Finanzgericht Niedersachsen
Urt. v. 21.06.2005, Az.: 8 K 782/02

Tätigung eigener Aufwendungen des Anspruchsberechtigten für den Erwerb des Vermögensgegenstandes als Voraussetzung für die Leistung von Eigenheimzulage

Bibliographie

Gericht
FG Niedersachsen
Datum
21.06.2005
Aktenzeichen
8 K 782/02
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2005, 33410
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:FGNI:2005:0621.8K782.02.0A

Verfahrensgang

nachfolgend
BFH - AZ: IX R 4/06

Fundstellen

  • DStRE 2006, 1400-1401 (Volltext mit amtl. LS)
  • NWB direkt 2006, 8

Verfahrensgegenstand

Eigenheimzulage ab 2002

Amtlicher Leitsatz

Eigenheimzulage kann nicht gewährt werden, wenn der Erwerber einer Eigentumswohnung ihre Anschaffungskosten nicht trägt.

Tatbestand

1

Streitig ist, ob dem Kläger Eigenheimzulage zu gewähren ist.

2

Mit notariellem Kaufvertrag vom ....2001 erwarb der Kläger die noch zu errichtende Eigentumswohnung (ETW) in X zu einem Kaufpreis von 135.000 DM. Diese Wohnung hat der Kläger nach seinen Angaben 2002 bezogen. Da der Kläger ausweislich der Verdienstbescheinigung der Firma Y. nur über ein monatliches Nettogehalt von 402 EUR verfügte, erklärte sich die Bank nicht bereit, die Wohnung zu finanzieren. Der Kläger schloss daher mit seinem Vater einen Darlehensvertrag über 135.000 DM ab. Dieses Darlehen sollte mit 5,5 % jährlich verzinst werden. Darlehenskapital und Zinsen sollten von dem Darlehensnehmer auf Anforderung des Darlehensgebers zurückgezahlt werden. Die Eltern des Klägers nahmen ihrerseits bei der Bank einen Kredit über 135.000 DM auf. In Höhe von 80.000 DM wurde insoweit eine Grundschuld in dem Grundbuch für die ETW des Klägers eingetragen. Weiterhin diente als Sicherheit eine Buchgrundschuld über 128.000 DM der ETW der Eltern. Der Beklagte lehnte die Festsetzung der Eigenheimzulage ab, weil der Darlehensvertrag mit dem Vater einem Fremdvergleich nicht standhalte.

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Der Kläger legte Einspruch ein. Zur Begründung trug er vor, dass der Darlehensvertrag mit dem Vater allgemein gefasst worden sei, weil die Fälligkeiten der einzelnen Teilbeträge noch nicht festgestanden hätten. Sein Vater und er hätten daher einen Ergänzungsvertrag geschlossen, aus dem sich ergäbe, dass er bis zum 15.03.2002 für 2001 und 2002 Zinsen in Höhe von 983,44 EUR zu tragen habe. Ab 01.03.2002 habe er monatlich 316,36 EUR Zinsen und 57,52 EUR Tilgung zu tragen. Auf den Hinweis des Finanzamts, dass der Darlehensvertrag einem Fremdvergleich nicht standhalte und der Einspruch keinen Erfolg verspreche, erschien ausweislich eines Aktenvermerks der Sachbearbeiterin der Vater des Klägers an Amtsstelle. Er erklärte, dass der Kläger zu 80 v.H. schwerbehindert sei und seine Interessen nicht selbst wahrnehmen könne. Die monatlichen Zins- und Tilgungsleistungen von 373,88 EUR zahle der Kläger von seinem Gehalt. Die übrigen Lebenshaltungskosten würden von den Eltern getragen. Auf Anforderung des Finanzamts übersandte der Kläger Kontoauszüge, aus denen sich ergab, dass die Bank das Darlehen auf das Konto des Vaters gezahlt hatte. Der Vater beglich die Rechnungen des Bauträgers und zahlte auch die Grunderwerbsteuer .

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Der Beklagte wies den Einspruch als unbegründet zurück. Der Beklagte legte im Einzelnen dar, dass der Darlehensvertrag mit dem Vater auch in Verbindung mit dem Ergänzungsvertrag nicht anerkannt werden könne, da nicht nachgewiesen worden sei, dass dieser Vertrag tatsächlich durchgeführt worden sei. Bei Erfüllung der Zahlungsverpflichtung verbliebe dem Kläger nur ein Betrag von monatlich 28,40 EUR für den Lebensunterhalt. Im Übrigen seien die Eltern selbst aus dem Darlehensvertrag verpflichtet worden und hätten den Kaufpreis gezahlt. Der Kläger habe daher nicht die Anschaffungskosten für die Wohnung getragen.

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Hiergegen richtet sich die vorliegende Klage. Der Kläger trägt vor, dass er die Anschaffungskosten der Wohnung trage. Sämtliche Teilrechnungen seien an ihn gerichtet und in Abkürzung des Zahlungsweges von seinen Eltern beglichen worden. Seine monatlichen Einnahmen reichten aus, den Kredit seines Vaters zu bedienen. Mit Dauerauftrag habe er an seine Eltern die Zinsen überwiesen. Vorher habe er die Zahlungen in bar an seine Eltern geleistet. Von seinen Eltern erhalte er monatlich unterschiedliche Zahlungen in Höhe zwischen 300 EUR und 500 EUR.

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Der Beklagte hält im Wesentlichen an dem Vorbringen des Vorverfahrens fest.

Entscheidungsgründe

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Die Klage ist nicht begründet.

8

Nach § 2 Abs. 1 Satz 1 Eigenheimzulagengesetz (EigZulG) ist die Herstellung oder Anschaffung einer Wohnung in einem im Inland belegenen Haus begünstigt. Die Höhe der Eigenheimzulage richtet sich dabei nach den Herstellungs- bzw. Anschaffungskosten der Wohnung zuzüglich der Anschaffungskosten für den dazugehörigen Grund und Boden (§ 8 Abs. 1 in Verbindung mit § 9 Abs. 1 und 2 Satz 1 EigZulG). Begünstigt sind daher nur Steuerpflichtige, die Aufwendungen in Form von Anschaffungskosten oder Herstellungskosten haben. Nach der zu § 10e Abs. 1 Satz 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) ergangenen ständigen Rechtsprechung des BFH ist der Fördertatbestand der Anschaffung nur erfüllt, wenn dem Anspruchsberechtigten für den Erwerb des Vermögensgegenstandes eigene Aufwendungen entstanden sind; er also entgeltlich erworben hat. Nur die vom Steuerpflichtigen selbst aufgewendeten Kosten für die Anschaffung einer Wohnung sind deshalb nach § 10e Abs. 1 Satz 1 EStG begünstigt (BFH-Urteil vom 8. Juni 1994 X R 51/91, BFHE 175, 76, BStBl II 1994, 779). Dieser Rechtsprechung hat sich der BFH hinsichtlich der Auslegung des Begriffs der Anschaffung in § 2 Abs. 1 Satz 1 des Eigenheimzulagengesetzes (EigZulG) angeschlossen (BFH-Urteil vom 29. Januar 2003 III R 53/00, BFHE 202, 57, BStBl II 2003, 565; BFH-Beschluss vom 07.10.2003 III B 5/03, BFH/NV 2004, 164). Danach kann aber der Kläger keine Eigenheimzulage beanspruchen, denn er trägt die Anschaffungskosten für die Wohnung nicht. Entgegen der Auffassung des Klägers reicht allein die formale Verpflichtung, die Kosten für die ETW zu tragen, für die Entstehung des Anspruchs auf Eigenheimzulage nicht (vgl. Urteil des Finanzgerichts Baden-Württemberg vom 06.12.2001 14 K 99/00, EFG 2002, 522), wenn - wie im Fall des Klägers - davon auszugehen ist, dass diese Kosten vollständig von den Eltern getragen werden, weil die eigenen Einkünfte sich auch in Zukunft nicht wesentlich erhöhen werden und auf Dauer nicht ausreichen, die entsprechenden Zahlungen zu erbringen.

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Unstreitig hat im vorliegenden Fall der Vater die Anschaffungs- und Anschaffungsnebenkosten für den Kläger bezahlt. Die Eltern haben darüber hinaus die für die Darlehensgewährung erforderlichen Zahlungen an die Bank erbracht. Bei den Zahlungen handelt es sich nicht lediglich um die Abkürzung eines Zahlungsweges, denn gegenüber der Deutschen Bank waren die Eltern selbst aufgrund des Kreditvertrages zur Zahlung der Zinsen und der Tilgung verpflichtet. Zwar waren die Baurechnungen und die Rechnungen über die Anschaffungsnebenkosten an den Kläger gerichtet, doch ist die Bezahlung dieser Rechnungen nicht auf Kosten des Klägers erfolgt. Dem steht nicht entgegen, dass der Kläger mit seinem Vater am einen Darlehensvertrag über 135.000 DM abgeschlossen hatte und der Kredit der Eltern in Höhe von 80.000 DM durch eine Grundschuld auf der ETW des Klägers abgesichert war, denn der Darlehensvertrag mit dem Vater kann steuerlich nicht anerkannt werden. Verträge unter Angehörigen sind nämlich nach der ständigen Rechtsprechung nur dann zu berücksichtigen, wenn sie in Inhalt und Ausführung dem entsprechen, was unter Fremden vereinbart wird (vgl. Urteil des Niedersächsischen Finanzgerichts vom 02.11.2004 11 K 181/02, EFG 2005, 253 m.w.N.). Daran fehlt es im vorliegenden Fall.

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Der Kläger hat selbst vorgetragen, dass die Bank angesichts seiner Einkommensverhältnisse nicht bereit war, die Anschaffung der ETW zu finanzieren. Zur Absicherung des Darlehens hat die Bank von den Eltern als Gesamtschuldnern nicht nur die Eintragung einer Grundschuld über 80.000 DM auf der ETW des Klägers, sondern darüber hinaus eine weitere Buchgrundschuld über 128.000 DM auf der ETW der Eltern verlangt. Abgesehen davon, dass der Kläger den Darlehensvertrag nur mit dem Vater abgeschlossen hat - die als Gesamtschuldnerin haftende Mutter hat keine Darlehensansprüche gegen den Kläger und müsste im Falle des Ablebens des Vaters den Kredit an die Bank zurückzahlen, während die Darlehensschuld des Klägers gegenüber dem Vater in Höhe seines Erbteils erloschen wäre -, ist das Darlehen nicht wie unter Fremden besichert worden, denn die Bank hat gerade darauf bestanden, dass auch die über 80.000 DM hinaus gehende Forderung dinglich gesichert wurde. Weiterhin ist der Vertrag auch tatsächlich nicht durchgeführt worden, denn der Kläger war auf Grund seiner geringen Einkünfte gar nicht in der Lage, die entsprechenden Zahlungen zu leisten. Dies wird schon daraus deutlich, dass der Kläger und seine Eltern keine Vereinbarung über die Tilgung der Zahlungen für die Anschaffungsnebenkosten getroffen haben, die durch das Darlehen von 135.000 DM nicht gedeckt waren.

11

Zwar hat der Kläger vorgetragen, dass er bis zur Einrichtung des Dauerauftrages die fälligen Zins- und Tilgungsleistungen an seinen Vater bar erbracht habe. Dies hält der Senat angesichts der geringen Einkünfte des Klägers nicht für glaubhaft, zumal er auch nicht dargelegt hat, dass er über die Mittel verfügte, die sich für 2001 und bis zum 15.03.2002 ergebenden Beträge zu bezahlen. Soweit durch die Einrichtung des Dauerauftrages ab März 2003 die Zahlung der Zins- und Tilgungsleistungen an den Vater dokumentiert werden sollte, folgt dem der Senat nicht. Die Einrichtung des Dauerauftrages ist erst erfolgt, nachdem das Finanzamt den Antrag des Klägers auf Festsetzung der Eigenheimzulage abgelehnt hatte. Sie ist zur Überzeugung des Senats allein erfolgt, um dem Kläger die Eigenheimzulage zu verschaffen, hatte aber keinen wirklichen wirtschaftlichen Hintergrund. Im Gegenzug mussten nämlich die Eltern dem Kläger die für den Lebensunterhalt und die laufenden Kosten für die Eigentumswohnung erforderlichen Mittel zur Verfügung stellen. Diese Zahlungen überstiegen aber die monatlichen Zinszahlungen des Klägers deutlich. Der Kläger hatte - zumindest in dieser Höhe - auch keinen Unterhaltsanspruch gegen seine Eltern, denn der Unterhaltsanspruch bestand nach § 1602 Abs. 1 BGB nur insoweit, als der Kläger außer Stande war, sich selbst zu unterhalten. Dazu gehört aber nicht die Bildung von Vermögen. Danach konnte die Klage keinen Erfolg haben und war abzuweisen.