Finanzgericht Niedersachsen
Urt. v. 08.06.2005, Az.: 2 K 184/03
Grundlagen einer Änderungsbefugnis nach der Abgabenordnung; Begriff der "irrigen Beurteilung eines bestimmten Sachverhalts" nach der Abgabenordnung; Voraussetzung für den Ansatz eines Entnahmegewinns; Grundlagen der Steuerbefreiungsvorschrift im Rahmen des Ansatzes eines Entnahmegewinns; Steuerrechtliche Behandlung einer Landarbeiterwohnug
Bibliographie
- Gericht
- FG Niedersachsen
- Datum
- 08.06.2005
- Aktenzeichen
- 2 K 184/03
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2005, 17335
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:FGNI:2005:0608.2K184.03.0A
Verfahrensgang
- nachfolgend
- BFH - 08.03.2007 - AZ: IV R 41/05
Rechtsgrundlagen
- § 174 Abs. 4 AO
- § 4 Abs. 1 EStG
- § 6 Abs. 1 Nr. 4 EStG
- § 52 Abs. 15 EStG
- § 13 Abs. 2 Nr. 2 EStG
Fundstellen
- DStR 2005, XII Heft 39 (Kurzinformation)
- DStRE 2005, 1295-1298 (Volltext mit amtl. LS)
- EFG 2005, 1743-1746 (Volltext mit amtl. LS)
- NWB direkt 2005, 3
Redaktioneller Leitsatz
Eine Landarbeiterwohnung verliert ihre Eigenschaft als notwendiges Betriebsvermögen, wenn der landwirtschaftliche Betrieb nach Gründung einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts mit dem bisherigen Bewohner weiter betrieben und ihm die Wohnung unentgeltlich überlassen wird. In diesem Fall liegt eine Zwangsentnahme vor und der Entnahmegewinn ist bei der Einkommensteuerfestsetzung des bisherigen, alleinigen Betriebsinhabers zu berücksichtigen.
Tatbestand
Streitig ist, ob der Beklagte eine Änderungsbefugnis nach § 174 Abs. 4 AO hatte und deshalb trotz Bestandskraft und Festsetzungsverjährung der Bescheide in den Streitjahren 1991 und 1992 einen Entnahmegewinn bei den Einkünften des Klägers aus Land- und Forstwirtschaft gewinnerhöhend berücksichtigen durfte.
Die Kläger sind in den Streitjahren 1991 und 1992 zusammen zur Einkommensteuer veranlagte Ehegatten. Der Kläger betrieb in den Streitjahren Landwirtschaft. Er ermittelte seinen Gewinn durch Betriebsvermögensvergleich nach § 4 Abs. 1 EStG. Das Wirtschaftsjahr war das Regelwirtschaftsjahr vom 1. Juli bis zum 30. Juni. Zum Betriebsvermögen des Betriebs gehörte auch die Hofstelle in B. Das auf dem Grundstück befindliche alte Wohnhaus mit 228 qm Wohnfläche bewohnten die Kläger bis zum Herbst 1986 zusammen mit ihren Kindern X und Y in einer 153 qm großen Wohnung, sowie der Altenteilerin in insgesamt 75 qm großen Räumen. Im Herbst 1986 bezogen die Kläger ein neu errichtetes Wohnhaus auf demselben Grundstück. Der X bewohnte die alte Wohnung der Kläger seither zunächst allein und ab 1987 mit seiner Ehefrau. Vorher hatte er dort Räume mit einer Fläche von 40 qm genutzt.
X arbeitete seit 1985 in dem Betrieb des Klägers. Aufgrund eines mündlich geschlossenen Arbeitsvertrags überließ der Kläger dem Sohn zunächst die Räume von 40 qm Fläche und später die 153 qm große Wohnung bei voller Kost, versteuerte von 1985 bis Oktober 1989 diesen Vorteil als Sachbezug und unterwarf ihn dem Lohnsteuerabzug. Ab November 1989 unterließ der Kläger die Sachbezugsversteuerung.
Zum 1. Juli 1992 gründeten der Kläger und sein Sohn eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR). Zweck dieser Gesellschaft war u.a. die Bewirtschaftung des landwirtschaftlichen Betriebs des Klägers. Der Kläger brachte seinen Betrieb jedoch nicht in das Gesamthandvermögen der GbR ein, sondern behielt es als Sonderbetriebsvermögen. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Vertrag vom 24. Juni 1992 (Bl. 63 - 68 d. Gerichtsakte) Bezug genommen.
Zum 1. Juli 1998 wurde die GbR beendet, weil der Kläger zu diesem Zeitpunkt seinen Hof an seinen Sohn übergab.
In ihren Einkommensteuererklärungen erklärten die Kläger den Gewinn aus Land- und Forstwirtschaft gemäß den Gewinnermittlungen. In den Bilanzen des landwirtschaftlichen Betriebs war, wie auch in den Vorjahren, die Hofstelle als Betriebsvermögen ausgewiesen. Gewinne aus der Entnahme von Teilen der Hofstelle waren nicht erfasst.
Der Beklagte veranlagte erklärungsgemäß unter dem Vorbehalt der Nachprüfung. Die Bescheide wurden bestandskräftig.
Im Jahre 1995 begann eine Außenprüfung für die Jahre 1990 bis 1992. Im Anschluss an diese Außenprüfung erfasste der Beklagte für das Wirtschaftsjahr 1989/90 einen Entnahmegewinn aus der Entnahme der vom X genutzten Wohnung in Höhe von 132.390 DM. Der Beklagte kam mit dem Betriebsprüfer zu der Auffassung, die Wohnung sei im November 1989 aus dem Betriebsvermögen ausgeschieden und Privatvermögen geworden, weil der Kläger die Wohnung ab diesem Zeitpunkt an X unentgeltlich überlassen habe. Er habe nämlich keinen Sachbezug mehr versteuert. Der Beklagte änderte die Einkommensteuerbescheide 1989 und 1990, indem er die Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft jeweils um den hälftigen Entnahmegewinn von 132.390 DM, mithin 66.195 DM erhöhte.
Hiergegen richtete sich das beim 12. Senat des Niedersächsischen Finanzgerichts geführte Klageverfahren 12 K 732/96. Durch Urteil vom 29. August 2002 gab das Gericht der Klage mit der Begründung statt, das Grundstück in B sei auch nach Oktober 1989 Betriebsvermögen des Klägers geblieben. Insoweit sei die Wohnung als Landarbeiterwohnung anzusehen, die zum notwendigen oder zumindest zum gewillkürten Betriebsvermögen des Klägers gehöre. Denn X habe auch über den November 1989 hinaus im Betrieb des Klägers gearbeitet. An den tatsächlichen Gegebenheiten habe sich nichts dadurch geändert, dass der Kläger die Sachbezugsversteuerung unterlassen habe. Wegen weiterer Einzelheiten wird auf das Urteil verwiesen.
Im Anschluss an den Abschluss des Klageverfahrens 12 K 732/96 kam der Beklagte nunmehr zu der Auffassung, der Gewinn aus der Entnahme der Wohnung sei im Wirtschaftsjahr 1991/1992 zu erfassen. Denn die Arbeitnehmerstellung des X habe mit der Gründung der GbR geendet. Ab diesem Zeitpunkt sei X Mitunternehmer der GbR, die Wohnung sei ihm ab diesem Zeitpunkt vom anderen Mitunternehmer unentgeltlich überlassen. Dies führe zur Zwangsentnahme ins notwendige Privatvermögen. Als Zeitpunkt der Gewinnrealisierung nahm er den 30. Juni 1992 an. Der Beklagte erfasste den von der Außenprüfung ermittelten Entnahmegewinn von 132.390 DM jetzt mit jeweils 66.195 DM in den Jahren 1991 und 1992 und änderte die Bescheide entsprechend. Die Bescheide ergingen im Januar 2003. Hinsichtlich der Änderungsbefugnis berief sich der Beklagte auf die Vorschrift des § 174 Abs. 4 AO.
Hiergegen richtet sich nach erfolglosem Vorverfahren die Klage. Die Kläger sind der Auffassung, der Beklagte hätte die bestandskräftigen Bescheide nicht mehr ändern dürfen, es sei zudem Festsetzungsverjährung eingetreten. DieÄnderungsvorschrift des § 174 Abs. 4 AO sei im Streitfall nicht einschlägig. Der Beklagte erfasse den Entnahmegewinn zwar wegen des Obsiegens des Klägers im Verfahren für die Vorjahre und auch in derselben Höhe. Dennoch sei dies kein Fall des § 174 Abs. 4 AO, da der Beklagte die Besteuerung an andere Voraussetzungen als in den Vorjahren knüpfe. So sei für den Beklagten in den Vorjahren entscheidend gewesen, dass X die Wohnung als Arbeitnehmer ohne Sachbezugsversteuerung bewohnt habe, während er nunmehr das Bewohnen als Mitunternehmer als steuerschädlichen Tatbestand ansehe. Der Beklagte habe sich also nicht mit einem steuerrelevanten Lebensvorgang nur im Jahr geirrt, sondern nehme zwei verschiedene steuerrelevante Lebensvorgänge an, die nur dieselbe Rechtsfolge hätten. Dies sei aber kein Fall des § 174 Abs. 4 AO. So müsste der Beklagte die Gründung der GbR im Jahr 1992 hinzudenken, um seine für die Vorjahre irrige Rechtsauffassung im Ergebnis zu rechtfertigen. Der Beklagte hätte dies aber nurüber eine Vorläufigkeit erreichen können, die die Entscheidung für die Streitjahre 1991 und 1992 hätte offen halten können. Da er dies nicht getan habe, müsse es bei den bisherigen Festsetzungen verbleiben.
Hilfsweise schließen sich die Kläger auf Hinweis des Gerichts der Auffassung an, ein Entnahmegewinn sei allenfalls für das Wirtschaftsjahr 1992/93 zu berücksichtigen, da die GbR erst zum 1. Juli 1992 gegründet worden sei.
Die Kläger beantragen,
die Einkommensteueränderungsbescheide 1991 und 1992 vom 16. Januar 2003 in der Fassung des Einspruchsbescheids vom 20. März 2003 aufzuheben.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er hält an seiner Auffassung fest, die Änderung der Bescheide nach § 174 Abs. 4 AO sei möglich gewesen. Nach Abschluss des Klageverfahrens 12 K 732/96 habe der Beklagte innerhalb eines Jahres die zutreffenden steuerlichen Folgerungen gezogen, nachdem der Kläger für die Vorjahre mit seiner Klage obsiegt hatte.
Das Gericht hat die die Vorjahre betreffende Klageakte 12 K 732/96 zum Verfahren beigezogen.
Gründe
Die Klage ist im erkannten Umfang begründet. Der Beklagte durfte sich formell-rechtlich für die Änderung des Einkommensteuerbescheids 1992 auf die Vorschrift des § 174 Abs. 4 AO berufen, für das Streitjahr 1991 scheitert der Ansatz eines Entnahmegewinns aber aus materiell-rechtlichen Gründen, weil der Entnahmegewinn nicht - wie vom Beklagten angenommen - im Wirtschaftsjahr 1991/92, sondern erst im Wirtschaftsjahr 1992/93 entstanden ist.
1.
Der Beklagte durfte, nachdem die Kläger hinsichtlich der Vorjahre 1989 und 1990 obsiegt hatten, die zutreffenden steuerlichen Folgerungen ziehen und dabei nach § 174 Abs. 4 AO auch bestandskräftige und festsetzungsverjährte Bescheide ändern.
Ist aufgrund irriger Beurteilung eines bestimmten Sachverhalts ein Steuerbescheid ergangen, der aufgrund eines Rechtsbehelfs oder sonst auf Antrag des Steuerpflichtigen durch die Finanzbehörde zu seinen Gunsten aufgehoben oder geändert wird, so können nach § 174 Abs. 4 Satz 1 AO aus dem Sachverhalt nachträglich durch Erlass oder Änderung eines Steuerbescheids die richtigen steuerlichen Folgerungen gezogen werden. Dies gilt nach § 174 Abs. 4 Satz 2 AO auch dann, wenn der Steuerbescheid durch das Gericht aufgehoben oder geändert wird.
Der Beklagte hat den Entnahmegewinn in den Bescheiden für die Vorjahre berücksichtigt, weil er die fehlende Lohnversteuerung der Nutzung durch X ab November 1989 als steuerschädlich ansah. Durch das Klageverfahren 12 K 732/96 wurde geklärt, dass dies für eine Steuerschädlichkeit nicht ausreiche, solange X eine Arbeitnehmerstellung inne hatte. Die Arbeitnehmerstellung des X endete aber erst mit der Gründung der GbR zum 1. Juli 1992. An diesem Tag ist X Mitunternehmer geworden. Da X die Wohnung weiterhin dauerhaft zu eigenen Wohnzwecken nutzte und sie ihm insoweit unentgeltlich vom Kläger überlassen wurde, endete in diesem Zeitpunkt die Gewährung eines Sachbezugs an einen Arbeitnehmer. Die Wohnung war keine Landarbeiterwohnung mehr. Dies hat der Beklagte zum Anlass genommen, nunmehr von einer steuerschädlichen Verwendung im Wirtschaftsjahr 1991/92 auszugehen und einen Entnahmegewinn anzusetzen. In formeller Hinsicht war dieses Vorgehen von der Vorschrift des § 174 Abs. 4 AO gedeckt und nicht zu beanstanden.
Irrige Beurteilung eines Sachverhalts i.S.d. § 174 Abs. 4 AO bedeutet, dass sich die Beurteilung eines bestimmten Sachverhalts nachträglich als unrichtig erweist (Entscheidungen des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 16. Februar 1996, I R 150/94, BStBl II 1996, 417; vom 18. Februar 1997, VIII R 54/95, BStBl II 1997, 647 und vom 2. Mai 2001, VIII R 44/00, BStBl. II 2001, 562). Sachverhalt i.S. des § 174 Abs. 4 Satz 1 AO 1977 ist der einzelne Lebensvorgang, an den das Gesetz steuerliche Folgen knüpft. Der Begriff des "bestimmten Sachverhalts" ist dabei nicht auf eine einzelne steuererhebliche Tatsache oder ein einzelnes Merkmal beschränkt, sondern erfasst den einheitlichen, für diese Besteuerung maßgeblichen Sachverhaltskomplex (BFH-Urteile vom 22. August 1990, I R 42/88, BStBl II 1991, 387; vom 17. Oktober 1990, I R 9/89, BFH/NV 1991, 354; vom 8. April 1992, X R 213/87, BFH/NV 1993, 406 und vom 18. Februar 1997, VIII R 54/95, BStBl II 1997, 647). Unerheblich ist, ob der für die rechtsirrige Beurteilung ursächliche Fehler im Tatsächlichen oder im Rechtlichen gelegen hat. Die Vorschrift stellt darauf ab, dass sich die Beurteilung eines bestimmten Sachverhalts im Ergebnis nachträglich als rechtsirrig erweist (BFH-Urteil vom 10. Mai 1995, IX R 68/93, BFH/NV 1995, 1056). Dabei ist es unerheblich, ob der Irrtum die tatsächlichen Voraussetzungen des Vorliegens eines bestimmten Sachverhalts betrifft --z.B. die Frage, in welchem Besteuerungsabschnitt ein bestimmter Sachverhalt eingetreten ist-- oder die rechtliche Beurteilung des Sachverhalts (vgl. das BFH-Urteil vom 27. Mai 1993, IV R 65/91, BStBl II 1994, 76). Die Änderungsnorm ist nicht auf die Fälle der alternativen Erfassung eines bestimmten Sachverhalts beschränkt (BFH-Urteil vom 24. November 1987, IX R 158/83, BStBl II 1988, 404; BFH-Beschluss vom 20. April 1989, V B 153/88, BStBl II 1989, 539).
Bei Anwendung dieser Grundsätze war die Änderung nach § 174 Abs. 4 AO möglich, da nach der geänderten Ansicht des Beklagten der Gewinn aus der Entnahme der von X genutzten Wohnung in den Streitjahren zu berücksichtigen ist. Die Einkommensteuerbescheide der Vorjahre waren aufgrund der irrigen Beurteilung eines bestimmten Sachverhalts, nämlich des Sachverhaltskomplexes "Entnahme der Wohnung" ergangen. Diesen Sachverhaltskomplex hatte der Beklagte zunächst insoweit irrig beurteilt, als er die Entnahme der Wohnung im Wirtschaftsjahr 1989/90 angenommen hat. Die die Vorjahre betreffenden Änderungsbescheide sind deshalb aufgrund der Klage der Kläger durch Urteil aufgehoben worden. Den Klägern ist zwar zuzugeben, dass es ohne Gründung der GbR im Jahre 1992 an einer Tatsache gefehlt hätte, die der Beklagte nunmehr zur Begründung für den Ansatz des Entnahmegewinns anführt. Insoweit liegt der vom Beklagten zur Begründung des Entnahmegewinnansatzes angeführte Sachverhalt im Jahre 1992 tatsächlich anders als der im Jahre 1989. Es handelt sich insoweit also nicht nur um einen Ansatz "im falschen Jahr". Dies ist aber gerade, wie dargestellt, unerheblich. Der Beklagte unterlag für die Vorjahre dem Rechtsirrtum, dass der Sachverhalt, von dessen Verwirklichung er zutreffend ausgegangen war, nämlich die fehlende Lohnversteuerung für die Wohnungsnutzung, zu einer Entnahme der Wohnung aus dem Betriebsvermögen geführt habe, was aber nicht der Fall war. Dieser Irrtum hinderte ihn zunächst, für die Streitjahre einen Entnahmegewinn anzusetzen, da eine bereits in den Vorjahren entnommene Wohnung nicht nochmals in den Streitjahren entnommen werden konnte. Erst nach Rechtskraft des die Vorjahre betreffenden Urteils konnte der Beklagte die zutreffenden Folgerungen ziehen. Es handelt sich insoweit um einen typischen Fall der Behebung eines negativen Widerstreits, für den die Vorschrift des § 174 Abs. 4 AO geschaffen wurde.
Ob der Beklagte für die Dauer des die Vorjahre betreffenden Klageverfahrens die Bescheide der Streitjahre hätte vorläufig ergehen lassen können, um diese "offen" zu halten, bedarf keiner Entscheidung. Der Beklagte hat auf eine vorläufige Steuerfestsetzung verzichtet, kann sich aber auf die Änderungsvorschrift des § 174 Abs. 4 AO berufen.
2.
Der Beklagte hat zu Recht wegen der Gründung der GbR eine Zwangsentnahme der von X genutzten Wohnung angenommen.
Der Ansatz eines Entnahmegewinns (§ 4 Abs. 1, § 6 Abs. 1 Nr. 4 EStG) setzt voraus, dass der strittige Grundstücksteil zu Beginn des Streitjahrs Betriebsvermögen des Klägers war und diese Eigenschaft im Streitjahr durch eine Entnahmehandlung oder einen Rechtsvorgang verloren hat (vgl. BFH-Urteil vom 18. November 1986, VIII R 301/83, BStBl. II 1987, 261).
Die von X in den Streitjahren genutzte Wohnung in B war noch bis zum 1. Juli 1992 Betriebsvermögen des landwirtschaftlichen Betriebs des Klägers. Bis zu diesem Zeitpunkt war X Arbeitnehmer, sodass die Wohnung als sog. Landarbeiterwohnung objektiv erkennbar zum unmittelbaren Einsatz im Betrieb bestimmt und damit notwendiges Betriebsvermögen war (vgl. BFH-Urteil 23. Januar 1991, X R 105 - 107/88, BStBl. II 1991, 519 und die Ausführungen im Urteil des 12. Senats des Niedersächsischen Finanzgerichts zum die Vorjahre betreffenden Verfahren 12 K 732/96).
Die Wohnung ist zum 1. Juli 1992 aus dem Betriebsvermögen des Klägers ausgeschieden, da sie ab diesem Zeitpunkt keine Landarbeiterwohnung mehr war, sondern X nunmehr als Mitunternehmer der Betriebs-GbR unentgeltlich zur Verfügung gestellt wurde.
Zwar erfordert eine Entnahme von Betriebsvermögen grundsätzlich eine Entnahmehandlung. Ausnahmsweise reicht aber auch eine Nutzungsänderung als schlüssige Entnahmehandlung dann aus, wenn ein Grundstück damit notwendiges Privatvermögen wird (BFH-Beschluss vom 25. April 2003, IV B 211/01, BFH/NV 2003, 1407). So liegt es hier. Die von X genutzte Wohnung wurde durch die Gründung der GbR zu notwendigem Privatvermögen. Denn Wirtschaftsgüter, die eigenen Wohnzwecken der Gesellschafter einer Personengesellschaft zu dienen bestimmt sind, gehören zum notwendigen Privatvermögen (BFH-Urteil vom 16. März 1983, IV R 36/79, BStBl II 1983, 459).
3.
Der Beklagte hat aber zu Unrecht den Entnahmegewinn noch als laufenden Gewinn des Wirtschaftsjahrs 1991/92 erfasst. Die vom Sohn des Klägers genutzte Wohnung ist nämlich erst nach der Gründung der GbR notwendiges Privatvermögen geworden und durch Entnahme aus dem Betriebsvermögen des Klägers ausgeschieden. Die Nutzungsänderung hat erst am 1. Juli 1992 stattgefunden. Erst am 1. Juli 1992, und nicht schon am 30. Juni 1992, war X vom Arbeitnehmer zum Mitunternehmer geworden.
Der Entnahmegewinn war als solcher des Wirtschaftsjahrs 1992/1993 zu erfassen. Er ist jeweils zur Hälfte dem Streitjahr 1992 und dem Folgejahr 1993 zuzurechnen, sodass der Beklagte im Ergebnis zutreffend im Streitjahr 1992 den hälftigen Gewinn aus der Entnahme erfasst hat.
Nach der ständigen Rechtsprechung des BFH, der sich der erkennende Senat anschließt, kann für die steuerrechtlich erforderliche Zuordnung von Ereignissen im zeitlichen Schnittpunkt zwischen den Jahren auf das Vorjahr oder das Folgejahr weder der Grundsatz gelten, die Ereignisse seien immer dem Vorjahr, noch der, sie seien immer dem Folgejahr zuzurechnen (BFH-Urteil vom 2. Mai 1974, IV R 47/73, BStBl. II 1974, 707; Urteil des erkennenden Senats vom 12. September 2001, 2 K 27/99, nv, juris nachgehend BFH-Beschluss vom 29. September 2003, IV B 203/01, nv, juris). Es ist vielmehr im Einzelfall unter Beachtung aller Umstände zu beurteilen, wohin ein Schnittpunkt-Ereignis gehört und ob es im alten Jahr oder im neuen Jahr steuerrechtlich zu erfassen ist.
Unter Würdigung der Gesamtumstände ist die Entnahme nach diesen Grundsätzen dem Wirtschaftsjahr 1992/93 zuzuordnen. Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen, dass es bei der Entnahmezuordnung nicht um eine Frage der Vertragsauslegung und des Willens der Vertragsparteien des GbR-Vertrags geht. Denn der Kläger hat durch den Abschluss des GbR-Vertrags nicht über das zum Betriebsvermögen seines Einzelunternehmens gehörende alte Wohnhaus verfügt. Er wollte weder dieses Betriebsvermögen in die GbR einbringen noch die von X genutzte Wohnung entnehmen. Insoweit ist das Betriebsvermögens des Einzelunternehmens erst durch die Gründung der GbR rechtlich umqualifiziert worden. Die vom Sohn des Klägers genutzte Wohnung wurde mit der GbR-Gründung zu notwendigem Privatvermögen des Klägers. Sie konnte weder im Betriebsvermögen des Einzelunternehmens verbleiben noch konnte sie, wie die Übrigen nicht eingebrachten Wirtschaftsgüter des Klägers, Sonderbetriebsvermögen des Klägers in der GbR werden. Denknotwendigerweise musste der Sohn des Klägers zunächst mit der Gründung der GbR zum Mitunternehmer werden bevor die Wohnung als ehemalige Landarbeiterwohnung aus dem Betriebsvermögen zwangsweise ausschied. Denn erst durch die dauerhafte Nutzung der Wohnung zu eigenen Wohnzwecken des Mitunternehmers wurde die Wohnung zum notwendigen Privatvermögen. Dies war erst am 1. Juli 1992, wenn auch in derselben logischen Sekunde.
Da die zwangsentnommene Wohnung kein GbR-Vermögen geworden ist, ist der Entnahmegewinn bei der Einkommensteuerfestsetzung der Kläger und nicht im Rahmen der einheitlichen und gesonderten Gewinnfeststellung der GbR zu berücksichtigen.
4.
Der Entnahmegewinn ist steuerpflichtig. Die Steuerbefreiungsvorschrift des § 52 Abs. 15 EStG ist im Streitfall weder unmittelbar noch entsprechend anwendbar. Unter die Vorschrift des § 52 Abs. 15 Sätze 1 bis 7 EStG in der für die Streitjahre geltenden Fassung fallen nämlich nur diejenigen Wohnungen, für die im Veranlagungszeitraum 1986 der Überschuss des Nutzungswerts über die Werbungskosten oder Betriebsausgaben anzusetzen war. Dies sind im Rahmen der Landwirtschaft insbesondere die Wohnungen des Steuerpflichtigen, die eigenen Wohnzwecken oder Wohnzwecken des Altenteilers dienen. Nach § 52 Abs. 15 Satz 9 EStG dieser Fassung erstreckt sich der Anwendungsbereich auch auf Wohnungen im land- und forstwirtschaftlichen Betriebsvermögen, die im Veranlagungszeitraum 1986 unentgeltlich einem Dritten zur Verfügung gestellt worden waren.
Die vom Sohn des Klägers genutzte Wohnung fällt unter keine dieser Varianten. Die Wohnung diente im Veranlagungszeitraum 1986 nur bis zum Herbst den eigenen Wohnzwecken des Klägers, für diese Zeit versteuerte er den Nutzungswert. Danach wurde sie als Landarbeiterwohnung im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses des Klägers mit seinem Sohn genutzt. Der Kläger hatte ab diesem Zeitpunkt keinen Nutzungswert mehr zu versteuern. Dennoch fiel die Wohnung beim Auszug des Klägers noch unter die Vorschrift des § 52 Abs. 15 EStG aF, weil nicht erforderlich war, dass der Nutzungswert für den gesamten Veranlagungszeitraum 1986 anzusetzen war, vielmehr ist eine kurze Zeit ausreichend (Leingärtner/Kanzler, Besteuerung der Landwirte, Kap. 17 Rz. 201, BMF v. 12. November 1986, BStBl. I 1986, 528 zu A II Nr. 1). Der Kläger hatte die Wohnung jedoch nicht zum Ende seiner Nutzung (steuerfrei) entnommen. Nach Überlassung der gesamten Wohnung an X im Rahmen des Arbeitsverhältnisses war eine Entnahme nicht mehr möglich, da die Wohnung als Landarbeiterwohnung notwendiges Betriebsvermögen geworden war (vgl. Leingärtner/Kanzler, Kap. 17 Rz. 288). Die Nutzung des X war nicht unentgeltlich, X hatte keinen Nutzungswert nach § 13 Abs. 2 Nr. 2 EStG, sondern die Nutzung der Wohnung als Sachbezug und Arbeitslohn nach §§ 19 Abs. 1 Nr. 1, 8 Abs. 2 EStG i.V.m. der Sachbezugsverordnung zu versteuern. Die Nutzung gilt insoweit als entgeltlich (vgl. BFH-Urteil vom 22. Januar 2002, VIII R 9/01, BFH/NV 2002, 906). Eine vor dem 1. Januar 1987 einem Dritten entgeltlich überlassene Wohnung kann aber nur unter den Voraussetzungen des § 52 Abs. 15 Satz 8 Nr. 2 EStG a.F. steuerfrei entnommen werden.
Auch nach der Vorschrift des § 52 Abs. 15 Satz 8 Nr. 2 EStG in der für die Streitjahre geltenden Fassung kann der Entnahmegewinn nicht steuerfrei bleiben. Danach kann zwar eine vor dem 1. Januar 1987 entgeltlich zur Nutzungüberlassene Wohnung steuerfrei entnommen werden, aber nur, wenn sie für eigene Wohnzwecke oder für Wohnzwecke eines Altenteilers entnommen wird. Diese Voraussetzungen liegen nicht vor, da X die Wohnung auch nach der Entnahme weiterhin nutzte. Selbst wenn man die Wohnung wegen der Nutzung durch X als Mitunternehmer der GbR als Betriebsinhaberwohnung ansähe, so lässt sich hieraus keine Steuerfreiheit für den Entnahmegewinn rechtfertigen. Nach dem insoweit eindeutigen Gesetzeswortlaut lässt sich daraus nämlich keine begünstigte Nutzung zu eigenen Wohnzwecken des Klägers herleiten. Hierzu wird auf die Ausführungen im BFH-Urteil vom 8. Februar 1996, IV R 24/95 (BStBl. II 1996, 308) Bezug genommen.
Zur Systematik und dem Sinn und Zweck der Vorschrift des § 52 Abs. 15 EStG aF, insbesondere auch im Hinblick auf vermietete Wohnungen, wird auf die Ausführungen im BFH-Urteil vom 6. August 1998, IV R 6/98 (BFH/NV 1999, 175) verwiesen.
Die Wohnung konnte auch, entgegen den Ausführungen des Prozessbevollmächtigten der Kläger in der mündlichen Verhandlung, nicht etwa deshalb steuerfrei entnommen werden, weil die GbR zum 1. Juli 1998 durch Hofübergabe vom Kläger an X beendet wurde. Zwar nutzte X die Wohnung ab diesem Zeitpunkt als Betriebsinhaber zu eigenen Wohnzwecken, sodass ihm die für Wohnungsentnahmen bis zum 1. Januar 1999 geltende Steuerbefreiung des § 52 Abs. 15 Satz 8 Nr. 2 EStG a.F. noch hätte zugute kommen können, wenn sich die Wohnung zu diesem Zeitpunkt noch im Betriebsvermögen befunden hätte. Dies war aber nicht der Fall. Die Nachteile der steuerpflichtigen Entnahme im Wirtschaftsjahr 1992/93 konnten rückwirkend durch die Hofübergabe nicht mehr beseitigt werden.
5.
Die Höhe des Entnahmegewinns ist unstreitig. Anhaltspunkte für einen unzutreffenden Ansatz sind weder vorgetragen noch ersichtlich.
6.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 136 Abs. 1 Satz 1 FGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 151 Abs. 3, 155 FGO i.V.m. §§ 708 Nr. 10, 711 Zivilprozessordnung (ZPO).
7.
Die Revision war wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zuzulassen (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO), da die Frage, wann bei Zwangsentnahmen aufgrund verschiedener Rechtsvorgänge noch ein "bestimmter Sachverhalt" i.S.d. § 174 Abs. 4 AO gegeben ist, weiterer Klärung bedarf.