Nutzungsänderung dem formellen Baurecht widerspreche und eine Übereinstimmung mit dem materiellen Baurecht nicht offensichtlich sei.

Mit Bescheid vom 20.08.2018 wies der Antragsgegner den Widerspruch der Antragsteller zurück. Im Falle der Antragsteller rufe die Haltung von derzeit mindestens sechs Hunden unzumutbare Belästigungen im Sinne der Niedersächsischen Bauordnung hervor. Bei dem westlich angrenzenden Nachbargrundstück befinde sich der Ruhebereich des Wohnhauses im rückwärtigen Bereich des Grundstücks. Die östlich angrenzenden Wohnhäuser hätten nur einen Abstand von etwa 3 m zur Grenze des Grundstücks der Antragsteller. Als übliches Verhalten eines Hundes sei es anzusehen, dass er aus verschiedenen Gründen belle, auch mal länger anhaltend. Dies führe bei einer Anzahl von mindestens sechs Hunden zu Lärmimmissionen bei den Nachbarn, die in einem allgemeinen Wohngebiet nutzungsuntypisch seien. Dahinstehen könne dabei die Größe und Art der Hunde, da allein aufgrund der Anzahl von Emissionen auszugehen sei. Selbst wenn sich die Hunde, so wie von den Antragstellern angegeben, nur stundenweise im Garten aufhielten, stelle das Bellen der Hunde einen erheblichen Lärmfaktor dar. Außerdem sei davon auszugehen, dass auch Hundegebell aus dem Haus zu hören sei, beispielsweise, wenn Fenster oder Türen offen stünden. Die Nutzung zur Hundehaltung lasse es zudem an der planungsrechtlich gebotenen Rücksichtnahme auf die unmittelbare Nachbarbebauung fehlen. Sie nehme nicht genügend Rücksicht auf die westlich und östlich direkt angrenzende schützenswerte Wohnbebauung. In der Bauaufsichtsverfügung sei zwar Ermessen ausgeübt, die Ermessenserwägungen seien aber nicht schriftlich ausgeführt worden. Dies werde mit dem vorliegenden Widerspruchsbescheid nachgeholt. Die Anordnung der Reduzierung der Hundehaltung auf maximal zwei Hunde sei ermessensfehlerfrei, denn sie sei geeignet, um den baurechtmäßigen Zustand wiederherzustellen und erforderlich, da sie die Antragsteller am wenigsten belaste. Die Anordnung sei darüber hinaus angemessen, denn das öffentliche Interesse am Schutz der Gesundheit der Nachbarn überwiege das Interesse der Antragsteller, die Hunde behalten zu dürfen. Insbesondere sei mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit davon auszugehen, dass die Hunde weiterhin Lärm verursachten und nicht, wie von den Antragstellern angegeben, besonders ruhig seien. Diese Angaben würden den Charaktereigenschaften gerade der gehaltenen Rassen Terrier, Ratero und Podenco widersprechen. Schließlich würde mit der Zulassung der Hundehaltung in dem derzeitigen Umfang ein Berufungsfall für andere Grundstückseigentümer geschaffen. Die Anordnung der sofortigen Vollziehung werde ergänzend dahin begründet, dass es den Nachbarn der Antragsteller nicht zuzumuten sei, in dem Zeitraum eines sich eventuell anschließenden Klageverfahrens die unzulässige Hundehaltung hinzunehmen. Auch die Androhung des Zwangsgeldes in Höhe von 1.000,00 € sei nicht ermessensfehlerhaft und insbesondere angemessen. Bei der Wahl des Zwangsmittels sei berücksichtigt worden, dass es den Antragstellern überlassen werden sollte, die Hunde alternativ unterzubringen.

Die Antragsteller haben am 07.09.2018 Klage erhoben (12 A 6347/18) und am 08.07.2019 um vorläufigen Rechtsschutz nachgesucht.

Sie tragen vor, der Antragsgegner habe den Sachverhalt nicht ausreichend aufgeklärt. Er habe die konkrete Anzahl der Hunde nicht benannt. Sie hielten sechs Hunde, die seit vielen Jahren bei ihnen lebten und nicht einfach abgegeben werden könnten. Die meisten Tiere seien auch bereits älter und würden im Wesentlichen schlafen und fressen, weshalb sich Lärmemissionen in ihrem Fall nicht ergäben. Dementsprechend seien auch bei dem Ortstermin keinerlei Geräuschbelästigungen festgestellt worden. Diese tatsächliche Situation sei vom Antragsgegner nicht berücksichtigt worden. Dieser habe sich zu Unrecht auf die allgemeine Lebenserfahrung gestützt. Weiterhin hätten sie bei dem Ortstermin darauf hingewiesen, dass auch ein Ortstermin in einem zivilgerichtlichen Verfahren beim Amtsgericht Alfeld, welches der Nachbar G. angestrengt gehabt habe, keinerlei Emissionen ergeben habe. Zur Vermeidung einer weiteren streitigen Auseinandersetzung hätten sie, die Antragsteller, mit dem Nachbarn einen Vergleich geschlossen. Dabei hätten sie sich verpflichtet, die Hunde in der Zeit zwischen 22:00 Uhr und 07:00 Uhr und zwischen 13:00 Uhr und 15:00 Uhr nicht mehr in den Garten zu lassen. Durch diesen Vergleich sei die Notwendigkeit für eine bauaufsichtliche Verfügung entfallen. Der Nachbar habe mit dem Vergleichsschluss zum Ausdruck gebracht, dass seinen Interessen Genüge getan sei. Dies zu berücksichtigen, habe der Antragsgegner versäumt. Im Übrigen habe das Zivilgericht festgestellt, dass das von den Eheleuten G. gefertigte Lärmprotokoll völlig unsubstantiiert gewesen sei. Mangels Angaben über Dauer, Häufigkeit und Intensität könne ihm keine Bedeutung zukommen. Dies gelte auch für alle anderen dem Antragsgegner vorliegenden Protokolle und Beschwerdeschreiben. Es sei noch nicht einmal nachgewiesen, dass es sich bei dem protokollierten Hundegebell auch tatsächlich um das Gebell ihrer Hunde gehandelt habe. Ihre Hunde würden nachts nicht und auch nur in den seltensten Fällen überhaupt einmal vereinzelt bellen. Der Antragsgegner habe auch unberücksichtigt gelassen, dass es sich bei der Umgebung des Grundstücks um eine Ortschaft mit dörflichem Charakter handele und sich ihr Grundstück am Rand des Bebauungsplans befinde. In der gesamten Nachbarschaft würden diverse Tiere gehalten, beispielsweise krähende Hähne, Pferde und weitere Hunde. Die Haltung ihrer kleinen und ruhigen Hunde müsse in der ländlichen Gegend zulässig sein. Schließlich habe der Antragsgegner nicht das mildeste Mittel gewählt, denn er hätte entsprechend dem geschlossenen Vergleich Zeiten festlegen können, in denen die Hunde im Haus zu halten seien. Im Rahmen der Abwägung seien die Nachbarn ihnen gegenüber, den Antragstellern, nicht besonders zu schützen. Auch könne ein öffentliches Interesse an der sofortigen Vollziehung der Verfügung nicht bestehen, da mit den Nachbarn eine Einigung stattgefunden habe. Seit der Einigung in dem zivilgerichtlichen Verfahren habe es keinerlei Beschwerden mehr wegen Lärmbelästigungen gegeben. Eine sofortige Abschaffung der Hunde würde eine Vorwegnahme der Hauptsache bedeuten.

Die Antragsteller beantragen sinngemäß,

die aufschiebende Wirkung ihrer Klage 12 A 6347/18 wiederherzustellen.

Der Antragsgegner beantragt,

den Antrag abzulehnen.

Er trägt vor, die Haltung von sechs oder sieben Hunden sei schon nach der Rechtsprechung in einem allgemeinen Wohngebiet sowohl bauplanungsrechtlich als auch bauordnungsrechtlich unzulässig. Entgegen der Ansicht der Antragsteller sei von ihm aber nicht lediglich darauf abgestellt worden. Vielmehr seien die konkreten Grundstücksverhältnisse berücksichtigt worden. Grundlage seien unter anderem Schreiben von Nachbarn mit konkreten Angaben zu den festgestellten Belästigungen sowie von den Nachbarn angefertigte Protokolle gewesen, aus denen sich ergebe, zu welchen Zeiten Hundegebell zu hören gewesen sei. Aus den Schreiben und den Protokollen hätten sich die von den Hunden ausgehenden Lärmemissionen ergeben. Anhaltspunkte dafür, dass die dort gemachten Angaben nicht zutreffen würden, seien nicht ersichtlich. Der Umstand, dass die Antragsteller mit den Nachbarn G. einen zivilrechtlichen Vergleich geschlossen hätten, führe nicht zu einer anderen Beurteilung. Der Vergleich ändere nichts an der bauplanungs- und bauordnungsrechtlichen Unzulässigkeit der Hundehaltung. Darüber hinaus seien an dem Vergleich nur die Eheleute G., nicht aber die anderen Nachbarn der Antragsteller beteiligt gewesen. Auch sei der Vergleich zum Zeitpunkt des Erlasses des Widerspruchsbescheides noch nicht geschlossen gewesen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der vom Antragsgegner vorgelegten Verwaltungsvorgänge Bezug genommen. Sämtlicher Akteninhalt war Gegenstand der Entscheidungsfindung.

II.

Der nach § 80 Abs. 5 VwGO zulässige Antrag hat teilweise Erfolg.

1. Soweit sich die Antragsteller gegen die Untersagung der Nutzung des Wohngebäudes und des Grundstücks zur Haltung von mehr als zwei Hunden wenden, ist ihr Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz unbegründet.

Die für die Anordnung der sofortigen Vollziehung gegebene Begründung genügt den Anforderungen des § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO. Dem Erfordernis einer schriftlichen Begründung wird bereits genügt, wenn überhaupt eine schriftliche, einzelfallbezogene und nicht lediglich formelhafte Begründung vorhanden ist, die die von der Behörde getroffene Interessenabwägung erkennen lässt. Diese Voraussetzungen werden von der hier gegebenen Begründung erfüllt. Der Antragsgegner hat die Anordnung der sofortigen Vollziehung in noch ausreichender Weise damit begründet, dass es den Nachbarn nicht zuzumuten sei, die unzulässige Hundehaltung für die Zeit eines sich eventuell anschließenden Klageverfahrens hinzunehmen.

Auch nach Auffassung des Gerichts überwiegt das öffentliche Interesse am Sofortvollzug der Nutzungsuntersagung das private Interesse der Antragsteller, von der Vollziehung dieser Untersagungsverfügung vorläufig verschont zu bleiben. Denn nach der im vorläufigen Rechtsschutzverfahren lediglich gebotenen summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage erweist sich die Nutzungsuntersagung als offensichtlich rechtmäßig.

Gemäß § 79 Abs. 1 Satz 1 NBauO kann die Bauaufsichtsbehörde die zur Herstellung oder Sicherung rechtmäßiger Zustände erforderlichen Maßnahmen anordnen, wenn bauliche Anlagen oder Grundstücke dem öffentlichen Baurecht widersprechen oder dies zu besorgen ist. Gemäß § 79 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 NBauO kann sie dazu namentlich die Benutzung von Anlagen untersagen.

Ein Widerspruch zum öffentlich Baurecht liegt vor, denn der Umfang, in dem die Antragsteller das Haus und den Garten nutzen, verstößt gegen Bauplanungs- und Bauordnungsrecht.

Die Haltung von sechs Hunden durch die Antragsteller ist bauplanungsrechtlich unzulässig, da sie über die auf dem Grundstück H. 3 in A-Stadt zulässigen Nutzungen hinausgeht.

Das Grundstück liegt in einem durch Bebauungsplan ausgewiesenen allgemeinen Wohngebiet. Ein solches Wohngebiet dient gemäß § 4 Abs. 1 BauNVO vorwiegend dem Wohnen. § 14 Abs. 1 Satz 2 BauNVO lässt sich allerdings entnehmen, dass zum Wohnen in einem allgemeinen Wohngebiet grundsätzlich auch eine Kleintierhaltung gehören kann.

Eine Kleintierhaltung ist jedoch nur von einer Wohnnutzung umfasst, so lange sie den Charakter des Wohnhauses nicht in genehmigungsbedürftiger Weise ändert, indem sie das Maß der zulässigen Tierhaltung in einer durch Wohnnutzung geprägten Umgebung offensichtlich überschreitet (vgl. Nds. OVG, Beschluss vom 19.11.2008 - 1 ME 233/08 -, juris Rdnr. 13). Dies ist dann der Fall, wenn sie den Rahmen der für eine Wohnnutzung typischen Freizeitbeschäftigung nach Art und Anzahl der Tiere sprengt, weil sie geeignet ist, das Wohnen im Sinne des § 4 Abs. 1 BauNVO wesentlich zu stören und damit der Eigenart eines allgemeinen Wohngebietes widerspricht (vgl. OVG Saarl., Beschluss vom 18.04.2019 - 2 A 2/18 -, juris, 2. Leitsatz; OVG NW, Beschluss vom 08.01.2014 - 2 B 1196/13 -, juris Rdnr. 10; VG Stuttgart, Urteil vom 10.05.2019 - 2 K 6321/18 -, juris Rdnr. 37; VG Neustadt, Urteil vom 18.01.2016 - 3 K 890/15.NW -, juris Rdnr. 43). Dabei sieht die Rechtsprechung in der Regel nur das Halten von zwei Hunden im Rahmen des Wohnens als zulässig an (vgl. OVG Saarl., Beschluss vom 18.04.2019 - 2 A 2/18 -, juris Rdnr. 11; Nds. OVG, Beschluss vom 19.11.2008 - 1 ME 233/08 -, juris Rdnr. 12f.; VG Neustadt, Urteil vom 18.01.2016 - 3 K 890/15.NW -, juris Rdnr. 43).

Danach ist die Haltung von insgesamt mindestens sechs Hunden auf dem Grundstück der Antragsteller nicht mehr vom Wohnen umfasst. Sie fällt nach der Anzahl der Tiere aus dem Rahmen der für eine Wohnnutzung typischen Freizeitbeschäftigung. Da insoweit allein darauf abzustellen ist, dass die Hundehaltung in diesem Umfang abstrakt geeignet ist, das Wohnen wesentlich zu stören (vgl. OVG Saarl., Beschluss vom 18.04.2019 - 2 A 2/18 -, juris Rdnr. 14f.; OVG NW, Beschluss vom 08.01.2014 - 2 B 1196/13 -, juris Rdnr. 12), ergibt sich die planungsrechtliche Unzulässigkeit unabhängig von der Größe der Hunde und konkreter Nachbarbeschwerden.

Die Hundehaltung ist darüber hinaus aber auch bauordnungsrechtlich unzulässig, da sie gegen § 3 Abs. 1 NBauO verstößt.

Gemäß § 3 Abs. 1 Sätze 1 und 3 NBauO müssen bauliche Anlagen so angeordnet, beschaffen und für ihre Benutzung geeignet sein, dass die öffentliche Sicherheit nicht gefährdet wird. Unzumutbare Belästigungen dürfen nicht entstehen.

Unter Belästigungen sind unter anderem Störungen durch Geräusche und Gerüche zu verstehen, die das Wohlbefinden, die Leistungsfähigkeit oder Lebensfreude eines Menschen beeinträchtigen, ohne schon gesundheitsgefährdend zu sein (Mann in Große-Suchsdorf, NBauO, 9. Aufl. 2013, § 3 Rdnr. 24). Als unzumutbar sind dabei solche Belästigungen anzusehen, die nach der in der Bevölkerung vorherrschenden Auffassung nicht hinzunehmen sind. Wesentlich sind im Einzelfall die Stärke und Dauer der Störung, ferner das Maß des jeweils Ortsüblichen (vgl. Nds. OVG, Urteil vom 30.09.1992 - 6 L 129/90 -, juris Rdnr. 27; VG Neustadt, Beschluss vom 19.12.2018 - 5 L 1573/18.NW -, juris Rdnr. 18). Einen Anhalt ergibt sich aus der Frage, was ein normal empfindender, verständiger Mensch hinnehmen würde (Mann in Große-Suchsdorf, NBauO, 9. Aufl. 2013, § 3 Rdnr. 24).

Danach stellen die von den sechs Hunden der Antragsteller ausgehenden Geräusche – ihr Bellen und Jaulen – für die Nachbarn der Antragsteller unzumutbare Belästigungen dar. Unabhängig davon, ob die Umgebung ländlich geprägt ist und ob auch auf anderen Grundstücken Tiere gehalten werden, handelt es sich bei der Nachbarschaft um ein Wohngebiet, in dem die Lebensäußerungen einer so großen Zahl von Hunden nicht hinzunehmen sind. Soweit die Antragsteller vortragen, ihre Hunde seien betagt, ruhig und würden niemals bellen, widerspricht dies jeder Lebenserfahrung und ist im Übrigen durch die von den Nachbarn erstellten Lärm- bzw. Bellprotokolle widerlegt. Jeder Hund bellt unabhängig von seinem Alter, wenn er dazu Anlass hat, beispielsweise aus Freude oder zur Warnung vor Fremden auf dem Grundstück. Hunde, die zu mehreren zusammenleben, bellen auch, um sich zu verständigen (so auch VG Neustadt, Urteil vom 18.01.2016 - 3 K 890/15.NW -, juris Rdnr. 45; vgl. dazu auch Nds. OVG, Urteil vom 30.09.1992 - 6 L 129/90 -, juris Rdnr. 30). Die Lärmprotokolle genügen als Anhaltspunkt dafür, dass die Hunde bellen, auch wenn sie nicht im Einzelnen wiedergeben, wie lange wie viele Hunde jeweils gebellt haben. Es ist auch davon auszugehen, dass die Nachbarn nicht nur dann durch das Bellen belästigt werden, wenn sich die Hunde im Garten aufhalten, sondern auch, wenn die Hunde im Haus der Antragsteller bellen. Dafür sprechen wiederum die Beschwerden der Nachbarn, die angegeben haben, dass sie regelmäßig auch in den Nachtstunden durch Bellen gestört werden, und der Vortrag der Antragsteller, dass ihre Hunde die Nächte nicht im Garten verbringen. Davon auszugehen ist aber auch deshalb, weil das Haus – insbesondere bei der Unterbringung von sechs Hunden – auch gelüftet werden muss und deshalb zeitweilig Türen und Fenster offenstehen dürften. Unzumutbar ist das Bellen für die Nachbarn im Besonderen, weil das von den Antragstellern bewohnte Haus mit nur geringem Abstand zu den Nachbarhäusern steht. Der Abstand zur Grundstücksgrenze in westlicher Richtung beträgt etwa 6 m und in östlicher Richtung etwa 3 m. Auch die Nachbarhäuser halten nur einen geringen Abstand zur den jeweiligen Grenzen ein. Bei dem Nachbarhaus In der H. 5 befindet sich unwidersprochen der Ruhebereich des Wohnhauses im rückwärtigen Bereich des Grundstücks und grenzt damit zugleich an den rückwärtigen Garten, den die Antragsteller zum Auslauf der Hunde nutzen. Da die Erwägungen für mehrere Nachbarn gleichermaßen gelten, ist es auch nicht erheblich, dass sich die Antragsteller mit einem der Nachbarn zivilrechtlich verglichen haben. Der Vergleich gilt lediglich zwischen den Nachbarn G., I. 37, und den Antragstellern, nicht aber für die Nachbarn in der Straße In der H..

Die Ermessensentscheidung des Antragsgegners, die dieser in seinem Widerspruchsbescheid im Einzelnen begründet hat, begegnet keinen Bedenken. Die Anordnung, die auf dem Grundstück gehaltenen Hunde auf zwei zu reduzieren, ist ein geeignetes Mittel, um einen bauplanungsrechtlich und bauordnungsrechtlich zulässigen Zustand herzustellen. Es ist auch keine Maßnahme ersichtlich, die einen geringeren Eingriff für die Antragsteller darstellen würde. Insbesondere genügt es nicht, Zeiten für eine Gartennutzung der Tiere festzulegen, da es auch dann zu unzumutbaren Belästigungen der Nachbarn kommt, wenn sich die Hunde im Haus aufhalten. Die Anordnung ist auch angemessen, da der Schutz der Nachbarn in dem Wohngebiet das Interesse der Antragsteller, alle Hunde behalten zu dürfen, überwiegt. Auch die Erwägung des Antragsgegners, dass ein Berufungsfall geschaffen würde, ließe er die Hundehaltung im bisherigen Umfang weiterhin zu, ist ermessensfehlerfrei.

Schließlich ergibt auch eine Abwägung der Vollzugsfolgen, dass der Antrag der Antragsteller nach § 80 Abs. 5 VwGO hinsichtlich der Nutzungsuntersagung abzulehnen ist. Angesichts dessen, dass sich erstmals bereits im Jahr 2016 mehrere Nachbarn über die Hundehaltung beschwert haben, ist es der Nachbarschaft nicht zuzumuten, die Belästigungen bis zu einer Entscheidung in der Hauptsache weiter hinnehmen zu müssen.

2. Soweit sich die Antragsteller mit ihrem – insoweit nicht beschränkten – Antrag auch gegen die Zwangsgeldandrohung wenden, ist ihr Antrag allerdings begründet. Die Zwangsgeldandrohung erweist sich als offensichtlich rechtswidrig.

Gemäß § 70 Abs. 1 Satz 2 Nds. SOG (heute NPOG) ist in einer Zwangsmittelandrohung der betroffenen Person zur Erfüllung der Verpflichtung eine angemessene Frist zu setzen; eine Frist braucht nur dann nicht bestimmt zu werden, wenn eine Duldung oder Unterlassung erzwungen werden soll.

Danach bedurfte es für die Zwangsgeldandrohung einer Fristsetzung. Inhalt der an die Antragsteller gerichteten Nutzungsuntersagung war neben der Untersagung der Haltung von mehr als zwei Hunden zwingend auch ein positives Handeln, nämlich die Abgabe von mindestens vier Hunden, weshalb nicht ausnahmsweise auf die Bestimmung einer Frist verzichtet werden konnte. Ein Verzicht auf eine Fristsetzung ist nur dann rechtmäßig, wenn eine reine Unterlassung- oder Duldungsverpflichtung zu vollstrecken ist, nicht aber, wenn die Erfüllung der Unterlassung- oder Duldungspflicht noch Handlungen oder sonstige Vorkehrungen der Betroffenen erfordert (VG München, Beschluss vom 30.05.2014 - M 9 S 14.1927 -, juris Rdnr. 20; vgl. auch Sadler in Sadler, VwVG/VwZG, 9. Aufl. 2014, § 13 Rdnr. 43).

Eine Frist zur Abgabe der Hunde ist den Antragstellern nicht gewährt worden. Die Zwangsgeldandrohung im 3. Absatz des Tenors der Bauaufsichtsverfügung bezieht sich auf die im 1. Absatz aufgeführte Nutzungsuntersagung, nach der den Antragstellern die Nutzung des Hauses und Grundstücks zur Haltung von mehr als zwei Hunden „ab sofort“ untersagt worden ist. Ohne die Bestimmung einer Frist, in der die Antragsteller für mindestens vier Hunde eine anderweitige Unterbringung suchen müssen, ist die Untersagungsverfügung jedoch nicht durchsetzbar.

Der Antragsgegner wird deshalb im Rahmen einer neuen Zwangsgeldandrohung den Antragstellern eine angemessene Umsetzungsfrist einräumen müssen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 155 Abs. 1 Satz 3 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 63 Abs. 2 Satz 1 GKG und § 53 Abs. 2 Nr. 2, § 52 Abs. 1 GKG und entspricht für dieses Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes der Hälfte des Auffangwertes.