Verwaltungsgericht Göttingen
Urt. v. 01.09.2005, Az.: 4 A 11/05
Folgen des Widerrufs der Asylberechtigung eines Elternteils für den Erwerb der deutschen Staatsangehörigkeit durch ein Kind ausländischer Eltern im Fall der Geburt im Inland; Abhängigkeit des gewöhnlichen Aufenthaltes von dem Willen der Ausländerbehörde; Beendigung des gewöhnlichen Aufenthaltes auf Grund Ermessensentscheidung; Fortgeltung der unbefristeten Aufenthaltserlaubnis als Niederlassungserlaubnis; Entfaltung von Rechtswirkungen lediglich für die Zukunft
Bibliographie
- Gericht
- VG Göttingen
- Datum
- 01.09.2005
- Aktenzeichen
- 4 A 11/05
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2005, 32726
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:VGGOETT:2005:0901.4A11.05.0A
Rechtsgrundlagen
- § 4 Abs. 3 S. 1 StAG
- § 55 Abs. 3 AsylVfG
- § 73 Abs. 1 S. 1 AsylVfG
- § 75 AsylVfG
- § 52 Abs. 1 S. 1 Nr. 4 AufenthG
Verfahrensgegenstand
Feststellung der Staatsangehörigkeit
Amtlicher Leitsatz
Der Widerruf der Asylberechtigung des Elternteils durch die Asylbehörde beendet noch nicht den gewöhnlichen Aufenthalt des Elternteils i. S. von § 4 III 1 StAG.
In der Verwaltungsrechtssache
hat das Verwaltungsgericht Göttingen - 4. Kammer -
am 1. September 2005
durch
den Vorsitzenden Richter am Verwaltungsgericht H.,
den Richter am Verwaltungsgericht I.,
die Richterin am Verwaltungsgericht J. sowie
die ehrenamtlichen Richterin K. und
den ehrenamtlichen Richter L.
ohne mündliche Verhandlung
für Recht erkannt:
Tenor:
Soweit die Beteiligten den Rechtsstreit übereinstimmend in der Hauptsache für erledigt erklärt haben, wird das Verfahren eingestellt.
Es wird festgestellt, dass der Kläger mit seiner am 18. Juni 2004 in Göttingen erfolgten Geburt die deutsche Staatsangehörigkeit erworben hat.
Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens; insoweit ist das Urteil vorläufig vollstreckbar.
Die Beklagte kann die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe des festgesetzten Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Tatbestand
Der Kläger wurde ausweislich der vorgelegten Geburtsurkunde am 18. Juni 2004 in Göttingen als Sohn des C. B. und seiner Ehefrau D. B. geboren. Beide Eltern sind Ausländer.
Der am ... geborene Vater des Klägers ist serbisch-montenegrinischer Staatsangehöriger albanischer Volkszugehörigkeit aus dem Kosovo. Er reiste am 13. Juli 1992 in das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland ein und beantragte am 28. Juni 1993 unter dem Namen C. M. seine Anerkennung als Asylberechtigter. Hierauf wurde ihm eine Aufenthaltsgestattung erteilt. Den Asylantrag lehnte das Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge - Bundesamt - mit einem Bescheid vom 8. Juli 1993 als offensichtlich unbegründet ab. Mit Urteil des Verwaltungsgerichts Göttingen vom 22. Juni 1994 wurde die Bundesrepublik Deutschland verpflichtet, den Vater des Klägers als Asylberechtigten anzuerkennen und festzustellen, dass in seinem Fall die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 des Ausländergesetzes - AuslG a.F. - vorliegen. Den hiergegen gerichteten Antrag des Bundesbeauftragten für Asylangelegenheiten auf Zulassung der Berufung lehnte das Niedersächsische Oberverwaltungsgericht mit einem Beschluss vom 16. August 1994 ab -. Daraufhin erkannte das Bundesamt den Vater des Klägers mit einem Bescheid vom 27. September 1994 als Asylberechtigten an und stellte das Vorliegen der Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG a.F. fest. Die Beklagte erteilte ihm am 11. Oktober 1994 eine unbefristete Aufenthaltserlaubnis.
Mit Verfügung vom 2. Januar 2002 leitete das Bundesamt ein Verfahren auf Widerruf der Asylanerkennung ein, widerrief mit einem Bescheid vom 13. Februar 2004 die mit Bescheid vom 27. September 1994 erfolgte Asylanerkennung des Vaters des Klägers sowie die getroffene Feststellung nach § 51 Abs. 1 AuslG a.F. und stellte fest, dass Abschiebungshindernisse nach § 53 AuslG a.F. nicht vorliegen. Die hiergegen vom Vater des Klägers gerichtete Klage wies das Verwaltungsgericht Göttingen mit einem rechtskräftigen Urteil vom 7. Dezember 2004 ab -. Mit einem Bescheid vom 29. Juni 2005 widerrief die Beklagte auch die dem Vater des Klägers am 11. Oktober 1994 erteilte unbefristete Aufenthaltserlaubnis, die seit 1. Januar 2005 als Niederlassungserlaubnis fortgilt, forderte ihn zur Ausreise auf und drohte ihm die Abschiebung nach Serbien und Montenegro an. Über seine hiergegen gerichtete Anfechtungsklage ist noch nicht entschieden.
Mit Schreiben vom 5. August 2004 hörte die Beklagte den Vater des Klägers sinngemäß zu einem von ihr von Amts wegen eingeleiteten Staatsangehörigkeitsfeststellungsverfahren mit dem Ziel an, festzustellen, dass der Kläger nicht durch Geburt die deutsche Staatsangehörigkeit erworben hat, sondern vielmehr ausschließlich serbisch-montenegrinischer Staatsangehöriger sei. Daraufhin beantragte der Kläger mit Schriftsatz vom 6. Januar 2005, ihm eine Staatsangehörigkeitsurkunde auszustellen. Mit einem Bescheid vom 19. Januar 2005 stellte die Beklagte fest, dass der Kläger nicht durch Geburt die deutsche Staatsangehörigkeit erworben hat.
Mit seiner am 25. Januar 2005 beim Verwaltungsgericht Göttingen erhobenen Klage begehrt der Kläger die Feststellung, dass er deutscher Staatsangehöriger ist. Mit Schriftsatz vom 31. Januar 2005 bezieht er den Bescheid der Beklagten vom 19. Januar 2005 in das Klageverfahren ein. Er ist der Auffassung, dass der Aufenthalt seines Vaters die Voraussetzungen des § 4 Abs. 3 des Staatsangehörigkeitsgesetzes erfüllt.
Während des Klageverfahrens hob die Beklagte ihren Bescheid vom 19. Januar 2005 mit schriftsätzlicher Erklärung vom 15. März 2005 auf, blieb jedoch in der Sache bei ihrer Rechtsauffassung.
Der Kläger erklärt
den Rechtsstreit insoweit in der Hauptsache für erledigt, als er sich auf die Anfechtung des Bescheides der Beklagten vom 19. Januar 2005 bezieht und
beantragt im Übrigen
festzustellen, dass er mit seiner Geburt am 18. Juni 2004 die deutsche Staatsangehörigkeit erworben hat.
Die Beklagte erklärt
den Rechtsstreit ebenfalls insoweit in der Hauptsache für erledigt, als er sich auf die Anfechtung ihres Bescheides vom 19. Januar 2005 bezieht,
beantragt im Übrigen
das Verfahren gemäß § 94 VwGO auszusetzen und wendet sich
hilfsweise
gegen das Klagebegehren.
Hinsichtlich des Aussetzungsantrages verweist die Beklagte auf ein schwebendes Asylwiderrufsverfahren der Eltern. In der Sache ist sie der Auffassung, dass der Vater des Klägers zum Zeitpunkt der Geburt des Sohnes keinen gewöhnlichen Aufenthalt mehr im Inland hatte, weil zu diesem Zeitpunkt seine Asylberechtigung vom Bundesamt bereits widerrufen war. Auf die erst nach der Geburt des Klägers eingetretene Bestandskraft des Asylwiderrufs und den noch später erfolgten Widerruf seiner unbefristeten Aufenthaltserlaubnis, die seit 1. Januar 2005 als Niederlassungserlaubnis fortgilt, komme es nicht an. Andernfalls könnten Asylwiderrufsverfahren durch die Ausländer "unterlaufen" werden, indem sich diese entschließen, noch ein Kind zu bekommen, aus dessen deutscher Staatsangehörigkeit sie sodann ein eigenes Aufenthaltsrecht ableiten. Dies widerspreche dem Willen des Gesetzgebers.
Mit einem Bescheid vom 8. Juli 2005 hat die Beklagte einen bei ihr - hilfsweise - vom Kläger gestellten Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels abgelehnt, ihn zur Ausreise aufgefordert und ihm die Abschiebung nach Serbien und Montenegro angedroht. Über seine hiergegen gerichtete Anfechtungsklage ist noch nicht entschieden.
Wegen der übrigen Einzelheiten wird auf den Inhalt der vorbezeichneten Gerichtsakten und der Verwaltungsvorgänge der Beklagten, die dem Gericht zur Einsichtnahme vorgelegen haben, verwiesen.
Entscheidungsgründe
Das Gericht entscheidet gemäß § 101 Abs. 2 VwGO mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung.
I.
Soweit die Beteiligten den Rechtsstreit übereinstimmend in der Hauptsache für erledigt erklärt haben, ist das Verfahren entsprechend § 92 Abs. 3 Satz 1 VwGO einzustellen.
II.
1.
Der Antrag der Beklagten, das Verfahren gemäß § 94 VwGO auszusetzen, ist abzulehnen. Die Ablehnung kann im Rahmen der Entscheidung zur Hauptsache erfolgen (Kopp/Schenke, VwGO, 13. Aufl., § 94 Rdnr. 6 mwN). Der Antrag entbehrt der Grundlage, weil das Asylwiderrufsverfahren des hier allein maßgeblichen Vaters des Klägers bereits rechtskräftig abgeschlossen ist.
2.
Im Übrigen ist die Feststellungsklage zulässig (Hailbronner/Renner, Staatsangehörigkeitsrecht, 4. Aufl., § 4 StAG Rdnr. 95 und § 40 StAG Rdnr. 14 mwN). Im Hinblick auf den Bescheid der Beklagten vom 8. Juli 2005, mit dem dem Kläger die Abschiebung nach Serbien und Montenegro angedroht ist, hat dieser ein besonderes Interesse an der gerichtlichen Feststellung.
Die Klage ist auch begründet. Der Kläger hat durch seine am 18. Juni 2004 in Göttingen erfolgte Geburt gemäß § 4 Abs. 3 des Staatsangehörigkeitsgesetzes in der für den Zeitpunkt seiner Geburt maßgeblichen Fassung vom 21.8.2002 (BGBl. I S. 3322) - StAG - die deutsche Staatsangehörigkeit erworben. Mit dieser am 1. Januar 2000 in Kraft getretenen Bestimmung (Art. 1 Nr. 3 des Gesetzes zur Reform des Staatsangehörigkeitsrechts vom 15.7.1999, BGBl. I S. 1618) wurde der Erwerb der deutschen Staatsangehörigkeit nach dem weiter geltenden Abstammungsprinzip (ius sanguinis) um Elemente des Geburtsortprinzips (ius soli) ergänzt.
Nach § 4 Abs. 3 StAG erwirbt ein Kind ausländischer Eltern durch die Geburt im Inland die deutsche Staatsangehörigkeit, wenn ein Elternteil (hier: der Vater) (1.) seit acht Jahren rechtmäßig seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Inland hat und (2.) eine Aufenthaltsberechtigung oder seit drei Jahren eine unbefristete Aufenthaltserlaubnis (jetzt: Niederlassungserlaubnis) besitzt. Der am 18. Juni 2004 in Göttingen geborene Kläger erfüllt diese Voraussetzungen.
a.
Zum Zeitpunkt der Geburt des Klägers hielt sich sein Vater seit fast elf Jahren rechtmäßig im Bundesgebiet auf. Er hatte am 28. Juni 1993 erfolgreich seine Anerkennung als Asylberechtigter beantragt. Deshalb begründet nicht erst die von der Beklagten am 11. Oktober 1994 erteilte unbefristete Aufenthalterlaubnis einen rechtmäßigen Aufenthalt, sondern gemäß § 55 Abs. 3 AsylVfG bereits die im Zusammenhang mit der Asylantragstellung zuvor erteilte Aufenthaltsgestattung (Hailbronner/Renner, aaO, § 4 StAG Rdnr. 76).
b.
Zum Zeitpunkt der Geburt des Klägers hatte der Vater auch seit mehr als acht Jahren seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Inland. Zur Frage des "gewöhnlichen Aufenthalts" im Sinne von § 4 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 StAG hat das Bundesverwaltungsgericht entschieden, dass es auf der Hand liegt, dass der Gesetzgeber damit an die wortgleiche Voraussetzung der Einbürgerungsvorschrift in § 85 Abs. 1 Satz 1 AuslG a.F. und die hierzu ergangene Rechtsprechung angeknüpft hat. Danach besagt der Begriff des "gewöhnlichen Aufenthalts" im Wesentlichen dasselbe wie der Begriff "dauernder Aufenthalt" (BVerwG, Urteil vom 18.11.2004, NVwZ 2005, S. 707 = AuAS 2005, S. 113 = InfAuslR 2005, S. 215; Beschluss vom 25.11.2004, NVwZ 2005, S. 231 = DÖV 2005, S. 430 = AuAS 2005, S. 43 = InfAuslR 2005, S. 63[BVerwG 25.11.2004 - 1 B 24/04]). Danach hat ein Ausländer seinen "dauernden Aufenthalt" in Deutschland, wenn er nicht nur vorübergehend, sondern auf unabsehbare Zeit hier lebt, sodass eine Beendigung des Aufenthalts ungewiss ist. Nicht erforderlich ist, dass der Aufenthalt mit Willen der Ausländerbehörde auf grundsätzlich unbeschränkte Zeit angelegt ist und sich zu einer voraussichtlich dauernden Niederlassung verfestigt hat (BVerwG, Urteil vom 18.11.2004, aaO mwN).
Danach hatte der Vater des Klägers am 18. Juni 2004 auch seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Bundesgebiet. Zu diesem Zeitpunkt hatte er seinen Lebensmittelpunkt seit mehr als acht Jahren im Inland (vgl. Hailbronner/Renner, aaO, § 4 StAG Rdnr. 75). Zum Zeitpunkt der Geburt des Klägers war zwar seine Asylberechtigung und die Feststellung der Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG a.F. vom Bundesamt bereits mit Bescheid vom 13. Februar 2004 gemäß § 73 Abs. 1 Satz 1 AsylVfG widerrufen worden. Der Widerruf einer Asylberechtigung beendet jedoch noch nicht den gewöhnlichen Aufenthalt des Ausländers, selbst wenn er (später) bestandskräftig wird. Denn über den maßgeblichen weiteren Aufenthalt nach dem Widerruf der Asylberechtigung entscheidet nicht das Bundesamt, sondern die Ausländerbehörde. Deshalb ist es auch unerheblich, dass der Asylwiderruf des Vaters am Tag der Geburt noch nicht bestandskräftig war, weil der vom Vater erhobenen Anfechtungsklage zu diesem Zeitpunkt gemäß § 75 AsylVfG aufschiebende Wirkung zukam. Denn vorliegend war es am 18. Juni 2004 - dem Tag der Geburt des Klägers - völlig ungewiss, ob und gegebenenfalls wann es zu einer Beendigung des Aufenthalts seines Vaters durch die Beklagte kommen würde. Zudem entscheidet die Beklagte über die Aufenthaltsbeendigung gemäß § 52 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 AufenthG nach pflichtgemäßem Ermessen und ohne "Erlöschensautomatik" in Folge des Asylwiderrufs (BVerwG, Urteil vom 20.2.2003, BVerwGE 117, S. 380 = NVwZ 2002, S. 1275 zu § 43 Abs. 1 Nr. 4 AuslG a.F.). Einzustellen sind zahlreiche Ermessenserwägungen aufgrund der unterschiedlichen Bleiberechtsregelungen insbesondere bei Familien mit Kindern. Der Widerruf der als Niederlassungserlaubnis fortgeltenden unbefristeten Aufenthaltserlaubnis nach § 52 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 AufenthG entfaltet lediglich Wirkungen für die Zukunft. Er wird wirksam mit Eintritt der Unanfechtbarkeit oder bei Anordnung der sofortigen Vollziehung (Renner, aaO, § 43 AuslG a.F., Rdnr. 4). Letzteres ist selbst bis zur Entscheidung der Kammer im vorliegenden Verfahren nicht der Fall.
Für ihre gegenteilige Rechtsauffassung, nach der ein Asylwiderruf den gewöhnlichen Aufenthalt des Kindesvaters beendet, sobald er vom Bundesamt ausgesprochen ist, kann sich die Beklagte nicht auf die von ihr zitierte Entscheidung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofes vom 14.10.2003 - 5 C 03.2024 - berufen. Dieser liegt ein anderer Sachverhalt zu Grunde. In dem vom Bayerischen Verwaltungsgerichtshof entschiedenen Sachverhalt betrieb der Ausländer im Wege der Untätigkeitsklage ein Einbürgerungsverfahren, während das Bundesamt seine Asylanerkennung bereits widerrufen hatte. Der Ausländer, der sich in einem weiteren Verfahren auch gegen den Widerruf der Asylanerkennung wandte, machte geltend, dass die aufschiebende Wirkung seiner Anfechtungsklage gegen den bereits erfolgten Asylwiderruf zu seinen Gunsten im Rahmen seiner Untätigkeitsklage mit dem Ziel der Einbürgerung zu berücksichtigen sei. Hier entschied der Bayerische Verwaltungsgerichtshof, dass die aufschiebende Wirkung der Anfechtungsklage gegen den Asylwiderruf den Ausländer bis zu dem durch § 80 b Abs. 1 VwGO festgelegten Endzeitpunkt z.B. vor einer Abschiebung unter Missachtung des als fortbestehend fingierten Status eines politisch Verfolgten schützt, aber aus sich heraus nicht rechtsbegründend zu wirken vermag (Entscheidungsabdruck S. 5 f.). Vorliegend verhält es sich jedoch grundlegend anders. Der Kläger verfolgt nicht im Wege der Verpflichtungsklage seine Einbürgerung, sondern im Wege der Feststellungsklage die Feststellung, dass er mit der Geburt die deutsche Staatsangehörigkeit kraft Gesetzes erworben hat. Fragen der rechtgestaltenden Wirkung des Suspensiveffekts einer Anfechtungsklage gegen den Asylwiderruf stellen sich nicht. Vielmehr hat der Bayerische Verwaltungsgerichtshof zutreffend darauf hingewiesen, dass der Asylwiderruf überhaupt erst mit Eintritt der Unanfechtbarkeit wirksam wird, wie bereits aus § 73 Abs. 6 AsylVfG folgt. Deshalb ist auch der Bayerische Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung davon ausgegangen, dass die Voraussetzungen für eine Einbürgerung unter Hinnahme von Mehrstaatigkeit nach § 87 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 AuslG a.F. endgültig erst mit Unanfechtbarkeit des Widerrufsbescheides entfallen (Entscheidungsabdruck S. 5). Selbst auf diesen Zeitpunkt stellt die Kammer jedoch nicht ab, sondern auf den Zeitpunkt der wirksamen Beendigung des Aufenthaltsrechts durch die Beklagte. Zudem geht es vorliegend um Rechte des Klägers und nicht um Rechte seines Vaters.
Auch der Hinweis der Beklagten auf die Gefahr, dass Asylberechtigte die möglichen Folgen eines Widerrufsverfahrens durch die Geburt eines deutschen Abkömmlings "unterlaufen" können, und dass dieser Gefahr der Wille des Gesetzgebers entgegenstehe, verfängt nicht. Mit der Regelung des § 4 Abs. 3 StAG soll nach den Gesetzesmotiven den hier aufwachsenden Kindern ausländischer Eltern die deutsche Staatsangehörigkeit frühzeitig zuerkannt werden, um ihre Integration in die deutschen Lebensverhältnisse zu verbessern (BT-Drs. 14/533, S. 14). Im Vordergrund steht danach nicht die Integration der Eltern, sondern die des Kindes. Ist - wie hier - zum Zeitpunkt der Geburt des Kindes völlig ungewiss, ob der Aufenthalt der Eltern später beendet werden kann, steht auch nach dem Willen des Gesetzgebers das Integrationsbemühen im Vordergrund und nicht dessen Beendigung.
c.
Zum Zeitpunkt der Geburt des Klägers befand sich der Vater des Klägers auch seit mehr als drei Jahren im Besitz einer unbefristeten Aufenthaltserlaubnis, die ihm von der Beklagten am 11. Oktober 1994 erteilt worden ist.
Nach alledem war der Feststellungsklage stattzugeben.
III.
Die Kostenentscheidung folgt aus den §§ 154 Abs. 1, 161 Abs. 2 VwGO. Es entspricht der Billigkeit, den Teil der Kosten, die auf den erledigten Teil des Klageverfahrens entfallen, der Beklagten aufzuerlegen, weil sie den angefochtenen Bescheid vom 19. Januar 2005 aufgehoben hat. Ob damit eine Streitwerterhöhung verbunden ist, wird im Beschlussverfahren entschieden.
Die Entscheidung hinsichtlich der vorläufigen Vollstreckbarkeit wegen der Kosten findet ihre Rechtsgrundlage in § 167 VwGO in Verbindung mit den §§ 708, 711 ZPO.
Gründe, die Berufung zuzulassen, liegen nicht vor.