Finanzgericht Niedersachsen
Urt. v. 16.05.2002, Az.: 8 K 10285/00

Zurechnung von Abfindungszahlungen des Erwerbers eines Grundstücks an den Mieter zur Beendigung des Mietverhältnisses Einkünfte des Mieters aus Vermietung und Verpachtung

Bibliographie

Gericht
FG Niedersachsen
Datum
16.05.2002
Aktenzeichen
8 K 10285/00
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2002, 19736
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:FGNI:2002:0516.8K10285.00.0A

Verfahrensgang

nachfolgend
BFH - 26.10.2004 - AZ: IX R 10/03

Fundstellen

  • DStR 2004, X Heft 14 (Kurzinformation)
  • DStRE 2004, 504-505 (Volltext mit amtl. LS)

Redaktioneller Leitsatz

Abfindungszahlungen des Erwerbers eines Grundstücks an den Mieter zur Beendigung des Mietverhältnisses stellen beim Mieter Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung dar.

Tatbestand

1

Streitig ist, ob eine Zahlung von 1 Mill. DM zu versteuern ist.

2

Der Kläger mietete mit Vertrag vom...mit Wirkung ab...von der...gewerblich genutzte Räumlichkeiten auf dem...in .... In dem Vertrag war vereinbart, dass der Mietpreis von DM ... monatlich durch Investitionen des Klägers von ca. DM...bis zum...festgeschrieben war und erst danach erhöht werden durfte. Die Nutzungszeit war auf 10 Jahre mit einem Optionsrecht des Klägers von zweimal 5 Jahren vereinbart.

3

Mit Vertrag vom...(unter-) vermietete der Kläger Teile der Räumlichkeiten im Erdgeschoss und im 1. Obergeschoss an die...für monatlich DM...zzgl. Umsatzsteuer. Der Mietvertrag lautet auf den Namen der Klägerin. Zwischen den Beteiligten besteht nach vorgerichtlicher Klarstellung durch die Kläger Einigkeit darüber, dass der Kläger Vermieter gegenüber der...war.

4

Das Grundstück wurde nachfolgend zunächst von...erworben, die es wiederum an die...veräußerte. Mit Schreiben vom...erklärte...die fristlose Kündigung des Mietverhältnisses mit dem Kläger, da der Mietvertrag wegen der aus der Untervermietung erzielten erheblichen Überschüsse sittenwidrig sei. Sodann verklagte sie den Kläger auf Räumung, hilfsweise auf Anpassung des Pachtzinses auf DM...zzgl. Umsatzsteuer. Nach Vortrag der Kläger deutete das Landgericht im Termin zur mündlichen Verhandlung am...an, dass die Klage Erfolg haben werde. Daraufhin nahm der Kläger das Angebot des zukünftigen Erwerbers...an, das Mietverhältnis für die untervermieteten Räume gegen Zahlung einer Abfindung von 1 Mill. DM zu beenden und gleichzeitig die Miete für die übrigen Räumlichkeiten neu festzusetzen.

5

Entsprechend vereinbarten der Kläger und...mit Vertrag vom...u.a. die Aufhebung des Mietverhältnisses für die untervermieteten Räumlichkeiten, den Eintritt von...als Vermieter in das Mietverhältnis mit dem Untermieter und die Zahlung der Abfindung von 1 Mill. DM an den Kläger. In dem Vertrag ist die ...GmbH als Vertragspartner angegeben. Die Kläger haben in der mündlichen Verhandlung klargestellt, dass der Kläger persönlich Vertragspartner der Vereinbarung war. Der Kläger erhielt die 1 Mill. DM per Scheck am ....

6

In ihrer Einkommensteuererklärung gaben die Kläger bei den Einkünften aus dem Grundstück...an, das Untermietverhältnis sei gegen Zahlung einer Abfindung - deren Betrag nicht erklärt wurde - beendet worden. In dem gem. § 164 Abs. 1 Abgabenordnung (AO) unter Vorbehalt der Nachprüfung ergangenen Einkommensteuerbescheid vom...setzte das Finanzamt (FA) insoweit die erklärten Einkünfte an. Mit dem - aus anderen Gründen geänderten - Bescheid vom...setzte es die Einkommensteuer mit DM... fest; der Vorbehalt der Nachprüfung blieb bestehen.

7

Aufgrund einer Kontrollmitteilung erfasste das FA in dem gem. § 164 Abs. 2 AO geänderten Einkommensteuerbescheid vom...die Zahlung von 1 Mill. DM bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung. Auf den Einspruch der Kläger sah es die Zahlung in dem (im Verlaufe des Klageverfahrens mit Bescheid vom...berichtigten) Einspruchsbescheid vom...als außerordentliche Einkünfte im Sinne der §§ 34 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 2 in Verbindung mit § 24 Nr. 1 a EStG an und setzte die Einkommensteuer insoweit gem. § 34 Abs. 1 EStG nach dem ermäßigten Steuersatz fest.

8

Im Übrigen wies es den Einspruch zurück. Gem. § 24 Nr. 1 a EStG gehörten zu den Einkünften im Sinne des § 2 Abs. 1 EStG u.a. Entschädigungen, die als Ersatz für entgangene oder entgehende Einnahmen gewährt worden seien. Die "Ersatzeinkünfte" nach § 24 Nr. 1 a EStG fielen nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) unter dieselbe Einkunftsart, zu der die "ursprünglichen" Einkünfte, wären sie erzielt worden, gehört hätten. Durch die Vereinbarung sei an die Stelle der bisherigen Mieteinnahmen ein Ersatzanspruch und damit eine Entschädigung im Sinne des § 24 Nr. 1 a EStG getreten. Im Einzelnen wird auf den Einspruchsbescheid Bezug genommen.

9

Dagegen richtet sich die Klage, mit der die Kläger weiterhin geltend machen, zu den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung gehörten Gegenleistungen für die Überlassung des Gebrauchs oder der Nutzung des überlassenen Gegenstandes. Dazu gehörten - anders als bei den Einkünften aus Kapitalvermögen - nur Leistungen des Mieters an den Vermieter. Entschädigungen für entgangene Miteinnahmen seien von der nicht steuerbaren Aufgabe eines Rechtes bei den Überschuss-Einkunftsarten abzugrenzen. Im Streitfall habe der Kläger seine mietvertragliche Position bezüglich des Erdgeschosses in vollem Umfang und bezüglich des Obergeschosses teilweise aufgegeben und die Abfindungszahlung nicht von seinem Mieter als Gegenleistung für eine Gebrauchsüberlassung, sondern vom Vermieter für die Aufgabe des Mietvertrages erhalten. Sie sei deshalb nicht den steuerpflichtigen Einkünften, sondern seiner privaten Vermögenssphäre zuzurechnen.

10

Die Kläger beantragen,

die Einkommensteuer auf DM...herabzusetzen.

11

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

12

Er hält an seiner Auffassung fest und verweist auf den Einspruchsbescheid. Die zwischen dem Kläger und...getroffene Vereinbarung habe die Möglichkeit der Einkunftserzielung aus der Untervermietung beendet. Die Zahlung sei zum Ausgleich der aufgrund dieser Vereinbarung entgehenden Mieteinnahmen geleistet worden und damit als Einnahme aus Vermietung und Verpachtung steuerpflichtig.

13

Wegen des weiteren Sachverhalts und Vorbringens wird auf den Inhalt der Steuerakten (Steuernr. ...) und der gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.

Gründe

14

Die Klage ist unbegründet.

15

Das FA hat die Rechtslage im Einspruchsbescheid zutreffend dargestellt. Das Gericht folgt der Begründung des FA im Einspruchsbescheid und sieht gem. § 105 Abs. 5 Finanzgerichtsordnung (FGO) von der Darstellung der Entscheidungsgründe ab. Ergänzend weist das Gericht auf die Entscheidung des BFH vom 28. April 1982 (I R 151/78, Bundessteuerblatt Teil II - BStBl. II - 1982, S. 566) hin, die einen vergleichbaren Sachverhalt betrifft. Nach dieser Entscheidung gehören Abfindungszahlungen an den zur Aufgabe des Pachtverhältnisses durch die Erwerber des Grundstücks gedrängten Steuerpflichtigen, dem damit die Möglichkeit der Erzielung von Einnahmen aus der Weiterverpachtung genommen wurde, zu den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung; sie erweisen sich "wirtschaftlich gesehen noch als Einkünfte aus der Nutzung von Grundbesitz". Dass die Zahlung nicht von dem Mieter der Klägers, sondern von dem Erwerber des Grundstücks geleistet wurde, ist deshalb unerheblich; sie ist dem Kläger im Rahmen seiner Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung zugeflossen (§ 8 Abs. 1 EStG).

16

Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 FGO.

17

Das Gericht lässt die Revision nicht zu, weil die Voraussetzungen des § 115 Abs. 2 FGO nicht vorliegen.